Côte rôtie

nördliche Rhône (Côte Rôtie, Hermitage, Cornas und Co.) und südliche Rhône (Châteauneuf du Pape, Gigondas, Tavel und Co.), Ardeche, Vivarais, Vaucluse und Isere, Côstieres de Nîmes, Provence, Korsika
amateur des vins
Beiträge: 4891
Registriert: Sa 10. Mär 2012, 21:47
Wohnort: Berlin

Re: Côte rôtie

Beitrag von amateur des vins »

Fast alle Weine von Villard haben mich bisher überzeugt, sowohl die Saint-Josephs (rot & weiß), als auch die Condrieux; einzig der Crozes-Hermitage gefiel mir weniger - aber vielleicht lag das ja auch an meiner Tagesform?

Die roten St-Jos waren alle sehr zugänglich, und da ich ja eh meist eine "Opferflasche" einplane, war es eine leichte Entscheidung, diesen hier anzutesten:

François Villard, Côte-Rôtie Le Gallet Blanc 2020

Ein bißchen unsicher war ich ja schon, denn sind alle anderen Etiketten uniform und etwas "spießig" designt, ragt dieser durch seine "flippige" Aufmachung heraus. Aber da muß man drüberstehen; entscheidend ist ja bekanntlich immer der Inhalt. Und der hat es in sich!

Die Robe ist granatrot, gerade eben noch transparent und praktisch ohne Purpur.
Die Nase ist sehr elegant, tief und komplex. Nochmal deutlich eins drauf im Vergleich zu den St-Jos! Paradoxerweise gleichzeitig seidig-warm und ätherisch-kühl. Sehr charmant. Vielfältig fruchtig, vorwiegend blau mit Obertönen von Sauerkirsche oder Cranberry. Würze nur im Hintergrund, verleiht aber ein zusätzliche Dimension.
Der Gaumen... wow! Sehr charmant und rund, aber mit Struktur und Tiefe! Ordentlich reife Tannine und unauffällig frische Säure. Total elegant und fein, ohne Kraft oder Kontur vermissen zu lassen. Sehr, sehr lang mit feinwürziger Sauerkirschnote; nach 1h kommt etwas Lorbeer hinzu.

Ich mag den Wein sehr! Der Hauslinie getreu, ganz klar auf der "femininen" Seite; wer mit Wein ohne Ecken und Kanten keinen Spaß haben kann, sollte woanders schauen. Erstaunlich zugänglich, ohne daß ich mir Sorgen um die Alterungsfähigkeit machen würde. In puncto Komplexität nochmal erkennbar oberhalb der St-Jos angesiedelt, würde ich sagen, sofern mich meine Erinnerung nicht trügt. Jetzt bin ich gespannt, wo der Brocarde noch hingeht...
Besten Gruß, Karsten
Benutzeravatar
UlliB
Beiträge: 4984
Registriert: Mo 6. Dez 2010, 18:27

Re: Côte rôtie

Beitrag von UlliB »

Côte-Rôtie Chateau d'Ampuis 2018 (Guigal) 14,5%Vol. Sehr dunkles Rot ohne Purpurtöne. Fleischig, rauchig, röstig - das hört sich nach einem über offenem Feuer gegrillten Steak an. Und ganz verkehrt ist das nicht, denn hier kommt etwas hinzu, was ich häufiger in VKN lese, aber nur selten nachempfinden kann: Blut, oder eher noch rohes Fleisch. Das Steak ist maximal medium rare, kein Wein für Vegetarier 8-)

Daneben ein beträchtliches aromatisches Spektrum, Backplaume und Blaubeere, darunter eine dunkel-erdige Note, darüber subtile florale Töne. Und immer wieder rauchig-röstig, sehr wuchtig, geballt und sogar etwas klotzig, auch süß, sättigend. Glücklicherweise hindert eine frische und feine Säure den Wein am völligen Abgleiten ins Fette.

Einerseits ist der Wein schon sehr komplex und tiefgründig, da tauchen mit jedem Riechen und Schmecken neue Eindrücke auf. Andererseits wirkt er für mich etwas überladen, zu konzentriert und wenig transparent - vielleicht richtet das die weitere Lagerung. Genügend Reserven sind auf jeden Fall da.

Gruß
Ulli
Nora
Beiträge: 958
Registriert: So 28. Mär 2021, 11:20
Wohnort: Kühlungsborn
Kontaktdaten:

Re: Côte rôtie

Beitrag von Nora »

Seit nunmehr 3 Tagen im Glas:

Bernard Burgaud, Côte-Rôtie 2017

Farbe: dunkles Purpurrot; leicht trüb (der Wein wurde nicht filtriert)

Feine Nase nach Himbeeren und Sauerkirschen; sehr eisenhaltig und kräuterfrisch (Eukalyptus und Minze). Erst nach geraumer Zeit kommen schwarzer Pfeffer und Leder ins Spiel. Nur ganz dezent rohes Fleisch. Der Duft ist sonst sauber ohne Brett oder Stallnoten.

