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Rioja

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Bernd Schulz

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Re: Rioja

BeitragSo 25. Dez 2022, 22:08

Dieser Rioja aus biologischem Anbau erweist sich gerade als regelrechter Schlag ins Wasser:

Bild

Die Händlerlyrik liest sich folgendermaßen:

"Ein Glücksfall. Aus der Rioja. Die ist mit 65.000 ha Rebfläche, 14.800 Traubenbauern und 600 Weingütern reichlich groß. Rund 6300 Bauern liefern an Genossenschaften, der Rest produziert seit Generationen Trauben für die traditionellen Weingüter der Region. So vertreibt auch die Bodega Carlos Serres, eine der Wein-Legenden der Rioja, unter der Marke »Castillo San Lorenzo« Weine aus zugekauften Trauben. In diesem Fall aus zertifiziert biologisch produziertem Tempranillo. Verändern, um zu bewahren, also »Bio« für weniger Alkohol und natürliche Frucht, und um mit den altbekannten Rioja-Klischees aus konventionellen Anbau und viel Holz im Ausbau zu brechen, wurden die Trauben nach dem Keltern nur kurz auf den Schalen mazeriert, der Most im Stahltank vergoren und der fertige Wein in alten, gebrauchten Barriques ausgebaut, ohne zusätzliche Schwefelung, weil die Trauben, von Hand gelesen, kerngesund waren. Originärer Rioja, der seine Herkunft zeigt, statt sich dem Diktat des Marktes zu opfern.

Ergebnis? Ein saftiger, schmackhaft fruchterfüllter, hinreißend trinkfreudiger junger Rioja, der auf das übliche Holzfaß-Klischee verzichtet, um zu zeigen, wofür die Rioja eigentlich steht: Für mundwässernde Frische in filigraner Säure, für saftige Frucht in verhaltenem Alkohol. Lange kalte Winter, milde Sommer mit enormen Temperaturschwankungen und hohen Niederschlagsmengen, sowie karge, steinige Kalk- und Lehmböden auf über 500 m Höhe sorgen für Delikatesse und Frische, die in der Welt des Rotweines ihresgleichen suchen. Einfacher, ehrlicher, junger Bio-Rioja, der nach mehr schmeckt, als er kostet. Wenn das kein Glücksfall ist!"

Zwar wurde hier in der Tat auf das "übliche Holzfass-Klischee" verzichtet, aber von "saftiger Frucht in verhaltenem Alkohol" kann für meinen Geschmack nicht einmal ansatzweise die Rede sein. Der Wein wirkt mit immerhin 13 Umdrehungen einfach nur aromatisch dürftig; es fehlt an allen Ecken und Enden an Substanz. Selbst zu einem Preis von lediglich 8 Euro ist das ein für den Erzeuger wie für den Händler (für diesen besonders!) peinliches Produkt.

Herzliche Grüße

Bernd
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Bernd Schulz

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Re: Rioja

BeitragMo 26. Dez 2022, 21:22

Den "Castillo San Lorenzo" verkoste ich gerade nach; ich bleibe dabei, dass es sich gemessen an den von K&U selber gesteckten Ansprüchen um eine erschreckend lausige Angelegenheit handelt: Aromatisch dünn, im Hinblick auf die Herkunft völlig ohne Profil (blind hätte ich den Wein noch nicht einmal nach Spanien gesteckt), nixe Terroir, zwar zumindest nicht künstlich auf laute Aromen getrimmt, aber von Natur aus leider ziemlich platt.....

....und insofern alles andere als ein "Glücksfall", sondern weit eher ein Reinfall (zum Glück habe ich nur die eine Flasche von diesem dürftigen Getränk geordert).

Herzliche Grüße

Bernd
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ledexter

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Re: Rioja

BeitragFr 27. Jan 2023, 23:00

ledexter hat geschrieben: 2015 Compania Bodeguera Valenciso Reserva, Rioja DOCa, Spain

In der Nase eine schöne Frische, Erdige Noten und saftige Sauerkirsche. Der Körper ist mittel, die Aromenpalette ist voll, saftig, reife Kirsche, Himbeere und rote Beeren, Gewürze, Pfeffer und schöne Mineralität. Sehr rund und komplex.

93P


2016 Compania Bodeguera Valenciso Reserva, Rioja DOCa, Spain

Im Endeffekt genau das gleiche wie beim 2015er, aber alles noch runder und balancierter. Sehr nah am perfekten Wein für mich.

