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Graubünden / Bündner Herrschaft / Churer Rheintal

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Zürcher

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Re: Graubünden / Bündner Herrschaft / Churer Rheintal

BeitragFr 2. Aug 2019, 18:43

Hallo zusammen,

Vom Fromm hab ich noch keine Flasche geöffnet, heute ist aber der Fidler dran:

Fidler, Fromm, 2014

Heute musste was Schönes ins Glas. Hatte Fromm‘s Weine an einem 1. Mai vor drei Jahren degustiert. Neben Schöpfi, der mit Burgunderklonen, gibt‘s auch den Fidler, ebenfalls Einzellage, mit 40-jährigen Marienfelderklonen. Hat mich damals überzeugt und präsentiert sich auch heute sehr schön im Glas. Sehr elegant in der Nase, warm, Waldboden, rote Früchte. Am Gaumen die typisch 2014er Säure, die in zu einem Langläufer machen wird. Holz verhalten eingesetzt. Hallt lange und harmonisch nach. Hab ihn sehr gern. Gebe ihm 93+/100 Punkte.

Wieso heute abend? Morgen geht‘s auf den Säntis. Ich hoffe, es ist nicht der letzte Fromm... ;)

Gruss
Sacha
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jessesmaria

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Re: Graubünden / Bündner Herrschaft / Churer Rheintal

BeitragSa 16. Okt 2021, 12:47

Wer noch nicht die Weindörfer Malans und Jenins in der Bündner Herrschaft besucht hat, hat wirklich etwas verpasst. Nicht nur, dass hier wohl die besten Weingüter der deutschen Schweiz auf engstem Raum versammelt sind, die Orte wären sogar ohne Wein einen Besuch wert: Alte Häuser, schnuckelige Dorfplätze an Brunnen und Kirchen, die Straßen, besser gesagt Gassen alle gerade so breit, dass ein Auto durchpasst. Das natürlich vor einer wunderbaren Gebirgskulisse.
Man könnte sicher einige Tage dort verbringen, um die Weinvielfalt ausreichend zu würdigen, ich war leider nur auf Durchreise.

Die Pinot Noirs vom Weingut Donatsch sind spitze. Der einfache "Tradition" 2020 (24 CHF) kühl und leicht, durch seine würzigen Kräuternoten und Klarheit für mich deutlich interessanter und attraktiver als ein typischer "Einstiegs-Pinot" z. B. aus Baden. Ich denke da immer an die Klarheit alpinen Quellwassers gepaart mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks, aber das sind wahrscheinlich suggerierte Assoziationen. Der etwas teurere "Passion" 2019 (40 CHF) dagegen sehr burgundisch und fülliger. Den Chardonnay "Passion" 2020 (40 CHF) habe ich zuhause geöffnet und er gefällt mir sehr. Ganz unaufdringlich, nicht auf der cremig-opulenten Seite, sondern mineralisch, feinfruchtig, wieder so klar und präzise.

Die Weine von Giani Boner kommen ganz anders, nicht so modern fruchtbetont daher. Die Pinots (der normale 2016 CHF 24€, der Grand Cru mit 5% Syrah 2015 33€) sind eher tief und herb (gerbstoffreich), ausgewogen aber nicht auf Gefälligkeit gemacht, bestimmt hervorragende Essensbegleiter zu etwas deftigerer, intensiver Küche (z. B. Wild). Giani Boner baut die Weine lange aus und bringt sie erst spät auf den Markt, das macht sich sehr bemerkbar. Der nächste Completer, der erscheint (seine Spezialität, er ist wohl der einzige, der noch die ursprüngliche Traube anbaut), ist Jahrgang 2015 und kommt erst im November auf den Markt. Er soll unglaublich lagerfähig sein und ich freue mich schon sehr darauf. Man wird schnell sein müssen, die Weine sind alle schnell ausverkauft, aber dieser Bericht macht wirklich Lust:

https://bellevue.nzz.ch/kochen-geniesse ... ld.1540279

Äußert sympathisch ist der Winzer Jan Luzi in Jenins, der auch hervorragende Pinots macht. Im jungen Alter ist der "Lindenwingert" (27 CHF) der schönste Erdbeersaft, den man sich vorstellen kann. Completer und Pinot Blanc habe ich auch bekommen, aber noch nicht probiert. Man muss ihn rechtzeitig reservieren, denn sobald er erscheint, ist er schon ausverkauft.

Die Weine kosten übrigens bereits in der Schweiz beim Händler teils deutlich mehr: so z. B. der letzte Completer von Jan Luzi (natürlich längst ausverkauft) bei Ritter Weine 39 CHF, ab Hof nur 31 CHF. Wenn man die Weine überhaupt in Deutschland bekommt (Jan Luzi und Donatsch bei Lobenberg), dann auch deutlich teurer: die 40-CHF-Weine bei Donatsch z. B. 55€ ohne Club-Preis bei Lobenberg. Noch ein Argument für eine Durchreise, falls man etwa nach Davos, ins Engadin oder nach Italien fährt.
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Kle

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Re: Graubünden / Bündner Herrschaft / Churer Rheintal

BeitragSa 16. Okt 2021, 18:03

jessesmaria hat geschrieben:durch seine würzigen Kräuternoten und Klarheit für mich deutlich interessanter und attraktiver als ein typischer "Einstiegs-Pinot" z. B. aus Baden.


