Hallo Ole,
das war wirklich eine tolle Champagner-Probe, die mir dieses köstliche Getränk noch ein bisschen näher gebracht hat (2014 war in gewisser Weise mein Champagner-Erweckungsjahr, auch dank zahlreicher zusammen getrunkener Flaschen).
Wir waren uns ja (glücklicherweise muss man sagen, denn der Dissens ist das Salz in der Suppe) gar nicht so einig am Tisch. Insofern ist es spannend, auch deine Rangfolge zu sehen, mit der ich nach deinen Äußerungen am Freitag so gar nicht gerechnet hatte.
Hier meine eigenen Eindrücke:
Doyard - 2004 Champagne Brut Millésimme "Cuvée de l'An I" Blanc des Blancs
Veuve Fourny - 2004 Champagne Brut Millésime Vertus 1er Cru Blanc des Blancs
Wie du und alle anderen fand ich den Doyard traumhaft. Er wirkte viel klassischer, feiner und harmonischer als der 1996er neulich, den ich aber auch sehr gut fand, wenn auch nicht sonderlich fein. Für mich nicht ganz die Nummer 1 des Abends, aber fast.
Von dem Veuve Fourny war ich eher enttäuscht. Der wirkte auf mich technisch und auch ein bisschen abweisend, nicht weil er sonderlich karg war, sondern weil mir da die Verführung fehlte. Vielleicht zu "Nummer sicher"? Oder nur zu jung?
J.L. Vergnon - 2004 Champagne Brut Millésime Grand Cru Blanc des Blancs
Robert Moncuit - 2004 Champagne Brut Millésime Grand Cru "Grande Cuvée" Blanc des Blancs
Den Vergnon fand ich ein bisschen besser als du mit seiner Banana Bread Aromatik. Die ganz große Finesse hatte er nicht, aber die Aromen fand ich spannend und auch angenehm. Für mich ist das ganz klar ein Essensbegleiter und kein Apéritif-Champagner. Ich stelle mir dazu so eine Art Jamalaya als Gericht vor, vielleicht auch etwas aus der Äthiopischen Küche

.
Den Robert Moncuit hätte ich gerne besser gefunden. Ich fand ihn auch gut, aber am Ende ging er neben den anderen tollen Champagnern bei mir etwas unter. Sehr fruchtbetont, sehr zugänglich, aber ohne die Extra-Dimension der spannenderen Vertreter des Abends.
Diebolt-Vallois - 2004 Champagne Brut Millésime Blanc des Blancs
Eric Issellé - 2004 Champagne Brut Millésime Blanc des Blancs "Cuvée Tradition"
Ich glaube, der Diebolt-Vallois hatte echt einen Kork-Schuss weg. Vielleicht können wir das nächstes Jahr tatsächlich noch einmal mit einer Konterflasche überprüfen. Aber auch nach deiner Aussage hätte der eigentlich besser sein müssen. Für mich wirkte er so flach und entleert, wie Weine schmecken, die keinen offensichtlichen Korkschmecker haben, sondern nur einen "schleichenden Kork" (wobei ich ja - wie bekannt - wahrlich kein Korkexperte bin

).
Eric Issellé war mein Liebling des Abends. Mit dem konntest du ja erstaunlich wenig anfangen. Der war für mich unglaublich komplex, mit immer wieder neuen Nuancen, Drehungen und Wendungen. Wie der Plot für einen gut gemachten Polizei-Thriller aus den 70ern. Film Noir als Champagner, sehr stimmungsvoll und mir sicher lange Zeit im Gedächtnis bleibend.
David Léclapart - 2004 Champagne Extra Brut Millésime Premier Cru "L'Artiste" Blanc des Blancs
Volker Raumland - 2004 Chardonnay Prestige Brut
Ich fand es wirklich interessant, dass der Léclapart für so große Kontroversen gesorgt hat. Das erwartet man letztlich von Biodynamikern und Risikofüchsen. Ich kann jeden verstehen, der diesen Champagner nicht mag. Denn die oxidativen Noten und auch eine gewisse Unsauberkeit sind nicht von der Hand zu weisen. Auf der anderen Seite stand das dem Champagner für meinen Geschmack ganz gut. Und ich stehe bei Champagner auf oxidative Noten.
Auch den Raumland fand ich richtig gut, vor allem in der Nase, die einen regelrecht ansprang und für mich als einzige des Abends (von den Blanc des Blancs) so richtig offensichtlich nach Chardonnay roch. Im Mund konnte er das Niveau nicht ganz halten, aber fast. Ich habe übrigens gesehen, dass es von diesem Sekt auch noch eine Réserve Edition gibt, die gerade erst degorgiert wurde. Die kostet dann aber auch 68 Euro.
Jetzt zu den beiden Blanc des Noirs:
Marie-Noëlle Ledru - 2004 Champagne Brut Millésime Grand Cru "Cuvée du Goulté" Blanc des Noirs
Lamiable - 2004 Champange Brut Millésime Grand Cru "Cuvée Les Meslaines" Blanc des Noirs
Bei dem Ledru war ich gerade etwas viel am Quatschen und habe mich nicht sonderlich auf den Wein konzentriert. Irgendwie war der für mich aber auch nicht sonderlich griffig, etwas schwammig und auch seifig in der Aromatik. Muss ich glaube ich nochmal irgendwann trinken.
Der Lamiable hingegen war ein Traum, ultrafein, völlig stimmig in seiner Aromatik, komplex, nicht kompliziert. Von dem Etikett darf man sich nicht verblenden lassen. Der Inhalt zählt
Und dann noch der
Taittinger - 2004 Champagne Brut Millésime
Ich fand den bei weitem nicht so grottig wie ihr. Ich kam mit der schweißigen Schwefelnase eigentlich ganz gut klar, wenn sie auch - zugegeben - alles andere weitgehend überdeckte. Im Mund war er aber durchaus angenehm (wenn auch leicht schwefelig-kratzig), ziemlich fein, kalkig und cremig - typisch Champagner für mich. Hier sehe ich auch noch Potenzial für die Zukunft. Ich habe übrigens gesehen, dass ich vor einer Weile den 2004 Comtes de Champagne von Taittinger getrunken hatte. Der war vom Typ her natürlich ganz anders, vor allem bei weitem nicht so stinkig. Wer weiß, was bei genau dieser Abfüllung des 2004 Millésime passiert ist.
Alles in allem war das ein wirklich famoser Abend mit vielen spannenden und einigen wenigen weniger spannenden Champagnern, der mein Koordinatensystem in Sachen Champagner etwas nach vorne gebracht hat. Ich muss schon sagen, dass ich immer noch weitgehend im Dunkeln tappe, worauf ich beim Champagner-Kauf achten soll. Aber jeder Abend dieser Art bringt mich ein Stück weiter.