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Deutscher Spätburgunder und Terroir

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UlliB

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Re: Deutscher Spätburgunder und Terroir

BeitragFr 5. Aug 2011, 17:38

Birte hat geschrieben:Ihr fresst wirklich jedes Frolic, was man Euch vor die Nase wirft.


Sei doch froh, wenn wir so dankbar sind. :D

Können die Deutschen mit dem Holz? Damit bin ich zwar etwas von Tintenfischs Ansatz abgewichen, aber für mich ist das der interessanteste Punkt bei Spätburgunder.


Für mich nicht. Den Umgang mit Holz könnte man lernen, wenn man sich damit ernsthaft beschäftigt; für die Weinqualität ist das aber zunächst einmal sekundär.

Warm wird es überall, das ist nicht typisch Deutsch...


Eben. Nur können die Franzosen damit umgehen und die meisten Deutschen nicht. Und das ist für mich primär relevant.

Gruß
Ulli
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Neuppy

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Re: Deutscher Spätburgunder und Terroir

BeitragFr 5. Aug 2011, 19:53

Vielleicht sollten wir alle mal wieder eine Spur zurückschalten.
Ich habe doch nirgendwo behauptet, daß der deutsche Spätburgunder besser als der Burgunder ist.
Ich habe auch nicht behauptet, daß deutsche Winzer die Biodynamie erfunden haben.
In diesem Thread geht es doch darum, ob und wenn ja wo es "Terroir" bei deutschen Spätburgundern gibt.
Hier immer wieder zu behaupten, das gäbe es nicht, da die deutschen Winzer einen riesen Erfahrungsnachteil haben, stimmt halt einfach nur zum Teil. Um mehr geht es mir nicht. Es sollte halt nur mal akzeptiert werden, dass es eine deutsche Spätburgundertradition gibt, die zur Zeit wieder in Bewegung ist. Wo das hinführt wird sich zeigen.
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UlliB

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Re: Deutscher Spätburgunder und Terroir

BeitragSa 6. Aug 2011, 08:22

Neuppy hat geschrieben:Vielleicht sollten wir alle mal wieder eine Spur zurückschalten.


Ich hatte noch gar nicht hochgeschaltet.... ;)

Neuppy hat geschrieben:Ich habe doch nirgendwo behauptet, daß der deutsche Spätburgunder besser als der Burgunder ist.


Vielleicht nicht direkt. Dafür hast Du mal eben das Burgund in Bausch und Bogen als önologisch rückständig deklariert (ich bin übrigens nach wie vor an den "modernen An- und Ausbaumethoden" interessiert, die in Deutschland und der neuen Welt die Qualität des Pinot noir verbessert haben und in Burgund nicht bekannt waren und [sofern denn überhaupt] nur widerwiliig übernommen wurden - man lernt ja nie aus).

Neuppy hat geschrieben:In diesem Thread geht es doch darum, ob und wenn ja wo es "Terroir" bei deutschen Spätburgundern gibt.


Wie Markus Vahlefeld gleich in seinem ersten Beitrag in diesem Thread geschrieben hat, liegt das Problem in der absolut schwammigen Definition des Terroirbegriffes. Bevor wir jetzt hierüber eine erneute Diskussion beginnen, empfehle ich die einigermaßen ernüchternde Lektüre des Threads "Terroir-was ist das eigentlich?" bei TAW. Danach ist man zwar auch nicht wirklich schlauer, aber um ein paar Erkenntnisse reicher - vor allem um die, das es keine allgemein akzeptierte Definition des Begriffes "Terroir" gibt.

Gruß
Ulli
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octopussy

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Re: Deutscher Spätburgunder und Terroir

BeitragSa 6. Aug 2011, 09:29

UlliB hat geschrieben:Wie Markus Vahlefeld gleich in seinem ersten Beitrag in diesem Thread geschrieben hat, liegt das Problem in der absolut schwammigen Definition des Terroirbegriffes.

Hallo Ulli,

dann sag doch mal bitte, unter welchem Stichwort du diese Diskussion gerne führen würdest? Und warum liegt in der schwammigen Definition von Terroir ein "Problem"? Ich denke, ein etwas schwammiger Begriff ist kein Ausschlusskriterium für eine bereichernde Diskussion.

