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Pinot weit weg

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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragMo 14. Mär 2016, 10:14

Hallo zusammen,

gestern hat es mich nach gar nicht so wenigen Jahren der Abwesenheit endlich mal wieder auf die Prowein verschlagen! Da habe ich mir gedacht: eine gute Gelegenheit viele potentiell interessante „Pinots weit weg“ probieren zu können! Leider, wie nicht selten bei solchen Großmessen, gab es viel Schatten und nur all zu wenige Lichtstrahlen, die sich durch die Wolkendecke der pinot'igen Belanglosigkeit hindurch kämpfen konnten. Meinen sehr kurzen Kurzbericht verlinke ich ausnahmsweise mal nur

http://wine-zeit.blogspot.de/2016/03/pi ... l-ein.html

, da er sowieso fast nur aus dürftig geschossenen Fotos besteht ;-)

Besten Gruss

Chris
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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragSa 7. Mai 2016, 18:20

Hallo zusammen,

heute soll es mal einen Supermarkt & Co. Pinot weit weg geben. Diesen habe ich mir mal vor einiger Zeit aufgrund seiner sehr voneinander abweichenden Einschätzungen im Cellartracker gekauft. In Punkten ausgedrückt: zwischen 82 und 90 Punkten verortet. Mal schaun wie ich den heute Abend finde:

Villa Maria Private Bin Pinot Noir 2011, Marlborough

Seine Farbe ist klassisch Rubinrot mit einem etwas ins Hellviolett gehenden Kern. Am Rand sind schon so manche Ziegelsteine sichtbar. Seine Viskosität möchte ich am liebsten mit einem neutralen medium umschreiben. Seine Nase zeigt viel reife, aber nicht allzu marktschreierische, Frucht die mich an ein Potpourri von Waldbeeren und an Pflaumenwein vom Chinesen um die Ecke erinnern. Die für Marlborough nicht so untypische himbeerige Hagebutte hält sich eher im Hintergrund. Sonst zeigt sich eher wenig. Naja, etwas Holz, ne Spur Thymian, ein Hauch Zimt, Backpulver und so manche ätherische Note. Alles wirkt etwas unpräzise und sicherlich nicht ob seiner Eleganz beeindruckend. Am Gaumen wirkt er wesentlich härter und auch grünlich unreifer. Die Säure wirkt ziemlich zickig und genervt. Die eigentlichen Aromen sind vergleichbar mit meinen Naseneindrücken, doch hinsichtlich ihrer Balance noch weniger beeindruckend. Dazu trägt auch der unterschwellig spürbare ätherische Alkohol(-punch) bei. Eine gewisse Süße steuert dieser ebenfalls bei. Seine Struktur wirkt banal und verloren in sich selbst. Seine Länge ist okay, aber eigentlich bedarf es mir bei diesem Pinot nicht nach mehr Länge. Zumindest wirkt er recht leicht-züngig und nicht brachial schwer. Schade! Laut meiner Zunge ist dieser Villa Maria kein guter Repräsentant für günstigen und guten neuseeländischen Pinot. Er dürfte eher die Kritiker solcher Weine nur noch bestätigen. Der dürftigste „Pinot weit weg“ seit langem. Ich glaub seit ein paar kroatischen Pinots, wenn ich mich nicht täusche ... Einige von denen habe ich mich gar nicht getraut hier zu erwähnen. Ich tue ehrlich schwer diesem Wein mehr als 80 Punkte zu geben. Demnach liege ich außerhalb der Cellartracker Bandbreite. Au weia … Auf meiner herkömmlichen Skala dürfte er ein (-) – (--) sein. Nächstes Mal gibt es hoffentlich wieder etwas Besseres!

Besten Gruss

Chris
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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragDi 14. Jun 2016, 12:43

