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Riesling trocken vs. restüß - die Sicht von außen

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Birte

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Re: Riesling trocken vs. restüß - die Sicht von außen

BeitragMi 13. Jul 2011, 10:44

wie sich der RZ in Glucose und Fructose aufteilt


Das ist nicht entscheidend. Der Fruchtzucker ist für einen Diabetiker genauso schädlich.
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Gerald

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Re: Riesling trocken vs. restüß - die Sicht von außen

BeitragMi 13. Jul 2011, 10:53

Das ist nicht entscheidend. Der Fruchtzucker ist für einen Diabetiker genauso schädlich.


Fructose wird meines Wissens nicht mehr als Alternative für Diabetiker empfohlen. Trotzdem ist die Wirkungsweise ganz anders, da die Verstoffwechslung ja nicht insulinabhängig ist. Aber - wie erwähnt - sind Mengen von 8 g/l ohnehin kein so großes Problem, man muss keinen speziellen "Diabetikerwein" kaufen, siehe http://www.bfr.bund.de/cm/343/diabetike ... umwein.pdf

Dass 0,5 l einer TBA für einen Diabetiker weniger zu empfehlen wäre, ist natürlich auch klar ...

Grüße,
Gerald
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Birte

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Re: Riesling trocken vs. restüß - die Sicht von außen

BeitragMi 13. Jul 2011, 11:20

Auch auf die Gefahr hin, dass wir gleich zu Wein und Gesundheit verkommen. Fruchtzucker wird überwiegend, aber nicht ganz insulinunabhängig verwertet. Die 0,33 Broteinheiten, die Du anführst sind für einen Diabetiker Typ II, der nur mit der richtigen Ernährung ohne Medikamente zurechtkommt, durchaus entscheidend. Aber nun wieder zu uns gesunden Weintrinkern. Ich möchte auch die RZ Werte wissen, weil ich es spannend finde, ob mich mein individuelles Süßeempfinden täuscht oder eben nicht. Ich kenne Winzer, die riesiges Theater veranstalten, wenn man sie nach ihren RZ Werten fragt. Ob ein Wein gut ist oder nicht, hat damit rein gar nichts zu tun. Mit Verschleierung der RZ Werte kann das landläufige Vorurteil, egal in welche Richtung, nicht abgebaut werden.
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Gerald

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Re: Riesling trocken vs. restüß - die Sicht von außen

BeitragMi 13. Jul 2011, 11:28

Klar, die Sache mit dem Diabetikerwein können wir - falls es noch jemand interessiert - natürlich im Unterforum "Wein und Gesundheit" vertiefen.

Mich interessieren die RZ-Werte auch, sie stimmen aber nicht immer mit meiner "gefühlten" Restsüße überein. Neben "side effects" des menschlichen Gaumens (der von der Evolution ja nicht als präzises analytisches Messinstrument eingerichtet ist ;) ) wie Querempfindlichkeiten gegenüber Säure und anderen Weininhaltsstoffen kommt da sicherlich auch das erwähnte Verhältnis von Glucose zu Fructose zum Tragen, da Fructose ja um ein Vielfaches stärker süß wirkt als Glucose. Und dieses Verhältnis wird wohl vom Gärverlauf abhängen, u.a. ob die Gärung langsam selbst zum Erliegen gekommen ist oder schnell abgestoppt wurde. Ganz zu schweigen von Süßreserve (falls das überhaupt noch ein Thema ist).

Grüße,
Gerald
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Birte

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Re: Riesling trocken vs. restüß - die Sicht von außen

BeitragMi 13. Jul 2011, 11:37

kommt da sicherlich auch das erwähnte Verhältnis von Glucose zu Fructose zum Tragen, da Fructose ja um ein Vielfaches stärker süß wirkt als Glucose


Den Punkt finde ich immer sehr spannend. Ich fand es auch immer wieder interessant, wenn ich Weine, die stark nach Pfirsich rochen probiert habe. Ich habe automatisch höhere Zuckerwerte geschätzt. Mittlerweile bin ich da vorsichtiger geworden, sonst hätte ich schon als Messgerät Geld verdient ;)
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BuschWein

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Re: Riesling trocken vs. restüß - die Sicht von außen

BeitragMi 13. Jul 2011, 12:19

einen 09er Kabinett von Fritz Haag. Als ich neulich davon eine Flasche mitgenommen habe, lautete der Kommentar des Ladeninhabers: "Endlich kauft den mal jemand! Ein toller Wein, aber so etwas Süßes will niemand haben! Das liegt bei mir wie Blei in den Regalen."


