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Pinot weit weg

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Weinbertl

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Re: Pinot weit weg

BeitragMo 16. Nov 2015, 18:59

hallo Ralf,

den Montigl von der Kellerei Terlan hatte ich heuer in Bozen im Glas und war ähnlich begeistert. Was mir besonders gefallen hat, war die genau im richtigem Maß gesetzte Säure und ein sehr gut balancierter Körper. Nachdem ich alle Pinot Noir´s an den burgundischen Burgundern messe, war ich auch von der Originalität und Reinheit der Rebsortenprägung überrascht. Ein wirklich empfehlenswerter PN, der nicht erst viele Jahre im Keller vergessen werden muss.
Grüße
Robert
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olifant

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Re: Pinot weit weg

BeitragDi 17. Nov 2015, 09:28

Hallo Robert,

das ist ja eigentlich das Angenehme an vielen Südtiroler Blauburgundern, dass sie nicht all zu lange reifen müssen, na ist aber auch Jahrgangsabhängig zu sehen.
Für Hofstätter (ab der Riserva), Haas' Schweitzer Riserva, Donà Noir und Stroblhof Riserva (und vllt. noch ein paar andere mir zusagende) gilt das eher weniger, da gehts nicht ohne Lager ab.
Ebenso sagt mir die Stilistik vieler Südtiroler Betriebe, die nicht so nach Fruchtaromenkonzentration streben, sehr zu. Dagegen tue ich mich bspw. mit Carlotto (der 2009 war da für mich eine Ausnahme), oder der KG Schreckbichl (St. Daniel, Villa Nigra) eher schwer - ich kann mir dann auch oft nicht vorstellen wie das reift, auch wenn ich weiss, dass Villa Nigra (vormals Schwarzhaus Riserva) durchaus gut und lange reifen konnten. Allerdings hatte ich die, wenn, dann als gereifte (10 Jahre +) im Glas ohne die Jungweine zu kennen, sodass ich nicht beurteilen kann, ob sich da in den letzten Dekade ein Stilwechsel vollzogen hat.

P.S. eine schöne Riserva hat dieses Jahr Tiefenbrunner mit dem 2012 Linticlarus Pinot Nero Riserva auf die Flasche gebracht. Mit Belüftung jetzt m.E. recht perfekt - mit ca. 25 € aber auch kein Schnäppchen.
Grüsse

Ralf

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Karl Valentin
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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragDi 17. Nov 2015, 09:30

Hallo Ralf,

danke für deine nicht so weiten ;-), dafür aber um so interessanten, Eindrücke! Der Montigl hört sich in der Tat sehr interessant an. Ich muss zugeben, dass ich bis jetzt mir immer nur WBs von Terlan gekauft habe. Ich werde mir den mal zulegen. Ist ja ziemlich gut in Deutschland erhältlich.

Eine kurze nebensächliche Frage: seit wann macht Haas Schrauber auf die Flaschen? Weisst Du ob der auf alle Flaschen jetzt Schrauber macht?

Besten Gruss

Chris
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olifant

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Re: Pinot weit weg

BeitragDi 17. Nov 2015, 10:35

Hallo Chris,

die Teil-Umstellung auf Schrauber betrifft die meisten Etiketten der Basislinie weiss wie rot. I.d.R. gibt's die Etiketten nach Wahl, mit Rinde oder 'cork free'.
Die Umstellung begann ca. im Jahr 2008 mit den ersten Weissen, dann kamen nach und nach immer mehr Etiketten dazu. - Allgemeingültig scheint mir die Umstellung aber nicht zu sein und die Verfügbarkeit wechselt dann doch u.U. von Jahrgang zu Jahrgang und die meisten sind glaube ich noch Wahlweise. Ab Hof hast du entsprechend die grösste Auswahl an Schraubern.
Ich kann einen Blick in die aktuelle Preisliste 2015 werfen, da sind alle Weine mit Schrauber / Korken gelistet.

Ganz sicher nicht mit Schrauber sind die Schweizer-Etiketten (Pinot Nero Riserva, Merlot, Istante, Moscato Rosa ...), die gibt's nur mit Rindenverschluss.