Hallo zusammen,

genügend "Zeugnis" bezüglich meiner Begeisterung der Pinot Noirs von Kelley Fox habe ich hie und da und sogar hier in diesem Thread (finde es gerade bloß nicht ;-)) genügend abgelegt! Kelley's Einstiegspinot namens Mirabai, im heutigen Fall aus 2012, habe ich vor wenigen Wochen zum ersten mal getrunken. Bei diesem handelt es sich um einen Verschnitt aus Blöcken des Maresh Vineyard (Dundee Hills AVA, Pflanzjahre in den frühen 1970ern) und des Momtazi Vineyard (McMinniville AVA, Pflanzjahre in den späten 1990ern). Der Jahrgang 2012 war aufgrund des ungewöhnlich heißen und trockenen Sommers, der seinen Höhepunkt hinsichtlich pinotabträglicher Umständen im September fand (anscheinend der trockenste September seit Wetteraufzeichnung), eine ganz besondere Herausforderung. Die „reiferen“ Anlagen im Maresh Vineyard kamen mit der Trockenheit erstaunlich gut zurecht. Die Ernte fand wie gewohnt in der Mitte und der zweiten Hälfte des Oktobers statt. Kelley selbst, war über die erreichten Säurewerte, die mit denen von 2011 vergleichbar waren, selbst sehr erstaunt. Ebenfalls zeigte sich, dass die Zuckerwerte und die eigentliche Reife der Trauben glücklicherweise nicht übermäßig hoch waren (die einzelnen Lagen ergaben Alkoholwerte zwischen 13,0 und 13,5%). Diese eher staubtrockenen Werte deckten sich auch mit meinen zungengestützten Eindrücken … würde ich mal ganz verwegen behaupten wollen.

Kelley Fox Mirabai Pinot Noir 2012, Willamette Valley

http://wine-zeit.blogspot.de/2016/06/ke ... -2012.html

Farblich zeigte der Mirabai 2012 Pinot Noir ein Rubinrot bei Mitternacht, kräftiges Funkeln von solide aufgetragener Brillantine und einer eher zarte Lichtdurchlässigkeit. In meiner Nase tummelten sich Düfte die mich an wirkungskräftige Waldhimbeeren, viel typischen und erstaunlich würzigen Funk vom Boden, etwas Fenchel, ein wenig mehr an Vogelbeeren und Veilchen erinnerten Nach einigen vielen Stunden - oder eher noch besser am Folgetag - gesellten sich Tendenzen hin zu einem nicht ganz so passenden Karamell dazu. Wie dem auch sei, viel animierenden Nasensaft und Kühle zeigte er über die ganze Verkostung hinweg. Nicht all zu fordernd oder komplex war die Nase. Dafür aber die längste Zeit wunderbar gefühlsseelig. Am Gaumen wirkte er über die erste Stunde hinweg noch sehr jugendlich knackig und hart. Etwas wild-dreckige Tannine und eine fetzige Säure mochten mich zu diesem Eindruck verleiten. Später, nach einer guten Stunde, ging das ganze „Konzept“ in Richtung feinfühliger Harmonie und animierender Saftigkeit. Fortschreitend! Auch hier offenbarten sich mir viele Eindrücke die mich an Himbeeren (plus anderen Waldbeeren – ganz fein in Richtung Sorbet gehend), Vogelbeeren, viel Laub, massig an feuchtem Waldboden, eine Spur Fenchel, etwas Eisenhaftes und ein paar Krümelchen Persil erinnerten. Das Druck-Länge Verhältnis zeigte sich sehr ansprechend, doch seine ausgesprochenen Stärken lagen für mich in seiner zur Feinheit hin-strebenden Harmonie und einer freudvoll unkomplizierten Saftigkeit. Den Grad an bestechender Eleganz des Maresh- oder Momtazi Pinots konnte er sicherlich nicht erreichen. Dennoch für mich ganz klar ein sehr guter Pinot Noir (+)-(++) mit viel Dundee Hills im Herzen.

Bester Gruss

Chris

PS: Habt ihr in letzter Zeit auch mal einen "Pinot weit weg" genießen (oder auch verschmähen) können? Hier hat es noch genug Platz über eure Erfahrungen zu berichten.
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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragMo 22. Aug 2016, 09:08

Hallo zusammen,

mit "Pinot weit weg" war schon etwas länger nichts mehr los. Heute geht es endlich wieder mal auf Reisen. In das Hudson Valley!

