Hasi hat geschrieben:ich muss denen die mir bisher geantwortet haben vielleicht hier meine „Beweggründe” erklären: wie erwähnt begebe ich mich bei Bordeaux auf Glatteis, habe immer versucht diese Weine zu „verstehen” - auch bei Kostrunden im Freundeskreis, wo „große” Gewächse (wie zuletzt ein Chateau Margaux1 und ein Chateau Giscours3) geöffnet werden. Ich kann diesen angeblich massiven Qualitätssprung nicht mithüpfen! Große Enttäuschungen bei Paris-Trips, wo mir sauteure, nach „NICHTS” schmeckende Weine und meist sehr säurebetonte Bordeaux im Restaurant oder der Bar in lächerlichen Gläsern kredenzt wurden usw... KURZ: ich komme generell mit „den Franzosen” nicht klar (ich finde auch keinen Zugang zu den Pinot Noirs des Burgund, habs immer wieder versucht)
Jetzt dachte ich mir ich sollte vielleicht „das Pferd von hinten aufzäumen” und mich auf diesen Stil wirklich „eintrinken” ... und das war auch der Plan bei meinen Bordeaux-Käufen über die letzten Jahre ... ich möchte schön langsam beginnen, von jedem dieser Weine 1 Flasche zu öffnen, und mal über ein paar Wochen verteilt nur eben diese Bordeaux trinken, vielleicht machts dann KLICK!?
Sollte ich mich endlich anfreunden können ist dann immer noch Zeit in die höhere Preisklasse einzusteigen oder mich eben wieder in die Toskana und das Priorat „zurück zu ziehen”.
Danke für Eure Meinungen
Hasi
Ich vertrete unverändert die Auffassung (hier bereits vor einigen Jahren geäußert und kontrovers diskutiert), dass es Sinn macht, ganz am Anfang mit ausgewählten großen Weinen aus der Spitze des jeweiligen Gebietes zu starten und sich eher von oben nach unten als von unten nach oben zu trinken. Insbesondere wenn man bereits über entsprechende Trinkerfahrung (bei Dir ja in Bezug auf andere Regionen geradezu professionell vorhanden) verfügt.
Ich bin ja sehr stark und früh mit den französischen Weinen sozialisiert worden und wenn ich nicht vergleichsweise früh auch auf den Punkt gereifte Spitzen aus Bordeaux und Burgund im Glas gehabt hätte, dann wäre mir die Vorstellung darüber wie sich die Stilistik mit Reife entwickelt und ob ich persönlich das mag sehr schwer gefallen. So konnte ich sehr früh feststellen, dass mir große Bordeaux vom linken Ufer aus den großen 80er Jahren (82/83/85/86/88/89/90) extrem gefallen und auch trinkreife Burgunder aus den 90ern mir viel Freude bereiten. Und nur so konnte ich mir ein Bild davon machen „Was“ ich in den Weinen suche und lernen die Stilistik verschiedener Anbaugebiete, verschiedener Wein und verschiedener Jahrgänge zu erschließen und zu vergleichen. Ebenso konnte ich dadurch erkennen, dass mir das systematische „Ertrinken“ im Burgund schlicht finanziell nicht (mehr) möglich ist und es bei einzelnen Highlights bleiben muss.
In Deiner „Weinheimat“ Italien ging es mir übrigens wie Dir gerade mit den Franzosen. Viele Weine, die ich immer mal probiert habe, trafen nur sehr bedingt meinen Geschmack, ich konnte mich nicht wirklich damit anfreunden. Dann haben mich Freunde sehr bewusst und in qualitativ extremer Dichte zunächst mit perfekten Barolo von Bruno Giacosa aus 78/82/01/07 und Rinaldi davon überzeugt, dass meine Überzeugung, dass Barolo „...entweder nicht reif oder hinüber...“ ist, nicht stimmt. Und dass es elegante Barolo gibt, intensiv, aber eben auch elegant und sinnlich.
Mit der Toskana ging es mir ebenso. Hätte ich nicht sehr früh mit ein paar Weinen aus der absoluten Spitze wie Case Basse 1990, Poggio di Sotto aus 1997 und 2004 oder Pergole Torte aus 82/88 großartige Erfahrungen gemacht, dann würden mich heute auch nicht die „kleineren“ Erzeuger aus der Gegend interessieren und ich könnte das, was im benchmark möglich ist nicht einordnen.
Insofern, investiere doch vielleicht ein paar Euro in gereifte Bordeaux, vielleicht aus 1990, einem jetzt perfekt zu trinkendem Jahrgang, der auch in der Breite top war und dort muss es mit Chateau Margaux/Latour/Haut-Brion/Lafite ja nicht die allererste Garde sein, nach meiner Erfahrung sind Weine wie Lynch Bages, Pichon Baron, Gruaud Larose, die 3 Leoville, Rausan Segla,... um nur einige zu nennen, ganz großartig gelungen und geben einen so fantastischen Überblick was Bordeaux sein kann, dass danach feststeht, ob man das mag oder seine Weinheimat doch woanders suchen mag.