Restsüßer Kabinett

Bernd Schulz
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Re: Restsüßer Kabinett

Beitrag von Bernd Schulz »

AH. hat geschrieben:ich finde die Weine von Dr. F. Weins-Prüm absolut korrekt und blitzsauber. Sie sind nicht negativ "geglättet" oder unnatürlich. Ich finde dort keine Weinfehler!


Lieber Andreas, das stimmt ja durch die "normale" Brille gesehen erst einmal alles! Aber unterschiedliche Menschen/Weintrinker legen nun mal unterschiedliche Maßstäbe an.

Um erneut einen leidigen Vergleich zu bemühen: Angesichts der unterschiedlichen Interpretationen eines Musikwerks spielt für mich das "absolut Korrekte und Blitzsaubere" eine untergeordnete Rolle. Mir geht es da vergleichsweise wenig um die Abwesenheit jeglicher Fehler!

Und ich trinke im Zweifelsfall lieber Weine, die polarisieren, als solche, die in deinem Sinne vorbehaltlos "köstlich" sind.

Herzlich offtopische Grüße

Bernd
C9dP
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Re: Restsüßer Kabinett

Beitrag von C9dP »

Danke Bernd. Das trifft den Nagel auf den Kopf.

Und glatt als abwertend zu bezeichnend aber sonst fleißig mit ekelhaft um sich zu schmeißen ist zumindest fragwürdig.

Aber mir fällt immer wieder auf, dass ich zu den gesegneten Nichtschmeckern gehöre. Ich kann diese ganzen nicht so köstlichen Weine trinken, auf die all die (ein)gebildeten und (selbst)erklärten Superschmecker verzichten müssen :roll: :lol:
Viele Grüße

Aloys
Pointless
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Re: Restsüßer Kabinett

Beitrag von Pointless »

Grau ist alle Theorie. Der Auftakt zur Praxis war vielversprechend.

Bild

Ich glaube ich mag den Jahrgangsstil von 2010 offenbar, egal ob trocken oder restsüß. Ob der allerdings noch eine große Zukunft hat, da bin ich nicht so sicher. Auch wenn er sich momentan gut trinkt könnte ich mir gut vorstellen, dass der in ein paar Jahren ausgezehrt ist. Ist natürlich auch nur der lagenlose Kabi.

Grüße

Jochen
AH.
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Re: Restsüßer Kabinett

Beitrag von AH. »

Um erneut einen leidigen Vergleich zu bemühen: Angesichts der unterschiedlichen Interpretationen eines Musikwerks spielt für mich das "absolut Korrekte und Blitzsaubere" eine untergeordnete Rolle. Mir geht es da vergleichsweise wenig um die Abwesenheit jeglicher Fehler!

Hallo Bernd,

Musik ist Kunst. Sie ist originell und kreativ und hat einen Inhalt. Kunst bringt einen voran, philosphisch, emotional,....

Wein ist nur ein Genußmittel - das soll für mich nur möglichst gut schmecken.

Von daher teile ich Deinen Vergleich nicht.

Wichtig bleibt bei Genußmitteln: "über Geschmäcker kann man nicht streiten".

Kunst (Musik, Malerei, Bildhauerei, Video-Installationen, ....) ist mehr: Man kann ihre Originalität (ab origine: Vom Ursprung her), ihre Kreativität (creare: Schaffen, hervorbrigen) und ihren Inhalt (philosophisch, emotional) deuten und diskutieren.
Sie ist insofern eine Schwester der Naturwissenschaft, die auch originell und kreativ - also avantgardistisch - sein muß.

Bei Wein geht nur: Schmeckt mir köstlich/lecker.....aber Dir vielleicht nicht.

Du: Ich suche nicht unbedingt köstlich/lecker im Wein, sondern "komplex" oder......

Liebe Grüße

Andreas
MichaelWagner
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Re: Restsüßer Kabinett

Beitrag von MichaelWagner »

Musik ist Kunst

Wein ist nur ein Genußmittel


Würdest Du Justin Bieber als Kunst empfinden und - ich nehme jetzt einfach mal den G-Max - als reines Genussmittel....?

Wenn dem so ist, würde ich sagen wir lassen das mit den Weinbergen alles sein und synthetisieren ein Getränk das dem Geschmack von sauber gemachtem Wein entspricht. Ist technisch machbar und viel kostengünstiger...
wenns läuft, dann läufts. Aber bis es läuft, dauerts...
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Gerald
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Re: Restsüßer Kabinett

Beitrag von Gerald »

Wenn dem so ist, würde ich sagen wir lassen das mit den Weinbergen alles sein und synthetisieren ein Getränk das dem Geschmack von sauber gemachtem Wein entspricht. Ist technisch machbar und viel kostengünstiger...


