Bordeaux 2015

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
pessac-léognan
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von pessac-léognan »

Château de Pressac Saint-Émilion GCC 2015 (15% ABV)
71%M / 16% CF / 9% CS / je 2% Malbec und Carmenère
Im Unterschied zu früheren Flaschen (die letzte vor gut 2 Jahren) gesellt sich nun zu den etwas pflaumigen Fruchtnoten, den vielen Weihnachtsgewürzen, Tabak und Lehm etwas Rauchfleischiges (Appenzeller Mostbröckli) bis hin zu einem Nachhall aus Blut und Leder. Das bekommt dem Wein, der bezüglich Alkohol auf Messers Schneide tanzt (mit 14% wäre der Wein wohl besser bedient), ausgesprochen gut und verleiht ihm zusätzliche Komplexität. Das letzte Glas aus der 6 oder 7 Stunden geöffneten Flasche ist das beste und kratzt für mich an den 95 Punkten. Insgesamt 93(-94).
pessac-léognan
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von pessac-léognan »

Château Giscours Margaux GCC 2015 (14%ABV)
60% CS / 32% M / 5% CF / 3% PV
Die Flasche wurde am ersten Tag 6 Stunden vor dem Essen entkorkt und dann bei 15° stehen gelassen. Zwischen vorgestern und gestern und ebenso zwischen gestern und heute verbrachte der Wein bei ca. 14/15° verkorkt im ungeheizten Wintergarten.
Beim ersten Entkorken (Kork wie von einem frisch abgefüllten Wein) und den ganzen ersten Abend war der (tiefdunkle, aber nicht schwarze) Wein von einem geradezu betörenden Margaux-Duft geprägt. Eine Floralität wie in einem Blumenladen. Wahrhaft überwältigend!
Am Gaumen hingegen war der Wein am ersten Abend (nach anfänglich ziemlich aufrauhenden Tanninen, die im Verlauf des Abends zusehends polierter wurden) auf einer feinen Schiene zwar ebenfalls primär floral, allerdings deutlich zurückhaltender als nasal. Insgesamt eher leicht, trotz immerhin 14%, schön zu trinken, aber besser zu leichteren Speisen oder solo.
Konnte nicht mit B-C oder RS 2015 (beide vor knapp einem Jahr) mithalten, war zwar margauxtypischer als der vor ca. 18 Monaten verkostete Cantenac Brown 2015, aber an Trinkgenuss doch auch hinter diesem zurück.
Am zweiten Abend zog sich der Giscours 2015 hinter einen ziemlich massiven Säurepanzer zurück und zeigte dabei seine geballte Faust, als ob er das fein Florale des ersten Tages verleugnen und dafür seine Reserven aufzeigen wollte. Rauch und Erde am Gaumen.
Am dritten Tag wiederum zeigt sich der Wein nun von einer beinahe gnädigen und kompromissfähigen Seite. Etwas von der ursprünglichen Floralität, aber mehr am Gaumen als in der Nase, dazu auch eine Spur Stein hinter einem Schleier von zarten Himbeeren, gegen den Abgang hin auch ganz leise Weihrauch, aber immer noch leicht reserviert.
Fazit: Nun, wo das letzte (und beste) Glas fast zur Neige geht, kann ich fast mit Bestimmtheit sagen: Da kommt bald (nicht erst in 10 Jahren!) noch mehr, vielleicht deutlich mehr, nach 91(-92) am ersten, 89-90 am zweiten und 92(-93) Punkten (für mich) am dritten Tag. Nächste Flasche in ~2 Jahren (schön, dass eine 6er Kiste im Keller ruht)
pessac-léognan
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von pessac-léognan »

Ein weiterer Wein in der Reihe "10 years on":
Château Lagrange Saint-Julien GCC 2015 (13.5% ABV)
(75% CS / 17% M / 8% PV)
Der Kork etwas spröde, bricht beim Öffnen, der untere Teil 3 mm durchgesippt, kein merkbarer Einfluss auf die Qualität des Weins.
Farbe: dunkles, leicht durchscheinendes Purpur.
Nase: feinduftig, etwas Cassis, aber auch Tabak und Leder, etwas frisches Brot
Gaumen: Rund und mit sehr ausgeglichenen Geschmacksnuancen, nichts drängt sich in den Vordergrund: wenig Cassis und ein Hauch Pflaume, Lehm und etwas heller Tabak, eine Spur Graphit gegen den (eher kurzen) Abgang hin, Tannine für einen (erst) 10 Jahre alten Saint-Julien erstaunlicherweise bereits fast abgeschmolzen, aber recht präsente (doch nicht störende) Säure und ohne jegliche Alterstöne. Das hält bestimmt noch Jahre - aber wird es besser?
Dezent: Damit ließe sich der Eindruck kurz zusammenfassen. Nichts tritt (zu) dominant in den Vordergrund und stört. Aber auch keine Ecken und Kanten (wie ich sie etwa beim 19er Lagrange in seiner Jungweinphase in Erinnerung habe). Sicher kein Spektakelwein - was ein Wein auch nicht zu sein braucht...
Ziemlich das Gegenteil des Giscours 2015 vor einer Woche, der sich phasenweise sperrig gab, aber mich deshalb (oder trotzdem?) zuversichtlich, auf jeden Fall sehr neugierig für das weitere Entwicklungspotential machte.
Hier eher: schön zu trinken, aber ein wenig uninteressant und spannungslos. Von all den 15ern in letzter Zeit der "bescheidenste" oder eben "dezenteste".
90(-91)
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