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Kork: Immer ein ungenießbarer Wein?

Hohe Brisanz, kurzes Verfallsdatum
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amateur des vins

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Re: Kork: Immer ein ungenießbarer Wein?

BeitragMi 27. Nov 2019, 14:29

@Gerald @Ulli Danke euch beiden für die Erläuterungen. GC und MS war mir grundsätzlich klar (auch wenn bei mir an der Uni im FB nur optische Spektrometer vorkamen). Aber die Details der Probenaufbereitung und -einbringung waren mir unklar, und daß headspace genau dies spezifiziert.
Besten Gruß, Karsten
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UlliB

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Re: Kork: Immer ein ungenießbarer Wein?

BeitragMi 27. Nov 2019, 15:24

amateur des vins hat geschrieben:@Gerald @Ulli Danke euch beiden für die Erläuterungen. GC und MS war mir grundsätzlich klar (auch wenn bei mir an der Uni im FB nur optische Spektrometer vorkamen). Aber die Details der Probenaufbereitung und -einbringung waren mir unklar, und daß headspace genau dies spezifiziert.

Ach ja, ein Vorteil der Headspace-Analytik ist auch noch, dass diese die Probe selber nicht verändert und somit für eine zerstörungsfreie Qualitätskontrolle geeignet ist. Und sofern der bzw. die Analyt(en) bekannt sind, was hier ja der Fall ist, kann man darauf basierend auch eine voll automatisierte Hochdurchsatz-/ Hochgeschwindigkeitsmethode entwickeln, die eine 100%-Kontrolle eines Produktes erlaubt.

Genau das hat die weiter oben schon erwähnte Firma Amorin für ihre zertifiert TCA-freien Korken auch gemacht, hier wurde eine Hochdurchsatzmethode entwickelt, die das Erkennen und Aussortieren von kontaminierten Korken innerhalb von Sekunden ermöglicht. Dafür zahlt der Kunde natürlich auch...

Nach eigenen Angaben hat Amorim für die Entwicklung von Verfahren und Gerätschaften hierfür 10 Millionen Euro ausgegeben, was mir durchaus plausibel erscheint. Und die Tatsache, dass ein Korkhersteller dermaßen viel Geld in die Hand nimmt, zeigt überdeutlich, dass diesem sehr wohl bewusst ist, dass der Kork selber die Hauptursache für Korkschmecker ist, und eben nicht irgendwelche Kontaminationen von Keller und Ausrüstung.

Gruß
Ulli
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niers_runner

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Re: Kork: Immer ein ungenießbarer Wein?

BeitragMi 27. Nov 2019, 16:06

UlliB hat geschrieben:...Genau das hat die weiter oben schon erwähnte Firma Amorin für ihre zertifiert TCA-freien Korken auch gemacht, hier wurde eine Hochdurchsatzmethode entwickelt, die das Erkennen und Aussortieren von kontaminierten Korken innerhalb von Sekunden ermöglicht. Dafür zahlt der Kunde natürlich auch...

Nach eigenen Angaben hat Amorim für die Entwicklung von Verfahren und Gerätschaften hierfür 10 Millionen Euro ausgegeben, was mir durchaus plausibel erscheint. Und die Tatsache, dass ein Korkhersteller dermaßen viel Geld in die Hand nimmt, zeigt überdeutlich, dass diesem sehr wohl bewusst ist, dass der Kork selber die Hauptursache für Korkschmecker ist, und eben nicht irgendwelche Kontaminationen von Keller und Ausrüstung.

@ Ulli, auch von meiner Seite vielen Dank für Deine Ausführungen. Wenn Amorim soviel Geld in die Hand nimmt, dann habe ich die Hoffnung, dass der Naturkork noch lange lebt :-)

Beste Grüße

Peter
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Herr S.

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Re: Kork: Immer ein ungenießbarer Wein?

BeitragMi 27. Nov 2019, 18:00

UlliB hat geschrieben:
amateur des vins hat geschrieben:
UlliB hat geschrieben:Headspace-GC/MS
GC = Gaschromatographie
MS = Massenspektrometrie
(vermute ich mal)

Richtig.
Headspace = Gasvolumen zwischen Wein und Verschluß?

Headspace heißt zunächst nur "Kopfraum". Der Unterschied zur klassischen GC ist hier, dass nicht eine flüssige (im Regelfall durch Extraktion gewonnene) Probe in den Chromatographen injiziert wird, sondern direkt der Gasraum oberhalb des unveränderten Probenmaterials untersucht wird. Das spart zum einen den Aufwand für Extraktion und Aufarbeitung, zum anderen unterbindet es Veränderungen, Verzerrungen und Verfälschungen eben durch diesen Extraktions- und Aufarbeitungsprozess. Das Aufkommen der Headspace-GC bedeutete insbesondere für die Aromenindustrie einen ganz fundamentalen Durchbruch.
Was kost' sowas denn heutzutage?
Ulli