95P
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weinaffe

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Re: Rioja

BeitragMi 22. Feb 2023, 20:25

Hallo zusammen,

solch eine geniale Kombination aus Qualität und fast lächerlichem Preis ist fast nur in Spanien möglich, berühmte Gebiete wie die Rioja offensichtlich nicht ausgenommen:

Bild

Das Preis-/Leistungsverhältnis ist hier fast unglaublich gut, da kann eigentlich nur noch der Salvatore der "Winzerei" im Burgenland Paroli bieten.

LG
Bodo
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austria_traveller

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Re: Rioja

BeitragDo 23. Feb 2023, 06:40

Guten Morgen Bodo,
Das klingt ja sehr interessant.
Wo hast du den denn gekauft ?
Beste Grüße
Gerhard aus Wien
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weinaffe

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Re: Rioja

BeitragDo 23. Feb 2023, 09:52

austria_traveller hat geschrieben:Guten Morgen Bodo,
Das klingt ja sehr interessant.
Wo hast du den denn gekauft ?


Hallo Gerhard,

den gibt es bei www.inbarrique.de bei mir um die Ecke. Ich hatte den Wein aus der Lage "La Cuadrada". Der reguläre Preis beträgt allerdings 18,50 EURO, der für mich aber durchaus auch in Ordnung gegangen wäre. Für newsletter-Kunden gab es diesen Wein im six-pack für 66,60 EURO frei Haus. Da konnte ich dann nicht widerstehen ;) Aber selbst der reguläre Preis ist für diese Qualität mehr als angemessen.

LG
Bodo
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Lars Dragl

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Re: Rioja

BeitragMo 3. Apr 2023, 18:33

Hallo!

Allende Tinto 2010 aus der 0,5l Fl. in die Karaffe und dann ins MarkThomas Red Expression

Mittleres Grantarot mit etwas Mahagonibraun im zarten Wasserstand. In der mittelintensiven Nase frische, leicht pfeffrige Frucht nach Kirschen und Himbeeren (auch Joghurt), leise Holzwürze und Zeder, Vanille, etwas Bitumen und Nelken. Nicht der allerfeinste Tropfen, aber doch spannend, mit Zug und guter Länge; und zudem eher von der leichten und transparenten Art, die einfach Trinkfreude bereiter. Ja, das ist ein moderner Wein und ich tippe auf Kaltmazeration, aber das Visier ist oben und von Blendgranaten fehlt jede Spur. Meine letzte Fl. und die bisher beste, weil der Gerbstoff hinten raus nun doch recht altersmilde geworden ist. Die Fl. davor hatte einen Korkfehler und bei der vorherigen waren die Tannine hinten raus noch etwas grantig. Davon hätte ich zu dem damaligen Preis jedenfalls gerne noch etwas mehr. Das trinkt sich einfach super und ist jetzt voll da.

Herzliche Grüße

Lars

P.S. Kann jemand was zu Pecina sagen? da hatte ich nun zwei sehr positive Begegnungen. Der Besitzer war früher bei LRA und hat da auch seinen Trauben abgeliefert. Der Stil (von den zwei Weinen die ich hatte) ist durchaus vergleichbar, jedoch von etwas mehr Fülle und weniger Finesse geprägt.
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Re: Rioja

BeitragFr 14. Jul 2023, 17:04

Ich möchte definitiv keine Spanienbaustelle eröffnen! Das bedeutet aber nicht, nicht hier und da mal die Fühler auszustrecken. Letztens war noch Platz in der Kiste, und so bestellte ich völlig ahnungslos und blind mit:

Bhilar, Blanco 2021
Bhilar, Carrakripán 2018
Bhilar, Kha Mé 2021


Ich habe die Weine um jeweils einen Tag versetzt geöffnet und jeweils die Reste des vorhergehenden parallel getrunken.

Den Anfang machte der Blanco 2021. Sorry, das ist wegen des geringen Kontrasts schwer zu lesen, aber es ist mir ein Anliegen, die Farbe ansatzweise zu reproduzieren. Hier haben wir ein sattes Strohgelb oder sogar Messing. Zunächst zeigt sich ein leicht muffiger Stinker, aber angenehm: Beton + oxidativ? Bratapfel und etwas sehr reife Quitte. Der Stinker verfliegt schnell weitgehend.
Am Gaumen sehr weich und milde Säure, aber paradoxerweise (knapp) ausreichend frisch. Kräftiger Grip. Frucht sehr dezent, deutlich mineralisch, balanciert.
Wirkt ein wenig wie eine Kombi aus Rhône und Jura?! Wie Condrieu, holt er die Sannung trotz niedriger Säure aus der Mineralität. Aber im Gegensatz zu jenem, ist hier nix Florales, sondern vorwiegend Stein. Spannend! Und für 13 € saugut.
[+1d] Jetzt doch erkennbar brotig - fast wie ein Champagner ohne Bubbles.
90 Viura, 10 Garnacha Blanca, 12,5 %

