Inzwischen gibt es auch einige sehr gute Alternativen zu Chateau Musar, die Detlef Rick vom Großhandel Ars Gustandi in Kamp-Lintfort (ars-gustandi.de) mit seiner bekannten Vorliebe zu libanesischen Weinen gerade ausfindig und dem deutschen Markt zugänglich gemacht hat, was seinem Schwerpunkt Musar keinen Abbruch tun soll.
George Naim mit seinem Qanafar hat mit 93 Punkten gerade die höchste Bewertung, die je ein libanesischer Wein erhielt, erreicht. Zwar derzeit "nur" ein brandneues, aufstrebendes kleines Weingut, das jedoch gerade seine Kapazitäten erweitert und noch für einige Überraschungen sorgen wird.
Fady Geara hat mit dem Aurora von seinem kleinen aber sehr modern ausgestatteten Weingut seit 2008 auf Anhieb einen sehr guten Wein parat und setzt seither ausschließlich auf außerordentlich gute Qualität . Allerdings rar, denn die Menge wird auch künftig klein bleiben.
Das ebenfalls recht neue Weingut Ixsir liefert mit seinem Grand Reserve einen hervorragenden Wein, der durchaus mithalten kann. Der El Red ist wohl die beste Qualität aus diesem Hause. Die Standardweine sind auch bei uns inzwischen recht beliebt und erhältlich.
Kefraya hat neben den Standardqualitäten mit dem Comte de M ebenfalls einen erschwinglichen und sehr hochwertigen Wein im Programm.
Clos St. Thomas bietet ebenfalls sehr gute, Musar in Nichts nachstehende Weine an und hat neben dem Chateau weitere Spitzenweine (z.B. Le Merlot A) zu bieten. Der gar nicht so teure 2000'er Les Sultans soll besonders gut sein. Auch die noch älteren Les Sultans kommen immer noch ordentlich daher und sind gemessen an vergleichbaren europäischen Weinen weiterhin von gehobener Qualität.
Nakad dürfte leider eher in Luxusregionen abdriften, doch ältere Jahrgänge sind immer noch relativ günstig zu bekommen und eine Vergleich wert.
Ich glaube, das jedes dieser Weingüter insbesondere bei dem "Gründer"-Enthusiasmus Ihrer Besitzer weiterhin gute Qualitäten liefern wird und es verdient, auch bei uns Beachtung zu finden. Die alten Jahrgäng von Musar, Clos St. Thomas und Kefraya haben bei den Liebhabern ja eh schon Ihren Platz gefunden.
Zwar ist Detlef letztes Jahr leider verstorben, doch auch künftig sollen die Freunde libanesischer Weine nicht darauf verzichten müssen und der Import/Vertrieb geht unter seinem Bruder weiter. Wieder steht für seine Kunden eine Lieferung aus dem Libanon bereit und Aurora der Jahrgänge 2008-2010 sind ebenso darunter wie der Qanafar aus 2010.
Natürlich auch aktuelle Jahrgänge von Clos St. Thomas, Kefraya, Ixsir und Musar.
Ältere Jahrgänge von Clos St. Thomas, Kefraya, Nakad, Ksara und natürlich seinem Schwergewicht Musar sind noch lieferbar, doch in der Regel in ganz anderer Preislage. Dennoch dürften diese bald nur noch Legende sein.
Libanon
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Re: Libanon
Ars Gustandi ist Vertragspartner von Chateau Musar. Derzeit -wenn überhaupt- nur noch ein kleiner Restbestand des 2004 da. Aber nachholbar. Aktuell und interessanter sind eher der 2003 und 2005. Der 2007 m.E. noch zu früh.
Bei Musar kann man sich mit dem Trinken ruhig Zeit lassen. Auch die genannten Jahrgänge werden noch ordentlich zulegen.
Bei Musar kann man sich mit dem Trinken ruhig Zeit lassen. Auch die genannten Jahrgänge werden noch ordentlich zulegen.
Re: Libanon
Hallo zusammen,
diesmal kann ich leider nur ein nicht so tolles Musar-Erlebnis. Schlechte Phase oder Flasche? Egal, abschreiben und weiter geht's.
Viele Grüße,
Björn
diesmal kann ich leider nur ein nicht so tolles Musar-Erlebnis. Schlechte Phase oder Flasche? Egal, abschreiben und weiter geht's.
Viele Grüße,
Björn
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"Not that we needed all that for the trip, but once you get locked into a serious drug-collection, the tendency is to push it as far as you can." (Hunter S. Thompson, Fear and Loathing in Las Vegas)
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Re: Libanon
Chateau Musar 2004: Noten nach süßlichen Paprika, angegorenen (sehr reifen/überreifen) Zwetschgen. Hält sehr gut über zwei Tage und braucht selbst am zweiten Abend Luft. Verändert sich immer wieder bei großem Potential und Suchtfaktor 91P von mir.
