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Petrol im gereiften Riesling

BeitragVerfasst: Di 17. Apr 2018, 23:44
von Gaston
Vor einiger Zeit gab es auf FB ein Dikussion zu Petrol-Aromen im gereiften Riesling. Mich hat dann doch überrascht, dass die Diskutanten diesem Phänomen doch eher ablehnend gegenüber standen. Woher dieses Aroma kommt und ob es sich dabei um einen Weinfehler handelt (was wohl nicht wenige so sehen) finde ich jetzt weniger interessant, als wie das von den Riesling-Freaks wahrgenommen wird.

Für meinen Teil: Ich war in meinen Riesling-Anfängen ziemlich fasziniert von diesem "Tankstellen-Geruch", ist es doch ein echtes Riesling-Alleinstellungsmerkmal, und mich hat diese Diesel-Nase geradezu entzückt. Mit der Zeit hat sich das geändert, dezente Petroltöne finde ich, wenn auch der Rest stimmt, eine durchaus interessante Bereicherung des Aromenspektrums, allerdings in Maßen. Dazu muss man sagen, dass ich das Gefühl habe, richtig heftige Petrol-Riesling kaum noch anzutreffen.

Wie seht ihr das: Petrol im gereiften Riesling: ja oder nein?

Re: Petrol im gereiften Riesling

BeitragVerfasst: Mi 18. Apr 2018, 00:19
von EThC
Ich weiß nur, daß die Ursache für den Petrol- oder Phenol-Geschmack (da unterscheide ich) vom "1,1,6-Trimethyl-1,2-Dihydronaphthalin" kommen soll und daß der Riesling für die Bildung dieses Terpens "anfällig" ist. Das gilt vor allem für Weine der höheren Qualitäten aus vollreifen Trauben.
Wie mit eigentlich allen Aromen im Wein ist es auch hier eine Frage der Konzentration. In Maßen mag ich's sehr gerne, darf aber nicht bestimmend sein...

Re: Petrol im gereiften Riesling

BeitragVerfasst: Mi 18. Apr 2018, 15:10
von weingeist
Gaston hat geschrieben:ein echtes Riesling-Alleinstellungsmerkmal
Ja, sehe ich auch so.
EThC hat geschrieben:vor allem für Weine der höheren Qualitäten aus vollreifen Trauben.
Ja, auch da bin ich (im großen und ganzen) dabei.

Und nein, ich brauche diese Tankstellengerüche (ich sage immer scherzhaft "Raffinerie Schwecht" - ist eine große Raffinerie beim Flughafen Wien-Schwecht - dazu) wirklich nicht. Es ist kein Weinfehler, eher eine Altersnote (daher vielleicht eben in jung zu trinkenden, nicht so hohen Qualitäten eher selten), die allerdings auch relativ früh auftauchen kann. Ein sauberer, reintöniger Riesling ist (jedenfalls) mir allerdings allemal noch lieber.

Re: Petrol im gereiften Riesling

BeitragVerfasst: Mi 18. Apr 2018, 19:47
von EThC
weingeist hat geschrieben:Und nein, ich brauche diese Tankstellengerüche (...) wirklich nicht.


Was sind dann da deine Riesling-Vorlieben? Oder dann doch lieber Grünen Veltliner? In D gibt's nicht wenige, die im gereiften Segment z.B. Silvaner dem Riesling vorziehen, weil der diese Petrolik auch mit einigen Jahren auf dem Buckel gar nicht (bzw. manchmal nur ganz dezent) aufweist.

Re: Petrol im gereiften Riesling

BeitragVerfasst: Mi 18. Apr 2018, 21:47
von weingeist
EThC hat geschrieben:Was sind dann da deine Riesling-Vorlieben? Oder dann doch lieber Grünen Veltliner?
Ehrliche Antwort - ein glockenklarer Riesling, mit spürbarer Säure, erschmeck- oder erschnüffelbaren Aromen (Pfirsich) wobei ich mich (bekanntlicherweise) auch nicht unbedingt gegen ein zartes "Zuckerschwänzchen" (wenn im Einklang mit dem Gesamtgeschmacksbild bzw. der Säure) ausspreche. Ich mag nur diesen Petrolton, den Gaston angesprochen hat, nicht besonders, wobei er halt oftmals vorhanden ist.

