Darf man bei Amazon einkaufen und trotzdem Bio vertreten

Hohe Brisanz, kurzes Verfallsdatum
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VillaGemma
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Re: Darf man bei Amazon einkaufen und trotzdem Bio vertreten

Beitrag von VillaGemma »

Moulis hat geschrieben: Ich habe diese Doppelmoral leider zu oft selber erlebt.
Es muss nicht zwingend "Doppelmoral" sein. Man macht sich u.U. auch einfach nicht Gedanken zu allen Lebensbereichen. Natürlich sollte man dann nicht voller Eifer eine Sache "missionieren", wenn man in vielen anderen Bereichen des Lebens indirekt dagegen wieder verstößt (wobei ich das bei BIO und Amazon immer noch net so wirklich sehe) aber wenn man es eben doch tut, weil einem exakt diese Sache wichtig ist. Ist es dann gleich Doppelmoral?

Doppelmoral ist es doch erst, wenn ich für mich, bei der gleichen Sache, andere Maßstäbe anlege, oder? Wenn ich sage: Kauft bei den kleinen Händlern, um die zu unterstützen und selbst kaufe ich bei 50% Nachlass dann doch und ausschließlich bei den Großen.

Ich denke mal, einen echten Hardliner wird es hier im Forum nicht geben, weil: Dazu dürfte er gar keinen Rechner besitzen ;) ...außerdem sind hier viele Genußmenschen unterwegs, zu denen ich mich auch zähle.
"wine is sunlight held together by water" (Galileo Galilei)

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Gerald
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Re: Darf man bei Amazon einkaufen und trotzdem Bio vertreten

Beitrag von Gerald »

außerdem sind hier viele Genußmenschen unterwegs
hihi, ich dachte immer "Genussmensch" ist ein Euphemismus für Adipositas. :D

Grüße,
Gerald
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VillaGemma
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Re: Darf man bei Amazon einkaufen und trotzdem Bio vertreten

Beitrag von VillaGemma »

C9dP hat geschrieben: Das Beispiel Huhn zu Amazonmitarbeiter ist in diesem Zusammenhang nur ein Beispiel. Vielleicht erschließen sich meine Fragen noch mehr an folgender Ergänzung. Von Foodfanatikern wird immer wieder angeführt, dass die Deutschen mehr für Motoröl als für Olivenöl ausgeben. Kernkritik dieser Aussage ist ja, dass Lebensmittel keinen richtigen Stellenwert haben und das Auto den Deutschen mehr wert ist. Wenn ich nun das Öl durch den Huhn ersetze, kommen wir zu dem Ergebnis, dass einige eher bereit sind, viel Geld für Lebensmittel auszugeben als dann auf die Arbeitsbedingungen der Menschen in Unternehmen zu achten. Schließlich ist Geld eine endliche Ressource und mehr auf der einen Ausgabenseite bedingt die Notwendigkeit an anderer Stelle zu sparen. Versuche ich aber, Menschen vehement von meiner Überzeugung bei den Lebensmittel zu bekehren, wäre der einzig konsequente Weg auch ein Verzicht beim Kauf von Produkten bei Anbietern mit schlechten Arbeitsbedingungen. Sonst stelle ich halt den Wert des Huhns über den Wert vernünftiger Arbeitsbedingungen von Menschen. Die Alternative wäre, den missionarischen Eifer eunzustellen.
Ich muss diesen Punkt nochmal aufgreifen, weil ich den von einem vollkommen anderen Standpunkt aus betrachte.

Mir sind die Arbeitsbedingungen der Menschen zunächst einmal insonfern egal, als das es einfach verdammt schwer ist, die zu überprüfen. Woher soll ich wissen, ob der Winzer im C9dP nicht auch von Händler X ausgebeutet wird und unter Mindestlohn arbeitet. Woher soll ich wissen, wie Händler Y seine MA bezahlt. Ggf. schon seit 2 Monaten gar nicht mehr oder er musste das Weihnachtsgeld streichen...alles möglich, mir nicht bekannt. Von daher fällt es mit auch weiterhin schwer, hier einen echten Zusammenhang zu sehen: Du missionierst in Sachen Bio und kaufst bei Amazon? Ja, habe ich kein Problem mit. Wobei ich mit dem missionieren zum Thema Bio auch schon vor längerer Zei aufgehört habe...hört eh kaum einer zu ;) und man macht sich keine Freunde. Menschen mögen es ja nunmal auch nicht allzusehr, wenn sie auf ihre "Fehler" hingewiesen werden.

