Rhone - Châteauneuf du Pape

nördliche Rhône (Côte Rôtie, Hermitage, Cornas und Co.) und südliche Rhône (Châteauneuf du Pape, Gigondas, Tavel und Co.), Ardeche, Vivarais, Vaucluse und Isere, Côstieres de Nîmes, Provence, Korsika
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UlliB
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Re: Rhone - Châteauneuf du Pape

Beitrag von UlliB »

Sehr häufig kommen mir Weine von der Südrhone nicht ins Glas, und nach diesem hier wusste ich auch wieder, warum:

Clos des Papes 1998 (Chateauneuf-du-Pape) 14%Vol. Recht dunkles, aber durchscheinendes Granatrot. Hätte ich schon vom Naseneindruck blind als Chateauneuf erkannt: hochreife, süße Walderdbeere, danach intensive Kräutertöne, die ein wenig an alte Apotheke erinnern, und ganz am Schluß ein ganz zarter Hauch von "Restlösemittel, halogenfrei" (für die Chemiker: das Gemisch enthält vorwiegend n-Butanol ;) ), den ich in älteren Grenache-basierten Weinen häufiger bemerke. Der Naseneindruck setzt sich im Gaumen nahtlos fort, vielschichtig und im gewissen Sinne durchaus elegant; keine Spur von Marmelade oder übermäßiger Konzentration. Gute Länge.

Was mich stört, und zwar sehr, ist der für C9dP so typische süße Dreiklang: süße Erdbeere, süße Kräuterwürze, und dann auch noch der von mir als süß empfundene Lösemittelton, den ich in der sich potenzierenden Kombination als unangenehm empfinde. Damit kein Missverständnis aufkommt: der Wein ist am Gaumen knochentrocken, es handelt sich um aromatische Süße, d.h. um einen olfaktorischen Eindruck.

Ich kann durchaus verstehen, dass es Leute gibt, die so etwas mögen. Ich aber nicht (außer zu bestimmten winterlichen Essen); das wird nie meine Baustelle werden. Das erste Glas ging noch, danach wurde es zäh.

Gruß
Ulli
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VillaGemma
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Re: Rhone - Châteauneuf du Pape

Beitrag von VillaGemma »

UlliB hat geschrieben:Sehr häufig kommen mir Weine von der Südrhone nicht ins Glas, und nach diesem hier wusste ich auch wieder, warum:
Clos des Papes 1998 (Chateauneuf-du-Pape) 14%Vol. Recht dunkles, aber durchscheinendes Granatrot. Hätte ich schon vom Naseneindruck blind als Chateauneuf erkannt: hochreife, süße Walderdbeere, danach intensive Kräutertöne, die ein wenig an alte Apotheke erinnern, und ganz am Schluß ein ganz zarter Hauch von "Restlösemittel, halogenfrei" (für die Chemiker: das Gemisch enthält vorwiegend n-Butanol ;) ), den ich in älteren Grenache-basierten Weinen häufiger bemerke. Der Naseneindruck setzt sich im Gaumen nahtlos fort, vielschichtig und im gewissen Sinne durchaus elegant; keine Spur von Marmelade oder übermäßiger Konzentration. Gute Länge.
Hallo Ulli,

jetzt darfst Du natürlich nicht den Fehler machen, und anhand eines Winzers die ganze Gegend in Sippenhaft nehmen. Mir, zB, schmecken die C9dP von Clos des Papes auch nicht, sehr wohl jedoch die von Beaurenard, Font de Michelle, Tardieu, Clos Du Caillou, Roger Sabon, Mont Redon, ...Und dann ist das ganze natürlich, wie auch im Bordeaux, jahrgangsspezifisch. 1998 kenne ich kaum, da ich die Rhone-Weine erst vor ca. 8-9 Jahren entdeckt habe ;) ...und das mit dem Restlösemittel. Hmm, ich glaube, ich weiß, was Du meinst, und ja, einige Rhone-Weine richen wirklich "komisch", meine Frau meint immer nach Plastik. Ich meine aber, dass ich/wir das eher bei Gigondas hatten. Und die, die so riechen, schmeckten dann auch nicht, soviel weiss ich noch ;) ...bei meinen genannten war mir diese Nase aber noch nicht aufgefallen, wobei ich mich auch immer nicht für alle JG und alle Cuvees verbürgen kann, dafür fehlt mir das Geld ;)

VG,
Robert
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UlliB
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Re: Rhone - Châteauneuf du Pape

Beitrag von UlliB »

VillaGemma hat geschrieben: jetzt darfst Du natürlich nicht den Fehler machen, und anhand eines Winzers die ganze Gegend in Sippenhaft nehmen.
Robert,

das tue ich auch nicht. Auch wenn mir Weine von der südlichen Rhone wie gesagt eher selten ins Glas kommen, gab es in den letzten 30 Jahren genügend Begegnungen, in denen ich den generellen Stil der Gegend kennen lernen konnte (es gibt diesen jenseits aller Unterschiede zwischen den einzelnen Produzenten ja durchaus - anders wäre es auch schade), und dabei begreifen konnte, dass der mir halt nicht sonderlich liegt.