Soweit ich mich erinnern kann, haben gerade früher deutsche Weinfreunde ihren Kofferraum mit österreichischen Riesling vollgefüllt, eben weil der wirklich trocken war, vielleicht aber auch, weil dieser Petrolton nicht so hervortrat. Ich hätte (kenne dazu aber zu wenige deutsche Rieslinge früherer Machart, um nicht ins "Fettnäpfchen" zu treten ;) ) damals eher den deutschen Typus (Restzucker) bevorzugt. Vielleicht bin ich da auch Wachau/Smaragd "geschädigt", ich weiß es nicht. Nur Petrol, das mag ich halt so gar nicht.

Grüner Veltliner ist (meiner Ansicht nach) ein schlechter Vergleich, weil der mit Riesling nicht viel am Hut hat.

Re: Petrol im gereiften Riesling

BeitragVerfasst: Mi 18. Apr 2018, 22:05
von Bernd Schulz
Was Petrolnoten im Riesling angeht, bin ich vor einem guten Jahrzehnt vom Saulus zum (halben) Paulus mutiert: Mittlerweile mag ich (nicht zu aufdringliche) Petrolnoten in etwas älteren restsüßen Rieslingen sehr gerne, und ich mag sie besonders in leichten Weinen von Schieferböden.

In trockenen Rieslingen goutiere ich Petrolnoten weniger; manchmal passen sie, wenn sie in dezenter Form auftreten, trotzdem ins Gesamtbild, und dann kann ich gut damit leben. Aber das kommt wirklich auf den Einzelfall an.

Herzliche Grüße

Bernd

Re: Petrol im gereiften Riesling

BeitragVerfasst: Mi 18. Apr 2018, 22:18
von Holzfass
Für mich bereichert eine dezente Petrolnote einen guten Riesling, sie ist aber kein Muss. Ganz besonders interessant finde ich es, wenn die Petrolnote sich mit der Zeit (bzw. Luft) verändert oder mit anderen Noten verbindet. Wenn die Tankstelle hinten dran noch ein staubig-trockenes Antiquitätenlager voll mit alten Möbeln hat und nur durch's offene Fenster etwas Petrol herein weht.

Re: Petrol im gereiften Riesling

BeitragVerfasst: Do 19. Apr 2018, 08:00
von EThC
weingeist hat geschrieben:ein glockenklarer Riesling, mit spürbarer Säure, erschmeck- oder erschnüffelbaren Aromen


...also dann eher (richtig) trockene, eher säurebetonte, aus kälteren Jahren stammende Rieslinge aus botrytis-freiem Lesegut? Jedenfalls stelle ich so ganz grob fest, daß solche Rieslinge petrolische bzw. auch phenolische Noten weniger und / oder deutlich später entwickeln bzw. recht lange auch komplett frei von solchen Noten sind. Auch die Rieslinge von so manchem "Vinea Wachau"-Verweigerer (Muthenthaler oder Veder-Malberg fallen mir da z.B. ein) gehen nach meiner Erfahrung in diese Richtung.

Bernd Schulz hat geschrieben:Aber das kommt wirklich auf den Einzelfall an.


Bei mir auch :!:

Re: Petrol im gereiften Riesling

BeitragVerfasst: Do 19. Apr 2018, 10:26
von weingeist
EThC hat geschrieben:
weingeist hat geschrieben:ein glockenklarer Riesling, mit spürbarer Säure, erschmeck- oder erschnüffelbaren Aromen


...also dann eher (richtig) trockene, eher säurebetonte, aus kälteren Jahren stammende Rieslinge aus botrytis-freiem Lesegut?
Ich will mich da gar nicht so "festnageln" lassen, liegen doch genug hochwertige Federspiele und Smaragde aus der gesamten Wachau in meinem Keller. "Trocken" sind ja grundsätzlich beide Typen, andere Rieslinge (im eher restsüßen Bereich) passen genauso, wenn die Säure (oder das "Gesamtbild) dazu stimmig ist.

Jedenfalls stören mich z. B. Botrytisnoten in einem jungen oder gereiften Riesling wesentlich weniger, wie der Petrolton (wobei ich auch mit diesem oft genug "zurecht" kommen muss). Ich denke, Du hast einmal gechrieben, in Deine Bewertungen fließt auch ein "Nachkaufreflex" ein. Ein Petrolton würde diesen Reflex bei mir nicht auslösen.

Re: Petrol im gereiften Riesling

BeitragVerfasst: Fr 20. Apr 2018, 07:02
von EThC
weingeist hat geschrieben:Du hast einmal gechrieben, in Deine Bewertungen fließt auch ein "Nachkaufreflex" ein. Ein Petrolton würde diesen Reflex bei mir nicht auslösen.


Stimmt! Ich habe da auch so ein paar Aromatiken bzw. Charakteristika beim Weingeschmack, die absolut nachkaufhemmend sind. Kann ich deshalb gut nachvollziehen!