Was mir aber bei dem Huhn/Öl - Motoröl Vergleich direkt einfällt ist, dass ich überhaupt kein Verständnis dafür aufbringen kann, dass die Bürger in Deutschland in der Tat sehr auf ihr Auto achten (Thema E10); beim Essen jedoch weitaus weniger kritisch und hinterfragend sind. Dito die Presse...warum haben die sich so auf das Thema E10 gestürzt und warum hinterfragt niemand mehr, warum unsere gesamte Brot-Backkunst die letzten Jahre total den Bach runtergegangen ist.
Das ist für mich mehr als irritiernde, aber nicht weil ich das Leben des Huhn auch nur in irgendeiner Weise mit einem anderen Leben vergleichen will, sondern weil es mit einfach nicht klar wird, wie man sich gewisse Dinge (mieses Essen) ohne zu hinterfragen antun kann, dann aber beim Thema E10 total unter die Decke geht. Das finde ich krank und diskutiere dann auch gern darüber, um zu schauen, wie die Leute darauf reagieren.
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gollrich
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Re: Darf man bei Amazon einkaufen und trotzdem Bio vertreten

Beitrag von gollrich »

Wer kommt eigentlich auf die Idee das die Mitarbeiter bei Amazon ausgebeutet werden ?... die verdienen alle in über branchenüblichen Gehalt!

Das Mär von der Ausbeutung wird von Verdi gestreut und von vielen Medien einfach unreflektiert übernommen....
Verdi versucht mehr Einfluß bei Amazon zu haben und versucht über Propaganda die Konsumenten auf Ihre Seite zu holen... Alleine schon der Versuch die Mitarbeiter die Pakete packen auf den höheren Tariflohn eines Einzelhändlers zu bekommen, statt auf den eigenes Lagerarbeiters, was sie nun mal sind... (höheres Gehalt heißt auch übrigens höherer Gewerkschaftsbeitrag...)

Ist schon witzig das hier seitenlang über informierte und uninformierte Konsumenten diskutiert wird, über Bio und Haltungsmethoden von Tieren und die ganze Diskussion auf einer vollkommen uninformierten und falschen Behauptung fußt.... ;)
C9dP
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Re: Darf man bei Amazon einkaufen und trotzdem Bio vertreten

Beitrag von C9dP »

Aus welcher Quelle weißt du es denn besser?
Viele Grüße

Aloys
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Re: Darf man bei Amazon einkaufen und trotzdem Bio vertreten

Beitrag von austria_traveller »

gollrich hat geschrieben:höheres Gehalt heißt auch übrigens höherer Gewerkschaftsbeitrag...
Lächerlich !
Der Gewerkschaftsbeitrag bei uns ist 1% vom Bruttolohn; du unterstellst der Gewerkschaft hier etwas - und das ist weder gut, noch sollte es in einem Weinforum besprochen werden !
Beste Grüße
Gerhard aus Wien
MichaelWagner
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Re: Darf man bei Amazon einkaufen und trotzdem Bio vertreten

Beitrag von MichaelWagner »

Zur Ausgangsfrage:

Ja, man darf es. Es drohen keinerlei rechtliche Konsequenzen. Manch einer droht mit dem Teufel, kann aber seine Existenz nicht beweisen.
Man darf auch morgens zur Attac-Demo und nachmittags zum Discounter einkaufen gehen. Auch Bio. Alles erlaubt.
Wir dürfen gegen "Ausbeutung" im eigenen Land streiken und gegen Abwanderung von Jobs in Billiglohnländer demonstrieren.

Wir dürfen hier ziemlich viel. Müssen tun wir aber nicht sollen....
wenns läuft, dann läufts. Aber bis es läuft, dauerts...
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VillaGemma
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Re: Darf man bei Amazon einkaufen und trotzdem Bio vertreten

Beitrag von VillaGemma »

Das Thema scheint ein wenig tot, nachdem es hitzig und spannend im Preisnachlassthread diskutiert wurde ;)

Ich finde es interessant, dass gerade bei Amazon draufgehauen wird, bei allen anderen nicht, wo wir alle sehr wahrscheinlich überhaupt nicht wissen, wie es bei denen in Sachen Mitarbeiter läuft.

