Bordeaux 2016

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
Bottlebinder
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Re: Bordeaux 2016

Beitrag von Bottlebinder »

UlliB hat geschrieben:
Bottlebinder hat geschrieben:Interessante, weil nicht durchgehend zwischen 96 und 100 liegende, Bewertungen von der mir bislang nicht bekannten Rebecca Gibb (für Winesearcher):
Mitlesen tust Du hier nicht? Der erste Hinweis auf die Dame und ihre Bewertungen befindet sich bereits auf Seite 7, und ein Bild mit Badewanne :D auf Seite 10.
Hallo Ulli,

ich hatte schon mitgelesen und mir fiel das Bild auch bei meiner Fragestellung ein, sowohl dieses als auch die verlinkte LIVEX-Score-Liste können meine Fragen nicht beantworten, sofern man die Bemerkung von Matthias Hilse nicht als Macho-Spruch verstehen möchte, führt auch diese nicht weiter ... (vielleicht angesichts der aufmerksamkeitsheischenden Badewannen-Darstellung doch eine angemessene Reaktion, sofern diese zuvor und nicht danach gepostet worden wäre).

Allerdings enthält die von mir verlinkte Seite einige Informationen: seit 2015 Master of Wine, Klassenbeste, ausgezeichnet mit der Madame Bollinger-Medaille für außerordentliche Verkostungsfähigkeiten ... hilft mir aber nicht wirklich weiter.

Die Verkostungsnotizen selbst gefallen mir und sagen mir inhaltlich mehr als viele Plattitüden anderer Verkoster, von denen offenbar häufig 100 Punkte jeweils für den Jahrgangsbesten vergeben werden. Ich finde allein bislang keine Justierung, daher meine Frage.
UlliB hat geschrieben:
Das erscheint realistischer als vieles bisher Gelesenes.
Wieso? Hast Du die 2016er selber verkostet und verfügst damit über eine eigene Einschätzung? Oder dürfen Jungweine nicht mit 100 Punkten bewertet werden? Oder sind durchweg hohe Bewertungen für einen Jahrgang grundsätzlich unrealistisch, weil bekanntlich nicht sein darf, was nicht sein kann?

Gruß
Ulli
Was ich aufgenommen habe, ist die grundsätzliche Einordnung des Jahrgangs hinter 2009, 2010 und 2005 mit der Möglichkeit, in Einzelfällen jeweils das Beste jemals produziert zu haben oder aber Unterdurchschnittliches. Die erstgenannte verbale Charakterisierung finde ich den Bewertungen besser verkörpert als in vielen anderen, die letztgenannte nicht. Wenn ich, ohne selbst gekostet zu haben, was mir angesichts des Fehlens jeglicher Verkostungserfahrung bei Primeurs auch nichts gegeben hätte, den Tenor der Einschätzungen ernst nehme, dann passen durchgehend 96 bis 100 nicht. Wenn hingegen alle oder viele meinten, den besten Jahrgang aller Zeiten verkostet zu haben, dann nehme ich es auch ab, haben sie aber nicht - also kann eine durchweg superhohe Bewertung nicht realistisch sein :mrgreen:
Grüße
Mathias
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UlliB
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Re: Bordeaux 2016

Beitrag von UlliB »

Was am Ende realistisch ist und was nicht, werde ich frühestens in zwei Jahren wissen, nämlich dann, wenn ich meine ersten 16er selber im Glas habe.

Im übrigen ist nicht so sehr die absolute Höhe der Bewertungen interessant, sondern auch deren Binnenkonsistenz. Und da machen mich dann z.B. die 88 Punkte für Haut Bailly schon sehr stutzig. Nicht nur, dass dieser Wein bislang von allen anderen Verkostern zu den jahrgangsbesten gerechnet wird - ich kenne die Weine von hier in den Jahrgängen von 2000 bis 2013 durchgehend, und da müsste man sich in 2016 schon einen völlig unerklärlichen und aus dem Kontext fallenden Fehltritt geleistet haben, worauf aber wie gesagt die anderen verfügbaren Bewertungen überhaupt nicht hindeuten. Und jetzt hänge ich mich dann doch mal aus dem Fenster: vermutlich wird das im Rückblick eine der krassesten Fehleinschätzungen gewesen sein, die es dieses Jahr gegeben hat.