Ein Dilemma ist, dass ich manche Chateauneufs als Jungwein ganz attraktiv finde, was aber letzten Endes "falsch" ist, da lagerfähige (und im Grunde auch lagerpflichtige) Rotweine ihre Qualitäten und ihren wahren Charakter erst in der Reife zeigen. Genau diesen wahren Charakter mag ich aber nicht - siehe oben. Und wenn ich einen Wein in der Primärfruchtphase trinken möchte, muss ich nicht unbedingt soviel Geld auf den Tisch legen, wie etlche Chateauneufs heute kosten.

Ich fand übrigens den Clos des Papes '98 für einen knapp 15 Jahre gereiften C9dP ziemlich archetypisch, und abgesehen davon, dass ich ihn nicht noch mal im Glas haben muss, rein handwerklich betrachtet schon ganz ausgezeichnet gearbeitet.

Gruß
Ulli
Grenache
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Re: Rhone - Châteauneuf du Pape

Beitrag von Grenache »

Die Neugier hat mich inspiriert, mal wieder eine Flasche Clos des Papes 1998 vor 3 Stunden zu öffnen, um die Geschmackserlebnisse von UlliB zu bestätigen oder sie zu widerlegen. Diesen Jahrgang habe ich länger nicht getrunken.
Sicher, es gibt des öfteren Weine, deren Qualität man feststellen kann, die aber einem dennoch nicht zusagen, man ist dann eben anders gepolt oder die Tagesform verneint diesen Wein.
Nach Öffnen der Flasche, die meist typischen Aromen bei Clos des Papes von geröstetem Kaffee und Teeraromen, ein Zeichen, daß diesem Wein noch ein langes Leben bevorsteht. Nicht dekantiert, im großen Bourgogne-Sommelier-Glas von Riedel ausgeschenkt (1,3l)
Die Farbe stimmt, durchscheinendes Granatrot, die süße Walderdbeere kann ich an keiner Stelle erkennen, das wäre auch für diesen Jahrgang schon ein unerwünschter Alterungston (z.B.1988 inzwischen), eher kommen mir da schwarze Kirschen in den Sinn. Ebenso die kräuterige Apotheke wäre schon fast ein Stinker, wahr ist daß der Mourvédre-Anteil, die in diesem Jahrgang besonders gereift waren, richtig Gewürze einbringt. Die "Restlösemittel" stufe ich auch anders ein, ein Hauch von Kirsch aus dem Elsass kann ich erkennen.
Bei diesem Jahrgang stimmt einfach alles, vergleichbar mit 1995. Schöner, nicht zu dicker Wein, zu dem man nicht unbedingt was zum Essen braucht, ein kurzgebratenenes Hirsch- Wildschwein- oder Rinderfilet runden die Flasche aber ab.
Ich muß noch 65 mal in den Keller gehen, bevor dieser Jahrgang alle ist, deshalb bin ich gerne bereit, UlliB eine Vergleichsflasche zur Verfügung zu stellen, damit ich ihm helfen kann, vom inzwischen teuren Bordeaux Abstand zu nehmen und sich anderen, hochwertigen Geschmacksnuancen zuzuwenden; aber du wolltest ihn ja nicht mehr im Glas haben. ;)

Gruß, Grenache
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UlliB
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Re: Rhone - Châteauneuf du Pape

Beitrag von UlliB »

Grenache hat geschrieben: Ich muß noch 65 mal in den Keller gehen, bevor dieser Jahrgang alle ist, deshalb bin ich gerne bereit, UlliB eine Vergleichsflasche zur Verfügung zu stellen, damit ich ihm helfen kann, vom inzwischen teuren Bordeaux Abstand zu nehmen und sich anderen, hochwertigen Geschmacksnuancen zuzuwenden; aber du wolltest ihn ja nicht mehr im Glas haben. ;)
Danke für das Angebot, aber eine Vergleichsflasche brauche ich nicht - meine war mit ziemlicher Sicherheit völlig in Ordnung (die lag schon seit DM-Zeiten in meinem Keller), und der Füllstand war absolut ok (sehr gute Korkenqualität übrigens). Ja, es ist schon interessant, wie unterschiedlich eine Geschmacks- und Geruchswahrnehmung sein kann, wenn man von einem völlig anderen Ausgangspunkt ausgeht und insofern tatsächlich ganz anders "gepolt" ist.

Noch kurz zum "inzwischen teuren Bordeaux" - den Clos des Papes hatte ich als Jungwein bei der Möve gekauft, für 35 DM (knapp 18 €). Wenn ich sehe, was für aktuelle Jahrgänge von Clos des Papes mittlerweile im deutschen Handel verlangt wird, schlägt die Preissteigerung diejenige vergleichbar teurer Bordeaux im genannten Zeitraum schon mal ganz locker. Und mit den 75 Euro, die man für den 2010er heute hinlegen muss, bewegt man sich auch bei Bordeaux schon im luftigen Bereich. Da fällt mir die Entscheidung, für was ich mein Geld ausgebe, überhaupt nicht schwer :D

Gruß
Ulli
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Re: Rhone - Châteauneuf du Pape

Beitrag von Grenache »

UlliB hat geschrieben:den Clos des Papes hatte ich als Jungwein bei der Möve gekauft, für 35 DM (knapp 18 €).
Ich habe gerade mal nachgeschaut, der Preis ab Hof war damals 115FF, also 17,53€, das war also ein sehr günstiger Preis bei der Möve.
Der 2010 kostet ab Hof 53€, war aber im Mai schon ausverkauft und der Bezug stark limitiert.