Was Bernd von seinem Händler in Aachen gesagt bekommen kann, kann ich aus meiner Erfahrung hier in Frankfurt fast genauso unterschreiben. Und das liegt eher nicht daran, dass die Kunden alles ignorante Trocken-Fetischisten sind, oder gar Etikettentrinker in dem Sinne, dass trocken draufstehen sollte aber gar nicht drin sein muss.

Ich denke es liegt eher daran, dass viele Kunden des "ambitionierten" Fachhandels eher aus jüngeren und frankophil und italophil sozialisierten Menschen bestehen. Ja auch viele Weinfachhandlungen, die in den 80ern und 90ern des vorigen Jahrhunderts gegründet wurden kommen ja nicht vom deutschen Wein her, den hatten die damals gar nicht im Angebot.

Wenn wir Proben mit unseren Moselwinzern machen, dort haben wir eher auch restsüße Weine mit im Programm, dann können viele, insbesondere jüngere Kunden mit der Süße einfach wenig anfangen, das ist nicht so, dass sie da ignorant wären, das schmeckt vielen einfach nicht.

Und ich halte jetzt auch nichts davon, den Menschen vor zu schreiben, dass Ihnen doch aus Traditionsgründen und zum Schutze der Deutschen Weinkultur jetzt bitte auch restsüße Weine zu schmecken haben. Die Zeit der Geschmacksdiktate sind zum Glück vorbei.

So ganz kann ich die Klage von Tom Scott auch nicht nachvollziehen, warum wundert er sich, dass es in unterschiedlichen Ländern unterschiedliche Geschmacksvorlieben gibt? Die gibt es doch nicht nur bei Wein. Nur weil Engländer die restsüßen Rieslinge bevorzugen, muss das doch nicht unbedingt in Deutschland auch so sein.

Übrigens fürchte ich dass die restsüßen Rieslinge in England und Amerika auch von einer eher "konservativen" Klientel getrunken werden, ob das tatsächlich zukunftsweisend sein wird, wird man sehen. Auch das Angebot in Englischen Weinhandlungen, zumindest in London, ist deutlich "konservativer" als in Deutschland z.B., da liegt der Schwerpunkt bei den Weißweinen immer noch bei Muscadet und Sancerre von der Loire, dazu Chablis und andere weiße Burgunder, also auch in England wird hauptsächlich trockener Weißwein getrunken, nur halt eher nicht, oder noch nicht, aus Deutschland. Um aber nur für eine kleine Nische zu produzieren ist Deutschland als Weinbauland zu groß. Sprich für die Deutschen Winzer, zumindest für die qualitätsorientierten, gibt es keine Alternative dazu, den Großteil der Weine trocken auszubauen.
Armin
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Bernd Schulz

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Re: Riesling trocken vs. restüß - die Sicht von außen

BeitragMi 13. Jul 2011, 12:59

Und ich halte jetzt auch nichts davon, den Menschen vor zu schreiben, dass Ihnen doch aus Traditionsgründen und zum Schutze der Deutschen Weinkultur jetzt bitte auch restsüße Weine zu schmecken haben. Die Zeit der Geschmacksdiktate sind zum Glück vorbei.


Tja, für Geschmacksdiktate wird sich hier sicherlich niemand aussprechen wollen - nur gilt das auch in die umgekehrte Richtung. Den unter "gehobeneren" Weintrinkern existierenden Trockenzwang sehe ich nämlich genau als eine Art Diktat, das immer irgendwo im Hintergrund steht: Zucker im Wein ist böse, ein restsüßer Wein darf einfach nicht schmecken!
Die Verbindung von Traubigkeit, Frucht, Süße, und Säure, die ein junger restsüßer Riesling mit sich bringt, hat doch erst einmal überhaupt nichts Abstoßendes. Fast alle Menschen mögen eine solche Aromatik von Natur aus sehr gerne. Und ich erlebe es immer wieder, dass eingefleischte Trockenfetischisten, wenn sie es erst einmal geschafft haben, das in ihrem Hinterkopf nistende Geschmackdiktat :mrgreen: zu hinterfragen, mit größtem Genuss einen Süßwein vernichten - und sich verwundert fragen, warum sie diesen Stil über Jahre hinweg vehement abgelehnt haben.

Über unserer Weingesellschaft schwebt inzwischen als ungeschriebenes Gesetz die simple Gleichung: "Trocken = hui, süß = pfui". Und das nenne ich - Geschmacksdiktat :mrgreen:!