Nun muss eine Fehleinschätzung nicht das Ergebnis insgesamt in Frage stellen, aber stutzig mach es in Verbindung mit ein paar anderen abweichenden Einstufungen schon, und da es hier auch keinerlei track record gibt, würde ich zumindest im Moment diese Bewertungen mit allergrößter Vorsicht betrachten.

Gruß
Ulli
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ledexter
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Re: Bordeaux 2016

Beitrag von ledexter »

Jetzt sind die meisten Bewertugnen raus. Und wenn man sich Galloni (Vinous), Kissack (The Wine Doctor), Quinney (Gavin Quinney), Anson (Decanter), Jeannie Cho Lee, Jeff Leve (The Wine Cellar Insider), James Molesworth (Wine Spectator), Jean-Marc Quarin (Jean-Marc Quarin), Jancis Robinson (Jancis Robinson), James Suckling (James Suckling) und Tim Atkin (Tim Atkin) dann sind idas die Abräumer.

http://www.insights.liv-ex.com/bordeaux ... tic-scores

Was auffällt ist, dass Canon wieder extrem stark ist, Haut Bailly sich ganz vorne etabliert und das Calon Segur wohl den besten Wein seiner Geschichte fabriziert hat.

80Eur-100Eur

Haut-Bailly
Canon
Lynch-Bages
Clos Fourtet
Smith Haut Lafitte

50Eur-80Eur

Calon-Segur
Leoville Poyferre
Pape Clement
Leoville Barton
Grand-Puy-Lacoste
Carmes Haut-Brion
Rauzan-Segla
Clinet
Pavie Macquin
Domaine de Chevalier

20Eur-50Eur

Malescot-St-Exupery
Branaire Ducru
Giscours
Lafon-Rochet
Langoa-Barton
Phelan Segur
Gloria
Armailhac
Batailley Grand Cru
Lagrange
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ledexter
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Re: Bordeaux 2016

Beitrag von ledexter »

UlliB hat geschrieben:Was am Ende realistisch ist und was nicht, werde ich frühestens in zwei Jahren wissen, nämlich dann, wenn ich meine ersten 16er selber im Glas habe.

Im übrigen ist nicht so sehr die absolute Höhe der Bewertungen interessant, sondern auch deren Binnenkonsistenz. Und da machen mich dann z.B. die 88 Punkte für Haut Bailly schon sehr stutzig. Nicht nur, dass dieser Wein bislang von allen anderen Verkostern zu den jahrgangsbesten gerechnet wird - ich kenne die Weine von hier in den Jahrgängen von 2000 bis 2013 durchgehend, und da müsste man sich in 2016 schon einen völlig unerklärlichen und aus dem Kontext fallenden Fehltritt geleistet haben, worauf aber wie gesagt die anderen verfügbaren Bewertungen überhaupt nicht hindeuten. Und jetzt hänge ich mich dann doch mal aus dem Fenster: vermutlich wird das im Rückblick eine der krassesten Fehleinschätzungen gewesen sein, die es dieses Jahr gegeben hat.

Nun muss eine Fehleinschätzung nicht das Ergebnis insgesamt in Frage stellen, aber stutzig mach es in Verbindung mit ein paar anderen abweichenden Einstufungen schon, und da es hier auch keinerlei track record gibt, würde ich zumindest im Moment diese Bewertungen mit allergrößter Vorsicht betrachten.
Hab die gute Frau auch nicht mit in meine Einschätzungen einbezogen, das ist halt wirklich zu extrem am Ziel vorbei.

