Re: Kössler gegen "ahnungslose Winzer"
Verfasst: Fr 24. Mai 2013, 01:17
Das, was du schreibst, Stephan, kann ich hervorragend nachvollziehen, aber man muss auch genug Zeit für den Besuch des stationären Fachhandels haben. Und daran mangelt es mir - leider!- mehr und mehr. Ich kaufe meinen Wein (und meine Bücher sowie CDs) inzwischen nahezu ausschließlich über den Versandweg, weil ich es einfach nicht schaffe, in die Stadt zu kommen und den Fuss in einen Laden zu setzen. Is nich wegen is nich wegen viel zu viel Arbeit! In manchen Wochen habe ich schon ein Problem damit, meine Werkstatt für eine Dreiviertelstunde zu verlassen, um überhaupt an ein Stück frisches Fleisch oder eine Knolle frisches Gemüse zu kommen....Ich habe einen tollen Weinhandel direkt ums Eck. Ich gehe zu fast jeder Probe, gehe auch ansonsten öfter einfach so mal hin. Ich nehme eigentlich immer ein paar Flaschen mit oder lasse sie mir zurücklegen, wenn sie rauskommen, und hole sie später ab. So wie ich machen es viele auch. Der Laden, so klein er ist, ist definitiv ein Treffpunkt für Weinfreunde, man kommt ins Gespräch, wir laden uns gegenseitig zu Proben ein, informieren uns über Veranstaltungen, usw. Das kann mir kein reiner Online-Shop bieten. ...
....Ich gehe übrigens auch immer noch CDs und Schallplatten im klassischen Plattenladen und Bücher im Buchladen kaufen, auch wenn ich hin und wieder aus Faulheit bei Amazon bestelle. Das Gespräch mit dem Platten- oder Buchhändler, das Gespräch mit anderen anwesenden Kunden, die Empfehlungen, das ist alles Gold wert und macht Spaß.
Wenn ich denn häufiger direkt im Fachhandel kaufen würde, wären mir Häppchen ebenso wumpe wie ein ausgefeiltes Ladendesign. Dementsprechend interessiert mich auch die Webseitenoptik beim Internetversender kaum - absolute Priorität hat für mich die Auswahl der Winzer! Und in diesem Punkt könnten die meisten mir bekannten Fachhändler noch viel verbessern, denn entweder stoße ich (im Deutschlandbereich) auf wenig bekannte, aber leider dann auch eher schwache Erzeuger oder auf die üblichen, mal mehr, mal minder attraktiven Verdächtigen (Van Volxem, Loewen, Ziereisen, Wittmann, Meyer-Näkel, Weil, Dr. Loosen...). Fallweise kaufe ich auch gerne mal eine Flasche von Loewen oder Ziereisen, aber die eigentliche Aufgabe eines Händlers würde ich darin sehen, verborgene Edelsteine zu suchen und nach dem Fund entsprechend zu *promoten*. Am Ende käme das nicht nur meinen möglicherweise "freakigen" Ansprüchen zugute, denn (noch) wenig bekannte, aber dennoch auf hohem Niveau arbeitende Betriebe zeichnen sich ja in der Regel durch ein für alle erfreuliches PLV aus....
....wobei mir die Unterschiede zwischen meiner schönen Theorie und der grauen Realität durchaus bewusst sind: Viele Ottonormalkunden des Fachhandels treffen ihre Kaufentscheidungen nun mal nach ganz anderen als aus meiner Sicht einigermaßen vernünftig begründbaren Gesichtspunkten...

Dennoch wünsche ich mir seitens vieler Händler noch deutlich mehr Engagement und Köpfchen bei der Auswahl der von ihnen geführten Erzeuger.
Beste Grüße
Bernd
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