Prognose über den voraussichtlich besten Trinkzeitraum

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Rieslingfan
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Prognose über den voraussichtlich besten Trinkzeitraum

Beitrag von Rieslingfan »

Ich habe in den letzten Jahren vermehrt den Eindruck, dass selbst für Gutsweine eine gewisse Lagerung empfohlen wird.

Trinkempfehlungen Wein.Plus (Wittmann dient hier lediglich als Beispiel)
2023er Wittmann Riesling Estate: 2025-2028+
2023er Wittmann Riesling Vom Kalkstein: Mitte 2025-2029+

2023er Wittmann GG Morstein: 2030-2045+

Mir ist durchaus klar, dass es sich hierbei lediglich um Prognosen handelt, was ja Hofschuster auch so erwähnt. Doch auch an anderen Stellen reden die Kritiker und Winzer bei GG häufig von ... der ist immer noch sehr verschlossen und dies auch bei Weinen die bereits 10 Jahre alt sind.

Persönlich fehlt mir hier die Erfahrung, doch ich kann mir nur schwer vorstellen, dass ein GG-Wein der mit 10 Jahren noch verschlossen sein soll, tatsächlich noch besser werden kann.

Im Falle von den oben erwähnten beiden 2023er Gutsweinen kann ich persönlich sagen, dass ich sie bereits seit April 2024 als sehr gut beurteile und im Laufe des Jahres keinen Unterschied in der Entwicklung feststellen konnte und dies auch zukünftig nicht erwarte.

Der oben erwähnte 2023er Morstein kommt ohnehin erst im März 2025 in den Verkauf und ich denke, dass er dann auch bereits sehr gut "trinkbar" ist. Dennoch werde ich ihn noch lagern, zumal ich mir aufgrund des Preises lediglich zwei Flaschen vorbestellt habe. Doch wenn ich mir die Trinkempfehlung 2030-2045+ dazu anschaue, stellen sich mir (Jahrgang 1963) Fragen...

Davon abgesehen, hat auch nicht jeder die Möglichkeit diverse Jahrgänge 10/20+ Jahre zu lagern.

In den 90iger Jahren kannte ich dies noch genau umgekehrt. Damals war ich z. B. begeistert von einem 95er Riesling der auch 1997 noch erhältlich war. Im Weingut (bereits damals angesehenes Weingut - nicht Wittmann), wurde mir eher der aktuelle Jahrgang mit der Begründung empfohlen, dass insbesondere trocken ausgebaute Weine nicht sehr lange gelagert werden sollen.

Dies nur meine persönliche Wahrnehmung...
Gruß Markus
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vonKorf
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Re: Prognose über den voraussichtlich besten Trinkzeitraum

Beitrag von vonKorf »

Lobenberg meint:

Riesling Estate 2023: 2024-2031
R. vom Kalkstein 2023: 2024 - 2036

Riesling GG Morstein 2023: 2030 - 2058

Na ja, Lobenberg ist bei diesem Thema immer sehr "großzügig"; letztlich denke ich: nix Genaues weiß ma nit....
Zuletzt geändert von vonKorf am Sa 30. Nov 2024, 19:07, insgesamt 3-mal geändert.
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EThC
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Re: Prognose über den voraussichtlich besten Trinkzeitraum

Beitrag von EThC »

Rieslingfan hat geschrieben: Sa 30. Nov 2024, 18:07 Ich habe in den letzten Jahren vermehrt den Eindruck, dass selbst für Gutsweine eine gewisse Lagerung empfohlen wird.
...ehrlich gesagt gebe ich wenig auf die Trinkfensterempfehlungen von Weingütern oder auch -kritikern, bei den Gütern wird häufig einfach von Jahrgang zu Jahrgang gecopypasted und die Kritiker hauen meiner Wahrnehmung nach häufig einfach irgendwas raus, weil sie ja eh nicht befürchten müssen, daß sie wegen einer Aussage ernsthaft belangt werden könnten. Je mehr Punkte der Wein bekommt, desto länger wird gefühlt das Fenster gestreckt, weil lange Trinkfenster ja auch direkt mit der Qualität verknüpft werden, was meiner Ansicht nach Humbug ist. Und Geschmackspräferenzen bei gereiften Weinen spannen eh einen ziemlich großen Bogen, die da völlig undifferenziert bleiben. Also kein Nährwert für mich. Und bei Verwendung von Korken als Verschluß sind die ganzen Prognosen eh von Haus aus Makulatur!
Rieslingfan hat geschrieben: Sa 30. Nov 2024, 18:07 2023er Wittmann Riesling Estate: 2025-2028+
...bei guten Gutsweinen gehe ich schon auch von längeren Trinkfenstern UND einer deutlichen wie spannenden Entwicklung aus, bei Schäfer-Fröhlich bei quasi jedem Jahrgang sehr schön feststellbar, egal ob warm oder kalt. Wittmanns Basis-Riesling ist allerdings meiner Meinung nach im direkten Vergleich zu dem von S-F oder manch anderer Icon-Weingüter relativ belanglos, mag hier also einigermaßen zutreffen.
Rieslingfan hat geschrieben: Sa 30. Nov 2024, 18:07 2023er Wittmann GG Morstein: 2030-2045+
...den wird man in 2045 vermutlich schon noch trinken können, ob der MIR dann noch schmecken würde, wage ich allerdings ernsthaft zu bezweifeln, mit großer Wahrscheinlich ist das dann eine große Tankstelle oder gerne auch Qualitätstankstelle, aber mehr auch nicht (mehr)...
Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
DAS EWIG GESTRIGE
was immer war und immer wiederkehrt und morgen gilt, weil's heute hat gegolten.