Bei anderen Weinen würde ich meinen, daß diese über die Zeit sind, beim Musar sehe ich das anders. Obwohl er deutlich gereift ist, empfinde ich seine oxidativen Noten keineswegs störend oder negativ.
Bei anderen Weinen würde ich meinen, daß diese über die Zeit sind, beim Musar sehe ich das anders. Obwohl er deutlich gereift ist, empfinde ich seine oxidativen Noten keineswegs störend oder negativ.
Re: Libanon
Vor einigen Wochen getrunken:
Musar 1998: deutliche Reifenoten, Dörrobst, leicht süßlich am Gaumen, feine Säure. Ein sehr schöner gereifter Wein!
Musar 2005: Kirschrot, keine Alterserscheinungen, verhalten nach Beeren. Wiederum Süße am Gaumen, gute Säure, wenig Tannin. Noch zu schade zum wegtrinken, den restlichen Flaschen gönne ich noch ein paar Jahre.
Recht feine, elegante Weine. Das hatte ich irgendwie anders in Erinnerung (damals, in den 80zigern ).
Musar 1998: deutliche Reifenoten, Dörrobst, leicht süßlich am Gaumen, feine Säure. Ein sehr schöner gereifter Wein!
Musar 2005: Kirschrot, keine Alterserscheinungen, verhalten nach Beeren. Wiederum Süße am Gaumen, gute Säure, wenig Tannin. Noch zu schade zum wegtrinken, den restlichen Flaschen gönne ich noch ein paar Jahre.
Recht feine, elegante Weine. Das hatte ich irgendwie anders in Erinnerung (damals, in den 80zigern ).
Grüße
AmonA (aka Volker)
AmonA (aka Volker)
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Re: Libanon
Hallo,
Freunde von mir leben zur Zeit in Beirut. Deshalb hatte ich die Möglichkeit für einen schmalen Taler den Libanon zu bereisen und auszutrinken.
Wir haben drei verschiedene Weinregionen besucht, Batroun, Mt. Libanon und das Bekaa Valley und eine ganze Reihe von Weinen verkostet und getrunken. Ich habe mir vorgenommen, die Eindrücke in nächster Zeit mal ins Forum einzupinseln, wollte aber mit allgemeinen Informationen und dem Fazit anfangen.
Die Kultur und Gastronomie im Libanon besitzt, durch das Völkerbundmandat Frankreichs nach dem 1. Weltkrieg, viele französische Einflüsse. Das findet man gerade auch im Weinbau wieder. Die hauptsächlich angebauten Rebsorten sind z.B. Cabernet Sauvignon, Syrah, Merlot, Carignan, Cinsault, Grenache, Chadonnay, Sauvignon Blanc und Semillion. Autochthone Rebsorten spielen nur eine untergeordnete Rolle. Je nach Quelle, werden ca. 14.000 - 20.000 Hektar Rebfläche im Libanon angegeben, der überwiegende Teil davon in der Bekaa-Ebene (~90%). Alle mir bekannten Weinbauregionen im Libanon liegen oberhalb von 800 Meter und gehen bis 1500 Meter hoch. Das führt zu einem großen Unterschied zwischen Tages- und Nachttemperatur, was nach Lehrbuch ja zu einer frischen Säure bei schöner Reife und aromatischer Fülle führen soll.
Den französischen Enfluss findet man auch in der Aktivität von vielen Önologen wieder. Stéphan Derenoncourt bei Marsyas (der syrische Wein Bargylus gehört auch zu der Gruppe), Hubert de Bouard bei IXSIR, Éric Boissenot für Chateau Keyfraya und Yves Confuron für Vertical 33.
Man findet Zahlen, dass es etwa 40 - 50 Weingüter und Winzer im Libanon gibt. Der Markt wird hierbei durch sehr große Wein-Unternehmen wie Ksara, Ixsir, Keyfraya und Musar geprägt. Es ist eher die Ausnahme, als die Regel, dass die Winzer die Trauben selber anbauen. Gerade die großen Weingüter haben langfristige Verträge mit Traubenbauern aus dem ganzen Libanon und kaufen zusätzlich noch situationsbedingt Trauben zu. Andersrum machen die kleinen Winzer nicht in jedem Jahr alle ihre Weine oder mit schwankenden Mengen und verkaufen einen Teil ihrer Trauben.