Brotherhood Winery Pinot Noir 2013, New York

http://wine-zeit.blogspot.de/2016/08/br ... 3-new.html

Weinbau in den USA findet auch nicht erst seit vorgestern statt. Dürfte einem gestandenen Winegeek durchaus bekannt sein. Nehme ich mal an … Im Hudson Valley nord/nord-östlich von New York City begannen die ersten Versuche mit Rebkultivierung schon im 18. Jahrhundert. Ganz so alt ist Amerika's ältestes durchgängig bewirtschaftetes Weingut Brotherhood in Washingtonville, NY nicht ganz. Um das Jahr 1810 herum begann der Hugenottische Auswanderer Jean Jaques seine ersten Versuche mit dem Anbau unterschiedlicher europäischer Rebsorten. Keine dreißig Jahre später – auch vor 200 Jahren war im Weingeschäft wohl sehr viel Geduld erforderlich – etablierte sich Jean Jaques's Weingut mit Hilfe einiger Geschäftspartner in der Region um New York. Einer dieser Geschäftspartner waren die Brüder Jesse und Edward Emerson. Diese waren sowohl im Weinhandel in der City als auch im Weinbau, in New York's anderer bekannter Weinregion Finger Lakes, engagiert. So kam es, wie es nicht selten kommt: der Geschäftspartner übernahm Jean Jaques Weingut und gab ihm sein heutigen Namen Brotherhood. Die Ära der Emerson's hatte bis zu einem austrocknenden Paradigmenwechsel in der amerikanischen (Trinker-)Geschichte bestand. Doch erstaunlicherweise konnte Brotherhood auch diese sehr trockene Zeit namens Prohibition überleben. Im Jahr 1921 kaufte Louis Farrell das Weingut und produzierte von da an bis ins Jahr 1933 nur noch „Messwein“. Dieser war von der Prohibition ausgenommen. Es versteht sich von selbst, das der Bedarf an „Messwein“ in dieser Zeit dramatisch anstieg. Bis 1987 verblieb Brotherhood in den Händen der Familie Farrell. Erst dann kam das große Geld in Form von Investoren unter der Führung des chilenischen Weinmachers Cesar Baeza. Diese verhalfen Brotherhood mit enormen Investitionen zur nationalen und sogar etwas internationalen Bekanntheit über die Grenzen des Nord-Ostens der USA hinaus. Seit 2005, nach einigen wirtschaftlichen Turbulenzen, befindet sich das älteste durchgängig bewirtschaftete Weingut der USA komplett in chilenischer Hand. Bekannte Namen wie Chadwick und Castro haben heute bei Brotherhood das Sagen.

Das war jetzt etwas viel Unternehmensgeschichte nehme ich an! Fand ich im Fall des heutigen Weinguts einfach mal interessant zu erwähnen. Aber jetzt ist genug! Schnell zum eigentlichen Wein! Wie nicht anders bei mir zu erwarten gibt es auch von Brotherhood einen Pinot Noir. Die Trauben für den Pinot Noir 2013 stammen sowohl aus dem hauseigenen Weinberg im Hudson Valley, als auch aus Zukauf. Ausgebaut wurde der Wein für kurze sechs Monate in gebrauchten französischen Barriquefässern. Nun lasst uns mal erschmecken wie er war …

Farblich war der Brotherhood Pinot Noir 2013 sehr transparent, mehrheitlich rubin'ig und am Rand schon ziemlich gen Ziegelstein gehend. In der Nase zeigten sich mir kräftige Aromen die mich ein wenig an Erdbeermarmelade mit gewissem Mangel an Gelierzucker erinnerten, möglicherweise ein kleiner Schuss Erdbeeressig, frisch gepressten Zitronensaft und eine fein abgestimmte kräuterige Würze, welche mich irgendwie an so manchen leichten Spätburgunder von Schieferböden erinnerte. Am Gaumen war er überraschend rauchig - sogar etwas rauchspeckig, ziemlich schlank, ne Spur zuckrig, sehr frucht-getragen und immernoch recht kühl. Insgesamt irgendwie ein klein wenig teutonisch – unpassende Verallgemeinerung natürlich nicht beabsichtigt! Sonst wirkte dieser Spätburgunder eigentlich recht stimmig. Aber sicherlich auf einfachem und eher süffigem Niveau! So la-la (-)-(o) war er sicherlich für mich schon noch ...

Nächstes Mal geht es nach Australien und Kalifornien. Vielleicht hat einer von euch in letzter Zeit auch einen "Pinot weit weg" verkostet. Berichtet doch mal davon ;-).