Ich für meinen Teil habe mit der Pinot Nero Annata und dem weissen Manna nur gute Erfahrungen gemacht.
Grüsse

Ralf

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olifant

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Re: Pinot weit weg

BeitragDo 19. Nov 2015, 12:53

Hallo Chris,

ich habe gestern mal einen Blick in Haas' Preisliste 2015 geworfen.
Die einfachen Weine der 'Sophie-Linie', M-T, Rosato und Schiava gibt's nur mit Schrauber.
Dafür nur mit Korken, ohne Alternative, in Rot Lagrein, Pinot Nero Riserva Schweizer, Merlot, Istante und Moscato Rosa, in Weiss Pinot Grigio und Moscato Giallo.
Alle anderen Weine gibt's mit Schrauber oder alternativ Korken, also Pinot Bianco, Gewürztraminer, Sauvignon Blanc, Manna, Petit Manseng und Pinot Nero - that's all.
Grüsse

Ralf

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Karl Valentin
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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragSo 29. Nov 2015, 13:34

Hallo zusammen,

nach fast genau einem Jahr gibt es heut mal wieder einen "Pinot weit weg" aus Israel.

Vitkin Pinot Noir 2011, Judean Hills

http://wine-zeit.blogspot.de/2015/11/vi ... hills.html

............

Was sein farbliches Kleid betraf zeigte der Vitkin Pinot Noir 2011 ein äußerst dunkles Rubinrot mit dennoch sehr klarer Transparenz und keinerlei Verfärbungen hinzu den im Glase befindlichen Randregionen. In der Nase überraschte mich zunächst ein sehr ungewöhnliches und cremiges wirkendes Potpourri von Pekanussmousse, Eichenholz, eher sanfter Rauch, getrocknete dunkle Kirschen, Dörrpflaumen sowie ein sich erstaunlich gut durch das restliche Potpourri durch-kämpfendes Parfüm an Veilchen. Ein ganz sicher nicht alltägliches Nasenspiel! Nach ca. drei Stunden wurde das Holz merklich, aber was mich betraf nicht genügend, schwächer, die Dörrpflaumen präsenter sowie prägnanter und darüber hinaus schickten sich erdige Aromen, die mich an mitteleuropäischen Laubwald erinnerten, an, eine mit der fortlaufenden Zeit immer stärker werdende Untermalung beizutragen. Am Gaumen fiel mir als aller erstes die angenehm schlank wirkende und softe Struktur des nahöstlichen Pinots auf. Sein Punch an recht reichhaltigen Fruchtaromen war sicherlich nicht ganz kühl, doch marmeladig oder gar durchgekocht wirkte er auf keinen Fall. Leicht angeköchelte Fruchtaromen von dunklen Kirschen, Pflaumen und später sogar etwas schüchterner Ananas (!?) dürften eine bestmögliche Umschreibung sein. Alles in allen wirkte die Frucht in ihrer Fülle doch angenehm reduziert und nicht anstrengend. Anstrengend, war dann doch das schon erwähnte Holz. Die etwas warm-nussigen und vanilligen Aromen nahmen mit fortschreitender Verkostungsdauer zwar etwas ab, doch leider blieben sie stets etwas zu sehr im Vordergrund verhaftet. Nun ja, immerhin konnten nach einigen Stunden die erdig-laubigen Geschmäcker dem Holz ein wenig Einhalt gebieten. Am noch leicht vorhandenem tanninigen Biss und an seiner überzeugend gut integrierten Säure konnte ich nichts finden was mich sonderlich störte. Auch der Alkohol (13,5 %) machte sich nur ganz leicht bemerkbar.