Das hat zur Folge, dass sich häufig nicht nur die Anteile der verschnittenen Trauben in einer Cuvée sondern die verwendeten Rebsorten von Jahrgang zu Jahrgang unterscheiden. Um einen Terroirgedanken dann vollständig zu begraben, ist die Region, Erntezeit und die Traubenbauern, woher die Trauben, stammen auch von Jahr zu Jahr und innnerhalb eines Jahrgangs nicht einheitlich. Erst bei den teuersten Produkten wird dann ausgewiesen, dass die Trauben nur aus einem Weinberg stammen.
Insgesamt fand ich die verkostete Qualität eher durchwachsen. Wirklich gute Weine sind die Ausnahme, schwache Weine sind problemlos zu finden. In meinen Augen ein ziemliches Minenfeld, gerade weil das Preisniveau auch eher hoch ist. Viele Weine sind sehr reif, kräftig extrahiert und besitzen sehr hohe Alkoholgrade. Von einer frischen Säure ist wenig zu finden.
Der ausschlaggebende Punkt, warum ich persönlich auf den häufigeren Genuss von Weinen aus dem Libanon verzichten werde, ist die hohe Pestizid- und Schwermetallbelastung im Libanon.
Der Einsatz von Pestiziden wird nicht kontrolliert (nur auf dem Papier) und es kommt zur exzessiven Verwendung. Unter anderem, zwar auch im Libanon verboten, Organochlorpestizide wie DDT, was zu den persistenten organischen Schadstoffen zählt und in der EU verboten ist. Fehlende Kontrollen machen es möglich, dass diese Substanzen in den Libanon geschmuggelt werden [1] So wurden z.B. in 61% der Äpfel zwischen 2012 und 2016 Pestizidrückstände oberhalb der Grenzwerte gefunden.[2] Neben den Rückständen in Erdbeeren[3] führen die Rückstände zu einer Anreicherung in den Menschen bei dem Verzehr von Lebensmitteln aus dem Libanon.[4] Ebenso lassen sich die Pestizide im Boden und im Wasser finden.[5,6,7,8]
Die nicht funktionierende Abfallwirtschaft im Libanon sorgt für Schwermetallrückstände und polychlorierte Biphenyle im Boden, Wasser und Lebensmitteln. Indrustieabfälle und Hausmüll werden wild auf oberirdischen, illegalen Müllkippen entsorgt. Hierbei ist die Verschmutzung leider nicht lokal, da der Müll häufig ab einer bestimmten Menge verbrannt wird und dann die schädlichen Bestandteile mit den Abgasen vom Wind verteilt werden.[1,5,9,10,11,12]
Bei meiner Reise in den Libanon haben sich verschiedene Themen immer wieder in den Vordergrund gespielt. Z.B. die Hinterlassenschaften des Bürgerkriegs, Flüchtlinge aus Syrien, die soziale Ungleichheit, die Korruption und die Umweltverschmutzung. Dabei spielt m.M. nach in Bezug auf den Wein die Umweltverschmmutzung die größte Rolle und ist in meinem Fazit entsprechend gewichtet. Die soziale Ungleichheit macht sich in Bezug auf Wein vielleicht in der Trennung von Traubenanbau und Weinbereitung sichtbar. Die Weingüter sind häufig sehr groß und in der Hand von Investoren und reichen Industriellen.
Grüße, Josef
[1] K. Helou, M. Harmouche-Karaki, S. Karake, J.-F. Narbonne, Chemosphere 231 (2019) 357-368 [Link]
[2] K. El Hawari, S. Mokh, M. Al Iskandarani, W. Halloum, F. Jaber, Food Additives & Contaminants: Part B, 12:2, 81-89. [Link]
[3] L. Kfoury, C. Hilan, R. El-Amil, Lebanese Science Journal, Vol. 3, No. 1, 2002, 37 - 46. [Link].
[4] L. Nasreddine, M. Rehaime, Z. Kassaify, R. Rechmany, F. Jaber, Environ Monit Assess (2016) 188: 485. [Link]
[5] A. Kouzayha, A. Al Ashi, R. Al Akoum, M. Al Iskandarani, H. Budzinski, F. Jaber, Bull Environ Contam Toxicol (2013) 91: 503. [Link]
[6] I. I. Bashour, S. M. Dagher, G. I. Chammas, A. E. Lteif, N. S. Kawar, Journal of Environmental Science and Health, Part B, 2004, 39:2, 273-283. [Link]
[7] L. Youssef, G. Younes, A. Kouzayha, F. Jaber, Chemical Speciation & Bioavailability, 2015, 27:2, 62-70. [Link]
[8] C. Chaza, S. Rayane, N. Sopheak, B. Moomen, O. Baghdad, Int J Environ Res (2018) 12: 631. [Link]
[9] N. Al-Chaarani, J. H. El-Nakat, P. J. Obeid, S. Aouad, Jordan Journal of Chemistry Vol. 4 No.3, 2009, pp. 303-315. [Link]
[10] T.M. Darwish, I. Jomaa, M. Awad and R. Boumetri, Lebanese Science Journal, Vol. 9, No. 2, 3-15, 2008. [Link]
[11] C. M. Haydar, N. Nehme, S. Awad, B. Koubaissy, M. Fakih, A. Yaacoub, J. Toufaily, F. Villeras, T. Hamieh, Physics Procedia 55 ( 2014 ) 285 – 290. [Link]
[12] J. Borjac, M. El Joumaa, R. Kawach, L. Youssef, D. A.Blake, Heliyon 5 (8), 2019, e02212. [Link]
Freunde von mir leben zur Zeit in Beirut. Deshalb hatte ich die Möglichkeit für einen schmalen Taler den Libanon zu bereisen und auszutrinken.
