Bordeaux 2015

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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vanvelsen
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von vanvelsen »

Liebes Forum

hier nun, wie alle Jahre wieder, meine Eindrücke zum 2015er Primeurs-Verkostung.

http://www.vvwine.ch/2016/04/verkostung ... 15-em.html

Mir präsentierte sich der Jahrgang äusserst angenehm. Die Weine waren deutlich einfacher zu verkosten als in anderen Jahren zuvor. Die Primeurs-Muster machten mir ähnlich viel Verkostungs-Spass wie seinerzeit die 2009er. Allerdings sind die 2015er tendenziell etwas weniger mollig geraten als die 2009er und sind auch weniger extrem was Gerbstoff und Säuren angeht als beispielsweise die 2010er oder 2005er seinerzeit. Hier reift mit dem 2015er wohl ein wirklich sehr guter Jahrgang heran, der trotz teilweise tiefen Säuren sehr viel Trinkspass bieten wird. Und die Weine verfügen mehrheitlich über eine schöne Eleganz. Ganz entgegen meinen Erwartungen habe ich nur ganz wenige "fette" Weine verkostet. Somit, Daumen hoch für den Jahrgang, sofern die Preise einigermassen auf dem Boden bleiben.

Herzliche Grüsse,

Adrian
Zweifel
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von Zweifel »

Salü Adrian

Ganz herzlichen Dank für deine wieder einmal sehr ausführlichen Degustationsnotizen!
Und Dank auch an deine Assistenten, ich glaube den einen kennt "man" aus dem Forum und taw. ;)

Die nicht so opulenten und komplexen werde ich mir mal wieder auf dem Radar behalten - wie in anderen Jahren auch schon.

Herzliche Grüsse
Hans-Rudolf
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octopussy
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von octopussy »

Jancis Robinson jetzt mit Pomerol, Lalande-de-Pomerol und Fronsac/Canon Fronsac Notizen. VCC hält sie für den "Wine of the Vintage", evtl. sogar noch vor Petrus und Lafleur (wobei sie z.B. Margaux höher bewertet hat). Da VCC allenthalber großes Lob erhält, ist zu vermuten, dass der richtig teuer werden wird (250 Euro oder mehr wäre meine Vermutung). Der endgültige Blend wird wohl auch knapp über 15% Vol. Alkohol haben.

Hier Jancis' Favoriten:

Certan de May de Certan: 17,5 P ("Not a drama queen but really quite regal in floating above the hoi polloi.")

La Conseillante: 17,5 P ("Sweet and fresh with some tea leaf aromas.")

L'Evangile: 17,5 P ("Lots of intensity and sweetness. Almost chocolatey! Tannins not quite integrated yet, but they are quite sandpapery. A little bit of heat on the end. A wine that takes you to the limit of sweetness."). Das klingt für mich offen gesagt gar nicht gut.

Lafleur: 18,5 P ("Very rich and spicy on the nose. Masses of sweetness upfront but also great refinement and freshness.")

Pensées de Lafleur: 17,5 P ("Very round and mouth-filling. Super charming.")

Pétrus: 18,5 P ("Not too big, but super-opulent. Great charm and intensity on the palate. Quite difficult to see the tannins; they emerge only at the end.")

Trotanoy: 18+ P ("Very savoury, with marked acidity and freshness. Yet it is more concentrated than any other J-P Moueix wine.")

Vieux Château Certan: 18,5 P ("Very sophisticated and with many layers. All vineyard not winemaking.")

Hier noch ein paar niedriger bewertete Weine, die aber für mich persönlich in der Textbeschreibung besonders gut klingen. Ch. Villars hört sich für mich besonders gut an, den Wein kenne ich aber nicht. Hat hier jemand den in der Vergangenheit schon einmal getrunken?

Bourgneuf: 17- P ("Lifted, fragrant, not one of the most intense but nicely balanced. Racy and toasty. Not perhaps absolutely top rank but not forced.")

La Croix St. Georges: 16,5 P ("Lifted and sleek. Nice savoury finish. Not the most concentrated but nicely balanced.")

L'Eglise Clinet: 17 P ("Quite gentle tannins. Very sweet and round. 14.6% alcohol is not evident. An unexpectedly mild, well-mannered wine. Undramatic.")

La Fleur Pétrus: 17 P ("Very complex and layered (from all those parcels!). Lifted and sweet but not heavy and rich.")

Gazin: 17 P ("Appetising and savoury on the nose. Much drier than most Pomerols. Racy and mineral."). Hört sich für mich ganz besonders gut an.

Hosanna: 17 P ("Good attack though a little moderate in impact. Not a blockbuster!")

Latour à Pomerol: 17 P ("Very aromatic and lifted. Very juicy and satisfying even if not that intense.")

Rouget: 16,5 P ("Sweet and not thick but lively and transparent. Racy and sinewy.")

Les Cruzelles: 16,5 P ("Savoury and supple. Very fine for a Lalande-de-Pomerol.")

Moulin-Haut-Laroque: 16,5 P ("But nicely polished on the palate. Succulent finish. Very long.")

Villars: 17 P ("Hugely satisfying with both fruit and stony notes. Sappy.")
Beste Grüße, Stephan
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harti
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von harti »

Auch wenn es ohne Belang ist, habe ich L'Eglise-Clinet deutlich besser gesehen und zwar auf dem Niveau von VCC.

