ledexter hat geschrieben:Da wir hier ja eine große Authentizitätsdebate hatten, hier noch etwas interessantes was ich gerade bei Lobenberg über Tertre Roteboef gelesen habe. Die Mitjavile Weine gelten ja wie Pontet Canet eher nicht als typisch Bordeaux, Lobenberg bzw Mitjavile scheinen jedoch authentische Weine an Fülle, Reife und Volumen festzumachen:
Hier auf Tertre Roteboeuf entsteht im Grunde das, was der Charakter von Bordeaux ist. Im Grunde der Stil der französischen Kaiser. Üppig, reichlich, großzügig. Im Gegensatz dazu die neuen, jungen, wilden Winzer aus der Biodynamie, die versuchen sehr früh zu ernten und die im Grunde gar nicht den typischen Bordeaux Stil produzieren, sondern in Richtung Burgund und Loire tendieren. Auch das ist großartig, aber nach Francois Meinung nicht unbedingt dem entsprechend, was Bordeaux eigentlich ausmacht. Das Besondere an Tertre Roteboeuf ist auch die Art des Barriqueausbaus, welche identisch ist auf Roc de Cambes sowie Domaine de Cambes.
Ich meine, dass das hier keine Authentizitätsdebatte war, sondern eine Typizitätsdebatte. Bei St. Emilion kann man sich trefflich darüber streiten, wie eigentlich ein "typischer" St. Emilion schmeckt. Das alleine schon deshalb, weil die AOC groß ist und verschiedenste Terroirs vereint. Und weil es viel mehr Diversität in der Cuvée gibt als z.B. in Pomerol. Pomerol ist Merlot. Und hin und wieder etwas Cabernet Franc und ganz selten auch etwas mehr Cabernet Sauvignon. St. Emilion ist viel weniger Merlot-dominiert. Figeac, Cheval Blanc, Ausone, Angelus, Trottevieille, Pavie haben alle ca. 40% oder mehr an Cabernet Franc bzw. Cabernet Sauvignon in der Cuvée. Die beiden Beausejours, Troplong-Mondot, Tertre-Roteboeuf, Valandraud, Belair Monange, Canon oder auch Pavie Macquin sind hingegen deutlicher Merlot-orientiert. Und dann denke ich, dass es in allen der ganz bekannten AOCs in Bordeaux keine gibt, bei der stilistischen Unterschiede so groß sind wie in St. Emilion. Durch die Holz-, Konzentrations- und Alkoholexzesse der letzten beiden Jahrzehnte ist das, was u.U. eine gewisse Typizität der gesamten AOC hätte begründen können, verloren gegangen. Das ist in Pomerol ganz anders.