Sicher war ich insbesondere von dem starken Holzeinfluss nicht sonderlich begeistert! Wie schon mehrfach erwähnt. Immerhin war dieser so ungewöhnlich, dass er schon wieder fast ein wenig interessant daherkam. Das cremige Pekanussmousse war erstaunlich präsent. Dieses machte wohl für mich das Ungewöhnliche aus. Wie dem auch sei. Für einen Pinot Noir aus einer so dermaßen heißen Region, zeigte der Vitkin eine gute Balance und relativ schlanke Körpermaße. Im Moment erscheint er in sehr guter und trinkflüssiger Form zu sein. Mir machte er überraschend viel Spaß! Ich komme nicht umhin einen wiederholten, und wahrscheinlich durchweg unzulässigen, gehirnspinstigen Vergleich zu erwähnen, der mir während des Genusses durch den Kopf schwirrte. Erinnert hat mich dieser Pinot, wie auch viele andere Weine aus Israel, an Wein aus Sonoma, oder in dem Fall eher an Sonoma Coast. Diese nicht weiter aufzubereitenden Gefühle kommen in mir meist bei israelischen Chardonnays auf. Doch dieses Mal zur Abwechslung auch ganz subjektiv eindeutig bei einem Pinot Noir. Genug damit! Recht gut (+) war der Vitkin Pinot Noir 2011 für mich allemal. Weniger Holz und ich hätte mich ohne Probleme sogar vielleicht zu mehr hinreißen lassen.

Besten Gruss

Chris

PS: Hat jemand von euch in letzter Zeit einen fernen oder ungewöhnlichen Pinot Noir getrunken? Hier hat es genug Platz um zu berichten ;-)
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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragFr 11. Dez 2015, 12:42

Hallo zusammen,

heute halte ich meine VKN zu einem entfernten Champagner Stillwein ;) etwas knapper.

Domaine Carneros Avant Garde Pinot Noir 2002, Carneros


http://wine-zeit.blogspot.de/2015/12/do ... -noir.html

...

Seine Farbe erinnerte in den Randregionen schon etwas an transparente kleine Euro Cent Münzen. Doch sein Kern war immer noch in ein stabiles Rubinrot gehüllt. Die Nase zeigte sich sehr parfümisiert-fruchtvoll und fleischig. Sein Alter riechte man ihm nicht an. Er wirkte eher sehr wollüstig, drall und eindeutig napa'nesisch ohne es mit diesen Ausprägungen all zu sehr übertreiben zu wollen. Am Gaumen kam er gar nicht so reichhaltig und fruchtbombig daher. Seine Erdbeerfrucht wirkte durchweg kühl, also für einen Pinot aus Carneros, und überraschend vital. Seine sehr balanciert eingebundenen Laubwaldaromen und die kräftigere Spur süßnussiges Resteichenholz sollte ich nicht unerwähnt lassen. Wie schon angedroht! Heute verweile ich im kurz angebunden Schreibmodus. Es gibt eigentlich auch keinen weiteren Grund mehr zu schreiben. Der Avant Garde 2002 war nicht sonderlich komplex - was bei ihm wohl nicht angedacht war, dafür sehr gut ausbalanciert, er war sehr kalifornisch, aber auch erstaunlich trinkanimierend und nicht sättigend. Sogar für mich! Einfach ein einfacher, guter (o)-(+) Pinot Noir ohne größere Komplexe.

Bester Gruss

Chris
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Re: Pinot weit weg

BeitragMi 30. Dez 2015, 21:10

Hallo zusammen,

aus Ausklang des Jahres soll es schnell noch einen der spannensten - leider in vielerlei Hinsicht - und anstrengensten "Pinot weit weg" des Jahres geben.

The Ojai Vineyard Pisoni Vineyard Pinot Noir 1996, Santa Lucia Highlands

http://wine-zeit.blogspot.de/2015/12/th ... pinot.html

.....

