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Domaine Huet

Appellationen des nördlichen Zentralmassivs, Sancerre und Umgebung, Touraine, Anjou, Umgebung von Nantes, die kleinen Gebiete zwischen der Loire und Bordeaux incl. Cognac
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octopussy

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Domaine Huet

BeitragSo 25. Nov 2012, 12:07

Hallo zusammen,

in dem ohnehin nur mit wenigen Themen gespickten Loire-Thread hat m.E. die Domaine Huet einen eigenen Faden verdient. 2011 war der letzte Jahrgang, den Noel Pinguet verantwortet hat. Nun verlässt er die Domaine, wohlgemerkt nicht aus Altergründen, sondern angesichts divergierender Vorstellungen im Verhältnis zum Eigentümer. Hier und hier ist noch einmal die Geschichte verlinkt.

Wir hatten neulich in einer Probe drei Weine von Huet, nämlich den 2010 Le Haut Lieu Sec, den 2008 Le Mont Demi-Sec und den 2009 Le Haut Lieu Moelleux. Alle drei waren wirklich fantastisch, der 2010er mehr oder weniger erwartungsgemäß ziemlich vernagelt, aber vor allem der 2008 Le Mont Demi-Sec einfach wunderbar harmonisch. Chenin Blanc von der Loire ist (gerade in Savennières, aber natürlich vor allem abhängig vom Produzenten) aus meiner Sicht manchmal sehr wild und ungestüm. Das ist bei den Huet Weinen nicht der Fall. Sie sind spannend, aber vor allem sehr, sehr harmonisch. Sie so jung zu trinken, ist eigentlich eine Schande. Aber einen Stock von gereiften Jahrgängen muss ich mir erst noch aufbauen.

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Beste Grüße, Stephan
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octopussy

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Re: Domaine Huet

BeitragSa 1. Dez 2012, 22:38

Hallo zusammen,

der ohnehin großartige Weinhandel Vinaturel hatte kürzlich die hervorragende Idee, koinzidierend mit dem Ende der Ära Pinguet auf Domaine Huet eine großartige Raritätenprobe zu veranstalten, die Halt in München, dem Rheingau und - glücklicherweise auch - in Hamburg machte. Die Probe war perfekt organisiert mit großartigen Weinen, schönen Erläuterungen dazu und einem wunderbaren Dinner im Haerlin bei Christoph Rüffer.

Zuerst gab es die drei trockenen 2011er aus den drei Lagen von Domaine Huet: dem Haut Lieu (lehmige Böden mit Kalksteinunterlage), dem Clos du Bourg (hauptsächlich Kalkböden) und dem Le Mont (von Silex durchzogener Kalkmergel). Im Gespräch mit Jean-Bernard Berthommé, dem Kellermeister, konnte man sich die Eigenarten der Böden und deren Ausprägungen im Wein gut erklären lassen. Alle drei trockenen 2011er haben mir sehr gut gefallen. Im Gegensatz zu den Chenin Blancs der etwas wilderen Biodynamiker an der Loire waren sie - wie auch aus vorherigen Jahrgängen - wunderschön harmonisch. Den Le Mont fand ich am besten, gefolgt vom Clos du Bourg, aktuell dem offensten der drei Weine. Es lohnt sich auf jeden Fall, sich ein paar Flaschen von Noel Pinguets letztem Jahrgang in den Keller zu legen.

Und dann ging die Raritätenprobe los, serviert jeweils in 2er Flights mit einem 3er Flight zwischendrin. Die Zusammenstellung war gut gewählt, tastete man sich doch in verschiedenen Kategorien jeweils vor. Erstaunlich fand ich, wie stark doch die Lage in den Weinen durchschien. Ich habe mir Notizen gemacht und - auch angesichts der kaum fassbaren Faszination dieser Wein - auf meinem Zettel nicht geschaut, aus welcher Lage der jeweils servierte Wein kam. Immer wieder kamen mir aber Weine unter mit einer gewissen ingwerartigen Schärfe, rauchig-feuersteinigen Noten, einer besonders ausgeprägten Mineralität und leichten Orangennoten. Als ich dann nach dem dritten oder vierten Wein dieser Art auf den Zettel schaute, fiel mir auf, dass alle Weine aus der Lage Le Mont kamen.

