Neue Lagenklassifikation im VDP ?!

Hohe Brisanz, kurzes Verfallsdatum
MQuentel
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Re: Neue Lagenklassifikation im VDP ?!

Beitrag von MQuentel »

Moin,

eigentlich war das Thema neue Lagenklassifikation und nicht nur Preispolitik ;)

Da es bei der neuen Lagenklassifikation wohl auch um Ertragsmaximierung geht, hängt beides zusammen. Grundsätzlich halte ich es mit meinem "Vorredner", die Winzer sind frei in ihrer Preisgestaltung und der eine bleibt langfristig preiswert, weil er primär national seine Privatkunden bedient und Spitzenwinzer (oder was die nat/int Presse dafür hält) bedienen sich verstärkt des Handels und internationalisieren/verbreitern erfolgreich ihre Vertriebskanäle. Da die Topbetriebe trotzdem ein vielfaches Ihrer Menge verkaufen könnten, steigen dann halt die Preise - so what?? Der eine oder andere private Konsument in Deutschland steigt dann aus, andere im Ausland kommen hinzu. Beispielhaft war mein Erlebnis über Ostern in Kopenhagen. Habe zwei tolle Händler in der Innenstadt aufgesucht und war mehrfach in der Gastronomie zum Essen. Was habe ich gefunden ?? Dönnhoff, Wittmann, Prüm, Dr. Loosen, etc. - halt Erzeuger, die auch in der int. Presse auftauchen und die klasse Stoff abliefern. Vor ein paar Jahren noch gab es nahezu keine Flasche Wein aus Tyskland in Kopenhagen zu kaufen, geschweige denn, dass in jeder Weinkarte, die ich gesehen habe, mindestens 2 oder 3 Erzeuger auf der KArte standen (davon ca. 50% GG) .

Diese Entwicklung finde ich persönlich klasse, nicht dass ich im Ausland dt. Wein kaufen muss, aber ich freue mich für den dt. Wein, dass er wieder eine deutliche Beachtung findet. Und um diesen Ruf weiter zu verbessern, braucht man nachhaltig funktionierende Marken - und da stehen für mich die GG an vorderster Front. Deshalb bin ich auch gegen irgendwelche Veränderungen in der Namensgebung, d.h. nicht schon wieder weitreichende Änderungen hin zu Parzellennamen - sondern getreu dem Motto keep it short and simple: aufs Etikett kommt der Erzeuger, die Lage und der Hinweis aufs GG und das wars. Keine weiteren Weine mit dem gleichen Namen als Kabinett oder Spätlese. Dies läßt sich dann auch gut kommunizieren und vermarkten und der Konsument (im In und Ausland) hat auch im nächsten JAhr einen Wiedererkennungseffekt, ein Merkmal, dass bei Kaufentscheidungen eine große Rolle spielt.

Gruß Michael
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octopussy
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Re: Neue Lagenklassifikation im VDP ?!

Beitrag von octopussy »

Ciao tutti,

das Thema der Neuklassifizierung wird langsam konkreter: http://www.vdp.de/nc/de/presse/presse-d ... ?tx_ttnews

So richtig konkret lässt sich aber für mich noch nicht erkennen, wohin die Reise wohl gehen wird. Entweder wissen einige mehr oder es wird etwas in die Pressemitteilung reininterpretiert, was ich definitiv nicht rauslesen kann. Die Diskussion hängt sich an dem Satz "Eine noch konsequentere Nutzung der Lagen ausschließlich für die Spitze und eine Stärkung des Mittelsegments ist notwendig, um für den Konsumenten eine noch verständlichere Klassifikation zu schaffen." auf.

Ich kann aus diesem Satz ehrlich gesagt nicht erkennen, dass es ein Grand Cru - Premier Cru - Villages System geben soll. Vielmehr lese ich die Pressemitteilung so, dass das Lagenwein - Ortswein - Gebietswein Konzept wie vom VDP Rheinhessen schon praktiziert flächendeckend und mit aller Konsequenz übernommen werden soll.

