Riesling trocken vs. restüß - die Sicht von außen
Verfasst: Mo 11. Jul 2011, 22:18
Diesen Link hier (http://www.jancisrobinson.com/articles/a20110627.html) möchte ich als Anlass nehmen, um die wahrscheinlich zuvor schon ausgiebig geführte Diskussion über verschiedene Rieslingstile noch einmal aufzugreifen.
In der Rede greift Tom Scott, der im Oxford Companion to Wine den Teil über Deutschland geschrieben hat, verschiedene Aspekte auf, die er natürlich nur kurz behandeln kann. Seine Aussagen und die allgemeine Diskussion über Prädikate, Lagen, das Weingesetz von 1971, Kennzeichnungen, usw. blende ich mal aus, auch wenn sie sicher für sich interessant sind.
Besonders interessant finde ich sein Fazit, das ich mal etwas aus dem Zusammenhang gerissen zitiere: "In a laudable desire to overcome the sins of the past - the lake of undistinguished sugar water - which have so polluted the name of German wine until recent years, German growers have, it seems to me, overcompensated by lurching from one extreme to the other, a feature of the German character mockingly known as Hundertfünfzigprozentigkeit. It will require sane voices from beyond Germany's borders to point out the need for a proper balance to be struck - the oenological equivalent of the vinous balance between fruit and acidity which remains the hallmark of German Riesling, the world's greatest white wine."
Hiermit befindet sich Scott in prominenter Gesellschaft. Leider habe ich das Zitat nicht mehr griffbereit, aber ich meine mich zu erinnern, dass Hugh Johnson sich im Kleinen Weinführer 2008 gefragt hat, warum die Deutschen eigentlich den oftmals streng wirkenden trockenen Riesling den im Alkohol leichteren restsüßen vorziehen. Terry Theise ist noch expliziter und regt sich in seinem Jahrgangsreport 2011 (http://www.skurnikwines.com/msw/documen ... y_2011.pdf) an nahezu jeder Stelle über die Obsession der Deutschen mit trockenen Rieslingen auf.
David Schildknecht hat sich im JR Forum ausführlich mit der Rede von Tom Scott auseinandergesetzt und unterstützt grundsätzlich dessen Aussage, dass Restzucker im Riesling der Harmonie zuträglich sein kann. Schildknecht ist aber der Meinung - so lese ich seine Beiträge -, dass die Harmonie zwischen Frucht (und Fruchtsüße) und Säure auch im trockenen Riesling gut erreicht werden kann, jedoch (recht frei von mir interpretiert) v.a. durch eine längere Ausbauzeit, keine Fixierung auf einen bestimmten Restzuckergehalt und einen nicht strikt reduktiven Ausbau.
Meine eigene Meinung zu dem Thema ist recht klar, und leider auch etwas langweilig: die Vielfalt macht's. Ich bin der Meinung, es gibt nicht den einen Rieslingstil, der der Traube am besten gerecht wird. Ich als Konsument wünsche mir die ganze Bandbreite in allen Stilarten, je nachdem was der Boden, das Klima und der Jahrgang hergeben. Trotzdem frage auch ich mich, ob wir hier in D beim Riesling nicht etwas zu kategorisch sind. Die Vielfalt sehe ich jedenfalls in einigen Gebieten durchaus gefährdet, so z.B. im Rheingau und in der Pfalz.
Wie seht ihr das? Sind wir hier in D gerade etwas zu kategorisch, indem wir v.a. trockene Rieslinge wollen und restsüßen (nicht edelsüßen) bzw. halbtrockenen Rieslingen keine faire Chance mehr lassen? Ich habe das Gefühl, dass die hier diskutierenden Weinliebhaber auch für alles offen sind. Deshalb stelle ich die Frage v.a. vor dem Hintergrund der Wahrnehmung in der Breite und im eigenen - nicht ganz so weinaffinen - Umfeld. Mir persönlich fällt nämlich schon im Freundeskreis, bei Winzerbesuchen, etc. auf, dass restsüße und halbtrockene Weine oft mehr oder weniger als das Allerletzte aufgefasst werden - bis man die Weine mal unvoreingenommen probiert.