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amateur des vins
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Re: Prognose über den voraussichtlich besten Trinkzeitraum

Beitrag von amateur des vins »

Ich wundere mich immer über Leute, auch und speziell hier im Forum, die ohne Ansehen und Kenntnis eines Weines jenen nicht vor einem Alter von x Jahren aufziehen würden. Jahrgangsunabhängig. Da gehört schon ein gerüttelt' Maß von Fremdgläubigkeit dazu. Zudem scheint es mir hier einen "Altwein-Bias" zu geben.

Winzer und Sommeliers scheinen mir da i.d.R. erheblich gelassener und können - unter Anerkenntnis des Entwicklungspotentials - sich sehr wohl am Jungwein erfreuen.

Ich selber, bekanntermaßen kein ausgewiesener Altweinfreund, versuche mir nach Möglichkeit stets ein eigenes Bild zu machen. Ich verstehe, daß man bei einer teuren Einzelflasche gerne den "optimalen" Zeitpunkt treffen möchte. Neben möglichen Flaschenfehlern ein Grund mehr, Einzelflaschen eher zum Evaluieren möglicher Nachkäufe zu erwerben, aber nicht für die exklusive Langzeitlagerung.
Besten Gruß, Karsten
Bernd Schulz
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Re: Prognose über den voraussichtlich besten Trinkzeitraum

Beitrag von Bernd Schulz »

Am Ende ist der beste Trinkzeitraum auch immer eine Frage des persönlichen Geschmack (der auch bei professionellen Weinkritikern eine Rolle spielt, selbst dann, wenn diese so tun, als seien sie objektive Verkostungsmaschinen).

Ich selber habe bis in die ersten Jahre dieses Jahrtausends hinein gereifte trockene Rieslinge komplett abgelehnt; speziell bei dieser Sorte mochte ich die Reifenoten überhaupt nicht, auch nicht in geringer Ausprägung. Nachdem ich bei Freunden und bei Winzern trotzdem immer wieder in Kontakt mit älteren trockenen (und noch mehr älteren restsüßen) Rieslingen gekommen bin, hat sich das allmählich gewandelt; irgendwann habe auch ich dann die Kurve bekommen und gut gereifte Rieslinge besonders zu schätzen gewusst.

ABER mittlerweile geht es bei mir wieder in die andere Richtung, in vielen Fällen trinke ich meine Weine - auch Rieslinge - bevorzugt jung. Sprich: Selbst bei ein und demselben Weinfreund können sich Präferenzen im Hinblick auf die Trinkreife und das richtige Zeitfenster mehrfach verändern.

Herzliche Grüße

Bernd
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Rieslingfan
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Re: Prognose über den voraussichtlich besten Trinkzeitraum

Beitrag von Rieslingfan »

Danke für die bisherigen Rückmeldungen..., gerne mehr davon.
Gruß Markus
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Udo2009
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Re: Prognose über den voraussichtlich besten Trinkzeitraum

Beitrag von Udo2009 »

Ich bin bekennender Fan von gereiften Weinen....

Man kann immer Überraschungen erleben. Vor ca. 16/17 Jahren, als wir mit Wein angefangen haben, kauften wir Wein von einem Winzer an der Mosel in Schweich, der einfache Weine machte und sagte, die sollten innerhalb ein bis zwei Jahren getrunken werden. Irgendwann nach ca. 10 Jahren "fand" ich eine vergessen Flasche im Keller und hoffte, dass sie wenigstens noch zum kochen taugte. Der Wein war super gereift, ohne die beim Riesling oft penetranten Altersnoten, war mit Freude zu trinken.

Da ich nun sehr wenig (bis gar keinen) Riesling mehr im Keller habe, und mehr zu Weißburgunder, Grauburgunder, Sauvignon Blanc, Chardonnay, etc., etc. (neben den Rotweinen) tendiere und auch dort zwangsläufig mal die eine oder andere Flasche/Charge länger liegt, - ich habe da bisher noch keine negativen Erlebnisse gehabt, alle Weine waren stets mit Freude trinkbar.