Wie vorher schon geschrieben, die Bewertungen widersprechen allen oben aufgeführten Verkostern:

Ausone und Le Pin haben im Schnitt unfassbare 98,1 Punkte -> RG gibt 89 an Ausone und 91 an Le Pin :lol:
Pape Clement hat im Schnitt 95,8 Punkte -> RG 88
Leoville Barton hat im Schnitt 95,7 Punkte -> RG 89
Zuletzt geändert von ledexter am Mi 26. Apr 2017, 16:24, insgesamt 3-mal geändert.
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harti
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Re: Bordeaux 2016

Beitrag von harti »

Man kann sicher nicht behaupten, Galloni ginge inflationär mit den 100 Punkten um (ebenso wenig wie Neal Martin). Für Bordeaux 2016 liegen gerade mal 7 Weine im Bereich 97-100 Punkte. Im letzten Jahr waren es sogar nur 2 Weine. Hier die Bewertungen für St. Julien und Margaux:

(95-98+) Léoville Las Cases
(94-97) Ducru-Beaucaillou
(94-97) Léoville-Poyferré
(93-96) Léoville-Barton
(92-95) Branaire-Ducru
(92-95) Gloria
(92-95) Talbot
(91-94) Beychevelle
(91-94) Clos du Marquis
(91-94) Saint-Pierre (Saint-Julien)
(90-93) Lagrange (Saint-Julien)
(90-93) Langoa Barton
(90-93) Moulin Riche
(90-92+) La Croix Ducru-Beaucaillou
(90-92) Lalande-Borie
(90-92) Le Petit Lion
(89-92) Le Pavillon de Léoville-Poyferré
(88-91) La Petite Marquise
(88-91) Les Fiefs de Lagrange
(87-90) du Glana
(87-89) Connétable de Talbot

(97-100) Margaux
(95-98) Palmer
(94-97) Pavillon Blanc
(94-97) Rauzan-Ségla
(93-96) Prieuré-Lichine
(92-95) Malescot Saint Exupéry
(91-94) Giscours
(91-94) Marquis d'Alesme Becker
(90-93) Alter Ego
(90-93) Brane-Cantenac
(90-93) Durfort-Vivens
(90-93) L' Aura de Cambon
(90-93) Marojallia
(90-93) Marquis de Terme
(90-93) Pavillon Rouge
(90-93) Ségla
(89-92) Cantenac Brown
(89-92) Desmirail
(89-92) Ferrière
(89-92) Lascombes
(89-92) Monbrison
(89-92) Paveil de Luze
(89-92) Rauzan Gassies
(89-92) d'Issan
(89-92) du Tertre
(89-91) Labégorce
(89-91) Margaux
(88-91) Clos Margalaine
(88-90) Baron de Brane
(88-90) La Sirène de Giscours
(87-90) La Gurgue
(87-90) La Tour de Bessan
(86-89) BriO de Cantenac Brown
(86-89) La Tour de Mons
(86-89) Siran
(86-89) d'Arsac
(85-88) Chevalier de Lascombes
(85-88) Haut-Breton Larigardiere

Grüße

Hartmut
duhart09
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Re: Bordeaux 2016

Beitrag von duhart09 »

Unter den schreibenden Händlern ist nun auch Hr. Boxberger-von Schaabner von extraprima (Mannheim) mit seinen Notizen draußen: http://www.extraprima.com/tl_files/extr ... lation.pdf

Dass weder Parker noch Rene Gabriel mehr aktiv sind, ist schade, deren Bewertungen konnte ich qua Gewohnheit allmählich einschätzen. Naja, so ist man gezwungen, sich ein breiteres Bild zu machen. Und bei der zu erwartenden Preisgestaltung werde ich ohnehin nur restriktiv bestellen...

Gruß
Zuletzt geändert von duhart09 am Mi 26. Apr 2017, 19:22, insgesamt 1-mal geändert.
Uli
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Desmirail
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Re: Bordeaux 2016

Beitrag von Desmirail »

ledexter hat geschrieben:
Hab die gute Frau auch nicht mit in meine Einschätzungen einbezogen, das ist halt wirklich zu extrem am Ziel vorbei.


... und da haben wir es wieder. :o

Ich kenne diese Frau Gibb nicht und vor allem weiß ich z.B. gar nicht welchen Geschmack diese hat? Darauf kommt es doch eigentlich an. Vielen sind JR Tastings ein Rätsel, trotzdem hat sie ihre Fangemeinde, JL hat auch seine Kritiker und auch seine Fangemeinde, RG ebenfalls und die Marmelade kam ja immer vom Großdegustator persönlich.