Wir haben drei verschiedene Weinregionen besucht, Batroun, Mt. Libanon und das Bekaa Valley und eine ganze Reihe von Weinen verkostet und getrunken. Ich habe mir vorgenommen, die Eindrücke in nächster Zeit mal ins Forum einzupinseln, wollte aber mit allgemeinen Informationen und dem Fazit anfangen.
Die Kultur und Gastronomie im Libanon besitzt, durch das Völkerbundmandat Frankreichs nach dem 1. Weltkrieg, viele französische Einflüsse. Das findet man gerade auch im Weinbau wieder. Die hauptsächlich angebauten Rebsorten sind z.B. Cabernet Sauvignon, Syrah, Merlot, Carignan, Cinsault, Grenache, Chadonnay, Sauvignon Blanc und Semillion. Autochthone Rebsorten spielen nur eine untergeordnete Rolle. Je nach Quelle, werden ca. 14.000 - 20.000 Hektar Rebfläche im Libanon angegeben, der überwiegende Teil davon in der Bekaa-Ebene (~90%). Alle mir bekannten Weinbauregionen im Libanon liegen oberhalb von 800 Meter und gehen bis 1500 Meter hoch. Das führt zu einem großen Unterschied zwischen Tages- und Nachttemperatur, was nach Lehrbuch ja zu einer frischen Säure bei schöner Reife und aromatischer Fülle führen soll.
Den französischen Enfluss findet man auch in der Aktivität von vielen Önologen wieder. Stéphan Derenoncourt bei Marsyas (der syrische Wein Bargylus gehört auch zu der Gruppe), Hubert de Bouard bei IXSIR, Éric Boissenot für Chateau Keyfraya und Yves Confuron für Vertical 33.
Man findet Zahlen, dass es etwa 40 - 50 Weingüter und Winzer im Libanon gibt. Der Markt wird hierbei durch sehr große Wein-Unternehmen wie Ksara, Ixsir, Keyfraya und Musar geprägt. Es ist eher die Ausnahme, als die Regel, dass die Winzer die Trauben selber anbauen. Gerade die großen Weingüter haben langfristige Verträge mit Traubenbauern aus dem ganzen Libanon und kaufen zusätzlich noch situationsbedingt Trauben zu. Andersrum machen die kleinen Winzer nicht in jedem Jahr alle ihre Weine oder mit schwankenden Mengen und verkaufen einen Teil ihrer Trauben.
Das hat zur Folge, dass sich häufig nicht nur die Anteile der verschnittenen Trauben in einer Cuvée sondern die verwendeten Rebsorten von Jahrgang zu Jahrgang unterscheiden. Um einen Terroirgedanken dann vollständig zu begraben, ist die Region, Erntezeit und die Traubenbauern, woher die Trauben, stammen auch von Jahr zu Jahr und innnerhalb eines Jahrgangs nicht einheitlich. Erst bei den teuersten Produkten wird dann ausgewiesen, dass die Trauben nur aus einem Weinberg stammen.
Insgesamt fand ich die verkostete Qualität eher durchwachsen. Wirklich gute Weine sind die Ausnahme, schwache Weine sind problemlos zu finden. In meinen Augen ein ziemliches Minenfeld, gerade weil das Preisniveau auch eher hoch ist. Viele Weine sind sehr reif, kräftig extrahiert und besitzen sehr hohe Alkoholgrade. Von einer frischen Säure ist wenig zu finden.
Der ausschlaggebende Punkt, warum ich persönlich auf den häufigeren Genuss von Weinen aus dem Libanon verzichten werde, ist die hohe Pestizid- und Schwermetallbelastung im Libanon.