Besten Gruss

Chris
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Re: Pinot weit weg

BeitragFr 26. Aug 2016, 12:56

Hallo zusammen,

und gleich noch zwei "Pinot weit weg" hinterher. Einer ist sogar in den Genuss einer Promotion gekommen ;-)

Timo Mayer Wines Mayer The Doktor Pinot Noir 2012, Yarra Valley

http://wine-zeit.blogspot.de/2016/08/ti ... pinot.html

(Leider habe ich vergessen wie man Fotos hier einbettet. Das Etikett könnt ihr auf meinem Blog sehen. Interessante Etikettengestaltung ;-) )

Farblich zeigte The Doktor eine sehr delikat anmutende rubin-rostrote Farbe mit eindeutig durchlesbarer Transparenz. In der Nase zeigte er sich ziemlich floral, würzig und durchaus kräftig parfümiert. Neben seinen floralen Charaktereigenschaften verströmte er Düfte die mich an kühle, nicht ganz so dunkle Kirschen, so manche rote Beere, Gurkenwasser, fein appliziertes, hintergründiges und würziges Unterholz (inkl. einer nicht untypischen, möglicherweise vom Vulkanboden herrührenden Würze die ich auch von anderen Yarra Pinots kenne) und schließlich auch eine Nuance die mich an leicht lehmiges Nougat, was auch immer das im Detail sein mag, erinnert. Alles sehr bestimmt, präzise, lebendig, schlank und noch ungemein jugendlich. Am Gaumen wirkte er intensiver und leicht fruchtsüßer als gedacht. Wohl bedingt durch das viel zu frühe Öffnen des neugierigen Verkosters. Auch eine herbe Note vom Holz, die sich nach einigen Stunden glücklicherweise mehrheitlich legte, konnte ich anfangs gut herausschmecken. Sonst aber zeigte der The Doktor alles womit ich freudvoll gerechnet habe. Sein Körper erschien angenehm filigran und raffiniert. Seine gesamtheitlich gesehen kühlere Stilistik gepaar mit einer feschen Säure durften auch nicht fehlen. Das immer noch sehr griffige und auf eine gewisse Weise feinfühlige Tannin lässt auf weitere potentiell äußerst profitable Jahre der Entwicklung hoffen. Insgesamt stimmig wirkte es in diesem jungen Doktor auch jetzt schon. Jugendlich stimmig eben. Seine Aromen waren wiederum von den nicht all zu dunklen Kirschen, hier klar heraus stechenden Himbeeren, einer Spur Karamell und dem schon erwähntem würzigen Unterholz geprägt. Auch seine schon angeschnittene Lehmigkeit in Verbindung mit Kakaoprodukten vermochte ich aus irgend einem Grund rauszuschmecken. Insgesamt ein wirklich sehr sehr guter (++) Pinot Noir mit Optionen nach oben. Wie schon mehrfach erwähnt wirkte er noch sehr jugendlich...

Der andere "Pinot weit weg" war der Bloom's Field Pinot Noir der Domaine de la Côte 2011 aus den Santa Rita Hills westlich von Santa Barbara. Was ihn mit dem The Doktor verbindet ist seine Ganztraubenvergärung. Gewachsen sind seine Reben auf einer sehr küstennahen Lage mit stark eisenhaltigen Lehmböden. Gereift wurde er für 20 Monate in 100% gebrauchten französischen Barriques. Was seine Seriosität, Finesse und Raffinesse angeht konnte dieser leicht mit dem The Doktor mithalten. Seine gezügelte Kraft, die französisierender kaum sein konnte, seine Dichte, eine Komplexität, seine Länge und seine beginnende - aber jetzt schon fast komplett überzeugende - Balance zeigten einfach fantastische Züge. So war er auch: Ein schon richtig fantastischer (+++) Pinot Noir von der Central Coast.

Besten Gruss

Chris
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Re: Pinot weit weg

BeitragMo 12. Sep 2016, 12:19

Hallo zusammen,

heute geht es mal wieder nach Spanien. Nach Andalusien um genauer zu sein. Ganz hoch hinaus ;-)

Cortijo Los Aguilares Pinot Noir 2012, Sierras de Málaga

http://wine-zeit.blogspot.de/2016/09/co ... -2012.html

.....

