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Pinot weit weg

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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragMi 7. Jan 2015, 12:29

Hallo zusammen,

der „Pinot weit weg“ Start ins neue Jahr muss erfahrungsgemäß mit einem Oregon Pinot vollzogen werden! Erst vor wenigen Monaten konnte ich meinen ersten Wein von Brooks verkosten. Da war es noch Riesling. Heute soll es dem noch sehr jungen Janus Pinot Noir 2011 an den Korken gehen. Bei dem Janus handelt es sich um einen Verschnitt aus Einzellagen (en detail: 66% Brooks Estate Vineyard, 21% Muska Vineyard, 10% Sunny Mountain Vineyard und 3% Momtazi Vineyard) die über das Willamette Valley verstreut sind. Der Janus - immerhin der Römische Gott der Balance sowie des Neubeginns, des Endes und des Anfangs - soll laut Brooks Webseite „The ultimate expression of Pinot Noir! Janus is our flagship...the richest, most vibrant and intense blend that we produce“ darstellen. Insbesondere was die göttliche, und bei Pinot Noir nie zu unterschätzende, Eigenschaft der Balance betrifft, zeigte der Janus vielversprechende Qualitäten. Auch was die wein'igen Beschreibungen „vibrant“ und „intense“ angeht bin ich bei der Aussage durchaus dabei. Die Beschreibung „rich(est)“, naja, die kann ich nicht ganz nachvollziehen, da ich zum einen keine anderen Brooks Pinots kenne und zum anderen mir dieser Janus glücklicherweise aber überhaupt nicht rich vorkam. Aber genug der unheilvollen Vorwegnehmungen! Jetzt gibt’s den ersten „Pinot weit weg“ im Jahr 2015 …

Brooks Winery Janus Pinot Noir 2011, Willamette Valley

http://wine-zeit.blogspot.de/2015/01/br ... -2011.html

Die Farbe des Janus war transparent, leicht, „flockig“ und zeigte sonst durchaus auch so manchen klaren Reflex. Trotz aller visuellen Leichtigkeit erwies sich dieser Janus als nicht der aller hellste. Ein zur Farbintensivität neigendes Rubinrot, trotz aller offensichtlicher Transparenz, dürfte meinen Eindruck wohl am besten wiedergeben. Seine Nase berstete nur so vor lebendig wirkenden Himbeeren. Diese wirkten eindeutig reif, vielleicht etwas sehr sonnenverwöhnt, und dennoch erstaunlich kühl. Neben der intensiven Himbeerprägung zeigte sich auch eine stattliche Verwöhnung von Hagebutten(tee), eine Spur Limettensaft, eine (vermutlich) eingebildete Idee an Panna Cotta, eine gewisse gekühlte veilchenlastige Blumigkeit, etwas getrocknetes Heu und noch sehr verhalten wirkendes Unterholz. Auch am Gaumen wirkte der Janus sehr lebendig, intensiv (insbesondere bei 12,2 % Alkohol) und zuweilen mir noch eine Spur zu fruchtbetont. Trotz dem „fruchtbetonten ... zuweilen“ präsentierte sich diese Frucht nicht als überbordend angeberisch oder gar hitzig. Die Fruchtaromen sollte ich wohl am treffenden als ein Potpourri an Waldbeeren mit starker Neigung zum himbeerigen Überhang beschreiben. Die Hagebutte spielte im Hintergrund ihr eigenes zurückgezogenes Spiel. Neben den erwähnten fruchtigen Aromen konnte ich einige in ihrer Strukturbeeinflussung etwas hölzern wirkende Ausbauverwöhnungen, eine Spur weißer Schokolade und das eine oder andere getrocknete Laubblatt erschmecken. Der komplexeste Pinot Noir war der Janus sicherlich nicht. Doch seine intensive lebendige Saftigkeit, seine sehr schlanke Figur und sein bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht erwähnte, aber durchaus erwähnenswerte, durchaus langer Abgang, sowie die sehr balancierte Säure, vermochten es mich zu überzeugen. Bei der Einordnung in meine alt(un)bewährten Bewertungskategorien tu ich mir etwas schwer. Ein "Zwischenstatus" im Bereich gut (+) bis sehr gut (++) dürfte momentan den Nagel am besten neben den Kopf treffen. Ach ja, "Zwischenstatus" deshalb: in diesem Janus mag noch die eine oder andere Spur an Evo versteckt sein.

