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Kork: Immer ein ungenießbarer Wein?

Hohe Brisanz, kurzes Verfallsdatum
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Bernd Schulz

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Re: Kork: Immer ein ungenießbarer Wein?

BeitragMi 27. Nov 2019, 20:49

Georg R. hat geschrieben:Dann bleiben nur noch die Glückskinder....wobei, ich weiss nicht wie hoch die Korkrate beim Schrauber ist.
Sie ist sicherlich um ein Vielfaches geringer als beim verkorkten Wein - aber es gibt sie.


Dass es die Korkrate beim Schrauber gibt, bestreite auch ich nicht. Aber ich habe allen Grund zu der Vermutung, dass sie extrem niedrig ist und ein vielfach Vielfaches :mrgreen: niedriger liegt als beim Naturkork. Nicht nur mir selber ist bei verschraubten Weinen noch nie ein TCA-Fall untergekommen, auch im Kreis meiner weinaffinen Freunde findet sich keiner, der jemals von einem solchen Erlebnis berichtet hat. Insofern glaube ich nicht, dass wir Glückskinder sind, sondern dass durch TCA verdorbene Weine unter Schrauber, Stainless Cap oder Vinolok nur als sehr seltene Ausnahme auftreten.

Ansonsten hat Ulli seinen Beitrag von 19:01 ganz hervorragend (nämlich viel besser, als ich das jemals könnte) formuliert. Ich unterschreibe jeden seiner Sätze.

Herzliche Grüße

Bernd
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UlliB

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Re: Kork: Immer ein ungenießbarer Wein?

BeitragMi 27. Nov 2019, 21:10

Georg R. hat geschrieben:Vielleicht noch eine Frage an Dich als Bordeauxliebhaber...hast Du Kellerregale aus Holz, welche mit Holzschutzmitteln behandelt wurden?

Hallo Georg,

ich lagere in verschiedenen Systemen, einen Teil der Weine auch in den Holzkisten, in denen sie ausgeliefert wurden. Aber da ist auch ein großes Holzregal, das besteht aus unbehandeltem Nadelholz. Obwohl mein Keller permanent ca. 70% Luftfeuchtigkeit hat, hat es auch nach 25 Jahren damit noch keine Schimmelprobleme gegeben. Eine Behandlung scheint mir deshalb eher unnötig zu sein, wenn der Keller nicht gerade tropfnass ist.

Gruß
Ulli
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Georg R.

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Re: Kork: Immer ein ungenießbarer Wein?

BeitragMi 27. Nov 2019, 21:24

Dann ist ja gut, schon mal eine potentielle Gefahrenquelle weniger.

Gruss
Georg
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Mark Twain
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small talk

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Re: Kork: Immer ein ungenießbarer Wein?

BeitragMo 9. Mär 2020, 12:34

Kork
Die Analytik ist da schon um ein vieles weiter als noch vor ein paar Jahren. Trotzdem besteht immer noch die Gefahr einer TCA-Kontamination mit dem Verschlusskorken. Ich persönlich bin da sehr empfindlich und vertrage das gar nicht. Für mich als Winzer ist TCA der Horror. Deshalb wähle ich meine Korklieferanten entsprechend aus und lasse mir die Korken einiges kosten. Und trotzdem kommt es mal vor.
Übrigens wurden vor 1992 viele Korken mit Chlor gebleicht – heute mit Wasserstoffperoxid. Besser gar nicht bleichen, dass stresst den Kork weniger allerdings sind dann die Korkfehler einfacher sichtbar und das kommt nicht bei jedem Kunden gut an. Dabei sind Korkfehler (die dunklen Kapillaren) natürlich und nicht zu vermeiden. Ein guter Kork bleibt dicht, lange elastisch, und lässt den Wein langsam atmen.
TCA kann auch durch Chlorverbindungen aus Reinigern oder Holzschutz (auch in der Gebäudekonstruktion) kommen. Im Barrique kann es auch dazu kommen, wenn das Holz bei der Lagerung Chlorgasen (auch aus Verbrennungsprozessen) ausgesetzt war. Das Holz für die Barriques wird 24 – 36 Monate draußen getrocknet.
TCA kann auch während der Flaschenlagerung in den Wein geraten. Kartons können Chlor ausgasen oder die Einrichtung des Lagers. Bei längerer Lagerung sollten die Flaschen aus den Kartons raus. Eine Lüftung des Weinkellers ist gut.
Es gibt die Möglichkeit einen leichten Korkschmecker zu neutralisieren:
Mit Frischhaltefolie einen Streifen von 30 cm in die Karaffe halten und den Wein darüber laufen lassen. Evt. In der Karaffe nochmal mit der Folie rühren. Hat bei mir mit einigen Weinen schon funktioniert, wenn die nicht allzu beschädigt waren.
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
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amateur des vins

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Re: Kork: Immer ein ungenießbarer Wein?

BeitragMo 9. Mär 2020, 14:51

small talk hat geschrieben:Es gibt die Möglichkeit einen leichten Korkschmecker zu neutralisieren:
Mit Frischhaltefolie einen Streifen von 30 cm in die Karaffe halten und den Wein darüber laufen lassen. Evt. In der Karaffe nochmal mit der Folie rühren. Hat bei mir mit einigen Weinen schon funktioniert, wenn die nicht allzu beschädigt waren.
Das halte ich für eine urban legend. Ist hier aber auch schon diskutiert worden, was da möglicherweise passieren könnte (iirc). Der Wein wird dadurch nicht besser, nur anders sch****, von der zweifelhaften Gesundheitsverträglichkeit von Weichmachern ganz abgesehen. (Und bevor jemand fragt: Wir verwenden auch unabhängig von "korkigem" Wein ziemlich genau garkeine Frischhaltefolie.)
Besten Gruß, Karsten
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EThC

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Re: Kork: Immer ein ungenießbarer Wein?