Die visuellen Eindrücke waren geprägt von Orange in den Randregionen, von leicht ins rot-bräunlich gehendem Ex-Granatrot im Kern und enorm viel Partikeldurchsetzung im großen Weit meines Glases. Beim der Geruchstransportation lief Performanz der Lippe an Riedel Sommeliers Burgundy Grand Cru Glas auf Hochtouren. In meiner Nase zeigte sich ein enormer Reichtum an Facetten und fast schon verstörender Komplexität. Darunter Aromen von Nadelwaldboden, Orangenlikör, einer Spur Menthol (was das Nasenspiel um so spezieller machte), viel Erdigkeit, Brotkruste, nasenreizender schwarzer Pfeffer, Lakritze, Zündholz, später etwas Pflaumenmousse und einen schüchterne Note an Liebstöckel. Alles in allem ein sehr duftiger, sehr dreist lebendiger - natürlich nur für sein Alter - und unvermittelt anspringender Naseneindruck mit viel Kraft und Ausdruck! Am Gaumen wurde er für mich sehr schwierig zu greifen und befand sich für meine Zunge in weiter Genussferne. Mit seinem fortgeschrittenen Alter hatte das rein gar nichts zu tun. Anzeichen von Überalterung oder Ähnlichem zeigten sich über die ganze zwei Tage der Verkostung eigentlich kaum. Es waren eher seine Aromen. Seine sehr nerven- und papillenspannenden Aromen die mich wirklich sehr forderten. Im Zentrum standen Aromen von Cola, viel viel Süßholz, herber Orangenmarmelade, verbranntem Brot, mediteraner Kräutermischung im vertrockneten Zustand, Holzkohle, marzipan'ige Süße und schlammig wirkende hellbraune Erde. Von dem im jungen Stadium befindlichen „revealing the flamboyant Pisoni raspberry character" war rein gar nichts mehr zu spüren. Ist ja auch nicht unverständlich bei seinem Alter. Auch die eigentliche Aromen an sich fand ich nicht weiter schwierig oder spannend fordernd. Mein Problem war nur die unbändig Intensität und „Lautstärke“ der Aromen. Mit einer derartigen „Spannung“ waren meine Sinne einfach komplett überfordert. So dürfte es sich anfühlen, wenn man nach einem wochenlangem Rinzai Zen-Kloster Retreat direkt anschließend auf ein Death Metal Konzert geht. Nehme ich mal an. Probiert habe ich es noch nicht. Ist mir beides wahrscheilich zu flach und langweilig. Aber ich schweife mal wieder ab! Mit einer Einschätzung auf meiner bewährt unsinnigen Skala tue ich mir im heutigen Fall besonders schwer. Dehalb lasse ich es am besten. Seine Nase war spektakulär und wahnsinnig ungewöhnlich hinsichtlich des Zusammenspiels. Sein Geschmack war für mich unbeschreiblich anstrengend … und hatte nebenbei erwähnt mit Pinot Noir, meiner ausnahmsweise sehr rigid-kleinlichen Meinung, kaum noch was zu tun … Trotzdem ein Erlebnis!

Besten Gruss und ein Guten Rutsch!

Chris
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Re: Pinot weit weg

BeitragDi 9. Feb 2016, 18:13

Hallo zusammen,

wenn ich an Alicante denke, kommen mir Begriffe wie Europa's größtes „Sonnenstudio“ Benidorm an der Costa Blanca oder als Weinfreund Monastrell aus Jumilla in den Kopf. An Pinot Noir aus einer derart heißen und von Trockenperioden beeinflußten Region habe ich bis heute eher nicht so oft gedacht. Aber anscheinend gibt es wohl auch meinen geliebten Pinot Noir im Südosten Spaniens ...