Der Einsatz von Pestiziden wird nicht kontrolliert (nur auf dem Papier) und es kommt zur exzessiven Verwendung. Unter anderem, zwar auch im Libanon verboten, Organochlorpestizide wie DDT, was zu den persistenten organischen Schadstoffen zählt und in der EU verboten ist. Fehlende Kontrollen machen es möglich, dass diese Substanzen in den Libanon geschmuggelt werden [1] So wurden z.B. in 61% der Äpfel zwischen 2012 und 2016 Pestizidrückstände oberhalb der Grenzwerte gefunden.[2] Neben den Rückständen in Erdbeeren[3] führen die Rückstände zu einer Anreicherung in den Menschen bei dem Verzehr von Lebensmitteln aus dem Libanon.[4] Ebenso lassen sich die Pestizide im Boden und im Wasser finden.[5,6,7,8]
Die nicht funktionierende Abfallwirtschaft im Libanon sorgt für Schwermetallrückstände und polychlorierte Biphenyle im Boden, Wasser und Lebensmitteln. Indrustieabfälle und Hausmüll werden wild auf oberirdischen, illegalen Müllkippen entsorgt. Hierbei ist die Verschmutzung leider nicht lokal, da der Müll häufig ab einer bestimmten Menge verbrannt wird und dann die schädlichen Bestandteile mit den Abgasen vom Wind verteilt werden.[1,5,9,10,11,12]
Bei meiner Reise in den Libanon haben sich verschiedene Themen immer wieder in den Vordergrund gespielt. Z.B. die Hinterlassenschaften des Bürgerkriegs, Flüchtlinge aus Syrien, die soziale Ungleichheit, die Korruption und die Umweltverschmutzung. Dabei spielt m.M. nach in Bezug auf den Wein die Umweltverschmmutzung die größte Rolle und ist in meinem Fazit entsprechend gewichtet. Die soziale Ungleichheit macht sich in Bezug auf Wein vielleicht in der Trennung von Traubenanbau und Weinbereitung sichtbar. Die Weingüter sind häufig sehr groß und in der Hand von Investoren und reichen Industriellen.
Grüße, Josef
[1] K. Helou, M. Harmouche-Karaki, S. Karake, J.-F. Narbonne, Chemosphere 231 (2019) 357-368 [Link]
[2] K. El Hawari, S. Mokh, M. Al Iskandarani, W. Halloum, F. Jaber, Food Additives & Contaminants: Part B, 12:2, 81-89. [Link]
[3] L. Kfoury, C. Hilan, R. El-Amil, Lebanese Science Journal, Vol. 3, No. 1, 2002, 37 - 46. [Link].
[4] L. Nasreddine, M. Rehaime, Z. Kassaify, R. Rechmany, F. Jaber, Environ Monit Assess (2016) 188: 485. [Link]
[5] A. Kouzayha, A. Al Ashi, R. Al Akoum, M. Al Iskandarani, H. Budzinski, F. Jaber, Bull Environ Contam Toxicol (2013) 91: 503. [Link]
[6] I. I. Bashour, S. M. Dagher, G. I. Chammas, A. E. Lteif, N. S. Kawar, Journal of Environmental Science and Health, Part B, 2004, 39:2, 273-283. [Link]
[7] L. Youssef, G. Younes, A. Kouzayha, F. Jaber, Chemical Speciation & Bioavailability, 2015, 27:2, 62-70. [Link]
[8] C. Chaza, S. Rayane, N. Sopheak, B. Moomen, O. Baghdad, Int J Environ Res (2018) 12: 631. [Link]
[9] N. Al-Chaarani, J. H. El-Nakat, P. J. Obeid, S. Aouad, Jordan Journal of Chemistry Vol. 4 No.3, 2009, pp. 303-315. [Link]
[10] T.M. Darwish, I. Jomaa, M. Awad and R. Boumetri, Lebanese Science Journal, Vol. 9, No. 2, 3-15, 2008. [Link]
[11] C. M. Haydar, N. Nehme, S. Awad, B. Koubaissy, M. Fakih, A. Yaacoub, J. Toufaily, F. Villeras, T. Hamieh, Physics Procedia 55 ( 2014 ) 285 – 290. [Link]
[12] J. Borjac, M. El Joumaa, R. Kawach, L. Youssef, D. A.Blake, Heliyon 5 (8), 2019, e02212. [Link]
- austria_traveller
- Beiträge: 3490
- Registriert: Mo 6. Dez 2010, 06:52
- Wohnort: Wien
Re: Libanon
Lieber stollinger,
Vielen Dank für den interessanten Bericht
Vielen Dank für den interessanten Bericht
Beste Grüße
Gerhard aus Wien
Gerhard aus Wien
-
- Beiträge: 1175
- Registriert: Sa 10. Dez 2016, 09:22
Re: Libanon
Danke Gerhard, freut mich zu hören.