Besten Gruss und Frohes Neues Jahr (etwas spät)!!!

Chris

PS: Welcher war denn euer letzter "Pinot weit weg" und wie hat er euch gefallen?
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olifant

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Re: Pinot weit weg

BeitragDi 13. Jan 2015, 11:48

Hallo Chris,

für dich mal wieder ergänzend Pinot Nero - nicht ganz so weit weg ... aus Südtirol, Hofstätters Crozzol von der östl. Talseite des südl. Unterlandes, oberhalb Buchholz, knapp an der Grenze zum Trentino, Niedrist von Girlaner Lagen der westl. Talseite des Mitterbergs (Oberland)

Crozzol Pinot Nero 2008, Hofstätter - Tramin, Bio - Einzellagenwein

dunkles transparentes Kirschrot mit Randaufhellung; Waldbeeren, Hagebutte, etwas Mineralik und Weihrauch; am Gaumen dichte saftige aromatische eher dunkle Frucht (Waldbeeren, Hagebutte, Schlehe), dazu wiederum gewisse Mineralik und leichte Gewürz-/Weihrauchanklänge, reifes geschmeidiges fast seidiges Tannin, gepaart mit perfekt ausbalanzierter Säure, sehr geschmeidig, tief und aromatisch, gewisses 'Feuer', angenehmer Trinkfluss; langer Abgang korrespondierend zum Gaumen, aromatischer Hachhall auf Frucht und Gewürz - 17-17,5/20 op

In der jetzigen Phase unglaublich aromatische Frucht ohne letzlich aufdringlich zu sein, nächste Flasche vllt. in 3 Jahren - wird noch lange Spass machen und dabei lässt der Wein auf angenehme Tertiäraromatik hoffen.
Leider letzter Jahrgang, da nicht mehr in der Pacht der Hofstätters - ich werde den Wein vermissen.


Pinot Nero 2009, Ignaz Niedrist - Girlan

sehr dunkles transparentes Kirschrot; Kirschen, Waldbeeren, Gewürznoten, etwas trockenes Unterholz; am Gaumen gutes dichtes Mittelgewicht, eher noch zurückhaltende Kirsch- und Waldbeerenfrucht, stimmige Gewürz- und Waldnoten, gewisse 'saubere' mineralische Noten im Hintergrund, straffes reifes feines Tannin, sehr angenehm integrierte Säure, straffe Struktur, ausgewogen, angenehme Tiefe und Trinkfluss; langer balanzierter Abgang korrespondierend zum Gaumen auf Frucht/Gewürz/feines Tannin 17(+)/20 op

Ein eher straffer und exakt definierter Wein, noch am Anfang seiner Entwicklung - vermutlich ein Langläufer, macht aber auch jetzt schon viel Freude.
Grüsse

Ralf

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Karl Valentin
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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragDi 13. Jan 2015, 17:40

Hallo Ralf,

danke für ein paar weitere Italiener! Auch danke für die Info, dass es den Crozzol ab 2009 nicht mehr geben wird. Die Info ist an mir vorbeigeschliddert. An den wenigen Gelegenheiten an denen ich den verkosten konnte, empfand ich ihn immer als einen sehr soliden, saftigen, mir ein Hauch etwas zu weichen und ausgeglichenen Pinot. Gefallen hat er mir dennoch immer. Was den Niedrist betrifft. Da hab ich ja hier irgendwann mal im Forum auch von einem sehr jungen (zu jungen) berichtet. Ich denke auch, dass er mindestens ein Halbmarathonläufer ;-) sein dürfte.

