Es soll eine Vertriebsstruktur in Frankreich gegeben haben, mehr ist mir nicht bekannt und selbst das ist unbestätigt. Es ist nicht gut, dass der Markt so lange in Unsicherheit gelassen wird. Der einzige vernünftige Grund, weshalb da keine Klärung kommt, wären noch laufende Untersuchungen.
Ich bin mir jedoch sicher, dass die Qualität der Weine ‚auffällig‘ sein sollte. Kollegen hatten einen Billigwein aus Médoc bei einem Discounter gekauft und probiert. Sie konnten sich nicht vorstellen, dass jemand so etwas trinken kann. Da könnte es sich also durchaus um so eine Fälschung gehandelt haben.
Immer Probieren bevor man sich etwas in den Keller legt!
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
Bordeaux ganz allgemein!
- small talk
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Re: Bordeaux ganz allgemein!
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Re: Bordeaux ganz allgemein!
vielen Dank für die spannenden und erschreckenden Einblicke. Wenn der kollektive Hort nicht mehr funktioniert und immer mehr Winzer individuell denken müssen, kann es vielleicht ja auch eine gute Entwicklung geben.small talk hat geschrieben:Es wäre zu einfach die Problematik alleine auf die Négociants zu schieben, es wäre auch ungerecht und schlicht falsch.
Es ist jedoch auch so, dass in einem mehrstufigen System die Kommunikation zwischen dem Winzer/Weinerzeuger und dem Weingenießer schwierig ist (ein Grund weshalb ich hier schreibe…). Wenn zwischen Winzer und Weingenießer keine Kommunikation mehr stattfindet, dann liegt das bestimmt nicht an fehlenden Kommunikationsmöglichkeiten. Es liegt auch nicht jedem Winzer oder Weingenießer sich mitzuteilen, manchmal. Nach meiner Erfahrung liegt die Problematik im System der Négoce darin, dass die Kommunikation nicht nur gekappt, sondern den Wert der Kommunikation runtergespielt wird. Das liegt im Interesse des Handels, denn je weniger Anbieter und Nachfrager von einander wissen, desto mehr ‚Spielraum‘ hat der Händler.
Hinzu kommt, dass viele Négociants bei den ‚einfachen‘ Weinen möglichst keine Differenzierung der Qualität, insbesondere Stilistik wollen. Erzeuger mit Einheitsbrei-Weinen lassen sich besser austauschen, da hat dann ein Négoce durch die Auswahlmöglichkeit mehr Spielraum bei den Preisverhandlungen. Wenn nun ausgerechnet da jemand mit Fälschungen ansetzt ist das fatal. Ebenso bietet ein mehrstufiges System mehr Möglichkeiten Fälschungen ‚einzuschleusen‘. Das muss jedoch nicht heißen, dass hier die Ursache liegt. Weine zu fälschen, panschen oder was auch immer, braucht ein hohes Maß an krimineller Energie. Das liegt nicht im Handelssystem selbst begründet.
Zum Glück habe ich gleich zu Anfang auch den direkten Weg sowie den ‚einstufigen‘ Weg mit Direktimporteuren in den Märkten gesucht. Der Austausch ist offener, regelmäßiger und ehrlicher. Es gibt ein Verständnis für das was gebraucht wird und was machbar ist. Als mir ganz zu Anfang einige Négoce beibringen wollten, dass die Qualität egal ist - ‚mach ne schicke Flasche und ich kaufe dir die Ware ab‘ - wurde ich misstrauisch. War ich doch bis dato selbst als Weingenießer ständig auf der Suche nach wirklich guten Weinen. Zum Glück hatte ich eine Ahnung von dem was ich machen wollte.
Fakt ist nun, dass da wo ich zu 100 % auf den Négoce vertraut habe (Château LASSUS), ich nun auch zu 100 % auf den Bauch gefallen bin und nur die anderen Segmente (Châteaux LE REYSSE und CLOS DU MOULIN) mich über Wasser halten. Die Kollegen die solche anderen Segmente nicht haben sind gerade sehr verzweifelt. Das ist furchtbar, weil Existenzen auf dem Spiel stehen. Es war zu lange zu einfach sich auf den Négoce zu verlassen und sie haben es sich sehr einfach gemacht (das ist nur menschlich). Ich hoffe sie halten jetzt durch.
Es jedoch auch so, dass über den ‚Wettbewerb‘ zwischen den Négociants, sowie fehlende Kommunikation der Preisdruck durch billige Fälschungen in die Breite getragen wurde. Auch Winzer und Négociants, die mit Fälschungen nichts zu tun haben, ließen sich vom Wert der Qualität abbringen um beim Preisdumping nicht zu verlieren. Das Ergebnis sind zu viele Weine, die eigentlich niemand haben möchte. Wenn dann auch noch gute Weine, wegen fehlender Differenzierung, mit in diesen Strudel geraten ist das schon tragisch. Sich da wieder herauszumanövrieren wird schwierig für alle Beteiligten.
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
Gruß, Kle
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Re: Bordeaux ganz allgemein!
small talk hat geschrieben:Alleine von einem Betrieb habe ich mehrfach gehört, dass er pro Monat 80.000 Flaschen Wein gefälschter Médoc-Appelationen in den Markt eingeschleust hat.
Es ist großartig und ein absoluter Boost für die Moral, daß solche Machenschaften auffliegen, v.a. wenn es an der schlechten Qualität der Fälschungen liegt.small talk hat geschrieben: Ich bin mir jedoch sicher, dass die Qualität der Weine ‚auffällig‘ sein sollte. Kollegen hatten einen Billigwein aus Médoc bei einem Discounter gekauft und probiert. Sie konnten sich nicht vorstellen, dass jemand so etwas trinken kann. Da könnte es sich also durchaus um so eine Fälschung gehandelt haben.
Weiß man denn schon, welche Weine für die Fälschung benutzt wurden, Garnacha aus Spanien oder dem Languedoc, Merlot aus dem Bergerac, oder einfach "schlechter Bordeaux, der sie Appellationskriterien verfehlt hat"?
Cheers,
Ollie
Yeah, well, you know, that’s just like, uh, your opinion, man.
Parfois, quand c'est trop minéral, on s'emmerde.
"Souvent, l'élégance, c'est le refuge des faibles." (Florence Cathiard)
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- small talk
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Re: Bordeaux ganz allgemein!
Zur Herkunft der Weine, die zum Fälschen genutzt wurden, ebenso wie zu den Marken, die gefälscht wurden liegen mir keine Informationen vor. Das sollte aber alles noch bekannt werden.
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
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Re: Bordeaux ganz allgemein!
Ulli hat wesentliche Punkte schon vorab treffend zusammengefasst. Die Klassifikation ist jetzt raus, keine Abwertung, Figeac ist Premier Cru A. Mehr Infos bei Jane Anson [Link].UlliB hat geschrieben:Ich hatte den Kriterienkatalog im Netz entdeckt, als Ausone und Cheval blanc ausgestiegen sind, aber im Moment finde ich ihn leider nicht wieder. Nach meiner Erinnerung war das eine ziemlich kunterbunte Liste, in der die Verkostung einer Reihe jüngerer Jahrgänge durch ein von der INAO bestimmtes Verkosterpanel nur eine Rolle unter vielen spielt und außerdem das Kriterium für eine Einstufung als 1er GCC ziemlich wachsweich war (ich meine mich an einen Punktedurchschnitt von mindestens 16/20 zu erinnern, was ziemlich lächerlich wäre). Ansonsten sind einige weitere Kriterien wie "Qualität des Terroirs" kaum objetiv zu beurteilen.stollinger hat geschrieben: Kann man den Kriterienkatalog irgendwo einsehen?
Ich denke, dass die Klassifikation nach dem Ausstieg von inzwischen vier Toperzeugern mausetot ist, vielleicht folgen auch noch ein paar mehr. Und diejenigen, die im System verbleiben, werden erneut die französische Justiz beschäftigen, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlen, und dabei die INAO und die Mitglieder der lokalen Kommission mit jeder Menge Dreck bewerfen. Immerhin sorgt das für ein wenig Unterhaltung.
Ansonsten gilt für die St.Emilion-Klassifikation das, was für jede Weinklassifikation gilt: als Wegweiser für den Weinkauf ist sie für den Konsumenten unbrauchbar. Ganz egal wie sie am Ende ausfällt.
Gruß
Ulli
Der Kriterienkatalog (Französisch): [Link]
Grüße, Josef
Re: Bordeaux ganz allgemein!
Jetzt ist das Thema "Klimawandel und Bordeaux" schon in der Tagesschau angekommen:
https://www.tagesschau.de/ausland/europ ... l-101.html
Man sollte hier auch einmal einen Blick in die Kommentarfunktion werfen (Link am Ende des Artikels unter "Multimedia-Inhalte"). Interessant, was da so abgelassen wird
Gruß
Ulli
https://www.tagesschau.de/ausland/europ ... l-101.html
Man sollte hier auch einmal einen Blick in die Kommentarfunktion werfen (Link am Ende des Artikels unter "Multimedia-Inhalte"). Interessant, was da so abgelassen wird