Ich habe jedenfalls nicht das Gefühl, dass hier aneinander vorbei geredet wird. Vielmehr sind doch ein paar schöne Beiträge zum Thema zustande gekommen, ob und wie der deutsche Spätburgunder sich noch weiter auf seine Herkunft konzentrieren kann, v.a. auch von dir selbst :). Ich selber würde es für sinnvoll halten, wenn auf lange Sicht tatsächlich eine Annäherung an die Climat-Unterschiede und die Klassifizierungen im Burgund erfolgen würde. Vielleicht müsste dies in zwei Schritten passieren: zunächst konzentrieren sich die Erzeuger auf die Herausarbeitung von Bodencharakteristiken (wie von pivu vorgeschlagen). Wenn dies einmal auf breiter Front gelungen ist und man eine größere Basis an Erzeugern hat, die von ähnlichen Böden mit ähnlichen Charakterisiken vergleichbare (nicht gleiche) Spätburgunder erzeugen, die nicht vom Holz oder übergroßer Konzentration geprägt sind, kann man sich noch mehr dem Detail und den Lagenunterschieden zuwenden.

Für mich hat "Terroir" auch viel mit Tradition zu tun. Und die Tradition der trocken ausgebauten Spätburgunder in Deutschland ist ja tatsächlich nicht gigantisch groß. Das größte Potenzial für die Entwicklung einer bestimmten großflächigen Spätburgunder-Tradition sehe ich an der Ahr und in verschiedenen Regionen von Baden (Nordbaden, Kaiserstuhl, Breisgau, Markgräflerland), eher weniger im Rheingau, in Franken, an der Nahe und in Rheinhessen, wo es eher "Spätburgunderinseln" gibt, und auch weniger in der Pfalz, wo ich bislang mit wenigen Ausnahmen noch keinen Trend zu wirklich herkunftsbezogenen Spätburgundern erkennen kann.
Beste Grüße, Stephan
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Neuppy

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Re: Deutscher Spätburgunder und Terroir

BeitragSa 6. Aug 2011, 09:38

Ich habe gesagt, daß in Burgund vor 20 Jahren auch durch die Konkurrenz durch Übersee viel bewegt worden ist.
Ich gebe Dir recht, daß es wohl eher 30 Jahre waren.

Weiter habe ich nicht behauptet, daß dies durch die deutsche Konkurrenz verursacht wurde. Ich habe lediglich meiner Vermutung Ausdruck verliehen, daß bei stärker werdender deutscher Konkurrenz in der Zukunft eventuell auch hierdurch weitere Bemühungen verursacht werden (Konkurrenz belebt das Geschäft).

Richtig ist allerdings auch, daß die Weinberge (hier vor allem die Böden) vor der Besinnung auf ökologischen Anbau so gut wie tot waren. Ich kann mich an einen Vergleich eines Biologen oder Önologen mit der Sahara vom Nährstoffgehalt erinnern.
Weiter ist doch auch richtig, das Madame Leroy gerade in 80ern erstmal ziemlich alleine mit ihrem biodynamischen Anbau war.

Zu den Ausbau und Anbautechniken: vor 20 -30 Jahren wurde meines Wissens (und sollte dies anders sein, mußt Du mir ja nicht gleich wieder Unkenntnis oder Bösartigkeit vorwerfen) zum Teil sehr viel geändert. Dies beginnt bei der strengeren Traubenselektion, geht über das Ausscheiden von Stengeln vor der Vermaischung hin zur temperaturgesteuerter Vergärung. Zu Beginn dieser Phase wurde auch noch kräftig konzentriert (Dies ist nach meiner Kenntnis bis heute eben nicht ganz in Burgund verschwunden, als Beispiel hier mal die Domaine Tortochot, die nach meinem Eindruck immer noch konzentriert, zummindest sind die Weine erheblich dunkler als üblich). Mir ging es hier nicht um den Einsatz von chemischen Hilfsmitteln oder ähnlichem.