Gruß, Grenache
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VillaGemma
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Re: Rhone - Châteauneuf du Pape

Beitrag von VillaGemma »

Tja, das ist wohl den hohen Parkerpunkten "vergönnt". 2003, im nicht ganz schlechten Rhone-Jahr, hat der Clos des Papes 98 PP bekommen und danach "drehen die Leute am Rad". Wird/Ist bei Janasse nicht anders. Konnte man den Wein letztes Jahr beim L. noch zeichnen, so ging das dieses Jahr nicht mehr. Bei Janasse ist es mir noch egal, weil nicht 100% mein Geschmack :lol: ...aber bei dem einen oder anderen Wein, zB. der Crastro Old Vines, da isses schon sehr ärgerlich, denn vor den hohen PP war der gut für 20,- Euro zu bekommen. Das ist heute schwierig geworden...zumal L. den auch ausm Programm genommen hat, was eben auch was mit den PP zu tun haben könnte.

Aber micht deucht - trotz Preisen von 100-150 Euro für eine 98-100 PP C9dP Flasche - dass der Bordeaux dann doch preislich noch einen Schritt vorraus ist. Wenn ich mir die Preise von 1er Cru oder den Classe A anschaue...da ist noch viel Luft beim C9dP. Leider sind diese Flaschen auch soooo teuer geworden, dass ich es echt nicht einsehe, sowas mal zu kaufen und aufzumachen. Was ich total schade finde (für alle die so ticken wie ich), denn ich zähle mich durchaus zu den am Wein interessierten und nicht gerade geizigen Menschen, aber 450,- bis 1800,- Euro für eine 0,75l Flasche Wein. Nope...muss fürs Geld arbeiten ;)
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UlliB
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Re: Rhone - Châteauneuf du Pape

Beitrag von UlliB »

VillaGemma hat geschrieben: Aber micht deucht - trotz Preisen von 100-150 Euro für eine 98-100 PP C9dP Flasche - dass der Bordeaux dann doch preislich noch einen Schritt vorraus ist.
Wenn man wie Du die 1ers und ihre Konsorten einbezieht, ist das ganz sicher richtig. Das sind aber mittlerweile keine Weine mehr, die zum Trinken gekauft werden, sondern Sammlerstücke und vor allem auch Spekulationsobjekte. Die Geschichte könnte wie jede Spekulation für alle Beteiligten noch übel enden.

Sofern man aber die völlig abgedrehten 1ers ausblendet und dann die preisliche Entwicklung in den letzten 15 Jahren betrachtet, haben Spitzen-Chateauneufs prozentual mehr zugelegt als hochklassige Bordeaux - die waren nämlich auch damals schon richtig teuer. Keine Frage: Chateauneuf ist angesagt, und zwar sehr. Und insofern könnte es passieren, dass aus dem von Dir eingeschobenen Wörtchen "noch" irgendwann traurige Wahrheit wird.

Aber Lamentieren über Preise hilft eh nichts :|

Gruß
Ulli
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Erdener Prälat
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Re: Rhone - Châteauneuf du Pape

Beitrag von Erdener Prälat »

UlliB hat geschrieben:...Und insofern könnte es passieren, dass aus dem von Dir eingeschobenen Wörtchen "noch" irgendwann traurige Wahrheit wird...
Wobei dabei die produzierten Mengen eine gewisse Rolle spielen. Clos des Papes hat gut 30 Hektar unter roten Reben. Bei den anderen Weinen mit 98+PP handelt es sich zumeist um Spezialcuvees mit noch deutlich geringeren Mengen, bis zu dreistelligen Flaschenzahlen bei Sanctus Sanctorum.
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austria_traveller
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Re: Rhone - Châteauneuf du Pape

Beitrag von austria_traveller »

VillaGemma hat geschrieben:jetzt darfst Du natürlich nicht den Fehler machen, und anhand eines Winzers die ganze Gegend in Sippenhaft nehmen. ....
Beaurenard, Clos Du Caillou,
Naja, ich denke schon, dass der Grundtenor der gleiche ist.
Ich hatte ja "nur" die Basiscuvee von Beaurenard und die war sattmachend ohne Ende.
Ich sehe es eher anders - die Grundtenor ist der Gleiche, es gibt nur einzelne Ausnahmen die feingliedrigere Weine produzieren.
Dass Grenache & UlliB unterschiedliche Auffassungen von Feingliedrigkeit haben, liegt wohl auf der Hand.
Beste Grüße
Gerhard aus Wien
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