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Ein schwarzer Tag

Hohe Brisanz, kurzes Verfallsdatum
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Markus Vahlefeld

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Re: Ein schwarzer Tag

BeitragSa 7. Mai 2011, 10:36

Holla!

Ich war gerade in einigen rheinhessischen Weinbergen und bin schockiert. An vielen Rebstöcken sehen die Blätter aus wie reife Tabakblätter, die sich zusammenrollen,braun und vertrocknet. Hier im Rheinhessischen geht man von 3.000 bis 5.000 ha betroffenen Weinbergen aus.

Auch der Hinweis auf 1997 passt nicht ganz, weil der Härtegrad der Frostschäden heuer viel ärger ist als damals. Eher bietet sich das Jahr 1953 als Vergleich an (wurde mir gesagt).

Nun sind Maifröste gar nicht so aussergewöhnlich, aber eben Luftfrost in der Härte und vor allem der Stillstand der Luft in der Nacht auf Mittwoch sind wohl ein Generationenphänomen. Also jede Generation erlebt das nur einmal. Es scheint sich um max. 2 Stunden gehandelt haben (zwischen 4 und 6 Uhr früh), in der es die Rebanlagen getroffen hat. Hier in Rheinhessen wohl eher die Muldenlagen, in denen sich die Luft stauen konnte. Die Hanglagen sind wohl gar nicht betroffen, und das ist die einzige gute Nachricht. Junge Anlagen waren besonders schwer getroffen, aber auch Altanlagen hat der Frost nicht verschont.

In Rheinland-Pfalz wurde bereits bekannt gegeben, dass die Finanzämter Forderungen an Weinbauern erstmal stunden und momentan wohl keine Steuern eingetrieben werden. Das ist der erste Schritt. Weitere werden sicher folgen.
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fafnir

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Re: Ein schwarzer Tag

BeitragSa 7. Mai 2011, 14:02

mein großvater, der selber winzer war, sagte immer :" in die frostlöcher gehören keine weinberge gepflanzt."



auch deshalb geht das ganze gejammere wegen der frostschäden ziemlich an mir vorbei.wenn ich zu dicht ans wasser baue, muß ich auch mit überschwemmungen rechnen. ich bin mir sehr sicher, daß die winzer sich des risikos bewußt waren, als sie in frostgefährdeten lagen reben pflanzten. und nach dem zweiten austrieb werden sie zwar nur kleine mengen, aber womöglich vorzügliche qualitäten einbringen können. also bitte nicht zu sehr schwarz sehen.

und die wirklich guten lagen haben wir ja auch noch. und diese stehen zur zeit prächtig und geben anlaß zur hoffnung auf einen richtig guten 2o11er!!!


gruß aus dem weinparadies


may
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C9dP

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Re: Ein schwarzer Tag

BeitragSa 7. Mai 2011, 14:28

Hallo zusammen.

Ich habe mal eine bescheidene Frage. Welche Weingüter sind den wirklich hart betroffen? Für mich stellt sich die Frage, da hier immer von verschonten Hanglagen die Rede ist, ob überhaupt die Winzer betroffen sind, die handwerklich wertvolle Produkte herstellen oder nur Produzenten von Trauben, die hinterher für 1,99 bei den Discountern im Regal stehen? Da würde es mich nämlich nicht wirklich stören, wenn das ein paar weniger wären. Wie vorher schon irgendwo geschrieben gibt es eh zuviel Produktion.
Viele Grüße

Aloys
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fafnir

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Re: Ein schwarzer Tag

BeitragSa 7. Mai 2011, 17:57

nach allem, was wir bisher erfahren haben, dürften zumindest in der pfalz und in rheinhessen, wo wir am ehesten einen überblick haben, die bekannten spitzengüter die geringsten frostprobleme haben.schließlich bewirtschaften sie meist schon seit generationen die toplagen ihrer region.

in den frostgefährdeten flächen ist oft erst in den letzten 2o jahren wein angebaut worden,diese anlagen sind natürlich leichter (maschinell ) zu bearbeiten,der arbeitsaufwand pro hektar liegt da oft nur bei 2oo stunden im jahr /( ein bruchteil dessen, was bei intensiver handarbeit benötigt wird in spitzengütern ).