Farblich zeigte der andalusische Pinot Noirs ein sehr transparentes und knallig-strahlendes Rubinrot mit leicht ins Lila-Rot gehenden Reflexen im innersten Kern. Seine Nase war geprägt von sehr kühl wirkenden Blaubeeren und wesentlich schüchterner wirkenden dunklen saftdurchdrungenen Kirschen. Also nichts von übermäßigem erhitzten Temprament! Daneben zeigten sich würzige Komponenten die mich an Eukalyptus, Nelken, schwarzer Pfeffer, etwas Lakritz, ein Hauch von Moschus, wenig Rauch und würzig-eingelegte Dörrpflaumen erinnerten. Insgesamt wirkte die Nase erstaunlich schlank, dabei sehr komplex und für einen Südeuropäer super kühl. Am Gaumen herrschten die Blaubeeren frucht-absolutistischer Manier vor. Hier, zwar auch sehr kühl wirkend, aber doch ein Tick mehr von seiner sehr beträchtlichen kaltmazerationsinduzierten „Eisigkeit“ befreit. Seine Fruchtsüße und Reife kam am Gaumen etwas mehr zum tragen. Würzigere Aromen wurden von Trockenfleisch, sehr kräftigen Nelken, Lakritze, Bitterschokolade und Anmutungen leicht ätherisch wirkender Kräuter, deren Nachbarschaft zu entsprechenden Likören nicht die naheste war, bestimmt. Eine gewisse - und sicherlich sehr unterschwellige - und sicherlich leicht seifig wirkende an Kalkstein erinnernde Charakteristik war wohl auch zu erschmecken. Sonst zeigte sich am Gaumen eine feine sehr gut passende Rauchigkeit, eine ziemlich bissig-jugendliche Säure und kaum minder-jugendlich wirkendes zünftig ruppiges Tannin. Das leidliche Thema von über-präsentem Holz wurde glücklicherweise nicht bedient. Am zweiten Tag wirkte er dann schon etwas ruhiger, samtiger, auch ein wenig flacher und noch stärker von seiner blaubeerigen Frucht getragen. Für mich ein zweifelslos guter (+), mehrheitlich mit rebsortentypischen Attributen verwöhnter, überraschend kühler, sehr jugendlicher und gewürzbeladener Pinot Noir aus heißen Gefilden.

Besten Gruss

Chris
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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragDo 29. Sep 2016, 15:13

Hallo zusammen,

heute soll es mal wieder nach Kalifornien gehen. Vor einigen Jahren wurde der 2006er hier im Thread schon mal besprochen. search.php?keywords=Goldeneye&t=1275&sf=msgonly

Goldeneye Winery Pinot Noir 2007, Anderson Valley


http://wine-zeit.blogspot.de/2016/09/go ... -2007.html

.....

Dunkles und sehr kräftig gesättigtes Granatrot mit vermutbarer Transparenz und reichlich Verfärbungen in der Koronalregion. So könnte man die momentane Farbe des Goldeneye Pinot ganz trefflich beschreiben. In der Nase konnte ich jede Menge an krudem und herb wirkenden Holz, Tabak, schüchternem Liebstöckel, Teer und so manche dunklen getrockneten Kirschen ausmachen. Dazu ein recht ätherisch-würziges Parfüm das mich an Trockenfleisch, etwas Moschus, getrocknetes Moos und einer erwähnenswerten Menge an Alkohol erinnerte. Nicht gerade unkomplex das Ganze. Aber auch nicht sonderlich harmonisch oder all zu sehr an Pinot Noir erinnernd. Am Gaumen wirkte er leider noch etwas alkoholischer. Frucht war bis auf die schon erwähnten getrockneten Kirschen und leicht angekochter Beerenfrucht kaum zu erschmecken. Dafür zeigte sich aber jede Menge an Teer, Tabak, leicht staubiger Erdigkeit, anstrengend süßes Karamell und weitere eher herb-holzige Attribute. Sein Tannin war immernoch ganz schön zünftig und die Säure durchaus präsent, wenn auch nicht sonderlich raffiniert wirkend. Der eigentliche Druck am Mittelgaumen war beachtlich, seine Länge hingegen leider nicht so sehr überzeugend. Viel erinnerte mich bei diesem Wein nicht an Pinot Noir. Auch nicht so sehr an kalifornischen Pinot Noir. Das muss ich leider zugeben. Diesen wichtigen Punkt außer Acht gelassen, konnte er sicherlich mit einigen beachtlichen und eher pinot-fernen kräftigen und würzigen Attributen aufwarten. Mehr als ein so la-la (-)-(o) konnte ich in ihm für mich und meine Zunge leider nicht entdecken.

Besten Gruss

Chris
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olifant

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Re: Pinot weit weg

BeitragFr 21. Okt 2016, 09:34

Hallo Chris,

wie Du weisst sind "meine" Pinots nicht von so weit weg, weil ich aber mal wieder ein exquisites Exemplar im Glas hatte für dich die Notiz eines weiteren Südtirolers.

