port_ellen hat im anderen thread hat geschrieben:meist nimmt man oder liest man für vertikalen nur die großen gewächse, aber die sind für mich preislich schon länger indiskutabel. und das jahr 2017 setzt die trends fort, hat mal jemand die steigerungsraten in % der letzten jahre für einige der GGs dokumentiert ?
m.e. bremsen die preise die leidenschaft von weinverrückten wie mir, sich z.b. vertikalen (also immer mindestens 3-6 flaschen...) der lieblingsweine in den keller zu legen. von g-maxen ganz zu schweigen.
selbst die mittelklasse, also die stufe unter den GGs, geht auf die 20€ zu - ich bin mehr und mehr raus.
man kann einwenden, und v.a. die händler tun das, dass die mittelklasse inzwischen so gut ist, wie die oberklasse vor X jahren. da bin ich mir nicht so sicher. es wird nicht immer alles besser.
Ich glaube, seit einigen Jahren (seit 2012, um genau zu sein) zu beobachten, dass die Qualitaet der GGs immer deutlicher an die Decke stoesst. Natuerlich ist es (auch) eine Sache des persoenlichen Geschmack, welches GG man super findet und welches nur ganz okay, aber wenn ich nicht "haendisch" meine Punkte auf 100 hochsetze, bleiben die fuer mich besten GGs bei 95-96 Punkten haengen. Ich muesste also meine Skala umdefinieren, und vielleicht sollte ich das auch, denn es kommt ja kein besseres GG nach; auch ein G-Max ist nur
marginal besser, kostet aber entsprechend mehr. (Der selbe abnehmende Grenznutzen hat sich ja schon lange in Bordeaux eingestellt, wie man im 2017er Strang an der Diskussion um Château Montrose sehen kann.)
Die Kategorie "Eins unter dem Optimum" hingegen stoesst mittlerweile in Regionen vor, die vor 10 oder 15 Jahren tataechlich dem unteren Median der GGs vorbehalten war. Dieser (meiner Meinung nach reale) Qualitaetsanstieg hat seine Ursache in mehrere Gruenden, die mehr oder weniger miteinander zusammen- und voneinander abhaengen:
1. Der stark(!) verbesserten Weinbergsarbeit und Kellerwirtschaft, die mittlerweile beides auf die Erzeugung trockener Weine abgestellt und optimiert sind. Das sieht man sehr schoen an der Mosel, wo jetzt die GGs dramatisch aufholen, und natuerlich ganz deutlich bei Rotweinen.
2. (Aus-)Bildung! Jeder hinterletzte Ex-Genossenschaftsablieferer im hinterletzte Winkel ganz abseitiger Doerfer hat ein Familienmitglied, dass in Geisenheim und/oder einer anderen renommierten Uni studiert und dann die Welt gesehen hat. Der Austausch unter den Juniorwinzern ist viel besser und kollaborativer als frueher; die Entstehung und Verbreitung von Wissen ist in den letzten 20 Jahren geradezu explodiert. Der normale Mann auf der Strasse macht sich wirklich
keine Vorstellung davon, wie exponentiell die Fortschritte sind, die erzielt wurden.
3. Diesen Aufwand zu betreiben, ist nur deshalb moeglich, weil heutzutage die Winzer aus der zweiten Reihe Preise verlangen
und erzielen, wie man sie vor 10 bis 15 Jahren nur von den GGs kannte (und die man lange nicht fuer moeglich gehalten hatte). Weil immer mehr Leute Geld zu zahlen bereit sind, dafuer aber auch Alleinstellungsmerkmale haben wollen (der Ausfluss an
Orange Wines kommt u.a. daher). Ploetzlich entwickeln 17-jaehrige Winzerkinder
Visionen, wo es den Eltern gelangt hat (und langen musste), gesunde Trauben an den Fassweinproduzenten abliefern zu koennen.
Also sind die Preise fuer einige GGs (aber auch nur die allerbesten, wohlgemerkt) in fuer althergebrachte Verhaeltnisse stratosphaerische Regionen aufgestiegen - schaut euch an, was Martin Muellen fuer seine "parkerisierten" Weine verlangt -, waehrend Weine der 2. Reihe massive die schlechteren GGs kannibalisieren, denn der Qualitaets
unterschied ist nicht mehr gross genug, um die Preisdifferenz zu rechtfertigen. Vielleicht nicht innerhalb eines Erzeugerportfolios (nicht umsonst gab es vor einiger Zeit eine kleine Kontroverse zu den zu niedrigen Qualitaetsstandards der Gutswein-Klasse), aber doch sicher im Quervergleich.
Und weil die 20-Euro-Grenze psychologisch so hart ist, stauen sich davor wirklich wunderbare Weine. Vielleicht keine 95-Punkter, aber doch sehr gute 90-92, nach Geschmack auch gerne einen Punkt mehr. Also alles in Ordnung. Man bekommt ja immer nuch wundervolle Weine unter 15 Euro, in so ziemlich allen Gegenden Deutschlands.
Cheers,
Ollie