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Hallo zusammen,
gestern Abend hatte Markus aus Itzehoe zu einer Probe seiner Lieblings-Riesling-Kategorie eingeladen: Riesling Kabinett feinherb. Von Mosel, Saar und Ruwer, um genau zu sein. Wir waren sehr gespannt, hatten aber harte Arbeit vor uns, da 3 Flights à jeweils 5-6 Weinen angekündigt waren. Probiert haben wir blind, haben aber nach jedem Flight aufgedeckt. In den ersten beiden Flights war angekündigt, dass jeweils ein Pirat dabei ist und dass von drei Kategorien (Winzer, Lage, Jahrgang) jeweils zwei gleich sind und einer abweicht. Das gab uns im ersten Flight gleich Rätsel auf, waren doch nicht nur einer, sondern gleich zwei Weine deutlich unterschiedlicher als der Rest.
Flight 1: Max Ferd. Richter - 2007 Riesling Kabinett feinherb
Im ersten Flight hatten wir also vier feinherbe Lagenkabinette aus dem Weingut Max Ferd. Richter aus 2007 (Wehlener Sonnenuhr, Graacher Domprobst, Mülheimer Sonnenlay und Brauneberger Juffer) und dazu noch als Piraten den 2007 Lieserer Niederberg-Helden Kabinett feinherb von Ludwig Thanisch & Sohn. Wir tippten den Jahrgang richtig (2007). Die Meinungen gingen aber darüber auseinander, ob es derselbe Winzer oder dieselbe Lage war. Das war letztlich eine Glaubensfrage (Winzer vs. Terroir).
Von den Richters hat mich eigentlich nur der Kabinett aus der Mülheimer Sonnenlay begeistert. Ich tippte blind auf Ruwer wegen der kräutrigen und weißen Johannisbeernoten, lag damit aber falsch. Die eigentlichen Paradelagen Sonnenuhr, Domprobst und Juffer waren hingegen etwas enttäuschend, eher diffus, für feinherb eigentlich einen Tick zu süß und irgendwie spannungsarm. Sehr gut hat uns auch der Thanisch gefallen, der wirklich fest und steinig war.
Flight 2: Ludwig Thanisch & Sohn - Niederberg Helden Kabinett feinherb Vertikale
Da Markus kein guter Schauspieler ist, hatten wir den gemeinsamen Nenner des zweiten Flights durch Fragen recht schnell ermittelt. Die Weine haben wir deshalb überwiegend auch offen probiert. Wir hatten die Jahrgänge 2008 - 2012 des feinherben Kabinetts aus dem Lieserer Niederberg Helden und zusätzlich zum Vergleich noch (blind) den 2011 Zeltinger Himmelreich Kabinett feinherb von Markus Molitor.
Von den Thanischs hat mir der 2007er aus dem vorherigen Flight letztlich am besten gefallen, eng gefolgt von 2010 und 2008. Mit dem 2011er konnte ich überhaupt nichts anfangen. 2012 war korrekt, mehr aber auch nicht. Aus 2009 hatten wir die feinherbe Spätlese (nicht den Kabinett), die mir auch eher mittelmäßig gefallen hat. Insgesamt lässt sich konstatieren, dass diese durchaus preiswerten Weine von Ludwig Thanisch (unter 7 Euro für den feinherben Kabinett) sehr gut für ihren Preis sind, sehr korrekt, aber auch ein bisschen limitiert. Überraschungsmomente (positiv wie negativ) waren in der Vertikale eher nicht zu finden.
Flight 3: 2012er feinherbe Kabinette diverser Erzeuger
Zum Schluss hatten wir dann noch sechs feinherbe Kabinette aus 2012. Zu dem Zeitpunkt waren unsere Gaumen schon etwas ermüdet, so dass es schwer fiel, noch echte Unterschiede bei den einzelnen Weinen festzustellen. Wir hatten folgende Weine:
Bischöfliche Weingüter - 2012 Erdener Riesling Kabinett feinherb
Bischöfliche Weingüter - 2012 Kaseler Riesling Kabinett feinherb
Dr. Loosen - 2012 Graacher Himmelreich Riesling Kabinett feinherb
Fritz Haag - 2012 Brauneberger Riesling Kabinett feinherb
Ludwig Breiling - 2012 Mertesdorfer Herrenberg Riesling Kabinett feinherb
Karthäuserhof - 2012 Eitelsbacher Karthäuserhofberg Riesling Kabinett feinherb "Schieferkristall"
Alle Weine waren natürlich noch sehr jung. Die beiden Bischöfe waren korrekt, aber auch sehr limitiert in ihrem Geschmacksprofil. Gleiches galt für den Dr. Loosen. Der Fritz Haag Riesling hat mir sehr gut gefallen, er stach heraus. Ich meine sogar, Spontangäraromen gerochen zu haben, das kann bei Fritz Haag aber eigentlich nicht sein oder? Interessant war noch der Vergleich zwischen dem Breiling (ehemaliger Kellermeister beim Karthäuserhof) und dem Karthäuserhof selber. Beide waren recht ähnlich, der Karthäuserhof hatte vielleicht einen Tick mehr Spannung.
