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Portugieser

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Charlie

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Portugieser

BeitragSa 15. Jan 2011, 02:06

An jene die immer über deutschen Rotwein meckern (ich zum Beispiel) aber auch an jene die glauben, Deutschland wird zum Rotweinland weil hier mal mit mäßigem Erfolg die Nachäffung einer Imitation halb gelugen ist (ha, kann das jemand fieser formulieren?):
es gibt durchaus einen eigenständigen Stil der machmal sogar schmeckt. Z.Bsp. der hier:
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mixalhs

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Re: Portugieser

BeitragMi 29. Jan 2014, 00:48

Gute Portugieser: Gibt's die und wenn ja wo?

Meine eigenen Erfahrungen:

Immer wieder gut und gar nicht typisch "Alte Reben" und "Steinsatz" von Markus Schneider. "Steinsatz" könnte mir inzwischen zu fett und zu breit sein; mein Geschmack hat sich in den letzten Jahren geändert.

Etwas typischer, aber trotzdem gut, und auch etwas schlanker habe ich sie in Erinnerung: die Portugieser von Hummel aus Ungarn. Leider konnte ich vor zwei Wochen nicht an der Weinprobe im Weinstein (Berlin Prenzelberg) teilnehmen. War jemand aus dem Forum dort und kann berichten?

Ein einmaliges Erlebnis im Mai 2011 war eine Reserve 1999 von Studeny aus dem Weinviertel, probiert bei Wolfgang Rausch in der Vinothek Niederösterreich (Wien Josefstadt), der ich 93 Punkte gegeben habe.]

Hat jemand mehr zu berichten? IMHO sind 99% der Portugieser kaum bis gar nicht genießbar, aber die Ausnahmen von dieser Regel sind ungeheuer spannende Weine. Gibt es ein paar Geheimtipps aus dem Forum?
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mixalhs

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Re: Portugieser

BeitragMo 27. Mär 2017, 11:32

Ein paar Ergänzungen:

Bei Schneider meinte ich nicht den Steinsatz (Das ist eine Cuvée.), sondern das Einzelstück: immer wieder gut, aber auch fast überextrahiert, nichts für Leute, die eher puristische Weine mögen, die nicht so dicht und fruchtbetont daherkommen.

Mein absoluter Favorit ist momentan der Teupfelspfad 2012 von Braunewell: typische Portugiesernoten, vielschichtig und elegant.

Die Neuentdeckung aus dem Weinviertel: "Der Herr Baumann" 2015 von der Quantum Winery mit nur 11% Alkohol und toller Struktur.

Das Schnäppchen für 5,50 € ist der 2015er Portugieser von Christoph Bauer aus dem Weinviertel, der die sortentypische Würze hat, natürlich nicht so komplex ist wie die anderen Weine, die das Drei- oder Vierfache kosten, aber deutlich mehr bietet, als man für dies kleine Geld erwarten kann.
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thiloV

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Re: Portugieser

BeitragDi 28. Mär 2017, 08:15

Hallo,

in der Pfalz gibt es einige alte Portugieserreben, die ambitioniert ausgebaut werden. Die folgenden hatte ich schon im Glas, mir haben sie eigentlich alle gut gefallen:

Das von Dir erwähnte Einzelstück von Schneider war mir auch etwas zu viel, eine ziemliche Bombe, manchmal mag ich das, aber im Allgemeinen kaufe ich da nicht nach.

Aus 1910 sind die Reben für den Urbullen vom Weingut Metzger in Asselheim. Das war sowas wie meine Einstiegsdroge, deutlich schlanker als der Schneider-Portugieser, ich muss mal wieder was nachkaufen.

Es gibt noch einen unbekannteren (und preiswerteren) Winzer, dessen Stil ich sehr mag: Weingut Fritz Braun in Meckenheim. Die haben einen Portugieser namens Anno 1951, den ich auch mag.

Nicht im Glas hatte ich den Portugieser Reserve vom Weingut Rings in Freinsheim, der liegt mit 32€ außerhalb meiner Toleranz für Portugieserexperimente...