Sehr frischer Antrunk, auch mit hellroten Früchten, sogar etwas Orangenaroma nehme ich wahr, außerdem deutlich die Kräuter. Der Wein ist am Gaumen sehr elegant mit seiner unglaublichen Mineralik und der wunderbaren lebendigen Säure. Die Tannine spielen zunächst keine Rolle, so zurückhaltend und fein, wie sie sind. Erst im mittellangen Abgang sind sie durch einen dünnen Belag am hinteren Gaumen wahrnehmbar, zusammen mit einem Hauch Bitterschokolade und pfeffrigen Tönen. Völlig unauffälliger Alkoholgehalt von 13%.

Sehr schöner, bisher der kühlste und feinste Côte-Rôtie von Burgaud, den ich hatte, ohne jegliche Rustikalität. Ich freue mich auf den Rest der Flasche.

Für damals 30 Euro ist das ein tolles Preis-Genuss-Verhältnis!


VG, Nora
amateur des vins
Beiträge: 4891
Registriert: Sa 10. Mär 2012, 21:47
Wohnort: Berlin

Re: Côte rôtie

Beitrag von amateur des vins »

Danke für die schöne Notiz!
Nora hat geschrieben: Mo 23. Jun 2025, 08:23 [...] sehr eisenhaltig [...]
Meinst Du das wörtlich oder bildlich/assoziativ? Anders gefragt: Wächst Burgauds Côte-Rôtie auf besonders eisenhaltigen Plots?
Besten Gruß, Karsten
Nora
Beiträge: 958
Registriert: So 28. Mär 2021, 11:20
Wohnort: Kühlungsborn
Kontaktdaten:

Re: Côte rôtie

Beitrag von Nora »

Ich meinte es bildlich/assoziativ: Eisen/Blut/Metall/Mineralik. Hier hat es mich im ersten Moment an Eisen erinnert.

VG Nora
Bradetti
Beiträge: 865
Registriert: Do 20. Nov 2014, 10:34
Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Re: Côte rôtie

Beitrag von Bradetti »

Nora hat geschrieben: Mo 23. Jun 2025, 09:52 Ich meinte es bildlich/assoziativ: Eisen/Blut/Metall/Mineralik. Hier hat es mich im ersten Moment an Eisen erinnert.

VG Nora
Diese Assoziation hatte ich in der Tat bei Burgauds 2019er Cote Rotie auch.
Viele Grüße
Dirk
Benutzeravatar
weingollum33
Beiträge: 329
Registriert: Di 30. Okt 2012, 13:20
Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken
Wohnort: neben den Weinreben

Re: Côte rôtie

Beitrag von weingollum33 »

Danke für deine Notiz, Nora! Ich habe den 2018er im Keller. Den hatte ich vor einigen Jahren in der Primärfruchtphase im Glas und
er gefiel mir so gut, dass ich nachgekauft habe! Ich glaube damals, für etwas mehr als 30 € bezahlt!
Nora
Beiträge: 958
Registriert: So 28. Mär 2021, 11:20
Wohnort: Kühlungsborn
Kontaktdaten:

Re: Côte rôtie

Beitrag von Nora »

Danke für eure Rückmeldungen!

18 und 19 liegen im Keller, derzeit noch unangetastet. Ich bin gespannt! Burgaud war mit dem Jahrgang 2006 mein Einstieg in die Côte-Rôtie. Das Weingut ist mir sehr sympathisch, die Weine haben nie enttäuscht und die Preise sind im Kontext der Region angemessen geblieben.

Ich hatte den Wein am Wochenende solo, aber das ist auch ein ganz hervorragender Begleiter zu einem kurz gebratenen Steak, noch besser zu einem Stück gebratenem, feinem Wild.

VG Nora
amateur des vins
Beiträge: 4891
Registriert: Sa 10. Mär 2012, 21:47
Wohnort: Berlin

Re: Côte rôtie

Beitrag von amateur des vins »

Nora hat geschrieben: Mo 23. Jun 2025, 09:52 Ich meinte es bildlich/assoziativ: Eisen/Blut/Metall/Mineralik. Hier hat es mich im ersten Moment an Eisen erinnert.
Danke Dir. Wenn ich das richtig mitbekommen habe, zeichnet sich die Côte Brune gegenüber der Côte Blonde gerade durch den höheren Eisengehalt aus. Wäre interessant zu wissen, ob das stimmt und es sich auch so exprimiert.

Beim Eisenberg (sic!) sehe ich da nämlich eine hohe Korrelation.
Besten Gruß, Karsten
Nora
Beiträge: 958
Registriert: So 28. Mär 2021, 11:20
Wohnort: Kühlungsborn
Kontaktdaten:

Re: Côte rôtie

Beitrag von Nora »

Wenn ich es richtig gelesen habe, hat Burgaud an der Côte Brune auch Anteile und er macht aus allen seinen Lagen ja nur einen Wein. Allerdings kommt dieses Eisen/Blut-Thema bei Syrah ja recht häufig vor.

Ich werde mal versuchen, verstärkt darauf zu achten, ob ich Unterschiede bemerke.

VG Nora
Antworten

Zurück zu „Rhône und Provence“