Vorgeschichte:
Ein Freund schenkte mir eine Flasche 2009er Spätburgunder "Barrique" eines mir unbekannten Weinguts aus der Pfalz. Potenziell hervorragendes Preisleistungsverhältnis. Logisch, dass ich daraus einen meiner traditionellen Weinvergleiche machen musste. Nur leider habe ich keinen einzigen 2009er für unter 10 Euro im Keller. Der Pfälzer liegt aber bei nur 7,90 Euro. Also nahm ich meinen günstigsten 2010er zum Vergleich. Der liegt zwar auch schon bei 12 Euro, aber da 2010 der deutlich schwächere Jahrgang ist, sollte es einigermaßen passen:
2009 Spätburgunder QbA tr. "Barrique", Weingut Wind, Eschbach (Pfalz)
13 % Alk., 7,90 Euro
2010 Spätburgunder QbA tr. "Johner", Karl H. Johner, Bischoffingen (Kaiserstuhl)
13,5 % Alk., 12 Euro
Kurznotiz zum Wind-Wein:
Beaujolais-artige Nase; im Mund dichte Frucht, Brombeere, Heidelbeere; kein Holz; hat auch etwas Staubiges (evtl. vom schadhaften Korken beeinträchtigt); Frucht etwas vordergründig; Kaugummi; vermutlich Macération carbonique; konzentrierter als Johner, aber nicht komplexer; Wein polarisiert vermutlich; am 2. Tag Kirsche+Kaugummi; ohne Staub-Fehlton; interessanter Stil, aber möglicherweise nivellierend; mit mehr Biss und weniger Kaugummi wäre es ein Top-Valpolicella; 3. Tag unverändert; dicht, Kaugummi, dahinter schöne Kirschfrucht; Stil erinnert auch an den Vitiano; 85 Punkte.
Kurznotiz zum Johner-Wein:
Dezente Nase; im Mund schöne Frucht, mit mittlerem Körper; Brombeere, rote Paprika, Eukalyptus; nicht sehr komplex; am 2. Tag fruchtig, Johannisbeere, Säure; mehr Charakter und mehr Biss als Wind, aber weniger Körper; schöne Beerenfrucht; klar der typischere Spätburgunder; 86 Punkte.
Fazit:
Der Stil des Wind-Weins ist sehr interessant. Allerdings dürfte das Verfahren (was immer es konkret auch ist) in Winzerkreisen bekannt sein, und man muss sich fragen, warum es sich in der Breite noch nicht durchgesetzt hat. In Frankreich und Italien erzielt man damit ja gute Erfolge. Ist vielleicht der Spätburgunder anfälliger gegen den mir von monierten "Kaugummi-Ton"? Würde der Stil eher zu einer Dornfelder-dominierten Cuvée passen? Andererseits ist mein Eindruck, dass die Kaltmazeration die Ecken und Kanten eines Weins abschleift und daher besser für säurereiche Rebsorten geeignet ist. Die Winzer können das aber besser beurteilen. Der Kunde beurteilt nur das Endresultat. Den Johner-Wein halte ich insofern für durchaus gelungen. Sicher wird man 86 Punkte hier und da auch für unter 12 Euro bekommen. Der Wein hat jedenfalls Stil. Südfranzosen für 12 Euro sind sicher dichter, aber eben anders. Die Frage ist, für wen der Wind-Wein eine Alternative ist: Spätburgunder? Beaujolais? Valpolicella? Südfrankreich? Die gleiche Frage könnte man auch bei einem 15-Euro-Dornfelder stellen. Egal: Konkurrenz belebt das Geschäft.
Thomas Deck
PS: Auf der aktuellen Weinliste vom Weingut Wind sehe ich als Barrique-Rotweine im Moment nur einen 2010er Dornfelder (7,90 Euro) und einen 2011er Cabernet Sauvignon (8,90 Euro). Entweder wurde der Spätburgunder in diesen Jahren anders ausgebaut, oder die Barrique-Variante war so erfolgreich, dass sie schon ausverkauft ist...
Stilvergleich: Spätburgunder Wind (Pfalz) vs. Johner (Baden)
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