Beste Grüße

Bernd
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Markus Vahlefeld

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Re: Riesling trocken vs. restüß - die Sicht von außen

BeitragMi 13. Jul 2011, 13:50

Hm... jetzt wird aus persönlichen Vorlieben schon ein Diktat gemacht... nein, das ist nicht der richtige Ansatz IMHO. Erstmal interessiert es mich nicht, WARUM jemand diese oder jene Vorlieben hat und ich mutmasse auch bei Fruchttrinkern nicht, ob sie irgendwie in einer infantilen Phase stecken geblieben sind. Wer so etwas macht - also scheinbar zu wissen, welche Gründe der andere hat - ist recht nah am Diktieren.

Meine Vermutung, dass in D immer noch mehr süsslich getrunken wird, hat sich also bestätigt (Danke, Harti). Damit wird dem Ansatz von Scott eigentlich der Boden unter den Füssen weggezogen.

Was aber, so glaube ich, in der Zusammenfassung über Zucker generell gesagt werden kann, ist, dass Zucker heute ziemlich schlecht beleumundet ist. Ungefähr so schlecht wie Fett. Und nur etwas weniger schlecht als Alkohol und Nikotin :mrgreen:

Ob das jetzt alles gerecht ist und Zucker doch eigentlich ganz toll... egal. Der positive Effekt ist nämlich auch, dass Zucker und Fett auch in der Gastronomie nicht mehr angesagt sind. Früher wurde jede Sosse mit Sahne aufgepeppt und jedes Dressing mit Zucker "runder" gemacht. Diese Art Taschenspielertricks sind inzwischen arg verpönt. Das kann man durchaus auch auf den Wein übertragen: natürliche Geschmacksverstärker wie Zucker oder Alkohol (äquivalent zum Fett), werden nur noch in Maßen goutiert.
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Gerald

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Re: Riesling trocken vs. restüß - die Sicht von außen

BeitragMi 13. Jul 2011, 13:57

Markus, das mit dem Zucker in Speisen ist ein sehr interessanter Ansatz. Während es - auch in Ostösterreich - zu meiner Kindheit noch üblich war, die Salatmarinade für grünen Salat kräftig zu zuckern (ich habe das immer gehasst!) oder auch Tomatensuppe bei Tisch mit etwas Staubzucker zu "veredeln", hat sich das inzwischen glücklicherweise größtenteils erledigt. Ich vermute, dass es mit dem Einfluss der mediterranen Küche zusammenhängt, wo man Zucker in diesem Kontext kaum verwenden würde.

Und das könnte sich eben auch auf Wein übertragen haben, da ja Nicht-Prädikatsweine in den seinerzeitigen Wein-Vorbildnationen (insb. Frankreich und Italien) fast immer trocken ausgebaut werden.

@Bernd: eine einfach Mehrheitsmeinung würde ich persönlich ja nicht als Geschmacksdiktat sehen, genausowenig wie dass die Mehrheit der Bevölkerung mit klassischer Musik nicht so viel anfangen kann, oder?

Grüße,
Gerald
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Markus Vahlefeld

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Re: Riesling trocken vs. restüß - die Sicht von außen

BeitragMi 13. Jul 2011, 14:18

Ja, ich erinnere mich auch noch daran, wo alles Zucker reingeschüttet wurde. Eigentlich müsste unsere Sozialisation gerade in die Richtung gegangen sein, in allem und jedem den Zucker zu lieben. Ist sie aber nicht. Und die Gründe dafür sind vielfältig.

Wie Du schreibst: der Einfluss der mediterranen Küche. Die Lust auf Leichtigkeit.

Überhaupt die unterschwellige Abneigung gegen (auch natürliche) Geschmacksverstärker. Stichwort authentisch.

Die Schlankheitswelle. Dass alles mit Zucker und Fett eher kritisch gesehen wird.

Die Abgrenzung gegen die ältere Generation (mit den o.g. Gründen).

Sicher gibt es da noch vieles mehr. Das oft verschrobene Design restsüßer Weinetiketten fällt mir da ein :lol:

Wie Harti schon angemerkt hat, wir sprechen hier über die "aufgeklärte" Meinungselite (bitte nicht falsch verstehen, aber Zucker und Fett wird auch gerne als Unterschichtenproblem definiert), die natürlich auch medial den Ton angibt und gerne mal neue Säue durchs Dorf treibt. Vor einigen Jahren war doch Schokolade so in Mode. Da ging es auch darum, authentische Schokolade in Abgrenzung zur Süssmassenindustrie zu definieren. Auf einmal war hochwertige Schokolade mindestens zartbitter und nienieniemals süss. Am besten noch mit Paprikastückchen oder Pfeffer gewürzt.

Heute gibt es diese Schokolade sogar im Biomarkt um die Ecke. Auch dort gilt: die Süsswaren (vor allem für die Kinder) sollten nicht allzu süss sein. Und da fällt mir schon wieder ein Grund für die Zuckerablehnung ein: die Gefahr schlechter Zähne.
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