- Beiträge: 65
- Registriert: So 1. Mai 2011, 16:00
albarello hat geschrieben:Mit Grignolino habe ich vor 20 Jahren meine ersten Begegnungen gemacht - und das nur deshalb, weil ich mir die Barbera der Toperzeuger als Student kaum leisten konnte (an die Baroli war gar nicht zu denken). Allerdings habe ich die Investition in jede einzelne Flasche bereut: In meiner Erinnerung allesamt überextrahierte Blender ohne jede Eleganz.
Bei mir war es Mitte der 90er, dass ich mal ein paar Grignolino "am Stück" probiert habe. Von Überextraktion konnte man da nicht reden, die Farbe war meistens sehr hell, aber das wirklich brutale Tannin hat einem buchstäblich die Spucke geraubt
Ich habe damals einen befreundeten Piemont-Spezialisten befragt, und der meinte nur, dass Grignolino halt so ist. Irgendwann habe ich dann gelesen, dass bei dieser Sorte das Tannin nicht wie bei anderen roten Sorten aus der Traubenschale kommt, sondern vorwiegend aus den Kernen, und dieses eben besonders hart und auch bitter sei. Das erklärt dann auch die Diskrepanz zwischen Farbe und Gaumeneindruck.
Sehr überrascht war ich dann, als ich vor zwei oder drei Jahren mal wieder einen Grignolino im Glas hatte. Den Namen habe ich vergessen, er war es auch nicht weiter wert, gemerkt zu werden, aber der war ganz sanft und passte eher zu deiner Beschreibung oben. Ich denke, dass man die Vinifikation geändert hat - konkret nehme ich an, dass man Vorrichtungen verwendet, mit denen man die Traubenkerne von der Maische abtrennt. Die im Piemont gerne verwendeten Rotofermentatoren haben diese meistens schon eingebaut, technisch lässt sich das aber auch bei normalen Gärständern realisieren. Das Verfahren beruht darauf, dass Schalen (und Stengel, falls mitverwendet) in der Maische aufschwimmen, die Kerne aber sedimentieren und am Gefäßboden in einer Art Rinne aufgefangen und von der Maische separiert werden können. Ich habe gelernt, dass das auch bei Nebbiolo-basierten Weinen gerne gemacht wird, um die etwas sanfter zu bekommen.
Gruß
Ulli