Das Highlight (bei den Rotweinen) war ein 2001er Cabernet Sauvignon von Simon-Bürkle (Hessische Bergstraße) den ich mit 21, 22, 23 Jahren getrunken habe. Absolut genial!!! Im Moment habe ich bei den Rotweinen die Jahrgänge 2014/2015 auf dem Tisch. Von einigen Winzern auch 2017/2018... alles 1a...

Gerade steht ein 2018er Frühburgunder Reserve von Philipp Kuhn auf dem Tisch... zum niederknien....
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OsCor
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Re: Prognose über den voraussichtlich besten Trinkzeitraum

Beitrag von OsCor »

Da habe ich ähnliche Erfahrungen gemacht.
Frage allerdings: Wie schnell sind die Flaschen leer bzw. gab es Probleme, wenn eine Flasche mal mehr als einen Tag offen geblieben ist?

Gruß
Oswald
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Udo2009
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Re: Prognose über den voraussichtlich besten Trinkzeitraum

Beitrag von Udo2009 »

Vom 2001er Cabernet Sauvignon ist mal eine halbvolle Flasche (verschlossen) stehen geblieben. Die war zwar am nächsten Tag noch trinkbar, aber der Wein hatte gelitten, er hatte sich durch die Luft nicht zum Vorteil entwickelt. Soweit ich mich erinnere, ist das meiste dann im Gulasch gelandet.
mixalhs
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Re: Prognose über den voraussichtlich besten Trinkzeitraum

Beitrag von mixalhs »

Hallo zusammen,

also ich traue mir solche Prognosen durchaus zu, zumindest bei Weinen, deren Stilistik ich einschätzen kann. Spät- und Auslesen von der Mosel gefallen mir in ihrer Jugend oft gar nicht, drehen dann aber mit 10 oder 15 Jahren Lagerung plötzlich auf. Riesling-GGe aus kühlen Jahren wie 2008 oder 2010 können in den ersten Jahren ob der bissigen Säure sehr anstrengend sein (Klimeks Epitheton "Arshcjahr" für 2010 ist sicher noch vielen hier geläufig.), die besten haben sich aber großartig entwickelt und machen jetzt große Freude. Mit den Rieslingen von PJK habe ich, was die Reifung betrifft, sehr gemischte Erfahrungen gemacht. Da hatte ich immer mal wieder Premox in der Flasche. Früh- und Spätburgunder-Lagenweine von der Ahr aus gutem Hause (Riske, Sermann etc.) sollte man IMHO nicht viel länger als 6 bis 8 Jahre alt werden lassen. Bei den allerbesten GGen von der Ahr mag das anders sein, aber da fehlt mir die Erfahrung. Gereifter Sangiovese aus der Toskana und aus guten Jahrgängen kann auch nach 40 Jahren noch großartig sein, z.B. Rosso 1985 von Vinattieri, aber es scheint da beträchtliche Varianz zu geben. Auf einer Weinprobe in Berlin vor zwei Jahren hatte ich eine Ornellaia 1998, die richtig schlecht war, während der Jahrgang 2004 sich etwas später großartig präsentierte. Mit Burgund und Bordeaux kenne ich mich zu wenig aus, als dass ich mich da mit Vorhersagen aus dem Fenster lehnen würde. Was Griechenland betrifft, so sind die großen Santoriniweine, wenn sie auf den Markt kommen, viel zu jung. Nach drei/vier Jahren hat sich das dann deutlich besser zusammengefügt, aber viel länger als acht bis zehn Jahre sollte man in der Regel dann doch nicht warten. Xinomavro aus Nordgriechenland ist eine "mixed bag". Es gibt Weine aus älteren Jahrgängen, die auch nach 10 bis 15 Jahren immer noch von adstringierenden Tanninen dominiert und schwer zu genießen sind. Um 2010, bei einigen Weingütern etwas früher, bei anderen etwas später, hat ein Stilwandel stattgefunden: weniger bzw. weichere Tannine, frühere Trinkbarkeit. Die meisten Weine, die ich kenne, sind nach sechs bis zehn Jahren auf dem Höhepunkt, halten aber nicht so lange wie gute Baroli und Barbareschi. Und dann gibt es in GR noch die vermeintlich einfachen Weißweine aus gutem Hause, von denen in der Gastronomie fast immer der aktuelle Jahrgang (derzeit also 2023) ausgeschenkt wird. Wenn man irgendwo im GR-Urlaub mal einen Savatiano, Roditis oder Malagousia 2019/20/21 auf einer Weinkarte sieht, sollte man sich das nicht entgehen lassen. Diese Weine zeigen dann nämlich erst richtig, was sie können. Sicher keine großen Weine, aber mit deutlich mehr Tiefe und Komplexität als im Jahr direkt nach der Lese.

Herzliche Grüße

Michael
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