Im Fazit zeigte sich, dass bei 17 feinherben Riesling Kabinetten von der Mosel und der Ruwer am Ende die Unterschiede doch eher klein sind. Es gab eigentlich kaum einen richtigen Ausreißer nach oben (> 90 P) oder unten (< 80 P). Die meisten Weine bewegten sich irgendwo im Mittelfeld zwischen 84 und 86 P. Markus lag in den Punkten insgesamt etwas höher. Das mag daran liegen, dass es sich bei feinherben Kabinetten um Rieslinge handelt, die ein bestimmtes Geschmacksprofil erfüllen sollen: spritzig, nicht zu süß, aber dezent süß, leicht. In etwa das Weinpendant zum Feierabendbier. Ich könnte mir auch vorstellen, den ein oder anderen Wein zum Essen oder als Apértif zu trinken. Eine Flasche ist sicher schnell weg. Auf der anderen Seite haben es solche Weine in einem (langen) Probenkontext schwer. Es fehlen einfach die Höhen und Tiefen. Die Geschichte ist recht schnell auserzählt.
Vielen Dank an Markus für die Organisation der Probe und das köstliche Essen dazu. Es war eine interessante Horizonterweiterung.
Hier sind noch meine Notizen:
http://www.verkostungsnotizen.net/vkn_l ... he+starten
Wie sind denn hier im Forum die Erfahrungen mit feinherben Riesling Kabinetten? Zu welchem Anlass lassen sie sich am besten trinken? Was sind die "Referenzweine", die den qualitativen Standard setzen?
gestern Abend hatte Markus aus Itzehoe zu einer Probe seiner Lieblings-Riesling-Kategorie eingeladen: Riesling Kabinett feinherb. Von Mosel, Saar und Ruwer, um genau zu sein. Wir waren sehr gespannt, hatten aber harte Arbeit vor uns, da 3 Flights à jeweils 5-6 Weinen angekündigt waren. Probiert haben wir blind, haben aber nach jedem Flight aufgedeckt. In den ersten beiden Flights war angekündigt, dass jeweils ein Pirat dabei ist und dass von drei Kategorien (Winzer, Lage, Jahrgang) jeweils zwei gleich sind und einer abweicht. Das gab uns im ersten Flight gleich Rätsel auf, waren doch nicht nur einer, sondern gleich zwei Weine deutlich unterschiedlicher als der Rest.
Flight 1: Max Ferd. Richter - 2007 Riesling Kabinett feinherb
Im ersten Flight hatten wir also vier feinherbe Lagenkabinette aus dem Weingut Max Ferd. Richter aus 2007 (Wehlener Sonnenuhr, Graacher Domprobst, Mülheimer Sonnenlay und Brauneberger Juffer) und dazu noch als Piraten den 2007 Lieserer Niederberg-Helden Kabinett feinherb von Ludwig Thanisch & Sohn. Wir tippten den Jahrgang richtig (2007). Die Meinungen gingen aber darüber auseinander, ob es derselbe Winzer oder dieselbe Lage war. Das war letztlich eine Glaubensfrage (Winzer vs. Terroir).
Von den Richters hat mich eigentlich nur der Kabinett aus der Mülheimer Sonnenlay begeistert. Ich tippte blind auf Ruwer wegen der kräutrigen und weißen Johannisbeernoten, lag damit aber falsch. Die eigentlichen Paradelagen Sonnenuhr, Domprobst und Juffer waren hingegen etwas enttäuschend, eher diffus, für feinherb eigentlich einen Tick zu süß und irgendwie spannungsarm. Sehr gut hat uns auch der Thanisch gefallen, der wirklich fest und steinig war.