Demnächst gibt es bei mir auch wieder einen Italiener. Von etwas weiter weg ;) . Aus dem schönen Sizilien. Mal schaun wie er sein wird!? Kann mir wenig darunter vorstellen. Ist ein Wein von nem Großerzeuger der nicht immer die allerbesten Besprechungen bekommt. Trotzdem bin ich mal gespannt ;-)

Besten Gruss

Chris
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olifant

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Re: Pinot weit weg

BeitragMi 14. Jan 2015, 10:24

Hallo Chris,

das du den Crozzol als etwas zu weich empfindest mag wohl auch daran liegen, dass hier m.W. stets sehr reif gelesen wurde. Andererseits war/ist dies wohl neben der besonderen Lage auch einer der Gründe dafür, dass dieser Wein sich m. E. ebenfalls aromatisch von anderen Südtiroler Pinots unterschied/unterscheidet. Vllt. bin ich ja inzwischen soweit Italienisiert, dass ich den Verkostungseindruck morbido durchaus hoch schätze. ;) Dennoch war eine Lagerung/Reife von 10+ Jahren für diesen Wein auch nie ein Problem - mangels Masse habe ich den max. Lagerung leider für keinen der 10 Jahrgänge eruieren können, zudem ich diese auch nur lückenhaft kenne.

Apropos Halbmarathonläufer - mal sehen, ob ich dies für den 09 Niedrist verifizieren kann, da ich durch Zufall hiervon ein gutes Dutzend Flaschen zu einem anständigen Preis erwerben konnte. Allerdings macht er 'jung' schon richtig Spass, sodass ich wohl auf ein Zwischentief hoffen muss :lol: .
Nebenbei, wo siehst du die Lagerfähigkeit für Pinots und welche würdest du als Marathon-, bzw. Halbmarathonläufer klassifizieren?
Grüsse

Ralf

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Karl Valentin
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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragMi 14. Jan 2015, 11:41

Hi Ralf,

puuuuuhhhh ganz schwere Frage ;-). So pauschal verallgemeinern kann man das wohl nicht einkategorisieren. Letztlich hängt es meistens in erster Linie von den Erzeugern und ihrer "Komposition", sowie sehr oft auch vom Jahrgang ab).

Vorangestellt sollte ich wahrscheinlich erwähnen, dass ich kein wirklicher Entwicklungsgrenz-Ausreizer bin. Da fehlen mir wahrscheinlich die finanziellen Mittel dazu dies intensiv zu betreiben. Aber sicherlich läuft einem immer wieder der einen oder andere Langstreckenläufer über den weg :). Nun ja, dann beginne ich mal mit meinem Versuch ein wenig die Laufdistanzen zu kategorisieren:

Total pauschal (und natürlich unzureichend) gesehen würde ich sicher Burgunder Pinots stets die längste Laufdistanz zutrauen. Ich hatte schon wirklich sehr einfache Weine aus guten Jahren (1959, 1961, 1962 etc.) aus Villaglagen und sogar Bourgognes, von nicht immer sonderlich berühmten Erzeugern, die mehr als nur passabel dastanden. Natürlich gibt es auch Weine aus dem Burgund die schon in relativer Jugend erschütternd weit waren. Erst letztens einen Carillon St. Aubin 1er 2005 der eigentlich komplett hinüber war. Na gut von dem Erzeuger muss man wahrscheinlich aus nicht unbedingt Pinots trinken ;-). Aber bevor ich abschweife würde ich Burgunder Pinots ganz verallgemeinert im Bereich Doppelmarathon oder Ironman (durchaus 50 Jahre und mehr drin, wobei so eine lange Reifezeit sicher nicht sein muss) sehen. Beispiele aus dem Weinforum oder Blog kann ich leider nicht bieten, da ich mich dazu entschlossen habe nicht über Burgunder schreiben zu wollen.