Vielen Dank für den Bericht, jessesmaria, der mich erinnerte, was ich mir einst von Schweizer Weinen versprach. Meine letzte Durchreise von Zürich nach Davos ist schon etwas her und ich habe mehr von bizarren Bergstraßen als von kuscheligen Dörfern gesehen. Die Weine haben damals an meinen überkommenen Geschmacksbildern gerüttelt. Irgendwie erschienen mir z.B. die Pinots feiner und ausgebildeter als vieles aus Deutschland, so dass ich mich noch am Flughafen überteuert eindeckte. Ich habe mich aber auch in Chasselas verliebt. Die Beschäftigung versandete leider mangels Kaufgelegenheiten und wohl auch wegen der Preise.

Gruß, Kle
—People may laugh as they will—but the case was this.
Tristram Shandy
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jessesmaria

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Re: Graubünden / Bündner Herrschaft / Churer Rheintal

BeitragSa 16. Okt 2021, 19:17

Hallo Kle,

ich bin bislang an diesen Dörfern auch immer auf der Autobahn vorbeigerauscht. Wenn man sie nicht auf dem Schirm hat und nach Davos fährt, kriegt man nichts davon mit. Hier gibt's eine schöne Beschreibung mit ein paar eindrücklichen Bildern von Malans (einfach oben auf das Bild klicken und weiter zappen):

https://www.myswitzerland.com/de-de/rei ... malans-gr/

Einige Weine, vor allem die Crus, sind wirklich sehr teuer, aber viele sind mir das Geld absolut wert. Oder sagen wir so: ich habe schon einige deutsche Pinots getrunken, z. B. von Höfflin am Kaiserstuhl, die ~25€ oder mehr kosten und denen ich die Bündner in dieser Preisklasse bei weitem vorziehen würde. Aber das ist natürlich Geschmacksache, man muss den kühlen, feinen Stil mögen. Keine der Weine, die ich aus der Bündner Herrschaft bisher probiert habe, haben jedoch dieses "Dünne", das man bei einfacheren badischen Pinots manchmal antrifft.

Von den oben erwähnten finde ich den Lindenwingert bei Lobenberg recht fair bepreist, mit Clubpreis kaum teurer als ab Hof und ca. so teuer wie im Schweizer Handel:

https://www.gute-weine.de/produkt/pinot ... 19-44974h/

... eine Empfehlung, falls sich jemand mal in diese Welt eintrinken möchte und nicht in die Schweiz kommt.
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jessesmaria

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Re: Graubünden / Bündner Herrschaft / Churer Rheintal

BeitragDi 8. Mär 2022, 22:49

Jan Luzi (Sprecher von Bernegg) – Pinot Blanc 2020

Wunderbarer Wein, wie beim Completer (dort noch stärker) erscheint das rebsortenbedingte Floral-Fruchtige sublimiert durch eine zusätzliche würzig-rauchige Komponente, die dem Wein Tiefe, Länge und Spannung verleiht. Ich finde Pinot Blancs oft langweilig, der hier ist das glatte Gegenteil. Für 23 CHF ab Hof ein Schnäppchen. (Händler verlangen auch einfach mal knapp 50% mehr.)
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jessesmaria

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Re: Graubünden / Bündner Herrschaft / Churer Rheintal

BeitragDo 1. Jun 2023, 19:14

Jan Luzi (Sprecher von Bernegg) – Pinot Blanc 2021

Auch dieser Jahrgang ist richtig stark, vielleicht noch stärker. Absolut knackige Säure und dadurch eine tolle Frische. Noch beeindruckender allerdings der...

Jan Luzi (Sprecher von Bernegg) – Pinot Noir Lindenwingert 2017

... der mir nun im optimalen Trinkfenster erscheint. Sehr fein, anmutig, eher schlank mit gleichzeitig tiefgründigen, warmen Aromen (Marzipan, Unterholz).

Dieser Winzer spielt sicherlich in der allerobersten Liga der Bündner Herrschaft, aber während seine Konkurrenz preislich ziemlich abgehoben ist (der Donatsch Pinot Noir Passion wäre vergleichbar, kostet ab Hof 45 CHF, sonst z. T. deutlich mehr; Studach bei Lobenberg 99€, von Gantenbein gar nicht zu sprechen...), sind die Preise hier noch human. Etwas irritierend sind die hohen Differenzen: Der Pinot Blanc ab Hof 25 CHF, bei Gerstl 36. Der geniale Completer ab Hof 35 CHF, bei Gerstl 58! Der Pinot Noir "Cru" vom Pfaffen 42 CHF ab Hof, 69€ bei Lobenberg...
Beim Completer hat man dasselbe Problem, die ernstzunehmende Konkurrenz ist teils mehr als doppelt so hohen Preisen angelangt (Donatsch bei Lobenberg 100€).
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