Hallo,
wie bereits drüben im Weingart-Thread erwähnt, war ich zu Pfingsten auch bei Randolf Kauer und habe (nicht nur
) die 12er probiert. Allerdings war es schon später Nachmittag, ich hatte einen recht anstrengenden Tag hinter mir und mich überfiel eine gewisse Erschöpfung, die zur Folge hatte, dass ich mir kaum Notizen machte, sondern eher nur versuchte, die gemeinsame Verkostung mit RK zu genießen. Deshalb haben die folgenden Ausführungen eher allgemeineren Charakter und die konkreten Weinbeschreibungen fallen vielleicht etwas dürftig aus.
Wer die Weine von RK kennt, der weiß, dass dies nichts für Riesling-Anfänger oder Primärfrucht-Freunde ist. Die Weine sind in ihrer Jugend oft ein wenig unzugänglich, haben etwas Kantig-Schroffes, sind meistens sehr säurebetont. Insofern war 2011 ein ziemlich Kauer-untypischer Jahrgang (wiewohl er mir auch sehr gefallen hat), da die Weine früh gut zugänglich waren, teilweise sogar Gaumenschmeichler-Qualitäten entwickelten.
Mit 2012 kehrt man wieder zur „Kauer-Klassik“ zurück. Wie auch bei Weingart beobachtet, sind die Weine schlanker, säurebetonter, moderater im Alkohol, zeigen deutlichere Kante und weisen eine markante mineralische Dichte auf. In vielen Weinen kam diese Mineralität geradezu krachend zum Vorschein. Deutlich erkennbar auch die typische Kauer-Aromatik, hier mal etwas verkürzt mit „Honigmelone-Thymian“ beschrieben. Die gesamte Kollektion kam extrem stringent daher, auf einem konstant hohen Niveau, bei allen Lagenunterschieden schimmerte doch immer der „typische Kauer“ durch.
Ich hatte mit den Weinen eigentlich nur ein einziges Problem: Sie waren alle viel zu jung, das teilweise große Potential war deutlich spürbar, aber die Einzelelemente waren noch nicht richtig miteinander verwoben, alles schwirrte etwas ungekämmt und etwas unruhig umher, auf der Suche nach dem richtigen Platz, eine Suche die noch ein paar Monate dauern wird. Insofern war das veritables „Baby-Killing“. Wir waren und mit RK einig, dass man diese Weine eigentlich vor dem Herbst nicht anrühren sollte – wenn er (markttechnisch) könnte, würde er die Weine auch viel später in den Verkauf lassen.
In diesem Zusammenhang kam die Rede auf das Reifepotential der Weine. RK äußerte sich etwas bedauernd über den Jungweinwahn, seine Weine seien für eine längere Lagerung gedacht. Er hat sich in diesem Zusammenhang entschlossen, ab sofort von jedem Jahrgang durchaus größere Partien zur Seite zu legen, die er dann erst Jahre später wieder auf die Verkaufsliste nimmt, um einfach auch mal zu zeigen, was die Rieslinge „reifemäßig“ draufhaben“. Wie zum Beweis goss er eine 2002er Spätlese ein, ich glaube aus dem Oberdiebacher Fürstenberg, und ja, der Wein war delikat gereift, stand wie eine Eins und hatte keinerlei Müdigkeitserscheinungen.
Wie schon in den Jahrgängen zuvor, gefiel mir der
Kauer-Riesling, der Einstiegswein, ausgesprochen gut. Diesmal kein Kabinett wie in 2011, sondern ein ganz leicht angereicherter QbA. Leicht, süffig, mineralisch, trocken, keineswegs banal. Der momentan wahrscheinlich zugänglichste (trockene) Wein. Die beiden
trockenen Kabinette (
Kloster Fürstental und
Wolfshöhle, jeweils 11,5 vol.) nahmen sich nicht viel, beide gefielen mit einer feinen aromatischen Frucht, pikanter Säure und schöner Mineralik, die Wolfshöhle war vielleicht, wie eigentlich meistens, der einen Tick komplexere, vielschichtigere Wein. Ein ähnliches Bild bei den beiden
trockenen Spätlesen (
Kloster Fürstental und
Oberweseler Oelsberg, beides Alte Reben, 12 bzw. 12,5 vol.). Durchaus ähnlich im Ausdruck mit dieser typischen Kauer-Aromatik, am Gaumen sehr druckvoll, wie gesagt noch viel zu jung, klirrende Mineralität, deutliche Säure, der Oelsberg vielleicht einen Tick gefälliger, beide jedoch noch in der wilden Jungweinphase, aber sehr lang, mit großem Potential.
RK verhehlte nicht, dass er mit seinen trockenen Spätlesen durchaus einen „Großes-Gewächs-Anspruch“ hat, nicht im Sinne einer vermeintlichen GG-Stilistik, sondern als Repräsentanten trockener Top-Rieslinge, die sich mit der nationalen Spitze messen wollen. Wir probierten parallel die beiden Spätlesen aus den gleichen Lagen aus 2011 – diese sind natürlich schon viel harmonischer als die 2012er, aber immer noch ganz klar am Anfang des Weges. Sowohl 12er als 11er sind aber toller Stoff.
Die beiden
feinherben Weine (einmal ein Kabi aus dem
Oberdiebacher Fürstenberg (11 vol.), einmal SL aus dem
Kloster Fürstental Schlossberg (11,5 vol.)) präsentierten sich zwar deutlich zugänglicher als die trockenen, aber auch ihnen würde ich ein halbes Jahr Flaschenruhe gönnen. Der Kabi wirkte mit seinen 17g RZ nahezu trocken (8,3 Säure) und auch die SL mit 22g RZ verströmte am Gaumen nur einen Hauch von Restsüße. Beide Weine bestätigten die typische Jahrgangs-Charakteristik: Schlank, mineralisch, pikante Säure, aromatische Frucht, das alles in diesem (für mich) unverwechselbarem Kauer-Stil.
Fazit: RK hat eine von vorne bis hinten stimmige und stringente Kollektion vorgelegt, die noch eine lange Lebenszeit vor sich hat. Kauer-Weine sind keine Mainstream-Weine und erfordern manchmal vielleicht eine etwas geübtere Riesling-Zunge, das ist auch potentiell in 2012 der Fall. Für mich, und ich werde nicht müde es ständig zu wiederholen, ist RK im Bereich des trockenen Rieslings ein maßlos unterschätzter Winzer. Er repräsentiert sicherlich mit die Gebietsspitze, seine trockenen Spätlesen stehen meiner unmaßgeblichen Meinung nach auch gesamtnational sehr gut da.
Ich empfehle auch einen Blick auf die (wirklich notwendig gewordene) Neugestaltung des Internetsauftritts
http://www.weingut-dr-kauer.de/. Unter anderem gibt es dort einige schöne Fotos aus den 80er Jahren, als Ökos noch Vollbart und Latzhose trugen.
Beste Grüße
Gaston