Was Marathonstrecke (vielleicht 20 bis 30 Jahre) betrifft habe ich auch manche Neuewelt Pinots getrunken die das gut konnten oder potentiell allemal draufhaben sollten. Dabei sehe bei Weinen aus Oregon, Kalifornien und Victoria von guter bis sehr guter Qualität die besten Entwicklungspotentiale. Einige findet man ja auch hier im Thread. Nur als zwei, drei Beispiel aus sehr unterschiedlicher und nicht immer optimaler Lagerung:
http://wine-zeit.blogspot.de/2013/07/do ... -1996.html
http://wine-zeit.blogspot.de/2014/06/ca ... -noir.html
http://wine-zeit.blogspot.de/2014/08/me ... -1997.html

So eine Laufdistanz sollte bei nicht wenigen Italienern, wie an dieser Stelle schon besprochen, auch kein Problem darstellen. Als Beispiel aus noch viel bescheidenerer Lagerung war im letzten Sommer der Castello di Ama 1993 (der mich total überrascht hat, zwar ein Hauch Morbidität - Lagerung war wirklich nicht doll, sprich mehr als 15 Jahre in einem nicht optimal temperierten Weingeschäft)
http://wine-zeit.blogspot.de/2014/07/ca ... no-da.html

Bei einigen Spaniern und Ungarn (kann ich mir nur potentiell vorstellen da ich noch nie was älteres als 9 Jahre getrunken habe - und zu jetztigen Zeitpunkt vielleicht auch nicht möchte, denn vor 20 Jahren war in Ungarn noch nicht so viel los mit guten Pinots ;-), als Beispiel für gutes Potential würde ich den heranziehen: http://wine-zeit.blogspot.de/2014/02/we ... llany.html ) kann ich mir solche Laufdistanzen vermehrt auch ganz gut vorstellen.

Als Halbmarathon würde ich vielleicht so 10 bis 15 Jahre sehen. In die Kategorie fallen natürlich auch viele Burgunder rein, da ich ganz sicher nicht jedem Wein von dort eine Marathonstrecke oder noch mehr zutrauen würde. Ich denke auch das manche guten deutschsprechende Pinots in diese Kategorie reinfallen dürften. Wobei ich wahrscheinlich nicht die Nerven hätte von vielen Erzeugern ihre Spitzenweine 15 Jahre aufzuheben. Da hatte ich doch zu viele Enttäuschungen. Letztlich ist für mich dies persönlich egal, weil ich nicht mehr viele deutsche und österreichische Pinots kaufe (aber trotzdem hin und wieder alte verkoste und Junge ziemlich oft verkoste). Bei so einigen Schweizern sehe ich da mehr Potential.

Alles andere darunter dürften dann Mittelstrecke bis Kurzstrecke (also in etwa 5 bis 10 Jahre) sein. In diese Kategorie dürften wahrscheinlich die meisten Pinots weltweit reinfallen nehme ich an.

Wie man die Pinots einkategorisieren sollte die schon direkt nach Abfüllung langweilig und dröge sind muss ich mir noch überlegen. Vielleicht Rückwärtsläufer ;-)

Mal wieder zuviel geschrieben und nicht annähernd ausführlich genug. Wie schon erwähnt ... schwere Frage ;-)

Besten Gruss

Chris
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olifant

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Re: Pinot weit weg

BeitragMi 14. Jan 2015, 14:20

Hallo Chris,

Dank dafür, dass du dir für diese ausführliche Antwort Zeit genommen hast.

Diese Einordnung finde ich auch für mich ganz hilfreich, zumal wohl viele der von mir gelagerten Weine eher Langstrecke und Halbmarathon, denn Marathon, darstellen. Marathon geht dann für mein Empfinden auch schon in eine deutliche Altwein-Richtung und alles was drüber liegt sowieso.

Aber die Mittelklasse reicht mir in den allermeisten Fällen - für Ottonormalverbraucher sind das eh schon Extreme.
Grüsse

Ralf

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Karl Valentin
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Weinbertl

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Re: Pinot weit weg

BeitragMi 14. Jan 2015, 14:55

Oh Dae-Su hat geschrieben:Beispiele aus dem Weinforum oder Blog kann ich leider nicht bieten, da ich mich dazu entschlossen habe nicht über Burgunder schreiben zu wollen.


hallo Chris,

darf man nach den Gründen fragen?
Grüße
Robert
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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragMi 14. Jan 2015, 15:10

Hallo Ralf und Robert,

@Ralf:

Aber die Mittelklasse reicht mir in den allermeisten Fällen - für Ottonormalverbraucher sind das eh schon Extreme.