In der Rede greift Tom Scott, der im Oxford Companion to Wine den Teil über Deutschland geschrieben hat, verschiedene Aspekte auf, die er natürlich nur kurz behandeln kann. Seine Aussagen und die allgemeine Diskussion über Prädikate, Lagen, das Weingesetz von 1971, Kennzeichnungen, usw. blende ich mal aus, auch wenn sie sicher für sich interessant sind.
Besonders interessant finde ich sein Fazit, das ich mal etwas aus dem Zusammenhang gerissen zitiere: "In a laudable desire to overcome the sins of the past - the lake of undistinguished sugar water - which have so polluted the name of German wine until recent years, German growers have, it seems to me, overcompensated by lurching from one extreme to the other, a feature of the German character mockingly known as Hundertfünfzigprozentigkeit. It will require sane voices from beyond Germany's borders to point out the need for a proper balance to be struck - the oenological equivalent of the vinous balance between fruit and acidity which remains the hallmark of German Riesling, the world's greatest white wine."
Hiermit befindet sich Scott in prominenter Gesellschaft. Leider habe ich das Zitat nicht mehr griffbereit, aber ich meine mich zu erinnern, dass Hugh Johnson sich im Kleinen Weinführer 2008 gefragt hat, warum die Deutschen eigentlich den oftmals streng wirkenden trockenen Riesling den im Alkohol leichteren restsüßen vorziehen. Terry Theise ist noch expliziter und regt sich in seinem Jahrgangsreport 2011 (http://www.skurnikwines.com/msw/documen ... y_2011.pdf) an nahezu jeder Stelle über die Obsession der Deutschen mit trockenen Rieslingen auf.
David Schildknecht hat sich im JR Forum ausführlich mit der Rede von Tom Scott auseinandergesetzt und unterstützt grundsätzlich dessen Aussage, dass Restzucker im Riesling der Harmonie zuträglich sein kann. Schildknecht ist aber der Meinung - so lese ich seine Beiträge -, dass die Harmonie zwischen Frucht (und Fruchtsüße) und Säure auch im trockenen Riesling gut erreicht werden kann, jedoch (recht frei von mir interpretiert) v.a. durch eine längere Ausbauzeit, keine Fixierung auf einen bestimmten Restzuckergehalt und einen nicht strikt reduktiven Ausbau.
Meine eigene Meinung zu dem Thema ist recht klar, und leider auch etwas langweilig: die Vielfalt macht's. Ich bin der Meinung, es gibt nicht den einen Rieslingstil, der der Traube am besten gerecht wird. Ich als Konsument wünsche mir die ganze Bandbreite in allen Stilarten, je nachdem was der Boden, das Klima und der Jahrgang hergeben. Trotzdem frage auch ich mich, ob wir hier in D beim Riesling nicht etwas zu kategorisch sind. Die Vielfalt sehe ich jedenfalls in einigen Gebieten durchaus gefährdet, so z.B. im Rheingau und in der Pfalz.
Wie seht ihr das? Sind wir hier in D gerade etwas zu kategorisch, indem wir v.a. trockene Rieslinge wollen und restsüßen (nicht edelsüßen) bzw. halbtrockenen Rieslingen keine faire Chance mehr lassen? Ich habe das Gefühl, dass die hier diskutierenden Weinliebhaber auch für alles offen sind. Deshalb stelle ich die Frage v.a. vor dem Hintergrund der Wahrnehmung in der Breite und im eigenen - nicht ganz so weinaffinen - Umfeld. Mir persönlich fällt nämlich schon im Freundeskreis, bei Winzerbesuchen, etc. auf, dass restsüße und halbtrockene Weine oft mehr oder weniger als das Allerletzte aufgefasst werden - bis man die Weine mal unvoreingenommen probiert.