Flight 2: Ludwig Thanisch & Sohn - Niederberg Helden Kabinett feinherb Vertikale
Da Markus kein guter Schauspieler ist, hatten wir den gemeinsamen Nenner des zweiten Flights durch Fragen recht schnell ermittelt. Die Weine haben wir deshalb überwiegend auch offen probiert. Wir hatten die Jahrgänge 2008 - 2012 des feinherben Kabinetts aus dem Lieserer Niederberg Helden und zusätzlich zum Vergleich noch (blind) den 2011 Zeltinger Himmelreich Kabinett feinherb von Markus Molitor.
Von den Thanischs hat mir der 2007er aus dem vorherigen Flight letztlich am besten gefallen, eng gefolgt von 2010 und 2008. Mit dem 2011er konnte ich überhaupt nichts anfangen. 2012 war korrekt, mehr aber auch nicht. Aus 2009 hatten wir die feinherbe Spätlese (nicht den Kabinett), die mir auch eher mittelmäßig gefallen hat. Insgesamt lässt sich konstatieren, dass diese durchaus preiswerten Weine von Ludwig Thanisch (unter 7 Euro für den feinherben Kabinett) sehr gut für ihren Preis sind, sehr korrekt, aber auch ein bisschen limitiert. Überraschungsmomente (positiv wie negativ) waren in der Vertikale eher nicht zu finden.
Flight 3: 2012er feinherbe Kabinette diverser Erzeuger
Zum Schluss hatten wir dann noch sechs feinherbe Kabinette aus 2012. Zu dem Zeitpunkt waren unsere Gaumen schon etwas ermüdet, so dass es schwer fiel, noch echte Unterschiede bei den einzelnen Weinen festzustellen. Wir hatten folgende Weine:
Bischöfliche Weingüter - 2012 Erdener Riesling Kabinett feinherb
Bischöfliche Weingüter - 2012 Kaseler Riesling Kabinett feinherb
Dr. Loosen - 2012 Graacher Himmelreich Riesling Kabinett feinherb
Fritz Haag - 2012 Brauneberger Riesling Kabinett feinherb
Ludwig Breiling - 2012 Mertesdorfer Herrenberg Riesling Kabinett feinherb
Karthäuserhof - 2012 Eitelsbacher Karthäuserhofberg Riesling Kabinett feinherb "Schieferkristall"
Alle Weine waren natürlich noch sehr jung. Die beiden Bischöfe waren korrekt, aber auch sehr limitiert in ihrem Geschmacksprofil. Gleiches galt für den Dr. Loosen. Der Fritz Haag Riesling hat mir sehr gut gefallen, er stach heraus. Ich meine sogar, Spontangäraromen gerochen zu haben, das kann bei Fritz Haag aber eigentlich nicht sein oder? Interessant war noch der Vergleich zwischen dem Breiling (ehemaliger Kellermeister beim Karthäuserhof) und dem Karthäuserhof selber. Beide waren recht ähnlich, der Karthäuserhof hatte vielleicht einen Tick mehr Spannung.
Im Fazit zeigte sich, dass bei 17 feinherben Riesling Kabinetten von der Mosel und der Ruwer am Ende die Unterschiede doch eher klein sind. Es gab eigentlich kaum einen richtigen Ausreißer nach oben (> 90 P) oder unten (< 80 P). Die meisten Weine bewegten sich irgendwo im Mittelfeld zwischen 84 und 86 P. Markus lag in den Punkten insgesamt etwas höher. Das mag daran liegen, dass es sich bei feinherben Kabinetten um Rieslinge handelt, die ein bestimmtes Geschmacksprofil erfüllen sollen: spritzig, nicht zu süß, aber dezent süß, leicht. In etwa das Weinpendant zum Feierabendbier. Ich könnte mir auch vorstellen, den ein oder anderen Wein zum Essen oder als Apértif zu trinken. Eine Flasche ist sicher schnell weg. Auf der anderen Seite haben es solche Weine in einem (langen) Probenkontext schwer. Es fehlen einfach die Höhen und Tiefen. Die Geschichte ist recht schnell auserzählt.
Vielen Dank an Markus für die Organisation der Probe und das köstliche Essen dazu. Es war eine interessante Horizonterweiterung.
Hier sind noch meine Notizen:
http://www.verkostungsnotizen.net/vkn_l ... he+starten
Wie sind denn hier im Forum die Erfahrungen mit feinherben Riesling Kabinetten? Zu welchem Anlass lassen sie sich am besten trinken? Was sind die "Referenzweine", die den qualitativen Standard setzen?
Beste Grüße, Stephan