dennoch können diese sehr rationell erzeugten weine durchaus als angenehme alltagsschoppen und durstlöscher ( Schorle im Sommer oder auch heute ) ihre daseinsberechtigung unter beweis stellen.


gruß aus dem weinparadies


may
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UlliB

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Re: Ein schwarzer Tag

BeitragMo 9. Mai 2011, 10:03

Ich war am Samstag auf der Durchreise in Randersacker und hatte genügend Zeit, die Situation vor Ort selber in Augenschein zu nehmen. Dort hat es keineswegs nur die bekannten frostgefährdeten Flächen erwischt (Flachlagen und Mulden), sondern auch die absoluten Toplagen. Im Pfülben gibt es mitten im Steilhang (!) etliche Parzellen, in denen nur noch braunes Laub hängt.

Das Schadbild ist dabei extrem heterogen verteilt: neben Parzellen, in denen kein einziges grünes Blatt mehr zu sehen ist, gibt es andere - häufig nur wenige Meter entfernt - in denen es deutlich besser aussieht. Neben der Exposition scheint dabei auch die Frage der Bodenbegrünung eine Rolle gespielt zu haben; außerdem scheint Riesling den Frost etwas besser überstanden zu haben als Silvaner. Nebenbei habe ich gelernt, was eine "Frostrute" ist - wer die stehengelassen hatte, ist deutlich besser dran.

Insgesamt sehen die Weinberge dort aber schon sehr schlimm aus. Bei den "Trockenen Schmitts", wo ich ein paar 2010er mitgenommen habe, meinte man, dass die Ernte dieses Jahr etwa 70 bis 75% kleiner als in einem normalen Jahr ausfallen wird. Aus einzelnen Lagen wie etwa dem Marsberg wird heuer gar nichts kommen.

In Sommerhausen, Eibelstadt und Thüngersheim soll es ähnlich aussehen. Gerüchteweise ist der Steigerwald etwas besser davongekommen als das Maindreieck.

Gruß
UIli
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drmamue

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Re: Ein schwarzer Tag

BeitragMo 9. Mai 2011, 15:10

Nebenbei habe ich gelernt, was eine "Frostrute" ist - wer die stehengelassen hatte, ist deutlich besser dran.


Hallo Ulli,

was hat es denn nun mit der Frostrute auf sich?

Neugierige Grüße
Markus
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UlliB

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Re: Ein schwarzer Tag

BeitragMo 9. Mai 2011, 18:20

drmamue hat geschrieben:was hat es denn nun mit der Frostrute auf sich?


Man lässt beim Rebschnitt neben der Rute, auf der der Ertrag des kommenden Jahres eigentlich basieren soll und die in den Drahtrahmen (oder am Rebpfahl) herabgebunden wird, eine weitere sehr lange vertikal verlaufende Rute stehen. Da sich die kälteste Luft auf Grund ihrer höheren Dichte bodennah aufhält, kann die Lufttemperatur im Bereich dieser "Frostrute" mit etwas Glück soviel höher sein, dass sie nicht durch den Frost geschädigt wird. Kommt es zum Frostschaden, schneidet man die geschädigte Rute weg und bindet die Frostrute herunter.

Das hat an vielen Stellen, wo es noch praktiziert wurde, auch erkennbaren Erfolg gehabt (aber nicht überall, in den Muldenlagen sind dieses Jahr auch die Frostruten erfroren). Nur haben diese Technik nur noch einige wenige Winzer praktiziert, da sie mit zusätzlicher Arbeit verbunden ist (kommt kein Frost, muss die Frostrute spätestens Ende Mai manuell weggeschnitten werden). Da es in den letzten 30 Jahren mit Frost keine wirklich ernsthaften Probleme mehr gegeben hat, hat man diese in Franken früher wohl allgemein übliche Vorsorgemaßnahme nach und nach bleiben gelassen.

Gruß
Ulli
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drmamue

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Re: Ein schwarzer Tag

BeitragMo 9. Mai 2011, 18:38

Danke für die Info

Gruß
Markus
Ein ganzer Kerl - dank Chablis!
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