Ich mach mal gleich weiter. Am ersten Tag sind wir in die Gegend von Bhamdoun gefahren, auf der Westseite des Mount Lebanon.
Fast parallel zur Küstenlinie verläuft durch den Libanon von Nord nach Süd das Libanon-Gebirge (Mount Lebanon). Relativ steil geht es von der Küste auf ca. 3000 Meter hoch. Die Westseite ist geprägt von mediterranem Klima. Die Ostseite ist trockener und geht dann in die Bekaa-Ebene über. Diese wiederum wird dann im Osten, an der Grenze zu Syrien, von einem zweiten Gebirgszug, dem Anti-Libanon, begrenzt.
Das Gestein im Libanon ist fast ausschließlich Sedimentgestein, dass meiste Kalkstein. Das älteste Gestein stammt dabei aus dem Jura, etwa 150 -200 Mio Jahren alt. Geologisch gesehen ist das sehr jung. Diese Gesteinssequenz ist extrem dick, wahrscheinlich mehr als 2 Km, und tritt z.B. im Mount Lebanon an die Oberfläche.
Die Bilder sind auf der Ostseite des Mount Lebanon enstanden und zeigen (glaube ich, bin kein Geologe) die Kalksteinschicht aus dem Jura.
In der Kreidezeit war die Region des heutigen Libanons wieder stärkerer Tektonik unterworfen, einige Bereich sind über die Meereslinie angehoben, andere Teile abgesenkt, und in Teilen kam es zur Ausbildung von Sandsteinschichten in der frühen Kreidezeit, in der mittleren Kreide wieder zur Abscheidung von Kalksteinschichten.
Diese Bild ist ungefähr hier entstanden und zeigt weniger dicke Kalksteinschichten aus der Kreidezeit.
Im mittleren Eozen bis heute unterlief der Libanon dann den größten geologischen Wandel durch die Kollision der Afrikanisch-Arabischen Platte und der Eurasischen Platte. Diese führte zur Anhebung, bei der sich die drei wesentlichen geologischen Strukturen (der Mount Lebanon, die Bekaa-Ebene und der Anti-Lebanon) des modernen Libanons herausgebildet haben. Zu der Zeit wurde das Meer fortschreitend aus der Beeka-Ebene zurückgedrängt. Dabei haben sich mächtige Sedimentgesteine aus Dünen und von Seen (evtl. auch Sümpfen) auf die Kalksteinschichten aus dem Jura abgeschieden.[1,2]
Für den Wein bedeutet das, dass die küstennahe Region, die Westseite des Mount Lebanon, geprägt ist von Kalkstein aus dem Jura und der Kreide. Hier herrscht ein mediterranes Klima mit starken Regenfällen im Herbst und Winter.
Die Bekaa-Ebene ist geprägt von Sedimentgesteinen aus dem Quartenär. Hier herrscht Trockenheit und kontinentales Klima.
In Bhamdoun auf der Westseite des Mount Lebanon haben wir zuerst das angeschlossene Restaurant, Le Télégraph, des Weinguts Château Belle Vue besucht. Die Exil-Libanesen Naji und Jill Boutros sind in ihre Heimat in Bhamdoun zurückgekehrt und haben sowohl das Hotel als auch Château Belle Vue aufgebaut. Die ersten Reben wurden im Jahr 2000 gepflanzt. Im Libanonkrieg lag das Dorf auf der Frontlinie und wurde stark zerstört. Mehr Infos dazu kann man in einem interessanten Artikel in der Enos lesen. Der Artikel ist auch als Download auf der Homepage vom Château Belle Vue unter News zu finden (Krieg und Frieden im Land der Zedern). Naji Boutros hat vor seiner Rückkehr als Investment-Banker in London gearbeitet.
Ich muss sagen, die Weine vom Château Belle Vue haben mir auf der ganze Reise am besten gefallen. Wir haben drei Weine trinken können:
Angefangen mit dem Weißen, Château Belle Vue - Petit Geste 2017:
Ich fand beeindruckend, wie leicht und fein der Wein war, trotz der 13.5% Alkohol. Zusätzlich wirkte er komplett ungekünstelt und authentisch.
Mein Favorit, Château Belle Vue - La Rennaisance 2011:
Auch hier, ich hätte niemals auf 15% Alkohol getippt, eher 12.5 - 13%. Der Wein wirkt noch sehr jung und frisch, hat nichts schweres. Die Gerbstoffe sind recht präsent, ich muss aber sagen, dass ich das ganz gerne mag. Der Wein hat m.M. nach noch eine lange Zukunft vor sich. Ist auch einer der wenigen, von dem ich mir etwas mit nach hause genommen habe.