Viele Grüße, Thilo
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Herr S.

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Re: Portugieser

BeitragDi 28. Mär 2017, 10:47

Hallo Thilo,

neben den von Dir genannten kann ich noch den Portugieser Réserve von Wageck ins Feld führen. Der ist zumindest aus den mir bekannten Namen immer auf der eleganten und leichtfüßigen Seite mit viel Tiefe und Komplexität, gerade mit etwas Reife.

Viele Grüße,
Björn
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"Not that we needed all that for the trip, but once you get locked into a serious drug-collection, the tendency is to push it as far as you can." (Hunter S. Thompson, Fear and Loathing in Las Vegas)
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Ollie

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Re: Portugieser

BeitragDi 28. Mär 2017, 11:24

Ich kenne zwar weder Wein noch Winzer, aber Andreas Durst hat einen wutzelechten Portugieser, jedenfalls mal gehabt.
Parfois, quand c'est trop minéral, on s'emmerde.
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Michl

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Re: Portugieser

BeitragDi 28. Mär 2017, 13:57

Ich hatte vor Jahren 'mal den Portugieser von Benedikt Baltes (Weingut Stadt Klingenberg), der mir ausgesprochen gut gefallen hat: Frisch und mit Zug...
Viele Grüße

Michl
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thiloV

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Re: Portugieser

BeitragDi 28. Mär 2017, 17:14

Herr S. hat geschrieben:neben den von Dir genannten kann ich noch den Portugieser Réserve von Wageck ins Feld führen. Der ist zumindest aus den mir bekannten Namen immer auf der eleganten und leichtfüßigen Seite mit viel Tiefe und Komplexität, gerade mit etwas Reife.

Hallo Björn,

der ist auch im Preisbereich des Rings-Portugieser.

Unabhängig davon, wieviel Reife vertragen denn ambitionierte deutsche bzw. pfälzer Portugieser Eurer Meinung nach? Da ich noch nicht so lange dabei bin, hatte ich die immer nur jung im Glas.

Mir ist übrigens auch noch ein Portugieser vom Weingut Stern (Hochstatt) eingefallen, den ich mal aus der offenen Flasche in einem Restaurant hatte. Der war erstaunlich schnell hinüber, ich weiß aber auch nicht, wie lang die Flasche schon auf war. Sonst war er gut trinkbar, sicher aber kein Vergleich zu den anderen genannten.
Es wird jedenfalls noch eine ganze Reihe solcher Weine geben.

Viele Grüße...
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Thomas Riedl

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Re: Hochwertige dtsch. Rotweine von (ur-)alten Portugieserre

BeitragSo 2. Apr 2017, 11:58

Am 4.2.2017 präsentierte ich in Bonn eine Probe zum Thema "Hochwertige deutsche Rotweine von (ur-)alten Portugieserreben".

Da es so eine Probe meines Wissens noch nie zuvor gegeben hat, möchte ich hier im Detail darüber berichten.

Die Vorgeschichte
Auf das Thema gekommen war ich über mein langjähriges Interesse für die letzten, noch überwiegend wurzelechten gemischten Sätze, historische Rebsorten und die Entwicklung des Rebsortenbestandes in Deutschland seit dem Hochmittelalter. Da stolpert man zwangsläufig über den Blauen Portugieser, denn er wurde schon vor den eingeschleppten Pilzinfektionen und der Reblausinvasion angebaut.

Jahrzehntelang wurde in der Literatur wieder und wieder kolportiert, dass der Blaue Portugieser aus Portugal stamme. Erst seit dem Sommer 2016 ist wissenschaftlich geklärt, dass die Sorte ein um ca. 1750 zufällig entstandenes Kind von Grüner Silvaner x Schwarze Zimmettraube ist und aus dem heutigen Slowenien, der ehemaligen Untersteiermark stammt. Diese Erkenntnis (und viele weitere) verdanken wir der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit europäischer Ampelographen und Wissenschaftler in mehreren Rebsortimenten. Das kann man in Anbetracht der wieder erstarkenden, hirnlosen Nationalismen nicht genug hervorheben.