Das mit dem Zurückschalten bezog sich nicht auf eine inhaltliche Auseinandersetzung. Ich finde es halt unpassend, dass man Leuten, deren Meinung man nicht teilt (auch wenn man deren Aussagen für falsch hält), hier grenzenlose Unkenntnis oder eben Bösartigkeit vorwirft. Würden wir uns unter 4 Augen unterhalten, würden solche Vorwürfe auch nicht gemacht werden.
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UlliB

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Re: Deutscher Spätburgunder und Terroir

BeitragSa 6. Aug 2011, 10:09

octopussy hat geschrieben:Und warum liegt in der schwammigen Definition von Terroir ein "Problem"? Ich denke, ein etwas schwammiger Begriff ist kein Ausschlusskriterium für eine bereichernde Diskussion.


Doch, ich sehe darin sogar ein ganz erhebliches Problem. Ein Begriff, für den jeder eine eigene Definition hat, führt in der Diskussioon ziemlich zwangsläufig dazu, dass man aneinander vorbeiredet. Ja nachdem, wie eng oder weit ich die Definition fasse, ist "Terroir" entweder ganz unzweifelhaft vorhanden oder ebenso unzweifelhaft nicht.

octopussy hat geschrieben:Für mich hat "Terroir" auch viel mit Tradition zu tun.


Ich weiß, dass das viele Leute so sehen. Aber wo fängt man damit an, und wo hört man auf? - In dem oben verlinkten TAW-Thread gab es eine ziemlich heftige Diskussion darüber, ob die restsüßen Leichtweine an der Mosel, die von vielen Mosel-Fans als "klassisch" bezeichnet werden, zur Tradition und damit zum Terroir gehören oder gerade eben nicht, weil die technologischen Voraussetzungen zur Erzeugung dieser Wein erst vor rund 50 Jahren verfügbar waren und es vorher diese Weine nicht gab. Wer hat da nun Recht?

Hat ein Pinot noir aus Oregon oder von der neuseeländischen Südinsel kein Terroir, weil es vor hundert Jahren dort gar keinen Weinbau gab?

Gruß
Ulli
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octopussy

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Re: Deutscher Spätburgunder und Terroir

BeitragSa 6. Aug 2011, 11:19

UlliB hat geschrieben:Doch, ich sehe darin sogar ein ganz erhebliches Problem. Ein Begriff, für den jeder eine eigene Definition hat, führt in der Diskussioon ziemlich zwangsläufig dazu, dass man aneinander vorbeiredet. Ja nachdem, wie eng oder weit ich die Definition fasse, ist "Terroir" entweder ganz unzweifelhaft vorhanden oder ebenso unzweifelhaft nicht.

Dann schlag doch bitte einen besseren Begriff vor: "Spätburgunder und Typizität", "Spätburgunder und Bodenhaftung", "Spätburgunder und Herkunft"? Mir ist ehrlich gesagt egal, wie wir das Thema nennen. Mich interessiert die Ausgangsfrage aus dem ersten Posting, die hier auch alle vernünftig diskutieren, ohne dass sie sich an dem Begriff "Terroir" festhalten.

Zum Thema Tradition:
UlliB hat geschrieben:Ich weiß, dass das viele Leute so sehen. Aber wo fängt man damit an, und wo hört man auf? - In dem oben verlinkten TAW-Thread gab es eine ziemlich heftige Diskussion darüber, ob die restsüßen Leichtweine an der Mosel, die von vielen Mosel-Fans als "klassisch" bezeichnet werden, zur Tradition und damit zum Terroir gehören oder gerade eben nicht, weil die technologischen Voraussetzungen zur Erzeugung dieser Wein erst vor rund 50 Jahren verfügbar waren und es vorher diese Weine nicht gab. Wer hat da nun Recht?


Na keiner. Es muss auch keiner Recht haben, das ist unwichtig. Es muss für Tradition auch keinen fest definierten Anfang und ein fest definiertes Ende geben. Traditionen entwickeln sich, Ansätze einer Traditionsentwicklung geben sich zu erkennen und diese Ansätze und vermeintlich gefestigte Traditionen verändern sich, manchmal aber unter Beibehaltung eines gewissen Kerns. Es muss doch einen Grund geben, warum viele Leute einen Chambolle Musigny in der Charakteristik oft anders empfinden als einen Pommard, und das schon seit recht langer Zeit.