Ebenfalls zusammenfassend wirklich erstaunlich war, wie frisch und jung die Weine alle noch wirkten. Alle kamen direkt aus dem Weingutskeller. Weine wie der 1961er Le Clos du Bourg moelleux oder der 1950er Leu Haut Lieu moelleux wirkten so, als ob sie noch nicht einmal auf ihrem Zenit angekommen sind. Ein Wein wie der 1969er Le Mont demi-sec wirkt geradezu blutjung. Selbst der älteste Wein - der 1919 Le Haut Lieu moelleux perlant - wirkte alles andere als müde oder alt. Im Gegenteil. Neben einem gut gereiften Riesling Kabinett aus den 90er-Jahren wäre er nicht als alt durchgegangen. Die schönsten Weine waren für mich der 1947er Le Haut Lieu moelleux, ein Wein von perfekter Harmonie, größter Eleganz, Tiefe und Komplexität. Man muss da gar nicht groß über geschmackliche Nuancen nachdenken. Es ist einfach klar: das ist außerweltlich und Auswuchs übernatürlicher Kräfte. Das gleiche Gefühl hatte ich beim 1989er Le Clos du Bourg 1ère Trie "essai", dem ersten biodynamisch erzeugten Wein der Domaine. Diese Tiefe, diese tänzelnde Nase, diese abgrundtiefe Mineralität, die Komplexität des Weins. Das lässt sich nicht beschreiben. Man muss es gespürt haben.

Hier die Liste der Weine:

2011 Vouvray sec Le Haut Lieu
2011 Vouvray sec Le Clos du Bourg
2011 Vouvray sec Le Mont
1938 Vouvray demi-sec Le Haut Lieu
1969 Vouvray demi-sec Le Mont
1919 Vouvray moelleux Le Haut Lieu perlant
1971 Vouvray moelleux Le Mont
1961 Vouvray moelleux Le Clos du Bourg
1959 Vouvray moelleux Le Haut Lieu "FU"
1950 Vouvray moelleux Le Haut Lieu
1953 Vouvray moelleux 1ère Trie Le Mont
1989 Vouvray moelleux Le Haut Lieu
1989 Vouvray moelleux 1ère Trie Le Mont
1989 Vouvray moelleux 1ère Trie Le Haut Lieu
1945 Vouvray moelleux Le Haut Lieu "FU" (das war offenbar aber 1946 Vouvray demi-sec Le Mont)
1947 Vouvray moelleux Le Haut Lieu
1989 Vouvray moelleux 1ère Trie "debut de préssée" Le Mont
1989 Vouvray moelleux 1ère Trie "essai Le Clos du Bourg
1989 Vouvray moelleux Cuvée Constance

Und hier meine Notizen im Einzelnen.

Vielen Dank an Vinaturel für die Idee für und die großartige Organisation dieser Probe. Es war ein einzigartiges Erlebnis.
Beste Grüße, Stephan
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Weinzelmännchen

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Re: Domaine Huet

BeitragSo 2. Dez 2012, 07:02

Danke Stephan für den Verkostungsbericht!

Was muss das für eine Probe gewesen sein!!! Gerne hätte ich so etwas erlebt; ich freue mich aber aufrichtig für dich. Das ist schon etwas, das sich langfristig in Herz und Hirn eines Weinliebhabers einprägt. Und dann habe ich gesehen, dass du gleich zwei Mal 100/100P gezückt hast, wobei ich weiß, dass du wirklich nicht inflationär bepunktest.

Nochmals Danke für deinen Bericht!
MvG
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Daniel
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octopussy

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Re: Domaine Huet

BeitragDo 6. Dez 2012, 09:31

Hallo Daniel,

ja, es war wirklich ein einmaliges Erlebnis. Ich würde mir wünschen, dass es viel öfter solche Veranstaltungen gibt. Ich habe auch mitbekommen, wie viel Arbeit hinter einer solchen Veranstaltung steckt. Daher mein größter Dank und Respekt an den Veranstalter für die Organisation.

Das wirklich Großartige war, dass außer vielleicht dem 1938er, der allerdings im positiven Sinne wunderbar gereift war, kein Wein wirkliche Altersnoten hatte. Alle Weine kamen direkt aus dem Weingutskeller. Das bot die einmalige Gelegenheit, die Jahrgänge wirklich schön vergleichen zu können.

Punkte finde ich eigentlich nicht so wichtig, ich schieße sie eher meist aus der Hüfte. Aber bei dem 1947er und dem 1989 "essai" konnte ich nicht anders, als mir einzugestehen, dass ich mir eine größere Eleganz, Spannung und Finesse eigentlich nicht vorstellen kann. Und so kam das erste Mal in meiner noch jungen Weinliebhaberschaftsperiode die Höchstpunktzahl heraus.
Beste Grüße, Stephan
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UlliB

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Re: Domaine Huet

BeitragSo 9. Dez 2012, 20:47

Ach ja, da war noch was von Huet im Keller:

Vouvray "Le Haut Lieu" sec 1994 (Huet) 12%Vol. Regelrecht erschreckende Farbe, die ich so bei Weißwein noch nie gesehen habe: dunkles Rotgold - etwa so wie ein hoffnungslos überlagerter Rosé. Von der Farbe her erwartete ich einen restlos oxidierten Wein, was aber nicht der Fall war. Defensive Nase, wenig Frucht, vor allem herbe Quitte (die finde ich bei Chenin blanc immer wieder), ein zarter Hauch Honig, keine Oxidationsnoten. Im Gaumen knalltrocken, absolut ohne jede Süße - auch ohne Fruchtsüße, wieder die Quitte, herb, für 12% Alkohol ziemlich dicht, von kräftiger Säure durchzogen, straffer Abgang. Wirkt irgendwie alterslos - ich vermute, dass der Wein sich in diesem Zustand noch eine ganze Weile halten wird.