Bodegas Mendoza Pinot Noir 2013, Alicante

http://wine-zeit.blogspot.de/2016/02/bo ... cante.html

In farblicher Hinsicht erweist sich der Pinot Noir 2013 von Enrique Mendoza als eine relativ dunkle Angelegenheit. Im Kern fast schon gen Hellviolett gehend, zeigt er in den mittleren und äußeren Schichten des in einem Zalto Burgundglas abgebildeten Pinotpanorama ein dunkles und farbintensives Granat mit mittlerer Durchsichtigkeit. In der Nase erschnüffele ich neben Scheune und Landluft einen intensiven Eindruck von eingebildeter Kalksteinmineralik (leider konnte ich diese nirgends im Netz verifizieren), Daneben zeigen sich mit Graphit eingeriebene würzige Schwarzkrischen, etwas viel Kaffeepulver von sehr dunkel gerösteten Kaffeebeohnen, so manche saftig wirkende Blaubeere, das eine oder andere leicht verwelkte Veilchen und eine Spur Vanille. Am Gaumen kommt er kraft- und durchaus auch druckvoll daher, aber ohne übermäßig komplex und vielschichtig zu wirken. Das krud-herbe, mir etwas zu dunkel geröstete, Kaffeepulver setzt sich am Gaumen durchweg fort. So auch die ziemlich erstaunlich ausgeprägt wirkende – und wohl rein eingebildete – mineralische Prägung. Auch seine von Früchten getragenen Aromen wirken ziemlich ähnlich. Die Würze von Thymian und schüchternem Rosmarin scheint hier etwas ausgeprägter zu sein. Mit den mir etwas zu präsenten Holz- und Vanillearomen kommt die Kraft und Konzentration des Weines angenehm gut zurecht. Auch die 14% Alkohol machen sich kaum bemerkbar. Man spürt das dieser Pinot aus einer heißen Region kommen muss, doch richtige Überreife, Marmeladigkeit oder gar Rosinigkeit kann ich nicht feststellen. Sicherlich ist der Pinot Noir 2013 von Enrique Mendoza kein leichtfüßiger Eintänzer auf einer frühsommerlichen Blumenwiese, doch für einen Hot-Climate-Pinot aus einer von mir selten angepeilten tiefliegenden Preisregion kann er sehr gut überzeugen. Irgendwie ganz okay (o)-(+) ist er schon würde ich meinen … erwartet habe ich was anderes.

Besten Gruss

Chris

PS: Wie sieht es aus?! Von euch im neuen (oder alten) Jahr einen weiten (oder was seine Herkunft betriff ungewöhnlichen) Pinot getrunken???
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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragMo 7. Mär 2016, 16:39

Hallo zusammen,

heute möchte ich mich in einen der hintersten Winkel der Weinwelt verirren in welcher weder meine Zunge, noch mein restlicher Körper - leider, je die Freude genießen durfte vorort ein wenig verweilen zu dürfen. Zwischen dem pazifischen und dem indischen Ozean liegt eine mit Bayern vergleichbar Insel, natürlich nur hinsichtlich ihrer eigentliche Größe versteht sich, auf der ein gemäßigtes von den Ozeanen stark beeinflusstes Klima vorherrscht. Natürlich möchte ich mich aus die Insel Tasmanien an der Südflanke des australischen Bundesstaates Victoria beziehen.

Für seine Teufel, seine Segler, gar Errol Flynn und nicht zu vergessen seine wunderschöne Natur ist die Insel bekannt. Was Weinbau betrifft, hält sich die Bekanntheit eher noch ein wenig in Grenzen. Daher vorab eine kleine Einführung. Seine Ursprüngen hat Tasmaniens Weinbau in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Diese ersten Versuche von frühen europäischen Siedlern versandeten schon nach wenigen Jahren in den auf Tasmanien vorherrschenden Sandböden. Erst in den 1950er Jahren einwickelte sich ein zweiter Anlauf in Sachen lokaler Weinbau. Heute gibt es auf der Insel in etwa 1800 ha an Weinbergen die von ca. 160 Weinbaubetrieben unterhalten werden. Bezüglich der angebauten Rebsorten herrscht eine entschiedene Konzentration auf Burgunder Rebsorten (44% Pinot Noir - oft für Schaumwein, 23% Chardonnay, 11% Grauburgunder und 12% Sauvignon Blanc) vor. Unterteilt wird Tasmanien in fünf Bereiche: in das mit Abstand größte Weinbaugebiet Tamar Valley im Norden der Insel entlang des Tamar Fluss, in die zerstückelte Weinregion entlang der Ostküste, in das Coal River Valley, in das Derwent Valley inkl. Huon/Channel und letztlich in die nord-östliche Weinregion entlang des Pipers River - aus welcher auch mein heutiger „Pinot weit weg“ stammt.

