Do 1. Jun 2017, 20:54
Angeregt durch die aktuellen Verweise im Rioja Alta-Thread dachte ich mir, ich mache einmal den aktuellen Jahrgang des Tondonia Blanco Reserva auf, also 2004.
Im Unterschied zum Gravonia ist die Nase wesentlich nussiger und insgesamt schwerer, dennoch ist sie nie schwerfällig oder mächtig, sie flirrt vielmehr, ist ziemlich kühl und absolut trinkanimierend. Auch im Mund ist der Wein konzentrierter und deutlich schmelziger als der Gravonia, die Säure ist weniger akzentuiert, aber ebenfalls ganz konturiert.
Trotz des vermeintlichen Gewichts der Aromen und Komponenten bleib der Wein leicht und extrem definiert. Er trägt null Fett, nur der Schmelz lässt ihn sanft erscheinen. Er ist im Kern maskulin, zeigt aber nach außen feminine Züge. Er wirkt wie ein völlig austrainierter Balletttänzer, der mit durchgestrecktem Rückgrat die Bühne und die Partnerin für sich einnimmt, dennoch ist das nur Pose, denn dahinter verbirgt sich Sanftmut, Reflektiertheit und stille Tiefe. Klingt mal wieder ziemlich exaltiert, sorry, aber wirkt halt so . Ich habe oben schon einmal geschrieben, dass die Weißen von Lopez de Heredia mich immer an sehr reife Weiße von Koehler-Ruprecht erinnern. Hätte dieser Wein die Dynamik, das changierende Spiel, das große K-R-Weine auszeichnet, wäre er für mich groß. Vielleicht kommt da noch etwas mit mehr Zeit, denn der Wein ist noch nicht ganz entwickelt. Dennoch ist das einer jener Weine, wegen denen mich Wein von Grund auf fasziniert.
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Michl am Fr 2. Jun 2017, 07:01, insgesamt 1-mal geändert.