Es ist ja auch nicht wirklich ein Wunder, wenn dir ein zu knapp über 30 € nicht überteuerter Wein eines seriösen Herstellers so gut schmeckt, wie du es beschrieben hast. Und wenn das dann die Gier nach "Mehr davon" auslöst. Viel schwieriger ist es doch, einen normal bei 15 € bepreisten Wein zu finden, der dennoch wie ein 25 oder 30 € Wein schmeckt...
Aber vielleicht wartest du ja dann darauf, dass dir jemand solche Weine für 8 bis 10 € schenkt, bevor du sie entdeckst...
Leider geht es seit Jahren vielen Winzern im Priorat richtig schlecht und mit solchen Ramschaktionen wird das langfristig nicht besser. Manch Winzer muss sich so sehr knebeln lassen, dass er nicht mehr vernünftig von den Produkten seiner Arbeit überleben kann, manche spanischen Online-Discounter arbeiten mit geringster Marge, weil sie vom Weinverkauf nicht leben müssen, drücken ihre Kosten zum Teil mit fiesen Tricks und meist wiederum zu Lasten der schon hart am Rande der Existenz kämpfenden kleinen Familienbetriebe.
Klar wird so was in der typisch - deutschen Schnäppchenjägermentalität bejubelt, ja leider sogar gefordert. Aber solche Ramschverkäufe sind leider ein großer Teil des Problems, warum mehr und mehr einst hoffnungsvolle Projekte von Familienbetrieben oder jungen Nachwuchswinzern inzwischen wieder aufgegeben haben bzw. kurz vor dem Aufgeben stehen.
Bei jeder neuen Reise ins Priorat in den letzten Jahren erfahre ich sehr schmerzliche Geschichten vom Ende richtig gut begonnener Projekte. Das was neu nachkommt, hat leider oft jetzt schon nicht mehr die Qualität der Weine von Newcomern vor einigen Jahren, klar auch, weil auf Billiger produziert wird, um zu überleben - allerdings oft sehr zu Lasten der Qualität, der Traubenselektion oder aber der nachhaltigen Produktion im Einklang mit der Natur.
Ich beurteile das so mit leicht verärgertem Unterton, weil ich sehr nahe am Thema stehe und viele Winzer und auch einstige Priorat-Hoffnungsträger sehr gut persönlich kenne und mir die ganzen Geschichten, die ich in letzter Zeit zu Hören bekam und bekomme, auch persönlich betroffen machen. Und weil ich weiß, dass ein Verramschen niemandem langfristig etwas nützt außer dem Kunden, der sich über Ramschpreise freut.
Ich weiß auch, dass man niemandem diese Billiger-Mentalität abgewöhnen kann und dass Leute, wie du, die bereit sind bis 20 € für eine Flasche auszugeben, schon mal moralisch über all den 3 € - Aldi - Wein-Käufern stehen. Aber ich wünche mir dennoch, dass diese Leute diese Weine dann wenigstens als das gedanklich honorieren, was sie wirklich sind - Weine einer Klasse, deren wahren Wert man nicht bereit wäre zu zahlen.
Es gibt auch im Priorat etliche Weine, die auch regulär nur um 15 oder 20 € kosten und die zu entdecken sich lohnen würde, nicht alle schmecken vielleicht so, wie ein anständiger 30 € - Wein schmecken würde - aber muss man das denn immer erwarten?
Ich wollte dir nicht persönlich zu nahe treten, aber so etwas ärgert mich einfach, weil ich es aus anderem Blickwinkel betrachte. Und weil ich weiß, was diese Leute im Priorat für einen guten Job machen, auch Leute wie Marc Ripoll. Falls dich dennoch auch der Winzer und seine Philosophie ein wenig interessieren und auch die Bedingungen, unter denen er arbeitet, so findest du hier das ausführliche Porträt meines Prioratführers in Wort und Bild - in zwei PDF Dateien aufrufbar:
http://www.torsten-hammer-priorat-guide ... rarbeitet/