BeitragMo 9. Mär 2020, 15:19

small talk hat geschrieben:Es gibt die Möglichkeit einen leichten Korkschmecker zu neutralisieren:
Mit Frischhaltefolie einen Streifen von 30 cm in die Karaffe halten und den Wein darüber laufen lassen. Evt. In der Karaffe nochmal mit der Folie rühren. Hat bei mir mit einigen Weinen schon funktioniert, wenn die nicht allzu beschädigt waren.

amateur des vins hat geschrieben:Das halte ich für eine urban legend.

...zumindest bei uns gibt's diesbezüglich eine Erfolgsquote von ca. 1 von 3. Danach war kein Korkmuff mehr vorhanden und der Wein war ohne erkennbare (Kork-) Tadel genießbar. Ich weiß aber nicht, wieviel so ein "entkorkter" Wein mit einer uninfizierten Flasche gemeinsam hat, den Vergleich habe ich bis jetzt noch nicht machen können. Die Mehrzahl der Versuche brachte aber nichts oder nicht viel, häufig haben wir zwar den Korkmuff in der Nase wegbekommen, am Gaumen blieb aber nur eine fade Suppe übrig. Ich denke, je älter der Wein ist (und je länger das TCA wüten konnte), desto mehr werden auch sonstige Inhaltsstoffe in Mitleidenschaft gezogen. Einen Versuch ist's aus meiner Sicht aber allemal wert, der Einsatz ist ja überschaubar...
small talk hat geschrieben:Deshalb wähle ich meine Korklieferanten entsprechend aus und lasse mir die Korken einiges kosten.

Hast Du schon mal die Korken mit "garantierter TCA-Freiheit" von Amorim eingesetzt oder Dich damit beschäftigt? Mich würde vor allem mal interessieren, was solche Korken ggf. mehr kosten. Manche "Spitzenkorken", die diese TCA-Sensorik nicht durchlaufen haben, kosten ja auch eine Eurone oder mehr.
Und was spricht überhaupt gegen den Schraubereinsatz in Eurer Gegend? Vielleicht einfach mal damit anfangen und ggf. erst mal nur eine Teilmenge an Flaschen verschrauben. Zumindest in D, A und AUS bekommt man die doch sicher problemlos verkauft...
Viele Grüße
Erich

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small talk

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Re: Kork: Immer ein ungenießbarer Wein?

BeitragMo 9. Mär 2020, 18:32

Die individuell getesteten Korken kosten um die 1 €. Der Test bezieht jedoch nicht alle TCA mit ein - es gibt da einige verschiedene. Dazu können die TCA auch im inneren des Korken durch diese Analyse nicht erfasst werden - mit der Zeit aber doch in den Wein gelangen. Wer bei Naturkork bleibt wird immer dieses Problem haben, egal was kommt.
Im Vergleich von vor 10 und erst recht von vor 25 Jahren hat sich allerdings schon enorm viel getan. Wichtig ist nun mal einen seriösen Lieferanten zu haben. Kork-Chargen, die nicht ganz so sauber sind, werden auch irgendwo hin ‚verdrückt‘. Das ist ein riesen Problem. Bei einer Probe eines Kollegen hatte ich mal 5 Flaschen hintereinander mit TCA – wir haben es dann sein gelassen. Ob es da der Korken war oder etwas Anderes kann ich auch nicht sagen.
Ob ein ‚semi-synthetischer‘ Korken wie z.B. Diam die beste Lösung ist wird sich noch zeigen. Ein Schraubverschluss wird keine Atmung zulassen. Mir wurde gesagt, dass einige Winzer wieder zum Korken zurückkehren sollen. Die Suche nach Lösungen geht weiter - auch bei den Naturkorken.
Wir füllen gerade Clos du Moulin 2018 ab (74.000 Flaschen) da machen die Korken mal eben etwa 30.000 € aus … Und diese Korken sollten gut sein.
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
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amateur des vins

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Re: Kork: Immer ein ungenießbarer Wein?

BeitragMo 9. Mär 2020, 18:49

small talk hat geschrieben:Ein Schraubverschluss wird keine Atmung zulassen.
Auch das ist m.W. nicht richtig: Soweit ich weiß, kann der Durchlaß heutzutage von "hermetisch abgeschlossen" bis "etwas mehr als Naturkork" gewählt werden - CMIIAW.
Besten Gruß, Karsten
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Re: Kork: Immer ein ungenießbarer Wein?

BeitragMo 9. Mär 2020, 21:16

...gibt's alles:
https://www.amcor.com/stelvin/stelvin-inside
Da wird der Sauerstoffaustausch sicher definierter sein als beim Kork, bei dem aufgrund der Streuung der Materialeigenschaften einfach irgendwas passiert...
Viele Grüße
Erich

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Re: Kork: Immer ein ungenießbarer Wein?

BeitragDi 10. Mär 2020, 10:32

Da hat sich offensichtlich bei den Schraubverschlüssen auch was getan. Besten Dank für den Hinweis. Mein bisheriger Kenntnisstand bezog sich auf längerfristig angelegte Testreihen und da ist nichts draus geworden… Da werde ich mich mal schlau machen.
Meine Weine sollen nun mal ihr 10 – 25 Jahre Entwicklungspotential halten. Bei den Korken, die ich nehme, weiß ich, dass dieses zu 99,9% gewährleistet ist.
Beste Grüße aus Médoc
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