Erstmals erwähnt wurde der Blaue Portugieser um 1770 als der Graf von Fries die Sorte bei Bad Vöslau anpflanzte. Aus Österreich eingeführt wurde die Rotweinrebe um das Jahr 1800 erstmals in der Gegend um Bad Dürkheim angebaut. Maßgeblich beteiligt an seiner Verbreitung innerhalb der deutschen Staaten ab 1840 war der Apotheker und Weinbaupionier Johann Philipp Bronner. Er übernahm die Erhaltungszüchtung. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts verdrängte die bei den Winzern sofort begehrte neue Sorte viele degenerierte alte Rebbestände aus roten Sorten wie Früh- und Spätburgunder, Möhrchen, Gelbhölzer und Trollinger.
Auf diese Weise wurde der Blaue Portugieser zur einer der Rebsorten, die dem Weinbau in Deutschland im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert dank ihrer Ertragsstärke und Anspruchslosigkeit gegenüber Lage und Boden das Überleben sicherten.

Nachdem sich viele Winzer in den 1970er Jahren schon vom Blauen Portugieser verabschiedet hatten, nahm die deutsche Anbaufläche im nachfolgenden Jahrzehnt aufgrund des Rotweinbooms wieder zu. Zu Beginn der 1990er Jahren hatte sich die Anbaufläche zunächst stabilisiert, danach schrumpfte sie. 1999 waren noch 4.880 Hektar mit Blauem Portugieser bestockt. Bis 2001 wuchs die Rebfläche geringfügig auf 5039 Hektar, nimmt seither aber kontinuierlich ab. 2009 gab es nur noch 4.203 Hektar, 2012 3.825 Hektar, 2013 3.653 Hektar und 2014 nur noch 3.469 Hektar.
Seit 2010 steht der Blaue Portugieser nach Riesling, Blauem Spätburgunder, Müller-Thurgau, Dornfelder, Grauburgunder, Grünem Silvaner und Weißburgunder national auf Platz 8 der Rebsortenrangliste. Der Blaue Portugieser war hinsichtlich der Anbaufläche mit gehörigem Abstand auf den Spätburgunder lange Jahre die zweitwichtigste Rotweinsorte in Deutschland. In den 1990er Jahren wurde er durch die Expansion des Dornfelders bis in die Gegenwart von diesem Platz verdrängt. Hauptanbaugebiete sind nach wie vor die Pfalz und Rheinhessen mit großem Abstand zu den übrigen Regionen.

Manche Experten meinen, der Blaue Portugieser werde auf absehbare Zeit ganz aus dem Weinbau verschwinden. Die Sorte erlangt selten ein Mostgewicht von mehr als 80° Oechsle, ergibt keine farbstarken Weine und hat aufgrund der dünnen Beerenhaut große Probleme mit dem Klimawandel und der Kirschessigfliege. Um qualitativ hochwertige Weine zu erzeugen, ist arbeitsintensive Ertragsreduzierung erforderlich. Die meisten Konsumenten kennen vom Blauen Portugieser deshalb nur magere, blasse und allzu oft auch noch halbtrockene Literrotweine oder Weißherbste, wie sie auf Weinfesten ausgeschenkt werden und in „Schnitzelschmieden“, deren Küche und Service in den 1970er Jahren steckengeblieben sind. Weiß oder rot? Trocken oder lieblich? Grauenhaft!

Das ging mir lange nicht anders. Der erste ernstzunehmende Rotwein aus Portugieser kam mir 2011 ins Glas. Damals hatte ich beim Meckenheimer Weingut Braun Blauen Gänsfüßer gekauft und als „Beifang“ aus purer Neugier den wunderbaren 2009er „Anno 1951“ erworben, einen im Tonneaux ausgebauten Portugieser von Reben aus dem etikettierten Pflanzjahr. 2014 begegnete mir dann in der letzten offiziellen Probe der Bonner Weinrunde der Portugieser „Alte Reben“ von Markus Schneider aus dem Jahrgang 2010. Auch das war ein toller Wein!

