Do 8. Mär 2012, 10:19
Hallo alle zusammen,
heute mal was Bekanntes, aber (vielleicht) Ungewöhnliches. Aus berechtigtem Anlass kann ich mir mein sinnfreies Weingefasel über Produzent und Herkunft des Pinots sparen. Ich nehme mal ganz fest an, dass diese super sympathische famiglia allerseits bekannt ist. Anzumerken sei nur, dass es sich bei diesem Wein nicht um den wesentlich bekannteren Pomino Rosso handelt, den ich schon des Öfteren verkosten konnte – nie mochte, sondern um einen laut Webseite 100%igen Pinot Nero. An anderer Stelle wird aus ihm auch mal ein 95%iger Pinot Nero mit einem kleinen Rest Sangiovese. Nun gut, was soll’s. Ich muss zugeben, dass ich mir mal nicht ganz sicher bin wie lange es einen reinsortigen, oder fast reinsortigen, Pinot Nero aus dem Hause Frescobaldi schon gibt. Gekannt habe ich ihn nicht. Im Verbund mit diesem Toskaner habe ich mir noch den Südtiroler Blauburgunder 2005 von Ignaz Niedrist zugeführt.
Marchesi de Frescobaldi, Castello di Pomino Pinot Nero 2008, Pomino DOC, ToscanaDer Wein hat ein sehr frisch anmutendes, klares und sattes Dunkelrot. Soweit noch ziemlich das was man von einem Pinot Noir aus Einerleihausen so erwarten würde. Bei der Nase wird die Geschichte schon etwas außergewöhnlicher. Zunächst kann ich viele dunkle, frische wie getrocknete, Kirschen aufschnappen. Daneben zeigen sich kräftige Düfte die an frisch gemahlenen Kaffee, Champignon Antipasti, etwas dunkle Schokolade und ein ganz ein wenig an Wacholder erinnern. Einen Hauch von tierischen Ausdünstungen möchte ich auch nicht unterschlagen. Bis jetzt eigentlich ein ungewöhnlicher, aber spannender, Pinot Nero. Beim Geschmack wird schnell klar, dass der Wein sicher ein bis zwei Jahre zu jung ist. Äußerst viel Säure und herbes Tannin machen sich bemerkbar. Dennoch kommt mir diese grobe Stilrichtung, die auch nach weiterer Flaschenreife nicht komplett verschwindet, bekannt vor. Es scheint mir schon fast eine gewisse toskanische Eigenschaft zu sein. Dazu aber später mehr. Neben diesen jugendlichen Eigenschaften des Weines schmecke ich kräftige Aromen von dunklen Kirschen, hier und da Heidelbeeren, viel Herbstlaub, ebenfalls den einen oder anderen Pilz, leider auch nicht wenige Rosinenaromen und weitere, etwas diffuse, dunkle würzige Aromen. Der Körper ist keinesfalls sehr aufgepumpt oder muskulös. Wahrscheinlich wie ein Langstreckenläufer durchtrainiert. Sicher nicht dünn oder schwachbrüstig. Zusammengefasst meine ich einen guten WEIN vor mir zu haben. Doch lässt mich der Eindruck nicht los, mir nicht sicher zu sein aus welcher Rebsorte dieser ist. Es gibt sicherlich so einige „typische“ Pinot Eigenschaften, doch in einer Blindverkostung hätte ich auf einen normalbeleibten Chianti Classico getippt. Zumindest war der Wein spannender als ich gedacht habe. Doch bitte mindestens 1 Jahr mit dem Genuss warten. Die Säure ist schon ziemlich derb.
Wie schon eben angedroht, erscheint mir der Frescobaldi von seiner Typizität her den Pinot Neri von Marcese Pancrazzi und Fontodi ziemlich ähnlich zu sein. Ziemlich ruppig, sehr säurig, nicht gerade ein Gaumenschmeichler und was allgemeine Annahmen einer möglichen Rebsortentypizität, wenn es so was geben sollte, nicht sonderlich stark an Pinot Noir erinnert. Eher viel mehr an einen Sangiovese + was Leichtes-Fruchtiges. Dennoch empfand ich diesen Pinot Nero wesentlich gelungener als die Weine der schon erwähnten Produzenten. Welche nebenbei bemerkt auch noch Einiges mehr kosten. Vor allem die Weine des toskanischen Pinot Spezialisten Pancrazzi machen mich noch Jahre nach Verkostung leicht aggressiv. Wie auch immer, heute ist keine Zeit für Nachtreten. Im Vergleich zum Niedrist Blauburgunder 2005 zeigen sich dennoch so einige Schwächen beim Frescobaldi. Der Niedrist ist etwas eleganter, die Säure ausgewogener, die Frucht weniger gestresst und alles in allem wesentlich vielschichtiger. Wobei ich erwähnen sollte, dass dieser Pinot von Niedrist mein Herz ebenfalls nicht zum rasen gebracht hat. Es war sicher einer der schwächsten „hochpreisigen“ Südtiroler Pinots, wobei ich befürchte viel zu viel dafür gezahlt zu haben (ca. 25 Euro), die ich je verkosten habe.
http://wine-zeit.blogspot.com/2012/03/c ... baldi.htmlViele Grüsse
Chris
PS: Hat von euch jemand Erfahrungen mit toskanischen oder umbrischen Pinot Neri? Was denkt ihr darüber?
@thvins: Gute Idee, dürfen wir nicht aus den Augen verlieren