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Re: Bordeaux 2018

Verfasst: Do 1. Apr 2021, 20:23
von pessac-léognan
Château Sénéjac Haut-Médoc 2018 14% alc
Zunächst nach dem Öffnen fast ungenießbar, extrem bitter
Nach 5 Stunden in der offenen Flasche wird der Wein 'glatter', bekommt etwas von den typischen Noten von Lakritz, etwas knapp reife Heidelbeeren, insgesamt aber wenig Frucht für einen so jungen Wein, holz- und alkoholgeprägt, trinkbar, aber von allen bisher verkosteten 18ern eindeutig der mediokerste, man würde insgesamt eher an einen knapp reifen Jahrgang denken, wäre nicht der recht hohe Alkoholgehalt. 85 Punkte

Re: Bordeaux 2018

Verfasst: Fr 2. Apr 2021, 00:45
von innauen
Hallo,

nicht so fern von meinen Eindrücken leider. Senejac kann wundervoll werden wie 2000, 2009, 2010 und zuletzt 2016. Manchmal greifen sie auf dem Weingut aber auch hart daneben. 2015 war brandig und 2018 hast Du zutreffend beschrieben.

Grüße,

wolf

Re: Bordeaux 2018

Verfasst: Fr 2. Apr 2021, 08:11
von Jochen R.
innauen hat geschrieben:Hallo,

nicht so fern von meinen Eindrücken leider. Senejac kann wundervoll werden wie 2000, 2009, 2010 und zuletzt 2016. Manchmal greifen sie auf dem Weingut aber auch hart daneben. 2015 war brandig und 2018 hast Du zutreffend beschrieben.

Grüße,

wolf
Hallo Wolf,
du hattest ja kürzlich auch auf meine VKN zum Senejac ´18 geantwortet
und jetzt bin ich etwas verwirrt. Du sprachst in diesem Zusammenhang
von "oppulent" - und genau das war auch mein Eindruck vom 2018er.

O.k. der Senejac braucht viel Luft und in den ersten drei Stunden ging mal
nicht viel, aber dann hat sich - im wahrsten Sinne des Wortes - die Frucht
breit gemacht. Die damit verbundene Fruchtsüße empfang ich Trinklusshemmend.
Aber "medioker" ist der Wein m. E. überhaupt nicht.

Viele Grüße,
Jochen

Re: Bordeaux 2018

Verfasst: Fr 2. Apr 2021, 14:41
von pessac-léognan
'Medioker' war, lieber Jochen, eine Wertung bezüglich aktueller Zugänglichkeit. Von einem Jungwein eines Jahrgangs wie 2018 erwarte ich (mindestens) eine spontane Zugänglichkeit, basierend im Allgemeinen auf der Frucht, oder aber in einer gewissen Sperrigkeit ein Aufblitzen dessen, was einmal kommen könnte. Beides war beim Sénéjac 2018 gestern Abend für mich in keiner Weise der Fall, im Unterschied zu den anderen 18ern, die ich kenne (nicht so sehr viele). So traue ich dem Wein ein Zukunftspotenzial am ehesten noch auf der rustikalen Schiene zu. Das hieße dann, in die Zukunft extrapoliert: Es könnte ein durchschnittlicher Alltagsbordeaux daraus werden. Aber ein Prophet bin ich nicht und möchte dir also bei einem deiner bevorzugten kleinen Bdx, den du sicher besser kennst und einschätzen kannst als ich, nicht zu nahe treten....
Gute Ostergrüße
Jean

Re: Bordeaux 2018

Verfasst: Fr 2. Apr 2021, 15:08
von innauen
Jochen R. hat geschrieben:
innauen hat geschrieben: Grüße,

wolf
Hallo Wolf,
du hattest ja kürzlich auch auf meine VKN zum Senejac ´18 geantwortet
und jetzt bin ich etwas verwirrt. Du sprachst in diesem Zusammenhang
von "oppulent" - und genau das war auch mein Eindruck vom 2018er.


Viele Grüße,
Jochen
korrekt. Aber diese Opulenz hat etwas bitteres, unharmonisches und unzugängliches. Wie Schminke, die mehr verbirgt, als sie betont. Daher kann man den Wein wie pessac als bitter und holzbetont wahrnehmen oder auch überdrüber wie ich. Im Ergebnis bleibt, der Wein singt nicht. Ähnlich viel Holzmanagement erinnere ich beim Jahrgang 2004 des Senejac. Der wurde im Ergebnis nie richtig gut. Das kann hier natürlich anders sein, aber ich werde mich von meinen Flaschen trennen und sie jemanden übergeben, der diesen Stil mehr schätzt als ich.

Grüße,

wolf

Re: Bordeaux 2018

Verfasst: Fr 2. Apr 2021, 15:14
von Jochen R.
Hallo Jean,
erst mal Ostergrüße zurück!
Ich wollte deine Notiz nicht kritisieren - mein Beitrag richtete sich direkt
an Wolf, der erst kürzlich zu einer VKN von mir ein Feedback gegeben hatte!

Ich kann den Senejac ganz sicher nicht besser einschätzen - trotzdem finde
ich diesen 2018er nicht schlecht, wenngleich der Stil mir nicht zusagt.