Daraufhin habe ich etwa eineinhalb Jahre recherchiert, um hochwertige trockene Rotweine von (ur-)alten Portugieserreben zu identifizieren und zu sammeln. Das war mühsam, denn es gibt kein Referenzwerk zur Rebsorte und der Begriff „Alte Reben“ wird bekanntlich uneinheitlich genutzt. Aber Suchmaschinen sind ja dazu da, sie zum Glühen zu bringen…
Schließlich hatte ich 108 deutsche Rotweine aus Blauem Portugieser von 67 Winzerinnen und Winzern gefunden, die von „alten“ Reben stammen. Unter diesen Weinen gibt es aufgrund der Jahrgänge, infolge unterschiedlicher Vinifikationsmethoden und natürlich auch infolge unterschiedlichen Könnens der Winzer erhebliche Stilunterschiede. Das spiegeln schon die Analysewerte. Der Alkoholgehalt variiert bei diesen 108 Weinen zwischen 11,7 - 14,5% Vol. Die allermeisten Portugieser, die mehr als 12% Vol. haben, sind angereichert. Das höchste mir bekannte Mostgewicht lag bei 94°Oechsle.
Der Restzucker variiert zwischen 0,0 – 5,7 g/l und die Gesamtsäure zwischen 3,6 und 6,5 g/l. Hier möchte ich darauf hinweisen, dass ich Weine aus aufgesäuerten Mosten von vorne herein ausgeschlossen hatte.
Wahre Welten liegen zwischen den Verkaufspreisen. Der billigste Rotwein aus „alten Reben“ kostet 4.60 €, für den teuersten muss der interessierte Kunde 59.00 € hinlegen.

Die Probe
Um ein repräsentatives line-up zu schaffen, habe ich vorrangig die Weine von den ältesten Parzellen Deutschlands angestellt, in zweiter Linie wollte ich Weine aus möglichst vielen Anbaugebieten dabei haben und auch einige gereifte Weine.
Die Reihung der 14 angestellten Weine erfolgte nach aufsteigendem Alkoholgehalt bzw. Restzucker. Alle Weine wurden zuvor gut belüftet und blind in Karaffen serviert.

Um es gleich vorwegzunehmen: Am Ende herrschte große Überraschung. Niemand hatte solch ein Qualitätsniveau erwartet. Auch in der Runde kannten die meisten nur die oben schon erwähnten Zechweine und hatten dem Blauen Portugieser deshalb nie weitere Aufmerksamkeit geschenkt. Unter den Probenteilnehmern waren übrigens auch zwei gelernte Winzer und ein Weinfachhändler.

Kritisch gesehen wurde allerdings mit wenigen Ausnahmen eine Anreicherung auf einen Alkoholgehalt von über 13% Vol. und der Einsatz von neuen Barriques, weil beides zusammen den Sortentypus völlig verdeckt und einen letztlich austauschbaren internationalen Stil bewirkt. Der aber ist - aus Konsumentensicht - mit anderen Rebsorten u.U. günstiger zu haben. Auch von den erfahrenen und durchaus ausgabenfreudigen Probanden des Abends zeigte sich niemand bereit, selbst für einen ausgezeichneten Portugieserrotwein mehr als 20 Euro zu bezahlen.