Als nächsten hatte ich den Carrakripán 2018. Schon die Farbe macht deutlich, daß einen hier ein ganz anderer Schnack erwartet: Orange, oder eher: mittelbernstein+.
Hier verlassen mich meine Beschreibungsmöglichkeiten, und so "spicke" ich bei der Händlerlyrik: "Kamillenblüte, Quitte und Orangenschale" - ja! "Sauerteig und grüne Walnüsse" - vielleicht.
Deutlicher, ja kräftiger Grip. Pikante Säure! Orange, aber nicht natural - gut!
Sehr spezieller Wein, aber wirklich gut! Ob er 60-€-gut ist, weiß ich nicht, für mich eher nicht, aber ein Fehler war's keinesfalls.
90 Viura, 4 Garnacha Blanca, 6 Malvasia, 13,0 %

Als letzten habe ich heute den Kha Mé 2021aufgezogen. "Amphorenwein" steht schon auf dem Etikett, und so bin ich nicht allzu überrascht, daß schon die blasse fahlgelbe Farbe einen wiederum komplett anderen Wein ankündigt.
Der Charakter ist eher kühl und jedenfalls nicht so oxidativ wie bei den beiden anderen. Erinnert an irgendwas zwischen cremigem Chablis und Wachauer Riesling. Sehr mineralisch, ohne karg zu sein: Nashi, Lychee, ein Hauch Mandarine und Grapefruit - alles sehr dezent und schlank und dennoch intensiv.
[+10'] am Gaumen dito: weiche Textur bei doch frischer Säure. Etwas Grip.
Sehr schön für 21 €.
100 Garnacha Blanca, 12,5 %

Sagte ich schon, daß ich keine Spanienbaustelle eröffnen möchte? Aber hier könnte ich schwach werden.
Der Blanco ist für kleines Geld ein schöner Einstiegswein. Klar auf der oxidativen Seite, was man mögen muß. Die Säure dürfte mir gerne etwas frischer sein. Dennoch ist er auf "condrieu-hafte" Weise nicht latschert.
Der Carrakipán ist einer der wenigen Orange-Weine, die mir gefallen, nämlich weil ihm das anstrengend "naturige" völlig abgeht. Er ist superkomplex und dicht und trotz ebenfalls oxidativer Ausrichtung recht frisch. Aber eben auch recht speziell und ziemlich teuer.
Mit Abstand mein Favorit, stilistisch und vom PGV her, war jedoch der Kha Mé. Amphore per se ist für mich kein Bonus, sondern hat eher abschreckendes Potential. Dieser hier aber geht damit nicht hausieren, ist relativ klassisch, kühl und frisch. Das macht richtig Spaß!

Kaum zu glauben, daß diese drei Weine vom selben Weingut kommen - so unterschiedlich sind sie! Erstaunlich auch, wie hier 12,5-13,0 % Alkohol ohne jedwede Grünheit erzielt wurden. Man hätte Carrakipán und Kha Mé nicht unbedingt in 900g-Glasklötze abfüllen müssen, aber irgendwas ist ja immer... :mrgreen:
Besten Gruß, Karsten
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Nora

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Re: Rioja

BeitragDi 25. Jul 2023, 21:26

Dies ist einer der Gründe, warum man den ganzen Zirkus macht:

Heute im Glas

2001 Marqués de Murrieta Rioja Castillo Ygay Gran Reserva Especial

Nach 7 Flaschen jetzt die 8. im optimalen Trinkfenster.

In der Nase Graphit, Zigarrenkiste, Leder und Lakritz, mit etwas Luft dann dunkelbeerig (Brombeere, Schwarzkirsche) und im Hintergrund eine leichte medizinale Note nach Menthol und dezent Karamell. Umwerfend!

Im Mund eine perfekte Harmonie aus Frucht (-süße), samtigen Tanninen und einer eleganten Säure. Der Wein schwebt über die Zunge und hat einen ewigen Nachgang! Ganz toll.

Dies ist meine beste Flasche, die mich heute richtig begeistert hat.

Ich darf gar nicht darüber nachdenken, dass ich zwei 6er OHK damals für 27,50 Euro/Flasche erworben habe.

Wer hat, jetzt trinken oder in den nächsten 5 Jahren.

Könnte mein Wein des Jahres werden.

VG, Nora
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Re: Rioja

BeitragDi 25. Jul 2023, 21:53

Och, schön! Von dem habe ich mal eine Flasche geschenkt bekommen (Jg. weiß ich nicht mehr - 1996 vielleicht?). War gut! Ich mache trotzdem keine Spanienbaustelle auf, aber in's Grübeln komme ich da schon...
Besten Gruß, Karsten
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