Ich glaube aber ehrlich gesagt, dass es noch ziemlich lange dauern wird, bis konkrete Maßnahmen beschlossen und umgesetzt werden. Für die Diskussion ist meine folgende Meinung natürlich so richtig überflüssig ;), aber mir ist es ehrlich gesagt egal, was am Ende dabei rauskommt. Aus meiner Sicht steht der deutsche Wein mittlerweile national wie international wirklich gut dar, und das reicht von Riesling bis Spätburgunder. Ich sehe auch einen Trend weiter nach oben, einfach weil die Qualität in der Breite und in der Tiefe immer besser wird. Ich glaube im Übrigen, dass Engländer, Amerikaner, Holländer, Schweden, Japaner, usw. ohnehin gewohnt sind, deutschen Wein primär nach Erzeuger und nur sekundär nach Lage zu kaufen.
Beste Grüße, Stephan
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Gerald
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Re: Neue Lagenklassifikation im VDP ?!

Beitrag von Gerald »

Ich glaube, man ist eigentlich in so gut wie jedem Land besser bedient, sich primär nach Erzeuger denn nach Lage zu richten. Sogar in der "Urheimat" der Lagenklassifikation (Burgund) kann man Grauenvolles erleben, wenn man sich den erstbesten Grand Cru wählt ...

Vielleicht schadet eine zu starke Ausrichtung nach Einzellagen sogar insgesamt der Weinqualität, denn es ist da für manche Winzer naheliegend, das Verkaufsargument des berühmten Lagennamens zu nutzen und sich mit der Weinproduktion wenig Mühe zu geben.

Grüße,
Gerald
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pivu
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Re: Neue Lagenklassifikation im VDP ?!

Beitrag von pivu »

Vor allem sollte man das Konzept Bottom-up und nicht Top-down implementiert werden. Eine Diskussion über einen winzigen Bruchteil an Spitzenweinen ist müßig und bestenfalls akademisch, wenn die Basis nicht passt, also keine gebiets- oder ortstypische Identität erkennbar wird.

Wie sagte ÖWM-Boss Willi Klinger letzten Herbst ganz richtig, als er dahingehend gefragt wurde: "Zuerst müssen wir unsere Hausaufgaben (= DAC) machen bevor wir uns der Spitze widmen!" Man (Ö und D) kann nicht in 2 Jahren das aufholen, was man 100 und mehr Jahre verpasst hat.

Ciao
Peter
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octopussy
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Re: Neue Lagenklassifikation im VDP ?!

Beitrag von octopussy »

Mal wieder was Neues vom VDP: http://www.weinwirtschaft.de/22877181-- ... 7_vdp.html

1. Die Ersten Lagen sollen zukünftig Große Lagen heißen
2. VDP Rheingau Mitglieder benennen ihre Ersten Gewächse in Große Gewächse um.
3. VDP Rheingau Mitglieder verpflichten sich, künftig die gesetzliche Trockengrenze von <9 g/l Rz. für ihre Großen Gewächse einzuhalten.
4. Alle VDP Mitglieder verpflichten sich, zukünftig - außer bei restsüßen Weinen - auf die Angabe von Prädikatsstufen zu verzichten. Trockene Kabinette, Spätlesen und Auslesen sind also passé.
5. Der VDP empfiehlt seinen Mitgliedern die folgende Preisstruktur: Lagenweine sollen doppelt so teuer sein wie Gutsweine. Die Großen Gewächse sollen drei Mal so teuer sein wie der einfachste Wein des Guts.

1. ist mir eigentlich egal. 2. und 3. sind sicherlich zu begrüßen. 4. wurde hier ja schon ausgiebig diskutiert. Ich finde die Prädikate für die stilistische Einordnung gar nicht so schlecht. 5. finde ich genauso wie die schon bestehende 15 Euro Preisuntergrenze für Große Gewächse eine Frechheit, auch wenn es nur eine "Empfehlung" ist.
Beste Grüße, Stephan
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Birte
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Re: Neue Lagenklassifikation im VDP ?!