Die Weine und ihre Bewertungen

Nr. 1: 2015 Walporzheimer Portugieser, Qw trocken
Weingut Bier, Walporzheim, Ahr,
7.50 €
A: 11,7% vol., RZ: 1,6 g/l, S: 5,1 g/l, 98 mg/l SO2,
Von vor 1914 im Walporzheimer Pfaffenberg wurzelecht auf Schiefer gepflanzten Reben. Es ist m. W. die zweitälteste noch bewirtschaftete Portugieser-Parzelle Deutschlands. Handlese bei 73°Oe, ca. 80 hl/ha, Entrappung, 14 Tage Maischestandzeit, Vergärung mit Reinzuchthefen, BSA, Ausbau über ein Jahr in alten Barriques. Abfüllung 9/2015
VKN: Bukett von Sauerkirsche, kühl und mineralisch; im Mund anfangs verschlossen, ganz trocken im Antrunk, braucht Luft, dann Sauerkirsche, reife Säure, mittlerer Körper, präsentes aber feines Tannin, gute Balance, mittlerer fruchtiger Abgang. Insgesamt sorten- und gebietstypisch, sollte erst noch zwei Jahre reifen.
12,5-16/20, Ø 14,9. Der Preis-Leistungssieger des Abends!

Nr. 2: 2012 „P“, Portugieser Uralte Reben, Qw trocken
Weinhaus Andreas Durst, Bockenheim, Pfalz,
22.00 €
A: 12% vol., RZ: < 3 g/l, S: ~ 5 g/l
Von 1928 im Kindenheimer Vogelsang wurzelecht gepflanzten Reben, die vermutlich aus einer württembergischen "Selection Massale" stammen. Enthalten sind 10% Lembergerreben und 2 Sylvanerstöcke. Spontanvergärung in offener Bütte, Ausbau in mehrfach belegten französischen Barriques. Gault Millau: 87/100
VKN: In der Nase dezente Honignote, Brombeere, dunkle Schokolade, mit viel Luft Noten von Portwein; im Mund Mon Cheri aber ohne alkoholische Wärme oder Schärfe, schöne Extraktsüße, die die Säure puffert, Bitterschokolade am Gaumen, süßer Kern, guter Abgang, auf dem Punkt.
12-15,5/20, Ø 14,65

Nr. 3: 2011 Alte Reben, Portugieser QbA trocken
Weingut Jürgen Hartmetz, Kindenheim, Pfalz,
freundliche Spende von Herrn Hartmetz
A: 12% vol., RZ: 1,3 g/l, S: 4,3 g/l
Ein interessanter Vergleich mit Wein Nr. 2, denn er stammt aus der gleichen Parzelle. J. Hartmetz baut nur noch Trauben an und verkauft die Portugieserernte seit 2012 an Andreas Durst.
Handlese mit 80° Oe, Anreicherung auf 102-104 g/l, Spontangärung in offener Holzbütte, Ausbau in 150 Jahre altem 600 Liter-Fass (Halbfuder), BSA, fast ein Jahr Fasslagerung auf der Hefe, Abfüllung ohne Filtration, Schönung mit Eiklar, ohne Süßreserve trocken abgefüllt.
VKN: Zunächst gedecktes Bukett, mit Luft Noten von Brombeeren und Trockenpilzen, etwas dumpf; im Mund Kirschfrucht, feines Tannin, wirkt anfangs etwas gezehrt, schlanker Körper. Der Wein hatte zu wenig Luft, gewinnt nämlich am zweiten Tag deutlich an Ausdruck und Balance! Dann dezente Portweinnote, Schokolade und Kirsche, sortentypisch und guter Abgang.
12-15/20, Ø 13,5

Nr. 4: 2015 Karsdorfer Hohe Gräte, Portugieser QbA trocken
Weingut Johannes Beyer, Dorndorf, Saale-Unstrut,
8.50 €
A: 12,5% vol., RZ: 0,3 g/l, S: 3,8 g/l
Von teilweise schon 1939, überwiegend aber 1955 auf Muschelkalk gepflanzten Reben, Handlese, 50 hl/ha, bis zu 50% Saftabzug, Vergärung im offenen Maischebottich mit manuellem Untertauchen des Tresterhutes, Pressung in 150 Jahre alter Korbpresse mit 200 Litern Fassungsvermögen, Ausbau mindestens neun Monate in gebrauchten Barriques, Filtration je nach Verlauf des BSA.
VKN: Klares Bukett von Johannisbeere und Pflaume, anfangs etwas dropsig; im Antrunk knochentrocken, saftige Säure, mittlerer Körper, wieder Johannisbeere, Sauerkirsche, reifes und feines Tannin, gute Balance aller Elemente und guter fruchtbetonter Abgang, sortentypisch. Darf noch ein bis zwei Jahre liegen. Sehr gutes PLV!
13-16,25/20, Ø 15,37