Das ist schon ein ziemlich extremer Wein, etwas für Hardcore-Trockentrinker, denen jeder Hauch von Süße im Wein unsympathisch ist, und die dazu auch noch einigermaßen säuretolerant sind. Als Solist kaum trinkbar, zum kräftigen Essen aber gar nicht mal so schlecht. Dennoch: eher eine Erfahrung als ein Erlebnis; muss ich nicht haben.

Gruß
Ulli
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Weinzelmännchen

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Re: Domaine Huet

BeitragSo 7. Apr 2013, 11:17

Per Zufall habe ich in einer Wein & Co Filiale eine Frankreich Sonderaktion zu Gesicht bekommen. Ein demi-sec der Domaine Huet wurde von ca € 28,-- auf ca € 20,-- herabgesetzt, offensichtlich sind derartige Weine in Österreich nur sehr schwer verkäuflich. Eingedenk des beeindruckenden Verkostungsberichtes von octopussy war mein Kaufreflex sofort geweckt. Diese Entscheidung bereue ich keineswegs. Den österreichischen Forianern sei dieser Wein ausdrücklich zu diesem Kurs ans Herz gelegt!

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Ich gehöre auch eher der Fraktion der Trockentrinker an, aber dieser Wein hat mich schon sehr beeindruckt. Wirklich perfekt die Balance von Säure, Süße, Frucht und Mineralik. Einziges Manko: noch viel, viel zu jung. Aktuell daher 90++P. Gespannt wäre ich auf diesen Wein in 10 Jahren.
MvG
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Daniel
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82er Steirer

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Re: Domaine Huet

BeitragMo 8. Apr 2013, 20:56

Hallo!
Ich hab mir jetzt auch einen Domaine Huet geholt, allerdings einen trockenen:
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Ich bin durchaus motiviert noch einen süßen nachzuholen :D

lg Hans Peter
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Jürgen

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Re: Domaine Huet

BeitragDi 9. Apr 2013, 06:44

Die beiden Weine 1945 Vouvray moelleux Le Haut Lieu "FU" und 1947 Vouvray moelleux Le Haut Lieu waren meine bisherigen Jahreshöhepunkte Wein betreffend. Ich persönlich habe den 1947er gaaaanz knapp vorne gesehen, andere den 1945er. Ich vergebe 99,5 (1945er) zu 100 Punkte (1947er) - ein phantastisches Weinerlebnis :D
Keiner der vorgestellten Weine (ältester Wein war ein 1938er) war oxidiert oder in irgend einer Weise nicht mehr trinkbar. Sehr erstaunlich wie stramm die "ollen Kamellen" im Glas standen.
Auch von mir vielen Dank an das Team von Vinaturel und besonders natürlich an Christian :!:
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octopussy

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Re: Domaine Huet

BeitragDi 9. Apr 2013, 09:02

Hallo Daniel und Hans-Peter,

schön, dass euch die Huets in trocken und halbtrocken so gut geschmeckt haben. Der Wein & Co. Preis scheint mir ok. Ich würde zu dem Preis ehrlich gesagt kaufen, was ihr kriegen könnt. Mit dem Weggang von Noel Pinguet bei Domaine Huet muss zwar nicht zwingend eine Stiländerung einhergehen, zumal der eigentliche Kellermeister derselbe geblieben ist. Aber man weiß nie, was die Zukunft so bringt...

Hallo Jürgen,

wie schon oben geschrieben war der 1945er bei der Probe in Hamburg höchstwahrscheinlich gar kein 1945er Le Haut Lieu Moelleux "FU", sondern ein 1946er Demi-Sec Le Mont, der nur falsch ettiketiert war. Schade, bei deiner begeisterten "Notiz" (bzw. Punktzahl ;)) wäre der 1945er Le Haut Lieu Moelleux "FU" sicher ein weiteres herausragendes Weinerlebnis gewesen.
Beste Grüße, Stephan
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Jürgen

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Re: Domaine Huet

BeitragDi 9. Apr 2013, 09:35

Hallo Stephan,

auf der ProWein habe ich 28 Huet-Weine probiert bzw. getrunken darunter 22 Weine im Rahmen einer Raritätenprobe. Meine Eindrücke decken sich sehr mit den deinen. Bei den älteren Süßweinen sind einige dabei die recht nah an 100 Punkte kommen. Ihr Alterungspotential ist teilweise grandios. So alt können wir leider gar nicht werden, um dieses voll ausschöpfen zu können. Einige der Weine kann ich frühestens als achtzig- oder neunzigjähriger mit ruhigem Gewissen trinken ;)
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