Wer lieber weiche und sanfte Gerbstoffe mag, ist wohl besser mit dem Château Belle Vue - Le Chateau 2011 bedient:
Klar und sehr weich, auch noch sehr jung wirkend. Erste Tertiäraromen haben sich gerade erst ausgebildet und ich vermute, in Zukunft wird der Wein noch an Komplexität gewinnen.
Die Weine haben eine Stilistik, die meinen Vorlieben sehr entgegen kommt. Ich hatte schon den Eindruck, dass es sich bei den Weinen um erkennbare Terroirweine handelt. Die sehr frische und klare Frucht von den großen Temperaturunterschieden von Tages- zu Nachttemperatur und die feine, frische Säure vom Kalkstein.
Die Weingärten stehen hier auf 1150 Metern, ca. 18.000 Flaschen werden jährlich produziert, die zum einen ins Restaurant gehen und in die USA exportiert werden.
Einen Spaziergang durch den Weingarten haben wir auch gemacht.
Der Boden ist von Kalksteinen bedeckt.
Zur Zeit der Ägypter und in der Antike war dieser Teil des Mount Lebanon mit den berühmten Libanon-Zedern bewaldet. An der Westseite des Libanon Gebirges hat ein Band von Zedernwäldern in Höhen von ca. 1000 - 2000 Metern von Norden nach Süden den Libanon durchzogen. Das Holz wurde damals schon in weite Teile der antiken Welt exportiert. Heute sind nur noch vereinzelte Zedernwälder erhalten.[3]
Bei den Weinen aus Bhamdoun habe ich weniger Sorge wegen Pestiziden, es ist kein landwirtschaftlich intensiv genutzes Gebiet. Etwas Bedenken aber habe ich bei Rückständen von Munition und Kriegsgerät die es hier nach dem Krieg gegeben hat. Untersuchungen habe ich aber nicht finden können.
Grüße, Josef
[1] C. D. Walley, Tectonophysics, 298, (1–3), 1998, 37-62. [Link]
[2] C. D. Walley, Lebanese Science Bulletin, 10:1, 1997.[Link]
[3] M. W. Mikesell, Geographical Review, 59,(1), 1969, 1-28.[Link]
Ich mach mal gleich weiter. Am ersten Tag sind wir in die Gegend von Bhamdoun gefahren, auf der Westseite des Mount Lebanon.
Fast parallel zur Küstenlinie verläuft durch den Libanon von Nord nach Süd das Libanon-Gebirge (Mount Lebanon). Relativ steil geht es von der Küste auf ca. 3000 Meter hoch. Die Westseite ist geprägt von mediterranem Klima. Die Ostseite ist trockener und geht dann in die Bekaa-Ebene über. Diese wiederum wird dann im Osten, an der Grenze zu Syrien, von einem zweiten Gebirgszug, dem Anti-Libanon, begrenzt.
Das Gestein im Libanon ist fast ausschließlich Sedimentgestein, dass meiste Kalkstein. Das älteste Gestein stammt dabei aus dem Jura, etwa 150 -200 Mio Jahren alt. Geologisch gesehen ist das sehr jung. Diese Gesteinssequenz ist extrem dick, wahrscheinlich mehr als 2 Km, und tritt z.B. im Mount Lebanon an die Oberfläche.
Die Bilder sind auf der Ostseite des Mount Lebanon enstanden und zeigen (glaube ich, bin kein Geologe) die Kalksteinschicht aus dem Jura.
In der Kreidezeit war die Region des heutigen Libanons wieder stärkerer Tektonik unterworfen, einige Bereich sind über die Meereslinie angehoben, andere Teile abgesenkt, und in Teilen kam es zur Ausbildung von Sandsteinschichten in der frühen Kreidezeit, in der mittleren Kreide wieder zur Abscheidung von Kalksteinschichten.
Diese Bild ist ungefähr hier entstanden und zeigt weniger dicke Kalksteinschichten aus der Kreidezeit.
Im mittleren Eozen bis heute unterlief der Libanon dann den größten geologischen Wandel durch die Kollision der Afrikanisch-Arabischen Platte und der Eurasischen Platte. Diese führte zur Anhebung, bei der sich die drei wesentlichen geologischen Strukturen (der Mount Lebanon, die Bekaa-Ebene und der Anti-Lebanon) des modernen Libanons herausgebildet haben. Zu der Zeit wurde das Meer fortschreitend aus der Beeka-Ebene zurückgedrängt. Dabei haben sich mächtige Sedimentgesteine aus Dünen und von Seen (evtl. auch Sümpfen) auf die Kalksteinschichten aus dem Jura abgeschieden.[1,2]
Für den Wein bedeutet das, dass die küstennahe Region, die Westseite des Mount Lebanon, geprägt ist von Kalkstein aus dem Jura und der Kreide. Hier herrscht ein mediterranes Klima mit starken Regenfällen im Herbst und Winter.