Nr. 5: 2013 Erlenbacher Hochberg, Portugieser „BF“ QbA trocken
Weingut Waigand, Erlenbach, Churfranken,
10.50 €
A: 12,5% vol. RZ: 0,5 g/l, S 4,6 g/l
Die Reben wurden 1966 und 1968 auf Buntsandstein gepflanzt. Handlese, offene Maischegärung, BSA, sechs Monate Reifung in neuen Barriques. Silbermedaille Fränkische Weinprämierung.
VKN: Schöne Nase nach reifen Himbeeren und Rhabarberkompott, etwas Röstkaffee, mit Luft heller Zigarrentabak; ganz trocken im Antrunk, gute Extraktsüße, Himbeere, Kräuter, wirkt im Mund filigran, samtweiche Tannine, gute Länge mit erneuten Tabaknoten. Hat noch 3-4 Jahre Zeit.
14-16/20, Ø 15,5

Nr. 6: 2013 Ingelheimer Portugieser, Qw trocken
Weingut Lunkenheimer-Lager, Ingelheim, Rheinhessen,
8.20 €
A: 13% vol., RZ: 0,4 g/l, S: 5,2 g/l
Von 1921 wurzelecht gepflanzten Reben. Dies ist die älteste Portugieser-Parzelle in Rheinhessen und die drittälteste des Landes. Handlese mit 77° Oe, Anreicherung, je nach Jahrgang nur 300 – 600 Liter Most, Ausbau in alten Holzfässern, Abfüllung ohne Schönung und mit einer Schichtenfilterung.
VKN: Zarte, florale Nase mit dezenten Pfeffernoten, sortentypisch; im Mund feingliedrig, ganz trocken im Antrunk, gemüsige Noten, reifes Tannin, ungeschminkte Sortentypizität, aber etwas rustikal und recht kurz. Trinken.
12-16/20, Ø 14,55

Nr. 7: 2011 Löwenberg, Portugieser QbA trocken –Wurzelecht
Weingut Runkel, Bechtheim, Rheinhessen,
28.00 € (ausverkauft)
A: 13% vol., RZ: 0,1 g/l, S: 4,4 g/l
Von einer 565 qm kleinen, um 1930 im Bechtheimer Hasensprung gesetzten Parzelle. Sie wird seit 2010 ökologisch gepflegt. Völlige Entlaubung in der Traubenzone, Entfernung fauler Trauben zwei Wochen vor der Handlese am 03.10.2011, 40 hl/ha, Entrappung und offene Spontanvergärung über 3 Wochen, Unterstoßen des Maischehutes dreimal täglich mit der Hand, Ausbau in genau einem Barrique 4. Belegung, Abfüllung nach 18 Monaten. Gault Millau 84/100, W+ 84/100
VKN: Recht expressives Bukett von Milchschokolade, Vanille und roter Grütze, darin nicht sortentypisch; am Gaumen weich und samtig, dicht und extraktreich, wieder rote Grütze, sehr schön balanciert, gute Länge mit tabakigen Noten. Internationaler Stil, jetzt trinken.
13-16/20, Ø 14,85