Meine Notizen:

L'Eglise-Clinet: Süßkirsche, tief und komplex, rund, gute Extraktion, frisch, schöne Würze, ein Kracher, wird groß, 96-98+

Vieux-Certan: sehr schönes Aroma, würzig, rund, sehr voll, perfekte Harmonie, Riesenpotenzial, 96-98+

Toll fand ich neben Conseillante (94-96) auch Le Gay (pralle Süßkirsche, viel Druck und Süße, gutes Tannin, kann groß werden, 94-96). Evangile und die Moueix-Weine gehören leider nicht zu unserem Verkostungsprogramm.

Gazin (93-95) und Clinet (92-94) waren für mich ebenfalls sehr gut.

Grüße

Hartmut
Zuletzt geändert von harti am Mo 25. Apr 2016, 11:38, insgesamt 2-mal geändert.
Trinkfreude
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von Trinkfreude »

octopussy hat geschrieben:Ch. Villars hört sich für mich besonders gut an, den Wein kenne ich aber nicht. Hat hier jemand den in der Vergangenheit schon einmal getrunken?
Hallo Stephan,
Villars habe ich in den letzten Jahren einige Male getrunken, und ich finde ihn angenehm "understated". Einige Fronsac-Chateaux haben ja ihre Spezifika, die sie relativ klar differenzieren: MHL ist oft recht strukturbetont und langlebig, Vieille Cure betont die vollreife Frucht, Haut Carles ist kräftig extrahiert und spart nicht mit Holz, ... für Villars würde mir spontan kein solches charakterisierendes Etikett einfallen. Ausgewogen und trinkig, in mittleren Jahren fast schon "auffällig unauffällig" - aber gerade diese Stilistik ist vielleicht in Jahren wie 2015 ein Vorteil, wenn sie durch die guten natürlichen Voraussetzungen ein wenig verfeinert wird. Sicher kein Wein für Wow-Effekte, aber ein Kauf, den man sicher nicht bereut.

In Deiner Auflistung tauchen zB Clinet und Le Gay nicht auf, die kamen dann wohl nicht so gut weg? Ich tippe mal so etwa: Clinet zu plüschig und Le Gay "drying tannins"?

VG Jürgen
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octopussy
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von octopussy »

Trinkfreude hat geschrieben: In Deiner Auflistung tauchen zB Clinet und Le Gay nicht auf, die kamen dann wohl nicht so gut weg? Ich tippe mal so etwa: Clinet zu plüschig und Le Gay "drying tannins"?
Fast. Clinet (17 P) war ihr zu konzentriert und hatte die "drying tannins", die du bei Le Gay vermutest ("Hugely ambitious. Rather drying tannins on the end. Not my style but a very good example of the super-concentrated style."). Le Gay (17+ P) fand sie besser. Ihre Notiz enthält aber einen Bestandteil, der für mich völlig abtörnend klingt (in fett hervorgehoben): "Just the right side of overripe. A little bit severe and yeast-extracty on the end.... I may be underscoring this wine."
Beste Grüße, Stephan
Matthias Hilse
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von Matthias Hilse »

Gerade eben hat Ch. Labegorce seinen Preis veröffentlicht @ € 18,00. Der Wein hat von einigen Verkostern extrem hohe Bewertungen erfahren.

Der verläßlich günstige und sehr gute Villars liegt bei € 8,90. Damit ist er zwar teurer als in 2009, in diesem Preissegment ist er aber damit immer noch eine absolute Empfehlung.

Herzliche Grüße,
Matthias Hilse
Trinkfreude
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von Trinkfreude »

octopussy hat geschrieben:A little bit severe and yeast-extracty on the end
Da würde ich mich mal nicht abschrecken lassen. Wenn sie die Ursache dieses Geschmacks richtig diagnostiziert hat, dann sollte das bis zur Füllung verschwunden sein, nachdem der Wein sich durch Absetzen vollständig geklärt hat oder gefiltert wurde. Auch ein relativ geringer und kaum sichtbarer Rest von Hefetrub kann einen recht auffälligen, etwas strengen Geschmack hervorrufen. (Mich erinnert das immer an Perenterol.)
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octopussy
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von octopussy »

Trinkfreude hat geschrieben:
octopussy hat geschrieben:A little bit severe and yeast-extracty on the end
Da würde ich mich mal nicht abschrecken lassen. Wenn sie die Ursache dieses Geschmacks richtig diagnostiziert hat, dann sollte das bis zur Füllung verschwunden sein, nachdem der Wein sich durch Absetzen vollständig geklärt hat oder gefiltert wurde. Auch ein relativ geringer und kaum sichtbarer Rest von Hefetrub kann einen recht auffälligen, etwas strengen Geschmack hervorrufen. (Mich erinnert das immer an Perenterol.)
Hallo Jürgen, für mich klang das weniger wie hefige Noten, sondern eher wie Hefeextrakt, also Geschmacksvertärker. Ich fühle mich dabei an Maggi Fix für Spaghetti Bolognese oder solche Sachen erinnert.
Beste Grüße, Stephan
Trinkfreude
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von Trinkfreude »

Äh... :shock: Stimmt, jetzt wo ich es nochmal lese, wirst Du wohl recht haben. In der Tat abtörnend...
Hoffentlich appetitanregender - Leve mit "rest of left bank": https://t.co/8Gswxj0iN2
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