Geht mir in den meisten Fällen genauso. Aber Mittelklasse kann auch etwas länger laufen ;-). Wobei ich ja auch kein wirklicher Altweintrinker bin. Mir ist der mittlere Weg am liebsten. Nicht zu alt und schon gar nicht zu jung (nur manchmals wenn es um die Geduld nicht so gut bestellt ist).

@Robert:

Sicher! Zum einen denke ich, dass da schon genug darüber geschrieben (wobei vielleicht nicht so sehr hier im Forum und auch eher weniger in Deutsch) und zum anderen, und wichtiger was mich und meine Entscheidung betrifft, es gibt viel kompetentere Leute die das viel besser können. Ich habe gerade mal ca. 12 Jahre Erfahrung in dem Bereich. Vor diesem Thema habe ich einfach zu viel Respekt! Vielleicht in 10 oder 20 Jahren, wenn ich genügend gebechert habe ;-).

Besten Gruss

Chris
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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragFr 6. Feb 2015, 10:22

Hallo zusammen,

bei solchen Weinen wie heute wünsche ich mir meine kürzlich noch zelebrierte Sehnenscheidenentzündung zurück. Dann "müsste" ich wenigstens nichts zu diesem "Pinot weit weg" schreiben. Aber der Experimentiereifer zwingt mich auch durch dieses schattige Tal. Alleine schon deshalb weil es mein erster mazedonischer Pinot Noir ist. Meine Gelenke, Sehne und Finger möchte ich dennoch nicht all zu sehr strapazieren. Deshalb halte ich mich heute mal (hoffentlich) kurz ...

Stobi Winery Pinot Noir 2012, Tikveš

Die Farbe dieses mazedonischen Pinot Noir erwies sich als erstaunlich dunkel, transparent und sehr strahlend. Seine Nase wirkte relativ kühl, würzig, mentholig (und etwas sehr kratzig alkoholisch), exzessiv rauchig und von der Fruchtseite her sehr von dunklen Beeren (insbesondere Blaubeeren – hat man auch nicht alle Tage in Pinot) geprägt. Alles in allem eine sehr einfach gestrickte, sehr unruhige und was die Rauchigkeit (in Kombination mit dem Menthol) betraf sehr nervende Nase. Am Gaumen zeigte der Stobi Pinot Noir ganz klare rebsortentypische stahltank-orginierende Eigenschaften einfachster Art. Er zeigte viel kühl anmutende Fruchtaromen (Blaubeeren und Cranberries). Reif erschienen mir die beerigen Eindrücke allemal, doch insgesamt wirkten diese Aromen in einem Geflecht von exzessiver Rauchigkeit, nerviger Säure und bitter-brandigem Alkohol auf verlorenem Posten. Dazu kommt noch, dass ich kein großer Blaubeerenthusiast bin. Also alles etwas schwierig für mich ….. Druck am Gaumen oder Länge im Abgang zeigten leider ebenfalls keinerlei Überzeugungspotential. Der Abgang erinnerte zeitweise an einen verdünnten Fernet Branca (bitter, würzig, lakritzig, leicht ledrig). Nur noch viel kürzer und aufgrund der Frucht für mich etwas schwierig zu genießen. Am zweiten Tag. Also gerade eben (ja, soweit geht der Experimentier-Forschungs-Oderwasauchimmer-Eifer :lol: ) zeigten sich keine Verbesserungen. Auffällig war bei diesem Pinot, dass er die ersten 15 bis 20 Minuten einigermaßen noch Hoffnung verströmte. Da wirkte er noch nicht so zerlegt. Nach dieser kurzen Periode schienen die Aromen gewissermaßen auseinander zu driften …

Leider zeigte dieser Wein für mich ganz klare Schwächen (-)-(--). Langsam gebe ich es auf einigermaßen genießbaren Pinot Noir aus Süd-Osteuropa zu suchen. Jenseits von Ungarn, was ja auch nicht sonderlich südöstlich liegt, wurde ich bis jetzt nicht wirklich fündig. Abgesehen von einem aus Moldawien (bzw. Moldau). Mehrheitlich hat es sich sogar andersherum zugetragen. Ich hatte schon ein sehr gutes halbes Dutzend von Pinots die ich an dieser Stelle schon gar nicht erwähnen wollte, weil sie so miserabel waren. Demnach gehörte dieser Mazedonier wohl zu den besseren …

Nächstes Mal wird’s hoffentlich besser!