Und ich finde es nach wie vor bemerkenswert, dass man, wenn man sehr auf seine Ernährung wert legt und entsprechend einkauft, dass man dann auch keine "Schnäppchen" mehr wahrnehmen darf, weil da könnten ja ...
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MichaelWagner
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Re: Darf man bei Amazon einkaufen und trotzdem Bio vertreten

Beitrag von MichaelWagner »

Wenn ich Dich richtig verstehe hättest Du gerne moralisch einwandfreie "gute" Lebensmittel. Das wirst Du nur erreichen wenn Du Deine Lebensmittel direkt beim Erzeuger kaufst, der Betrieb für Dich in Großteilen transparent ist und Du diesem vertraust. Und dann auch nur mit Abstrichen, denn bspw. ein Winzer weiß auch nur bedingt unter welchen Umständen bspw. das Glas für seine Flaschen etcpp zustande kommt - auch wenn er noch so BioDemeterHastenichgesehen zertifiziert ist.
(Ich bin mir bewusst, dass dieser Einkaufsweg nicht für jeden in vollem Umfang funktioniert und bspw. "Städter" ohne schnellen Zugang zu bspw. einem Hofverkauf für Fleisch, dass nicht ohne weiteres umsetzen können. Aber das ändert ja nichts an der Tatsache)

Ansonsten kaufst Du aus der Blackbox und irgendein Siegel (Bio nur als Beispiel) wird das ganze nicht besser machen, sondern lediglich ein wenig Absolution für Dein chronisch schlechtes Gewissen liefern.

Es wurde irgendwann beschlossen, dass Globalisierung ne tolle Sache ist, alle haben applaudiert, dabei aber vergessen dass keiner mehr durchblickt waswiewowannwoherkommt und nun sind alle wahnsinnig überrascht, dass sie nichts mehr durchschauen können.

Im übrigen zahlst Du die Ersparnis für jedes Schnäppchenangebot, dass dem "systemrelevanten Händler mit einer politisch relevanten Anzahl an Arbeitsplätzen" keine Kostendeckung bringt über Deine Steuern wieder nach. Denn da wird Papa Staat direkt (Subventionen aller Art) oder indirekt (die finanzierende Bank wird "gerettet") dann irgendwann in die Bresche springen um seine angestellten Wählerschäfchen zu beruhigen.

Das bringt mich dann gleich zu dem irgendwann in diesem Thread gebrachten Argument, dass die Geldmenge endlich sei - das stimmt heute nur noch in der Theorie - in der Praxis wird einfach immer weiter die Zukunft beliehen. Nach uns die Sintflut.

Mein Wusnch für 2016: die Menschheit kapiert dass es keine Schnäppchen gibt, sondern lediglich kurzfristige Selbsttäuschung.

abseits dieses Themas: der Vergleich mit dem Automobilgeschäft hinkt auch ein wenig, denn auch hier herrscht eine einzige Rabattschlacht und das Gros der Händler steht am Rande des Ruins - nur kümmerts keinen, ob in der Werkstatt evtl. jemand unbezahlte Überstunden schrubbt. Wenn bei einem großen Online-Händler mal jemand im Weihnachtsgeschäft ne Stunde länger Kartons packen muss gibts gleich nen Skandal...

So genug uffgerescht - guten Rutsch an alle :D
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VillaGemma
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Re: Darf man bei Amazon einkaufen und trotzdem Bio vertreten

Beitrag von VillaGemma »

MichaelWagner hat geschrieben:Wenn ich Dich richtig verstehe hättest Du gerne moralisch einwandfreie "gute" Lebensmittel.
Nein. Wäre ein schöner Nebeneffekt, aber was ich vor allem möchte:

Lebensmittel, die mir gut tun. Für mich nach wie vor das wichtigste Überhaupt: Dass man isst, was einen stärkt. Folglich kaufen wir ausschließlich Bioprodukte, vornehmlich demeter und Bioland. So einfach.

Ich bin kein Weltenverbesserer oder sonstiger Gutmensch. Nein, bin ich nicht. Ich bringe nur ein tiefes Unverständnis auf, wenn jemand sich über E10 aufregt, beim Essen jedoch die Schiene "so billig wie nur eben geht" fährt. Das war zum. mein Kernpunkt.

Der 2. Kernpunkt von anderen hier im Forum war: Wieso ich bei "the one who must not be named" das Angebot wahrnehme, wo ich doch Bio kaufe...
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