Gruß
Ulli
Re: Bordeaux ganz allgemein!
Naja, nach 2 Stunden hatte die Redaktion die Nase voll und hat die Kommentarfunktion geschlossen… was bringt die Leute nur dazu, am hellichten Tag Kommentare abzugeben, bei denen man sich fragt, was und wieviel sie schon getrunken haben?UlliB hat geschrieben:Interessant, was da so abgelassen wird![]()
Geradezu lustig, wie nüchtern und sachlich es in unserem alkoholgeschwängerten Forum zugeht

Gruß
Oswald
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Re: Bordeaux ganz allgemein!
Na ja, liest man hier ja auch hin und wieder, dass BDX aktuell gerade soOsCor hat geschrieben:Naja, nach 2 Stunden hatte die Redaktion die Nase voll und hat die Kommentarfunktion geschlossen… was bringt die Leute nur dazu, am hellichten Tag Kommentare abzugeben, bei denen man sich fragt, was und wieviel sie schon getrunken haben?UlliB hat geschrieben:Interessant, was da so abgelassen wird![]()
Geradezu lustig, wie nüchtern und sachlich es in unserem alkoholgeschwängerten Forum zugeht
Gruß
Oswald
schön vom Klimawandel profitiert und noch von ein paar Jahren viel zu
sauer war

Viele Grüße,
Jochen
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Re: Bordeaux ganz allgemein!
...ist irgendwie auch was dran, oder?
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