Ob das derzeit schon machbar ist, weiß ich nicht. Kostengünstiger aber ganz bestimmt nicht, dafür ist die Zusammensetzung von Wein einfach viel zu komplex. Man braucht nur daran zu denken, wie synthetische Aromakompositionen für Früchte schmecken (Erdbeere, Himbeere etc.) - mit dem Aroma der echten Früchte hat das sehr wenig zu tun.

Grüße,
Gerald
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thvins
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Re: Restsüßer Kabinett

Beitrag von thvins »

Nach dem Statement von Andreas zu Musik und Wein, zu Kunst und Genuss juckt es mich ja eigentlich gewaltig in den Fingern, aber zugleich befällt mich eine große Müdigkeit und Depression... Ich leg mich hin und kurier meine Frühjahrsmüdigkeit und hoffe, wenn ich aufwache, sind die Dogmatiker weg und mit ihnen die banale Hintergrundmusik und der schale Wein. Stattdessen wünsche ich mir dann Musik mit Dissonanzen und kreativen Einfällen, bei denen man gezwungen wird, genau hin zu hören, um sie als Kunst erfassen zu können und dazu einen komplexen und spannend erzählenden Wein,dem ich zuhören kann, gern auch aus der Amphore und im Verein aus süß, sauer, bitter, salzig und... - Leute dabei, denen Wein mehr als nur Genussmittel sein kann. Und dann können wir auch über die Kunst des Genießens reden, die gleichwohl wichtig beim Musikgenuss als auch beim Genießen der Winzerkunst für mich ist.
Beste Grüße

Torsten

http://www.torsten-hammer-priorat-guide.com
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EThC
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Re: Restsüßer Kabinett

Beitrag von EThC »

Super Einstellung zum Thema Genuß, hätte es selber nicht besser ausdrücken können...

Leider gibt sowohl beim Wein als auch bei der Musik in der Masse lieblos produzierte Ware ohne jeden Anspruch den Ton an.
Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
DAS EWIG GESTRIGE
was immer war und immer wiederkehrt und morgen gilt, weil's heute hat gegolten.

https://ec1962.wordpress.com/
Finkenweine
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Re: Restsüßer Kabinett

Beitrag von Finkenweine »

Genuss ist zum Glück nichts absolutes...

Absolut gesehen bin ich kein Freund von restsüßem Kabinett. Ich liebe trockene Weine (gerade einen Jacobus von Kühn für den Abend in den Kühlschrank gelegt...) und wenn süß, dann eher richtig (Auslese +) und nach dem Essen (so wie gestern ein phantastischer 2011er Karthäuserhofberg mit Eisweinanteilen).

Aber einen 1985er (!) Kabinett von Zilliken vor wenigen Jahren hat mich umgehauen. So viel Eleganz und Komplexität bei Leichtigkeit und Filigranität war einer der schönsten Weine der letzten Jahre... Bei solchen Weinen machen Punktbewertungen keinen Sinn, weil natürlich die Gefahr besteht, dass eine Auslese noch mehr von allem hat. Aber der Spaßfaktor war unübertrefflich und ich werde den Wein nie vergessen und darum geht es doch am Ende...
Dr. Lutz Krämer
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AH.
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Re: Restsüßer Kabinett

Beitrag von AH. »

Würdest Du Justin Bieber als Kunst empfinden und - ich nehme jetzt einfach mal den G-Max - als reines Genussmittel....?

Hallo,

der "G-Max" wäre für mich auf jeden Fall ein reines Genußmittel. Wein kann schon originell und kreativ sein, aber wo ist der Inhalt der mich philosophisch oder emotional voranbringt?

Justin Bieber habe ich eben kurz bei Youtube zum ersten Mal gehört, er erscheint mir (harmonisch, melodisch, rhythmisch und von der Form her) nicht sehr originell und kreativ. Das ist m.E. eher eine Form von Musik-Handwerk, aber ich kenne mich in diesem Genre nicht genug aus, um zu einem endgültigen Schluß zu kommen.

Im Tamino-Klassikforum habe ich etwas über Kunstmusik geschrieben, einfach nach AH. suchen:

http://www.tamino-klassikforum.at/

Leider wurde ich dort ohne Vorwarnung gesperrt, weil ich auch über Rock, Pop, Heavy-Metal u.ä. schrieb - in einem Forum, wo man angeblich über alles schreiben können sollte - der Tritsch-Tratsch-Plauderecke.
Lesenswert ist auch der Thread "Ästhetik ist relativ".

Liebe Grüße

Andreas
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