Beitrag von Birte »

[quote5. Der VDP empfiehlt seinen Mitgliedern die folgende Preisstruktur: Lagenweine sollen doppelt so teuer sein wie Gutsweine. Die Großen Gewächse sollen drei Mal so teuer sein wie der einfachste Wein des Guts.

][/quote]

Das ist ja richtig chinesisch.
Bernd Schulz
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Re: Neue Lagenklassifikation im VDP ?!

Beitrag von Bernd Schulz »

Stephan, ich bin in allen Punkten erst einmal deiner Meinung! Punkt 4 allerdings halte ich für richtig ärgerlich; für mich ist das ein zusätzliches Motiv, VDP-Betriebe weitgehend zu boykottieren und trockene Weine bei Erzeugern zu kaufen, bei denen ich einen trockenen Kabinett und eine trockene Spätlese mit entsprechend unterschiedlichem Charakter bekommen kann.

Beste Grüße

Bernd
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UlliB
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Re: Neue Lagenklassifikation im VDP ?!

Beitrag von UlliB »

octopussy hat geschrieben: 4. Alle VDP Mitglieder verpflichten sich, zukünftig - außer bei restsüßen Weinen - auf die Angabe von Prädikatsstufen zu verzichten. Trockene Kabinette, Spätlesen und Auslesen sind also passé.
Na, da schaun wir mal. Eine solche "Verpflichtung" besteht schon länger in einigen Regionalverbänden des VDP (z.B. in der Pfalz), wurde und wird von einigen Mitgliedern aber schlicht ignoriert. Ebenso wurden auch schon andere Regeln wie z.B. der Lagenverbrauch von einigen Gütern "kreativ" interpretiert. Zumindest bislang hat sich der VDP hinsichtlich Durchsetzungsfähigkeit nicht gerade mir Ruhm bekleckert.

Dass ich diesen Punkt des Konzepts (wie ein paar andere Elemente in der VDP-Politik) für marketinggetriebenen blanken Unfug halte, hatte ich ja schon mehrfach an anderer Stelle gesagt.
octopussy hat geschrieben: 5. Der VDP empfiehlt seinen Mitgliedern die folgende Preisstruktur: Lagenweine sollen doppelt so teuer sein wie Gutsweine. Die Großen Gewächse sollen drei Mal so teuer sein wie der einfachste Wein des Guts.
9,18, 27... So in etwa. Probleme gibt's da nur, wo der Nicht-VDP-Nachbar die gleiche Qualität für weniger Geld anbietet.

Gruß
Ulli
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Erdener Prälat
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Re: Neue Lagenklassifikation im VDP ?!

Beitrag von Erdener Prälat »

octopussy hat geschrieben:...
2. VDP Rheingau Mitglieder benennen ihre Ersten Gewächse in Große Gewächse um. ...
Das dürfen sie natürlich nicht mehr aufs Etikett schreiben:-)
C9dP
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Re: Neue Lagenklassifikation im VDP ?!

Beitrag von C9dP »

5. Der VDP empfiehlt seinen Mitgliedern die folgende Preisstruktur: Lagenweine sollen doppelt so teuer sein wie Gutsweine. Die Großen Gewächse sollen drei Mal so teuer sein wie der einfachste Wein des Guts.
Wenn ich das mal auf einen meiner Lieblingsweine übertrage würde das heißen, dass das Halenberg GG von E-S zukünftig nur noch 27,- Euro kosten würde. Das wäre doch super :ugeek:

Die Weine von Keller, Wittmann und Schäfer-Fröhlich müssten dann ja auch deutlich günstiger werden. Naja, die Hoffnung stirbt zuletzt.
Viele Grüße

Aloys
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