Nr. 8: 2014 Goldberg, Portugieser Qw trocken
Weingut Stauffer, Flomborn, Rheinhessen,
10.80 €
A: 13% vol., RZ: 4,4 g/l, S: 5,8 g/l
Die wurzelechte Parzelle wurde 1933 gepflanzt. Handlese am 10.10.2014, 17 hl/ha, offene Maischegärung mit Reinzuchthefe über 14 Tage, dann eine weitere Woche Mazeration, 24 Std. Absetzung nach Pressung, ungeschwefelte Einlagerung mit viel Feinhefe in zwei französischen Barriques 3. - 4. Belegung, mit spontanem BSA, gelegentlicher Batonnâge und Beifüllen bis 8/2015, dann erste Schwfelung und weitere acht Monate Fassreifung, Abfüllung der 540 Flaschen 5/2016.
VKN: Bukett mit Noten von Gemüse, Vanilleschote, Preiselbeerkompott und kaltem Rauch; im Mund zwar deutlich mehr Restsüße als bei den vorherigen Weinen, sie passt aber. Noten von Milchschokolade und Marachino-Kirschen, seidig-weiches Tannin, viel Extrakt, in sich völlig entspannt, schöne Länge. Weitere 3 Jahre sind kein Thema.
15-16,5/20, Ø 15,72, Platz 3 und ein unbedingter Kauftipp!

Nr. 9: 2012 Assmannshäuser Höllenberg, Blauer Portugieser, Alte Reben, QbA trocken
Weingut P. & P. König, Rüdesheim / Assmannshausen, Rheingau,
12.00 €
A: 13% vol., RZ: 3 g/l, S: 5 g/l
Von den ältesten, 1959 auf Phylittverwitterungsschiefer gepflanzten Portugieserreben im Rheingau. Handlese bei 82° Oe, Anreicherung, BSA, 16 Monate Ausbau in französischen Barriques mittlerer Toastung.
VKN: Würzige Nase, die an Korianderkörner und Curry erinnert, Sattelleder, leichte Uhu-Noten; im Mund Himbeere, präsente Säure, Spannung, es fehlt aber ein wenig Extrakt, insgesamt kurz und nicht ganz harmonisch. Trinken!
12-17/20, Ø 14,45

Nr. 10: 2014 Alfred C, Portugieser QbA trocken
Weingut Deutzerhof, Mayschoß, Ahr,
19.00 €
A: 13,5% vol., RZ: < 3 g/l, S: > 5 g/l,
Von zwei im Jahre 1927 noch wurzelecht auf Schiefer gepflanzten Parzellen, Handlese bei ca. 80° Oe, temperaturkontrollierte, offene Maischegärung, Unterstoßen des Maischekuchen alle 4 Stunden, Ausbau über neun Monate in einem gebrauchten Barrique, Trinkreife nach 1 – 2 Jahren, Reifungsfähigkeit laut Kellermeister 10 Jahre.
VKN: Verschlossenes aber sortentypisches Bukett mit Noten von roten Früchten, Koriander und Orangenschale; wirkt im Mund trocken, noch ruppig, viel Säurespiel, präsentes Tannin, etwas grün, viel zu jung. Muss reifen und sich runden.
12-15/20, Ø 14,2

Nr. 11: 2012 Urbulle, Portugieser QbA trocken
Weingut Metzger, Grünstadt-Asselheim, Pfalz,
18.90 €
A: 13% vol., RZ: 0,9 g/l, S: 4,0 g/l
Von der ältesten, 1910 wurzelecht gepflanzten Portugieser-Parzelle Deutschlands im Bockenheimer Vogelsang. Ein Muss für diese Probe! Handlese, sehr niedriger Ertrag, offene Maischegärung, Ausbau in neuen Barriques.
VKN: Komplexes Bukett von Cassis, Granatapfel und Zitrusschale, wirkt darin frisch; im Antrunk trocken, im Mund leider etwas wärmend, Kaffeenoten, das Tannin wirkt trocknend, gewinnt leider nicht mit Luft, eher kurz. Zu jung?
13-15/20, Ø 14,2