Moin,

Gerald und Ulli haben eigentlich schon alles adressiert, da ich gerade indirekt an einer derartigen Investition dran bin kann ich dazu noch 1-2 erweiternde Erläuterungen geben:

Headspace-GC-MS wird zumeist für flüchtige Komponenten benutzt, die sich im Gasraum ansammeln. Duftstoffe sind da garnicht mal so prominent weil die häufig nicht so flüchtig sind, wie man allgemein hin denkt. Durch die häufig sehr niedrige Riechschwelle muss eben nicht viel verdampfen bzw. ausgasen. Prominentets Einsatzgebiet sind die Petrochemie und alles was da dran hängt. Für die ist das System ursprünglich auch entworfen worden.
Zum Preis: Ein Headspace-GC-MS der einfachen Ausführung ist teuerer als ein normales GC-MS, da der Headspace-Teil selbst nochmal einen Batzen kostet, Größenordnung 30-40 k€. In Summe dürfte man dann deutlich über 100 k€ liegen.

So, --- aus.

Viele Grüße,
Björn
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EThC

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Re: Kork: Immer ein ungenießbarer Wein?

BeitragMi 27. Nov 2019, 19:14

UlliB hat geschrieben:Nach eigenen Angaben hat Amorim für die Entwicklung von Verfahren und Gerätschaften hierfür 10 Millionen Euro ausgegeben, was mir durchaus plausibel erscheint. Und die Tatsache, dass ein Korkhersteller dermaßen viel Geld in die Hand nimmt, zeigt überdeutlich, dass diesem sehr wohl bewusst ist, dass der Kork selber die Hauptursache für Korkschmecker ist, und eben nicht irgendwelche Kontaminationen von Keller und Ausrüstung.


Das Hauptproblem war anscheinend, eine zuverlässige Sensorik zu entwickeln, die in der Lage ist, den Prüfvorgang innerhalb weniger Sekunden zuverlässig durchzuführen, so daß das für die Massenproduktion auch gangbar ist.

...was die Nicht-Kork-Korkschmecker angeht: hatte ich selbst zwei bei zwei identischen Weinen, ist allerdings auch schon etliche Jahre her. Ich war damals leicht verwirrt ob des Fehlers (war auch ziemlich krass, da hat auch die Folie nicht mal ansatzweise was geholfen), weil der in meiner Schrauber-Weinwelt damals einfach nicht vorgesehen war...
Viele Grüße
Erich

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Georg R.

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Re: Kork: Immer ein ungenießbarer Wein?

BeitragMi 27. Nov 2019, 19:19

Bernd Schulz hat geschrieben:
..............
.............
Wenn an dem Artikel etwas dran wäre, wenn also nicht die kontaminierte Baumrinde, sondern "das Fass" oder sonst irgendein Faktor für den TCA-Muff in diversen Weinen verantwortlich wäre, müssten weitaus mehr alternativ verschlossene Flaschen einen "korkig" schmeckenden Inhalt beherbergen. In der Praxis tritt TCA-Muff bei Weinen unter Schraubern aber (so gut wie) überhaupt nicht auf. Insofern vermute ich zunächst, dass der verlinkte Artikel auf das Konto der Naturkork-Lobby geht.

Herzliche Grüße

Bernd


Bernd, dieser Artikel ist nur einer von Vielen, die ich schon zu diesem Thema gelesen habe, ja die Überschrift ist in ihrer Eindeutigkeit so nicht haltbar.

Aber egal wo ich nachschlage, immer wieder stosse ich auf Passagen, in denen deutlich darauf hingewiesen wird, dass auch das "Kellerklima" Auslöser sein kann für verdorbene Weine mit Korkgeschmack, welche dann unbemerkt in den Verkauf gelangen. Hauptursache behandeltes Holz.

In den 80er Jahren hatte man in Australien grosse Probleme damit, weil vielerorts die Keller mit Holz aufgehübscht wurden. In den USA sollen manche Kellereien so kontaminiert gewesen sein, dass man sie stilllegen musste.

Ich denke man macht es sich zu einfach, wenn man immer nur im Korken den Schuldigen sucht.

Zur Frage warum Du und Ulli beim Schrauber noch nie einen Korkton wahrgenommen habt...ich weiss es nicht :)
Vielleicht liegt es ein wenig daran, dass Eure verkorten Weine doch schon ein paar Jahre mehr auf dem Buckel haben als die mit Schrauber - Faktor Zeit....oder Ihr seit einfach Glückskinder :D

Gruss
Georg
Man kann die Erkenntnisse der Medizin auf eine knappe Formel bringen: Wasser, mäßig genossen, ist unschädlich.
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Bernd Schulz

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Re: Kork: Immer ein ungenießbarer Wein?

BeitragMi 27. Nov 2019, 19:34

Georg R. hat geschrieben:Zur Frage warum Du und Ulli beim Schrauber noch nie einen Korkton wahrgenommen habt...ich weiss es nicht
Vielleicht liegt es ein wenig daran, dass Eure verkorten Weine doch schon ein paar Jahre mehr auf dem Buckel haben als die mit Schrauber - Faktor Zeit....