UlliB hat geschrieben:Hat ein Pinot noir aus Oregon oder von der neuseeländischen Südinsel kein Terroir, weil es vor hundert Jahren dort gar keinen Weinbau gab?

Ich kenne Pinot Noirs aus Oregon oder aus Neuseeland nicht, deshalb kann ich zu der Frage konkret nichts sagen. Aber vielleicht haben die Weinbauern dort die besonderen örtlichen Gegebenheiten für sich entdeckt und machen etwas daraus, das die Weine von anderen Pinot Noirs unterscheidet. Vielleicht gibt es zehn oder mehr Pinot Noirs aus Oregon, die alle vergleichbar (nicht gleich) schmecken und sich von Pinot Noirs von der neuseeländischen Südinsel unterscheiden. Vielleicht ist das Klima und die Bodenbeschaffenheit dort so besonders, dass die Weinbauern bestimmte Maßnahmen im Weinberg ergreifen (eine bestimmte Erziehungsmethode, Stockdichte, was auch immer), die eben an die örtlichen Gegebenheiten angepasst sind. So entwickelt sich dann eine Tradition.

Ulli, müssen wir denn wirklich über den Begriff "Terroir" und seine Randaspekte so intensiv sprechen? Ich glaube, du und auch viele andere haben doch verstanden, dass es mir um die Frage geht, ob eine ähnliche auf Einzellagen und -parzellen hin ausgerichtete, auf lokale Unterscheidbarkeit hin fokussierte Spätburgundertradition in Deutschland möglich und gewünscht ist und wie der Weg dahin aussieht.
Beste Grüße, Stephan
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UlliB

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Re: Deutscher Spätburgunder und Terroir

BeitragSa 6. Aug 2011, 11:55

octopussy hat geschrieben:Ulli, müssen wir denn wirklich über den Begriff "Terroir" und seine Randaspekte so intensiv sprechen?


Nun, wenn dieser Begriff im Titel des Threads steht, sollte man vielleicht schon eingrenzen, was man denn genau damit meint. Denn das ist bei diesem Begriff eben nicht selbstverständlich.

Vermutlich bin ich durch Endlosdiskussionen zu diesem Thema an anderer Stelle etwas übersensibilisiert und reagiere zunehmend allergisch auf ein Wort, welches einem mittlerweile von jedem Winzer und Weinhändler um die Ohren gehauen wird - ohne dass die damit beworbenen Produkte deswegen zwangsläufig auch nur irgend etwas wie Individualität, geschweige denn einen Herkunftscharakter haben. Für mich ist "Terroir" mittlerweile zu einem weitgehend inhaltsleeren Marketingbegriff geworden.

... dass es mir um die Frage geht, ob eine ähnliche auf Einzellagen und -parzellen hin ausgerichtete, auf lokale Unterscheidbarkeit hin fokussierte Spätburgundertradition in Deutschland möglich und gewünscht ist und wie der Weg dahin aussieht.


Na, das ist doch ganz genau die Ein- und Abgrenzung, die ich mir ganz am Anfang dieses Threads gewünscht hätte.

Gruß
Ulli
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Max Pestemer

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Re: Deutscher Spätburgunder und Terroir

BeitragDo 27. Aug 2020, 12:04

Gute Spätburgunder gibt es in Deutschland von vielfältigen Böden. Bekannt sind die Spätburgunder vom Muschelkalk wie z.B. in der Pfalz. Schiefer und Grauwacke bringen, wie die Ahr zeigt auch sehr gute Resultate hervor. Das würzige und die an nassen Schiefer erinnernden Elemente finde ich dabei sehr interessant. Cuvées vom Schiefer und Lehm-Löss finde ich auch sehr spannend.

Allerdings finde ich, dass die Spätburgunder eigentlich mindestens zwei bis drei Jahre, eher deutlich mehr Zeit brauchen, um ihr Potential zumindest anzudeuten. Bei den meisten jungen Spätburgundern geht aus meiner Sicht viel verloren, unabhängig vom Terroir.
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