Nr. 12: 2012 Portugieser Réserve, QbA trocken
Weingut Rings, Freinsheim, Pfalz,
32.00 €
A: 13,5% vol., RZ: 0,1 g/l, S: 5 g/l
Von 1934 in sandigen Löss mit Sandsteineinlagen und Kies wurzelecht gesetzten Reben; Handlese am 28.9.2012 bei 92°Oe, 30 hl/ha, offene Vergärung Holzbottichen, 22 Monate Ausbau in 70 % neuen und 30 % gebrauchten Barriques aus Pfälzer und französischer Eiche, unfiltrierte Abfüllung. Gault Millau 2013: 90/100, Eichelmann: 90/100, Gewinner des Deutschen Rotweinpreises der Zeitschrift VINUM 2015 in der Kategorie „Unterschätzte Sorten“.
VKN: Sehr dunkle Farbe; expressives, burgundisch anmutendes Bukett von reifer Himbeere, Brombeere, Milchschokolade, erinnert an einen guten Pommard, wirklich schön aber darin nicht sortentypisch; im Mund viel Kraft, reife dunkle Früchte, Fleischbrühe, saftige, reife Säure, starke Extraktdichte, guter Körper, feines reifes Tannin, schöne Länge. Ein Maul voll Wein, auch nach drei Tagen in der geöffneten Flasche völlig präsent; kann 10 Jahre reifen.
13,5-17/20, Ø 15,65

Nr. 13: 2011 Einzelstück, Portugieser QbA trocken
Markus Schneider, Ellerstadt, Pfalz,
29.00 €
A: 13,9% vol., RZ: 2,8 g/l, S: 4,8 g/l
Von Ende der 1920er Jahre in der Ellerstadter Feldmark wurzelechte gepflanzten Reben. Handlese mit 94° Oechsle, traditionelle Maischegärung im Holzbottich mit anschließender Standzeit von 3 Wochen, schonende Pressung unter geringem Druck, keine Schönung, Lagerung in gebrauchten Tonneaux aus französischer Eiche. Gault Millau 86/100, Falstaff 90/100
VKN: Wieder sehr dunkle Farbe, komplexes Bukett mit Noten von Rauch, rotem Paprika, Süßkirsche, Leder, retronasal auch Vanille; im Mund trocken im Antrunk, viel Extraktsüße, schöner Körper, samtiges Tannin, alles bestens balanciert, schöne Länge. Wirkt international. Idealer Trinkzeitpunkt.
14-17,5 /20, Ø 16,3, Platz 2 der Probe

Nr. 14: 2009 „Anno 1951“, Portugieser QbA trocken
Weingut Braun, Meckenheim, Pfalz, 15.00 €
(ausverkauft)
A: 14% vol., RZ: 0,8 g/l, S: 4,8 g/l
Von 1951 im Meckenheimer Spielberg gepflanzten Propfreben; Handlese bei 90° Oechsle, offene Maischegärung, 18 Monate Ausbau im Tonneau, Abfüllung 5/2011. Gault Millau 2011: Bester Portugieser Deutschlands, Landesprämierung RLP 2011: Goldmedaille, Premium Select Wine Challenge 2011: **** (Gold)
VKN: Sehr dunkle Farbe, leicht wärmende Nase mit Noten von Veilchen, Holundersaft und Vanille; im Mund trocken im Antrunk, deutliche Extraktsüße, komplexe Noten von Pflaume, Zimt und Sternanis, reife Säure, präsentes aber samtiges Tannin, schöne Länge, insgesamt sehr gut balanciert und sortentypisch. Idealer Trinkzeitpunkt.
15,5-17/20, Ø 16,45, Platz 1 und Sieger des Abends!


Bedanken möchte ich mich abschließend für die bereitwilligen Antworten der Winzerinnen, Winzer und Fachleute auf all meine Fragen. Sie haben es mir überhaupt ermöglicht, diese Probe auszuarbeiten.
Und mein besonders herzlicher Dank gilt den Winzerinnen und Winzern, die noch alte Portugieserreben pflegen und aus ihre Trauben so schöne Weine gewinnen. Sie bereiten uns Freude!

Thomas Riedl

Wein ist ein politisches Getränk.
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olifant

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Re: Portugieser

BeitragSo 2. Apr 2017, 13:00

Danke für die äusserst interessanten Ausführungen und Notizen!
Grüsse

Ralf

Die Zukunft war früher auch besser.
Karl Valentin
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