Die Krux ist IMHO, dass man, wenn man nicht selbst vor Ort war und sich einen Überblick verschaffen konnte, eine(n) Verkoster(in) seines Vertrauens finden muss, dessen Geschmack dem eigenen ~ entspricht. Dann passt es, egal ob von Hinz 100 Points oder von Kunz nur 88 gegeben wurden.

Deswegen kann es IMHO doch sein, dass einige Weine nicht so hoch bepunktet werden, was auch gut ist, denn ...


Der nächste Jahundertjahrgang kommt bestimmt, und dann der nächste und dann der nächste und dann ... die Superlative verkaufen sich eben besser.
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innauen
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Re: Bordeaux 2016

Beitrag von innauen »

Guten Morgen,

heute Nacht gab es Frost in Bordeaux. Es wird schon über Ernteausfälle St. Emilion berichtet. Sollte sich abzeichnen, dass 2017 die Genealogie der 7er Jahre seit 1957 fortsetzt dann wissen die Chateaus zumindestens, dass sie im Folgejahr nicht mit einem Überangebot an Wein rechnen müssen. Was eine natürliche Verknappungen für die Preise des Jahres 2016 bedeutet, bleibt abzuwarten, kann man sich aber ausrechnen.

Derweil kommt Lynch Moussas auf den Markt. 38 Euro EVP habe ich gesehen. Letztes Jahr gab es ihn noch für 35.

Grüße,

wolf
„Es war viel mehr.“

Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)
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ledexter
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Re: Bordeaux 2016

Beitrag von ledexter »

Desmirail hat geschrieben: Ich kenne diese Frau Gibb nicht und vor allem weiß ich z.B. gar nicht welchen Geschmack diese hat? Darauf kommt es doch eigentlich an. Vielen sind JR Tastings ein Rätsel, trotzdem hat sie ihre Fangemeinde, JL hat auch seine Kritiker und auch seine Fangemeinde, RG ebenfalls und die Marmelade kam ja immer vom Großdegustator persönlich.

Die Krux ist IMHO, dass man, wenn man nicht selbst vor Ort war und sich einen Überblick verschaffen konnte, eine(n) Verkoster(in) seines Vertrauens finden muss, dessen Geschmack dem eigenen ~ entspricht. Dann passt es, egal ob von Hinz 100 Points oder von Kunz nur 88 gegeben wurden.

Deswegen kann es IMHO doch sein, dass einige Weine nicht so hoch bepunktet werden, was auch gut ist, denn ...
Ich finde persönlicher Geschmack hat seinen Spielraum, aber eine gewisse Qualität sollte man einem offensichtlich großen Wein schon zugestehen können. Mit 89 bugsiert sie den Ausone in eine Liga mit 10-20 Eur Weinen.

Ausone 2016

100 Jean-Marc Quarin
99 Anson (Decanter)
97-99 Kissack (The Wine Doctor)
96-99 Galloni (Vinous)
97-98 James Suckling
96-98 Gavin Quinney
97 Jeannie Cho Lee
97 Tim Atkin
18+ Jancis Robinson

und dann

89 Rebecca Gibb
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harti
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Re: Bordeaux 2016

Beitrag von harti »

Ihr solltet Euch den Blog von Frau Gibb anschauen, sie nutzt das 100 Punkte-Spektrum nicht ausschließlich in der Range 85-100 Punkte. So wird der 2000er Latour von ihr mit 75 Punkten bewertet. Vor diesem Hintergrund sind die 89 P. für den 16er Ausone oder die 88 P. für den 16er Haut-Bailly schon recht ordentlich.

Im übrigen finde ich es müßig, sich an den Bewertungen Einzelner abzuarbeiten, insbesondere wenn sie noch zu den Anfängern gehören (MW hin oder her). Wenn wir in unseren (mit einiger Erfahrung ausgestatteten) Weinrunden bewerten, liegen wir auch schon mal 10 Punkte beim gleichen Wein auseinander (aktuelles Beispiel: 90er Brunate von Ceretto von mir 90 P., von anderen 98 P.). Aber das ist für uns vollkommen o.k., jeder empfindet halt anders.

Grüße

Hartmut
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