Viele Grüße,
Jochen

Re: Bordeaux 2018

Verfasst: Fr 2. Apr 2021, 15:24
von Jochen R.
innauen hat geschrieben:...
korrekt. Aber diese Opulenz hat etwas bitteres, unharmonisches und unzugängliches. Wie Schminke, die mehr verbirgt, als sie betont. Daher kann man den Wein wie pessac als bitter und holzbetont wahrnehmen oder auch überdrüber wie ich. Im Ergebnis bleibt, der Wein singt nicht. Ähnlich viel Holzmanagement erinnere ich beim Jahrgang 2004 des Senejac. Der wurde im Ergebnis nie richtig gut. Das kann hier natürlich anders sein, aber ich werde mich von meinen Flaschen trennen und sie jemanden übergeben, der diesen Stil mehr schätzt als ich.

Grüße,

wolf
Ah o.k., danke für die Einschätzung!
"Der Wein singt nicht" - das fasst es wohl für alle gut zusammen :idea:

Viele Grüße,
Jochen

Re: Bordeaux 2018

Verfasst: Sa 3. Apr 2021, 11:51
von sorgenbrecher
Eine kleine Ankunftsprobe mit Chateau Canon von der rechten Seite sowie Pichon Baron und Pichon Comtesse aus Pauillac. Alle 3 Weine offen wie ein Scheunentor und über 12 Stunden hinweg verfolgt.
Der Holzeinsatz ist bei allen 3 Weinen massiv, die Weine sind opulent und wirken sehr modern.
Canon überzeugt mich am wenigsten, der Hype geht an mir vorbei und ich habe meine Zweifel ob der Wein die Substanz hat um diesen Neuholzeinsatz irgendwann einzubinden. Hab ihn aktuell im Bereich 92P.
Baron und Comtesse sind eine andere Liga, hier dürfte allemal genug Substanz vorhanden sein, dass sich alles findet. Zuerst hab ich die Comtesse vorn, sie kommt harmonischer, eleganter daher. Mit langer Belüftung dreht der Baron auf, wird präziser, gewinnt mehr Tiefe und überholt am Ende knapp. Beide habe ich auf 95P Niveau.
Was mich etwas mit Sorge erfüllt ist, dass ich bei allen 3 Weinen im Abgang eine unschöne Bitternote finde, die während der gesamten Zeit gleich präsent ist.
Stilistisch ist das nicht mein Jahrgang, gleichwohl dürfen ein paar Flaschen von den Weinen, bei denen Vertikalen im Keller liegen nicht fehlen. Die extrem hohen Bewertungen (der WA gibt diesen dreien hier jeweils 97-99P) sehe ich jedoch weder heute noch in der Zukunft. Da hat der 2016er Jahrgang ein ganz anderes Niveau bei den Ankunftsproben gezeigt.

Re: Bordeaux 2018

Verfasst: So 4. Apr 2021, 16:35
von pessac-léognan
Château Ferrière Margaux GCC 2018 14.5% alc (agriculture biologique et biodynamique)
68% CS / 25% M / 5% PV / 2% CF
P&P bei zunächst 16°, langsam sich erwärmend auf 18°
Farbe: sehr dunkles, aber nicht schwarzes Purpurgranat, der Wein haftet lange am Glas
Nase: ganz fein Cassis, Schwarzkirsche, wenig réglisse, dann mischt sich wunderbar Veilchen dazu und etwas Wildrose
Gaumen: auch hier Cassis, aber sehr zurückhaltend, Schwarzkirsche, etwas Bergamotte, Hibiskus, Cranberry, aber ganz und gar ungezuckert, im minutenlangen Abgang hallen die Geschmacksnuancen scheinbar ohne jegliches Holz nach, ganz spät auch noch Aprikosenblüte. Das Tannin ist butterzart, alles wie selbstverständlich verwoben, nacheinander und miteinander. Der Alkohol erst spürbar bei Temperaturen im Bereich von 20°.
Was für ein unglaublich feiner und feinduftiger Wein, kein Kraftbolzen wie der (natürlich ganz anders gebaute) Meyney 2018 mit ebenfalls 14.5% Alkohol, eher auf der Schiene des Brane Cantenac 2015 vor einem Jahr, aber besser, ein unglaublicher Weinwert.
AG gab dem Wein im März 94 Punkte, Falstaff-Moser im Februar 95 Punkte, ich war sehr skeptisch (noch mehr bei den 96-97 von Lob), aber 95 Punkte sind das aktuell, wenn man das Filigrane dem Massiven vorzieht, durchaus. Augenblicklich ein großer Wein (wenn man das von einem Jungwein sagen darf) von einem kleinen Bio-Weingut, in einer für diese Preisklasse fast unglaublichen Qualität. Mein allererster Ferrière überhaupt. Einfach glücklich, gestern die Kiste gekauft zu haben (und vom 19er nächstes Jahr noch eine in Aussicht zu haben). So ein Wein in solchen Zeiten, da weht ein Hauch von Leichtigkeit des Seins...
Ostergrüße
Jean

Re: Bordeaux 2018

Verfasst: So 4. Apr 2021, 18:36
von Ingo
Dank euch für die frühen Notizen, Sorgenbrecher und Pessac! :!: