Aktuelle Zeit: Di 23. Apr 2024, 19:34


Douro (ohne Port)

  • Autor
  • Nachricht
Offline

ChezMatze

  • Beiträge: 204
  • Registriert: Mi 29. Dez 2010, 22:02

Re: Douro (ohne Port)

BeitragMi 4. Mai 2011, 12:22

Jetzt habe ich es endlich geschafft und das Video vom Passadouro-Test hochgeladen. Es geht hier also um den 2008er Passadouro Reserva, den Armin ja noch recht unzugänglich fand. Lustigerweise hat er mir gerade am ersten Tag am besten gefallen. Gut, die ganzen Problemchen eines erst vor kürzerer Zeit abgefüllten Rotweins, der doch für die längere Lagerung bestimmt ist, gibt es auch hier. Aber davon mal abgesehen fand ich die Frucht attraktiv, die Säure passend, die Tannine elegant.

Im Laufe der nächsten Tage hat sich Aromatik allerdings ein wenig in eine Richtung verschoben, die mir persönlich nicht so liegt. Zu Anfang wollte ich noch 17,5 MP geben, jetzt liege ich bei 16 MP. Das ist natürlich völlig subjektiv, und wer andere Geschmacksvorlieben hat, mag das eventuell völlig anders sehen. Jedenfalls habe ich das Ganze nun auch auf virtuelles Papier gebracht: http://chezmatze.wordpress.com/2011/05/ ... erva-2008/

So ganz pauschal habe ich in Portugal bei den Rotweinen fünf verschiedene Stile feststellen können:
1. den Brot-und-Butter-Wein (meist Genossenschaften, günstig und für jeden Tag, mittlerweile moderne Weinbereitung)
2. den unbewussten Ultra-Traditionalisten (Weinbereitung im alten Stil, gern etwas ruppig und unsauber)
3. den bewussten Neo- oder Immer-noch-Traditionalisten (langlebige Weine, jung etwas unzugänglich)
4. den geschliffenen Stil (zu dem gehört der Passadouro, die "Konkurrenz" wird in Bordeaux gesehen)
5. den modern-fruchtigen Stil (zugänglich und mit sehr unterschiedlichen Lagerambitionen, die Konkurrenz wird in der Neuen Welt gesehen).

Mir haben die Exemplare des dritten Stils am meisten zugesagt, das wundert Euch sicher nicht. Über die Schwierigkeit, in den Export zu kommen, haben allerdings Vertreter aller fünf Stile ein wenig geklagt...
Offline

ChezMatze

  • Beiträge: 204
  • Registriert: Mi 29. Dez 2010, 22:02

Re: Douro (ohne Port)

BeitragFr 20. Mai 2011, 13:24

Weil sich ja nicht jede/r ständig durchs Netz klickt, und weil das unser Rotwein des Abends war, an dieser Stelle noch mal ganz schnell ein paar Eindrücke zum Redoma tinto 1996 von Niepoort:

Ein vollständig trüber Wein, da sieht man gar nicht durch, eher mittleres Rot übrigens, nicht arg dunkel. In der Nase erst mal feindselig: dumpfe Noten, gewisse Süßeanmutung, leicht flüchtige Säure. Nicht gerade fruchtig also, eher vegetal. Nichts für Anfänger oder Wohlfühlwein-Trinker, das hier ist schon ziemlich herausfordernd. Am Gaumen dann wesentlich sauberer, deutliche Sauerkirschnoten, ein bisschen Pflaume auch, Lakritz, nicht-aromatische Gewürze, ganz leichter Holzanklang, die Tannine präsent, aber schön eingebunden. Das ist ein Wein für Leute, die mal einen ultrawilden Bordeaux haben wollen, ihn aber nicht trinken können, weil es ihn nicht gibt.

Ich habe dem Wein 17,5 MP gegeben, und da wir ihn auch "richtig" trinken konnten, also nicht nur Probeschlucke, bin ich mir bei der Qualität ziemlich sicher. Ich sehe den Wein exakt jetzt auf seinem Höhepunkt. Da ist nichts Müdes, Ausgezehrtes, die vermutliche Gerbstoffstrenge früherer Jahre hat sich wunderbar entwickelt.

Klar, den Redoma gibt es relativ weit verbreitet zu kaufen. Nach meiner Erfahrung würde ich aber
sagen, dass das ein Wein ist, der eine ziemlich lange Verschlussphase hat. Jung könnte ich ihn mir gut vorstellen, danach dann erst mal gar nicht, dann höchstens gut dekantiert, und auf seinem Höhepunkt so wie jetzt. Es gibt genau den 1996er übrigens bei Getränkewelt Weiser für 25,50 €: http://www.getraenkewelt-weiser.de/prod ... -75-l.html Ich kenne den Händler nicht, aber gut abgelagert ist das ein echtes Schätzchen für Charakterfreunde.
Offline
Benutzeravatar

octopussy

  • Beiträge: 4405
  • Bilder: 135
  • Registriert: Do 23. Dez 2010, 11:23
  • Wohnort: Hamburg
  • Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Re: Douro (ohne Port)

BeitragMo 13. Jun 2011, 00:35

Heute gab es bei meinen Eltern zum Grillen den 2007 Cedro do Noval Vinho Regional Douriense der Quinta do Crasto, die wie so viele Güter im Douro-Tal v.a. für Portwein bekannt ist. So wirklich begeistert war ich nicht. Spannend war der Wein auf jeden Fall, aber mir persönlich fast ein wenig zu rustikal. Zum Grillen aber keine schlechte Wahl.

Bild
Beste Grüße, Stephan
Offline
Benutzeravatar

innauen

  • Beiträge: 3504
  • Bilder: 8
  • Registriert: Mi 3. Nov 2010, 12:33
  • Wohnort: Berlin

Re: Douro (ohne Port)

BeitragFr 24. Jun 2011, 21:30

Hallo,

portugiesische Weine ziehe ich (sehr pauschal gesagt) den spanischen häufig vor, weil sie frischer sind. Dieser hier ist wieder mal eine Bestätigung für mich:

Bild

Grüße,

wolf
„Es war viel mehr.“

Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)
Offline

argentum

  • Beiträge: 431
  • Registriert: Di 7. Dez 2010, 12:28
  • Wohnort: Bern

Re: Douro (ohne Port)

BeitragDo 30. Jun 2011, 22:13

Gerade im Glas und ich bin vollends begeistert

Quinta do Vale Meão Douro Doc 2006

Dunkles Purpur mit violettem Schimmer. Wunderbare Viskosität zeigend. In der Nase eine schwarze Seele die dunkle Beeren wie Brombeere oder Johannisbeere zeigt. Vielleicht auch noch etwas Schoggi (?). Am Gaumen noch viel mehr Würze zeigend, mediterranes Feeling, dass sich in entsprechender Würzigkeit breit macht. Guter, kompakter Abgang, der vielleicht etwas länger sein könnte, aber mich vollends überzeugt.

Dieser Wein hat sicher noch 10 Jahre vor sich in denen er vielleicht auch dazu gewinnen kann.

Wie gesagt, eine der ganz wenigen Portugalerfahrungen, aber zwingend dies zu erweitern :D
Gruss
Philipp

http://www.pinotphil.tumblr.com

In vinum veritas - lassum bev amo ün
Offline

ChezMatze

  • Beiträge: 204
  • Registriert: Mi 29. Dez 2010, 22:02

Re: Douro (ohne Port)

BeitragMi 13. Jul 2011, 10:33

Der Wein war mir vor Ort etwas zu teuer, aber ich wusste schon, dass ich da etwas verpasse...

Der Weinhändler in Lissabon hat mir noch erzählt, dass man den Vale Meão unter Experten auch gern mal als "Barca Nova" bezeichnet. Warum das? Weil die Trauben der Quinta für viele Jahre das Herzstück des legendären portugiesischen Rotweins "Barca Velha" waren, der ja eine Cuvée von verschiedenen Zulieferern darstellt. Seit 1999 macht Besitzer Olazabal den Vale Meão und den Meandro selbst, und wenn ich das richtig verstanden habe, werden mittlerweile überhaupt keine Trauben mehr an die "Barca Velha"-Leute geliefert.

Der Weinhändler meinte, dass sich viele der traditionell orientierten portugiesischen Weinkenner jetzt Sorgen machen würden, dass der "Barca Velha" als quasi nationales Kulturgut durch das potenziell schlechtere Traubenmaterial nicht mehr die Qualität früherer Abfüllungen erreichen kann. Die Zeit wird es zeigen...
Offline

BuschWein

  • Beiträge: 542
  • Registriert: Mi 3. Nov 2010, 16:33

Re: Douro (ohne Port)

BeitragMi 13. Jul 2011, 12:37

Na ja die Trauben von Niepoorts großen Rotweinen Batuta und Redoma kamen ja früher auch von anderen Lagen als heute, hat ihrem Ruf nicht unbedingt geschadet. Es gibt im Douro-Gebiet immer noch viele Weingärten in sehr guter bis exzellenter Lage mit alten Reben, man muss heute vielleicht mehr zahlen für die Trauben, was aber für einen Barca Velha auch nicht so schlimm sein sollte.