Am Faktor Zeit kann es eigentlich nicht liegen, denn meines Wissens kontaminiert ein verseuchter Korken den Wein binnen kurzer Frist. TCA-Noten kommen nicht erst mit den Jahren auf und verstärken sich immer weiter, sondern sind sehr bald vorhanden oder gar nicht.

Herzliche Grüße

Bernd
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Georg R.

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Re: Kork: Immer ein ungenießbarer Wein?

BeitragMi 27. Nov 2019, 19:50

Dann bleiben nur noch die Glückskinder....wobei, ich weiss nicht wie hoch die Korkrate beim Schrauber ist.
Sie ist sicherlich um ein Vielfaches geringer als beim verkorkten Wein - aber es gibt sie.

Gruss
Georg
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UlliB

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Re: Kork: Immer ein ungenießbarer Wein?

BeitragMi 27. Nov 2019, 20:01

Georg R. hat geschrieben:Bernd, dieser Artikel ist nur einer von Vielen, die ich schon zu diesem Thema gelesen habe, ja die Überschrift ist in ihrer Eindeutigkeit so nicht haltbar.

Aber egal wo ich nachschlage, immer wieder stosse ich auf Passagen, in denen deutlich darauf hingewiesen wird, dass auch das "Kellerklima" Auslöser sein kann für verdorbene Weine mit Korkgeschmack, welche dann unbemerkt in den Verkauf gelangen. Hauptursache behandeltes Holz.

In den 80er Jahren hatte man in Australien grosse Probleme damit, weil vielerorts die Keller mit Holz aufgehübscht wurden. In den USA sollen manche Kellereien so kontaminiert gewesen sein, dass man sie stilllegen musste.

Ich denke man macht es sich zu einfach, wenn man immer nur im Korken den Schuldigen sucht.


Georg,

ich bestreite überhaupt nicht, dass in Einzelfällen auch Kontaminationen im Keller für einen "Korkschmecker" verantwortlich sein können, zwei mir bekannte Fälle habe ich oben genannt. Was mich aber an den hierzu veröffentlichen Artikeln stört: da wird mal eben aus "kann auch mal" ein "ist häufig" konstruiert, und das beißt sich völlig mit meiner persönlichen Erfahrung. Das betrifft nicht nur meine Beobachtung mit Weinen mit alternativen Verschlüssen, sondern auch und gerade mit korkenden Weinen aus Flaschen mit Naturkork - und das waren in den letzten vierzig Jahren bei mir leider Aberdutzende. Wenn eine Konterflasche unmittelbar verfügbar war - was nicht immer der Fall war, aber häufig genug - war diese mit einer notorischen Ausnahme (Ch. Pichon Baron 1989) immer sauber. Und das grenzt das Problem klar auf den Korken ein, denn wenn ganze Gebinde oder ein kompletter Keller kontaminiert ist, wäre das Problem nicht auf Einzelflaschen beschränkt.

Dass man die Behauptung, ein Korkschmecker sei häufiger auch durch den Keller verursacht, an vielen Stellen findet, beweist übrigens nullkommagarnichts. Da schreibt halt einer vom anderen ab. Verfolgt man die Sache bis an den Ursprung zurück, stellt man fest, dass es nur sehr wenig Primärquellen gibt - in Deutschland sind das die in Geisenheim vor mehr als 10 Jahren durchgeführten Untersuchungen des Arbeitskreises Jung. Und was mich da noch mehr wundert: die Ergebnisse wurden extrem breit gestreut, und das auch dorthin, wo man sie wegen der relativen Beutungslosigkeit des Themas für die Allgemeinheit eigentlich eher nicht vermuten würde, nämlich in den Spiegel, die Welt (jeweils 2010) und in die SZ (2011). Das erzeugt bei mir den Verdacht, dass da von interessierter Seite gepusht wurde.

Gruß
Ulli
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Georg R.

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Re: Kork: Immer ein ungenießbarer Wein?

BeitragMi 27. Nov 2019, 20:40

Ulli,

kann durchaus sein, dass der eine oder andere Artikel mit leicht suggestiver Tinte geschrieben wurde.
Um das zu beurteilen fehlt mir aber das Insiderwissen.

Ich hatte allerdings mal eine Unterhaltung mit einem Winzer zum Thema Verschluss, der war von dem, was aus Geisenheim kommt, nicht so sehr begeistert...um es mal freundlich zu formulieren.

Vielleicht noch eine Frage an Dich als Bordeauxliebhaber...hast Du Kellerregale aus Holz, welche mit Holzschutzmitteln behandelt wurden?
Ich habe damals beim Einrichten des Kellers darauf geachtet, nur unbehandeltes Holz zu verwenden...es war aber mehr ein Bauchgefühl das mir sagte: Wenn die Flaschen so lange lagern, und dabei immer doch ein klein wenig dieser Stoffe aufnehmen...lieber nicht.

Gruss
Georg
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