Besten Gruß

Chris
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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragDi 17. Feb 2015, 10:44

Hallo zusammen,

heute solle es mal wieder etwas "Spätburgunder weit weg" aus Südafrika geben:

Newton Johnson Vineyards Elgin Pinot Noir 2011, Elgin


http://wine-zeit.blogspot.de/2015/02/ne ... pinot.html

...

Die Farbe des Elgin Pinot Noir 2011 erwies sich als sehr transparent und überaus hell. Daneben zeigten sich schon einige visuelle Eindrücke von ziegelroter Orange'igkeit. Leider auch jenseits der Corona. Schon der ersten Naseneindruck macht klar warum ich mich erdreistete im kurzen Einführungstext die Bezeichnung Spätburgunder zu verwenden. Ich will mich ja nicht zu unzulässiger Verallgemeinerungen hinreißen lassen, doch das was ich leider nicht all zu selten - natürlich nicht immer - mit deutschem Spätburgunder in nasaler Hinsicht in Verbindung bringe, sind Attribute wie Räucherspeck respektive Schinken, Karamell, Holzkohle und andere süßlich wirkende holzorientierte Ausdünstungen. Leider wurde die Nase des Elgin Pinot Noir in den ersten Stunden von solchen Eindrücken komplett dominiert. Nach etwa vier Stunden verschwanden diese zwar nicht, doch zumindest vermochten es Anklänge filigraner Erdbeerfrucht sich gegen die Holzübermacht zu stemmen. Nun waren auch gewisse Anmutungen von bäuerlich-ländlich-stroh'igen Zügen und einer schüchterne feinen Erdigkeit erriechbar. Dennoch wollte mir die Nase über den ganzen Verkostungszeitraum von immernhin zweieinhalb Tagen nicht so richtig gefallen.

Am Gaumen war die kräftige Holzprägung und das Speckaroma ebenfalls ziemlich präsent, doch glücklicherweise nicht komplett beherrschend. Kühle und spannungsgeladenen Fruchtaromen - mehrheitlich eher diffuse, hell wirkende Fruchtaromen - konnten für etwas Ablenkung sorgen. Mit fortschreitender Verkostungsdauer wollten sich diese Fruchtaromen nicht auf erwähnenswerte Weise verändern. Möglicherweise zeigten sich am zweiten Tag zurückhaltende Anzeichen von Aromen die an grüne Banane erinnerten. Was meine Zunge betrifft auch nicht wirklich eines dieser Aromen, welches ich in Pinot Noir gerne suche. Seine strukturell sehr leichte und dennoch erstaunlich straffe - und wiederum durchaus nicht ganz unteutonische - Art, gefiel mir wesentlich mehr als seine eigentlichen Aromen. Diese strammen und "fein geschliffenen" strukturellen Indizien in Kombination mit einer lebendigen, wenn auch nicht sonderlich subtil wirkenden, Säure, lassen mich ein wenig auf zu Zukunft hoffen. Wobei ich erwähnen sollte, dass ich es mir nur schwer vorstellen kann, dass die Zeit (und der Reifeverlauf) eine derartig kräftige Holzprägung bei diesem Wein in entsprechender Weise auszubalancieren vermag. Wäre diese meineserachtens untaugliche Holzdominanz mit den damit einhergehenden Erscheinungen nicht so ausgeprägt gewesen, hätte mir dieser Wein sicherlich gefallen können. Da er aber nun mal so war wie er war, dürfte meiner Ansicht nach ein solides so la-la (o) - in erster Linie aufgrund seiner vorteilhaften Struktur - eine vertretbare Bewertung sein. Leider konnte mich dieser lang erwartete Newton-Johnson Pinot nicht sonderlich beeindrucken. Mal sehen wie ein weiterer, vielleicht in einem halben Jahr, aus dem Hemel-en-Aarde Valley sein wird ...

Besten Gruss

Chris
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