Der Barca Velha muss also nicht zwingend schlechter werden, nur weil man keine Trauben von Quinta do Vale Meao bekommt.
Armin
www.gutsweine.com

Dumme Menschen machen immer den gleichen Fehler, intelligente immer Neue ;)
Offline

ChezMatze

  • Beiträge: 204
  • Registriert: Mi 29. Dez 2010, 22:02

Re: Douro (ohne Port)

BeitragMi 13. Jul 2011, 12:56

Nein Armin, das wollte ich damit auch nicht sagen. Veränderungen haben ja im Allgemeinen nicht unbedingt negative Auswirkungen. Wer konservativ orientiert ist (wie offenbar die traditionellen portugiesischen Weinfreunde), wird das grundsätzlich kritisch sehen; wer progressiv orientiert ist, entsprechend grundsätzlich begrüßen.

Jetzt aber vom Allgemeinen zum Speziellen: Weißt Du denn, wer stattdessen als Barca Velha-Belieferer eingesprungen ist? Der Preis ist da sicher kein Einflussfaktor. Ich wäre froh, wenn ich es mir leisten könnte, mal einen gereiften Barca Velha zu probieren...
Offline
Benutzeravatar

Dilbert

  • Beiträge: 755
  • Bilder: 23
  • Registriert: Di 7. Dez 2010, 17:33

Re: Douro (ohne Port)

BeitragFr 22. Jul 2011, 08:03

Hallo allerseits,

bei uns hat am Montag ein neuer C+C-Markt seine Pforten geöffnet und da die Sommeliere des alten Marktes vorab bereits angekündigt hat, dass die Weinabteilung ausgebaut wird, konnte ich der Versuchung nicht widerstehen und war am Dienstag Abend kurz dort.

Aus der am selben Tag geöffneten Flasche konnte ich folgenden Wein probieren:

Charme 2008, Douro, Niepoort

Sehr interessant! Der Wein war mit allen anderen Rotweinen nicht zu vergleichen. In der Nase Rauch und ein wenig Speck. Am Gaumen dann ebenfalls ein etwas speckiger Geschmack, Trüffel, erdig aber trotzdem voller eleganz - burgundisch. Langer individueller Nachhall.
Für mich ein toller Wein, gerade weil er abweichend zu üblichen Geschmacksmustern ist. Ein sehr eigenständiger Typ und ein Wein der Lust darauf macht, ihn während eines ganzen Abends zu beobachten. Leider mit ca. 55 EUR auch nicht ganz billig!! :?

Gruß,
Jochen

btw: Parker 88P

btw 2: Als meine Frau mich später fragte, wie denn der neue Markt sei, musste ich antworten: "Sorry, habe nur die Weinabteilung gesehen!" :oops: :lol:
„Eine Magnum-Flasche? Genau die richtige Größe für einen schönen Abend. Vorausgesetzt, man beginnt mit einem Champagner, man endet das Menu mit einem Sauternes, und man ist allein daheim…“
(Anthony Barton)
Offline

BuschWein

  • Beiträge: 542
  • Registriert: Mi 3. Nov 2010, 16:33

Re: Douro (ohne Port)

BeitragFr 22. Jul 2011, 12:24

@Matze
Da wir Barca Velha nicht im Programm haben, habe ich da auch keinen Kontakt zum Weingut, kann Dir also nicht sagen wo die Trauben heute her kommen.

Übrigens Francisco Olazabal von Quinta do Vale Meao berät auch ein neues Familienweingut im Dao: Quinta do Mondego. Was uns an dem Weingut besonders gefallen hat, die Tochter hat selbst Weinbau gelernt, unter anderem bei Quinta dos Roques/das Maias im Dao, für mich immer noch einer der führenden Erzeuger dort. Sicher kein schlechter Ort um zu lernen. Somit ist aus der Eignerfamilie auch jemand für die Weinbereitung zuständig, das lässt auf Kontinuität hoffen. Interessantes Projekt.
Armin
www.gutsweine.com

Dumme Menschen machen immer den gleichen Fehler, intelligente immer Neue ;)
VorherigeNächste

Zurück zu Douro

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 2 Gäste

Impressum - Nutzungsbedingungen - Datenschutzrichtlinie - Das Team - Alle Cookies des Boards löschen