Die Bekaa-Ebene ist geprägt von Sedimentgesteinen aus dem Quartenär. Hier herrscht Trockenheit und kontinentales Klima.
In Bhamdoun auf der Westseite des Mount Lebanon haben wir zuerst das angeschlossene Restaurant, Le Télégraph, des Weinguts Château Belle Vue besucht. Die Exil-Libanesen Naji und Jill Boutros sind in ihre Heimat in Bhamdoun zurückgekehrt und haben sowohl das Hotel als auch Château Belle Vue aufgebaut. Die ersten Reben wurden im Jahr 2000 gepflanzt. Im Libanonkrieg lag das Dorf auf der Frontlinie und wurde stark zerstört. Mehr Infos dazu kann man in einem interessanten Artikel in der Enos lesen. Der Artikel ist auch als Download auf der Homepage vom Château Belle Vue unter News zu finden (Krieg und Frieden im Land der Zedern). Naji Boutros hat vor seiner Rückkehr als Investment-Banker in London gearbeitet.
Ich muss sagen, die Weine vom Château Belle Vue haben mir auf der ganze Reise am besten gefallen. Wir haben drei Weine trinken können:
Angefangen mit dem Weißen, Château Belle Vue - Petit Geste 2017:
Ich fand beeindruckend, wie leicht und fein der Wein war, trotz der 13.5% Alkohol. Zusätzlich wirkte er komplett ungekünstelt und authentisch.
Mein Favorit, Château Belle Vue - La Rennaisance 2011:
Auch hier, ich hätte niemals auf 15% Alkohol getippt, eher 12.5 - 13%. Der Wein wirkt noch sehr jung und frisch, hat nichts schweres. Die Gerbstoffe sind recht präsent, ich muss aber sagen, dass ich das ganz gerne mag. Der Wein hat m.M. nach noch eine lange Zukunft vor sich. Ist auch einer der wenigen, von dem ich mir etwas mit nach hause genommen habe.
Wer lieber weiche und sanfte Gerbstoffe mag, ist wohl besser mit dem Château Belle Vue - Le Chateau 2011 bedient:
Klar und sehr weich, auch noch sehr jung wirkend. Erste Tertiäraromen haben sich gerade erst ausgebildet und ich vermute, in Zukunft wird der Wein noch an Komplexität gewinnen.
Die Weine haben eine Stilistik, die meinen Vorlieben sehr entgegen kommt. Ich hatte schon den Eindruck, dass es sich bei den Weinen um erkennbare Terroirweine handelt. Die sehr frische und klare Frucht von den großen Temperaturunterschieden von Tages- zu Nachttemperatur und die feine, frische Säure vom Kalkstein.
Die Weingärten stehen hier auf 1150 Metern, ca. 18.000 Flaschen werden jährlich produziert, die zum einen ins Restaurant gehen und in die USA exportiert werden.
Einen Spaziergang durch den Weingarten haben wir auch gemacht.
Der Boden ist von Kalksteinen bedeckt.
Zur Zeit der Ägypter und in der Antike war dieser Teil des Mount Lebanon mit den berühmten Libanon-Zedern bewaldet. An der Westseite des Libanon Gebirges hat ein Band von Zedernwäldern in Höhen von ca. 1000 - 2000 Metern von Norden nach Süden den Libanon durchzogen. Das Holz wurde damals schon in weite Teile der antiken Welt exportiert. Heute sind nur noch vereinzelte Zedernwälder erhalten.[3]
Bei den Weinen aus Bhamdoun habe ich weniger Sorge wegen Pestiziden, es ist kein landwirtschaftlich intensiv genutzes Gebiet. Etwas Bedenken aber habe ich bei Rückständen von Munition und Kriegsgerät die es hier nach dem Krieg gegeben hat. Untersuchungen habe ich aber nicht finden können.
Grüße, Josef
[1] C. D. Walley, Tectonophysics, 298, (1–3), 1998, 37-62. [Link]
[2] C. D. Walley, Lebanese Science Bulletin, 10:1, 1997.[Link]
[3] M. W. Mikesell, Geographical Review, 59,(1), 1969, 1-28.[Link]
Re: Libanon
Wow, sehr toll! Danke fuer den Bericht!
Cheers,
Ollie
Cheers,
Ollie
Parfois, quand c'est trop minéral, on s'emmerde.
"Souvent, l'élégance, c'est le refuge des faibles." (Florence Cathiard, copropriétaire de Château Smith Haut Lafitte)
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