Zur Qualitaetssteigerung im Bordelais: Ein Erzeuger sagt mir vor einigen Jahren, es gaebe im Médoc ein "vor 2010" und ein "nach 2010", einfach weil die Qualitaet solche Spruenge gemacht haette durch die Kombination aus Klimawandel und neuen Techniken und Technologien, die auch bei den kleinen Châteaux Einzug gehalten haetten. Niedrige Zinsen erlauben es auch kleineren Guetern, Investitionen mit niedrigen Kapitalkosten anzuschieben, die vorher nicht erreichbar waren oder die aufgrund der typischen Jahgangesverlaeufe als zu riskant angesehen wurden. Bodenoptimierte Neu- und Nachpflanzprogramme fuer Cabernets (Sauvignon und Franc - neue Klone!), Petit Verdot und (sehr begrenzt) Carménère waren gar nicht denkbar ohne waermere Herbste; gleichzeitig kommt ein geanderter Konsumentengeschmack (Post-Parker) den Erzeugern etwas entgegen, die Reben nicht mehr auf hohe Reife trimmen zu muessen - eher ist schon umgekehrt ein Problem, dass auch Cabernets mit 14% gelesen werden, wenn man nicht aufpasst - und sich im sowieso gerade stattfindenen Stilwandel besser ausdifferenzieren zu koennen (nicht nur "besser", auch "anders" ist gerade ein Ding).
Seit 10 Jahren erleben wir einen eskalierten "Ruestungswettlauf" zwischen den Guetern, das allgemeine Qualitaetsniveau steigt, und deshalb auch die Preise (Euro-pro-Punkt, modifiziert um die Waehrungsschwankungen der jeweiligen Hauptabsatzmaerkte) - zumal die Kosten ja auch reingeholt werden muessen. Um es mit dem Bundesberti zu sagen: Die Breite an der Spitze ist dichter geworden.
Dabei zielen alle Anstrengungen darauf ab, sich soweit wie moeglich der maximal machbaren Qualitaet anzunaehern: bis in die Lagenbegrenztheit (deshalb ja die Pflanzprogramme) mit noch gnadenloserer Selektion (mehr Zweitwein; hoeherer Cabernet-Anteil, mehr Weinbergsarbeit). Gerade in die in den letzten 20 Jahren vielleicht etwas lahmarschigeren Gueter ist viel Bewegung gekommen: Die Bories haben Haut-Batailley abgestossen, um sich voll auf GPL zu konzentrieren, die Castéjas und Borie-Manoux' pumpen Aufwand in Batailley (und auch Trotte Vieille, schon wegen der herrschenden CabFranc-Mode); Meyney wird mit Geld vom rechten Ufer massiv aufpoliert; Capbern und Calon-Ségur bekommen Quantenspruenge verpasst; Rhône-Winzer machen jetzt auch in Pessac (Les Carmes HB); Chanel hat auch Geld in die Hand genommen fuer seine Weingueter, und offenbar bewegen sich sogar die Rothschilds mit d'Armailhac und Clerc. Einige Gueter werden frueher an ihre Grenzen stossen, die Harti erwaehnte, andere spaeter, und ich erwarte in absehbarer Zeit (innerhalb der kommenden 10 bis 15 Jahren) einen regen Lagentausch, wenn sich die Weingutslandschaft wieder "ausstratifiziert". (Die "Klassifikation" von 2030 wird interessant.)
Das ist nur zum Teil ein riesiges Steuersparprogramm fuer die Grosskonzerne (Abschreibungen), da ist richtig Druck im Kessel mit Ideenaustausch quer durch die Regionen und Niveaus, vergleichbar mit der gerade herrschenden Aufregung in der Automobilindustrie. Natuerlich ist alles immer ein wabernder Prozess, deswegen wird es gelegentlich zu Ueber- und Unterperformanzen kommen, aber es ist gerade aus sehr vielen Gruenden eine wahnsinnig interessante Zeit im Bordelais.
In Suedtirol hingegen nicht, da sind die Gestehungskosten ja auf 20 Euro gedeckelt.
Cheers,
Ollie