Hergestellt wurde mein Pipers River Pinot Noir 2013 von Dalrymple Vineyards. Gegründet wurde Dalrymple von Bertel and Anne Sundstrup im Jahre 1987. Aktuell ist eigentliche Weinverantwortliche der durch und durch pinosity getriebene Peter Caldwell. Gewachsen sind die Trauben für den Pipers River Pinot Noir auf sandigen, lehmigen und zu kleinen Teilen sogar auf vulkanischen Böden. Vergoren wurden die Trauben in offenen Holzbottichen (mit teilweise bis zu 30% mit Rappen, je nach Reife und Herkunft der Trauben). Die anschließende Reifung in französischen Barriquefässern (22% neues Holz, der Rest Zweit-und Drittbelegung) dauerte ca. 10 Monate. Genug der trockenen Vorrede, jetzt endlich wird es etwas flüssiger ...

Dalrymple Pipers River Pinot Noir 2013, Tasmanien


http://wine-zeit.blogspot.de/2016/03/da ... -2013.html

Was die Farbe des Pipers River Pinot Noir 2013 angeht, präsentierte sich diese in einem mustergültigen und ausstrahlungskräftigen Rubinrot mit viel Transparenz, sowie Farbsättigung bis hin in die koronalen Regionen meines Verkostungsglases. Seine Nase zeigte anfänglich angenehm duftige weiße- und rosafarbene Blüten, rechhaltig reife und keinesfalls überzüchtete Himbeeraromen, kaum Holz – abgesehen von einem Hauch Karamell, eine Idee von waschmittelig-seifiger Kargheit die ich sonst nur von so manchen Pinot vom Kalkstein geläufig ist und einer sehr fein abgestimmter mitteleuropäischer Kräuterigkeit. Nach einigen Stunden wurden diese Kräuter wesentlich würziger und von Seiten der Frucht hielten saftig reife Pflaumen in meiner Nase Einzug. Alles in allem nasal sehr duftig, mitteilsam und reich an sinnlich-verführerischer Eleganz ohne seinen roten Nasenfaden aus dem Auge zu verlieren. Am Gaumen wirkte er von beginn an wesentlich kräuterwürziger und was seine mineralische Prägung betrifft wesentlich kalkiger (ohne die erwähnte Seife) - ohne vom Kalkstein zu sein (?). Was seine Frucht angeht zeigte er wie im Falle der Nase zunächst Aromen, die mich eher an reife Himbeeren und Waldbeeren erinnerten. Alles sehr kühl, sehr saftig, leicht cremig und fern jeglicher Marmeladigkeit. Nach nur ein bis zwei Stunden setzten sich die ebenfalls schon erwähnten ungemein saftigen und durchweg kühl wirkenden Aromen von reifen Pflaumen durch. Das Holz inkl. etwas Karamell konnte ich auf der Zunge ein wenig eher erahnen als in der Nase. Selbiges gilt für die Erahnungen in Richtung geschmacklich wahrnehmbarem Alkohols (13,6 %). Aber, nur erahnen … nichts weiter! Am zweiten Tag inkl. leicht höherer Temperatur (schätzungsweise 19 C) wirkte die Kräuterwürze etwas pfefferkuchig. Auch Aromen die an Unterholz erinnerten, entwickelten sich in meiner Zungenrinne. Und die saftigen Pflaumen? Diese entfalteten zu meinem Entzücken ihr komplettes Potential. Was Länge im Abgang und seinen an den Mittelgaumen angelegten Druck betraf, kann ich nichts wirklich Abträgliches berichten. Es kann natürlich (fast) immer ein wenig mehr und raffinierter sein, doch diese tasmanische Performanz war schon ziemlich nett! Für mich ein sehr gut abgestimmter, saftiger, herb-fruchtiger, trotz seiner Jugend jetzt schon viel Spaß bereitender Pinot aus der Halbschwergewichtsklasse mit eindeutig frankophilen Orientierungen. Für mich ohne Probleme ein wirklich sehr guter (++) "Pinot weit weg".

Besten Gruss

Chris
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