Blauburgunder 2008, Ignaz Niedrist - Girlan

bräunliches Kirschrot mit Randaufhellung und zeigelrot-bräunlichen Reflexen; von tertiäraromen geprägte Nase mit Moos, etwas Trüffel, feuchtes Holz / Laub, dazu Leder, Tabak ... später gesellt sich Kirschwasser hinzu; am Gaumen stoffiges, jedoch schwebendes Mittelgewicht, geprägt von Waldboden, Laub, Pilzen, Tabak und Leder, Pfeffer, mit Anklänge von Kirschwasser, durchaus noch feines Tannin, getragen von frischer angenehmer Säure, wunderbare Tiefe und Komplexität, sehr animierend; langer bis sehr langer Abgang völlig Korrespondierend zum Gaumen, schöner Säurezug, animierend 17,5-18/20 op

... wow, einen derart g*e*i*l gereiften Südtiroler Pinot Nero hatte ich schon lange nicht mehr im Glas. Der Wein war bei Freigabe in seiner Fruchtphase in jugendlicher Schönheit (Frucht + Barrique) schon mal richtig gut, nach einer längeren, teilweise auch mal schwierigen Zwischenphase, zeigt er sich jetzt geprägt von Tertiäraromen, getragen von pikanter Säure und leicht pfeffrigem Tannin - für meinen Gaumen - als sehr verführerisch, natürlich nur, wenn man diese Art Struktur und Aromen schätzt.
Für mein Gefühl hat dieser Wein überraschend früh seine Reife eingeläutet, was auch schon andere Flaschen des Jahrgangs anzeigten, aber auch wenn dieser Jahrgang m.E. nicht zu den Strukturmonstern zählt, sind die Weine ein echter Genuss.
Jetzt muss ich wohl mal ein paar andere Südtiroler Pinot Nero aus '08 zum Vergleich aufziehen, da hatte ich mir doch einiges weggelegt ...
Grüsse

Ralf

Die Zukunft war früher auch besser.
Karl Valentin
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Re: Pinot weit weg

BeitragFr 21. Okt 2016, 10:33

Hallo Ralf,

das hört sich für mich auch sehr gut an! Danke für die VKN. Da ich vor kurzem einige wenige 2008er aus Südtirol in einem Weinladen entdeckt habe, werde ich mir da mal auch einen zulegen. Leider kein Niedrist sondern Hofstätter und einen anderen der mir jetzt nicht einfallen möchte. Junge Pinots von Hofstätter und Lageder konnte ich erst neulich verkosten. Der Mimuet war nicht so ganz mein Fall, aber sonst zeigten alle ihr Potential. Hervorgestochen hat bei dieser Verkostung aber der Pinot Nero IGT Colli Trevigianivon 2014 von Serafini & Vidotto. Zwar noch etwas sehr vom Holz geprägt, aber unheimlich fein und sehr gut strukturiert.

Besten Gruss

Chris
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Re: Pinot weit weg

BeitragFr 21. Okt 2016, 10:43

Und weil wir gerade dabei sind, gleich noch etwas weiter weg mit einem Pinot weit weg von mir ;-).

Heute geht es endlich mal wieder nach Oregon!!! :D

Evening Land Vineyards Willamette Valley Pinot Noir 2013


http://wine-zeit.blogspot.de/2016/10/ev ... mette.html

....

Farblich zeigten sich in meinem Glas keine außergewöhnlichen Tönungsvorkommnisse. Der Willamette Valley Pinot Noir zeigte viel von dunklem ins Purpur abgleitende Rubinrot, eine immernoch sehr gute Transparenz, kaum Schwebeteilchen, kaum Alterung und wirkte durchgehend äußerst glänzend. In der Nase zeigten sich äußerst saftige Waldbeeren, Cranberries, ein etwas herbe wirkender Rauch, Pilzöl, rosa Blumen – wie aus einer altmodischen Handcreme, und darüberhinaus natürlich ein Hauch von klassischen „Oregon Funk“ - aber eher reduziert und zivil. Am Gaumen zeigte sich vom ersten Moment an seine klar strukturierte und saftige Einfachheit. Könnte schlimmer sein, würde ich meine ich! Dürfte in erster Linie dem eher heißen und frühreifen Jahrgang geschuldet sein. Spass haben mir seine sehr saftigen Aromen von Waldbeeren, Cranberries und Pflaumen allema gemacht. Diese wurden von feinen Noten die mich an Milchschokolade erinnerten, ner Spur Thymian, herbstlichem Laub, ein paar getrockneten Pilzen und einer sehr passenden, fast schon leicht mild wirkenden, Säure unterstützt. Passable Länge. Kein großer Wurf, aber viel Spaß im Glas! Allemal ein weiterer wirklich guter (+) Pinot Noir aus Oregon.

Besten Gruss

Chris
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