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Schäfer-Fröhlich

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Udo2009

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Re: Schäfer-Fröhlich

BeitragSa 29. Jul 2023, 10:30

EThC hat geschrieben:...wieso das denn nicht? Fehlerhafter Verschluß ist ein Sachmangel. Noch dazu ein versteckter!

Fehlerhafter Verschluss (= beschädigt) ist ein Sachmangel. Klar.
Ein Korkschmecker jedoch nicht. Da hat der Winzer keinerlei Einfluss darauf, sondern ist von seinem Lieferanten abhängig. Und an jedem Korken vor dem verkorken der Flasche zu lecken, um ihn geschmacklich zu überprüfen, verbietet sich schon aus hygienischen Gründen. ;) Ich kenne auch noch den Hinweis auf manchen Webseiten der Winzer, dass Korkschmecker kein Reklamationsgrund sind.

Ersetzt wurden diese jedoch bisher immer ohne Diskussion - auch wenn ich nur gefragt habe, ob der Winzer den Korken haben will, um gegenüber dem Korklieferanten, Ansprüche anzumelden. Irgendwoher habe ich mal gehört, dass die Korkhersteller/-lieferanten für solche verkorksten Flaschen Entschädigung angeboten haben - ob's stimmt :?: :?: :?:
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EThC

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Re: Schäfer-Fröhlich

BeitragSa 29. Jul 2023, 11:04

Udo2009 hat geschrieben:Fehlerhafter Verschluss (= beschädigt) ist ein Sachmangel. Klar. Ein Korkschmecker jedoch nicht. Da hat der Winzer keinerlei Einfluss darauf, sondern ist von seinem Lieferanten abhängig.
...mit Sicherheit nicht!
1. darf man voraussetzen, daß ein Verschluß TCA-frei ist, ansonsten kann er seinen bestimmungsgemäßen Zweck nicht erfüllen, das ist dann ganz klar ein Sachmangel!
2. Der Winzer ist in der Verantwortung, einen Verschluß auszuwählen, der ein schadfreies Lagern / Reifen des Weins ermöglicht, er ist damit nicht von einem Lieferanten abhängig, sondern entscheidet selbst über das Verschlußrisiko!
3. Auch beim Naturkork gibt's mittlerweile TCA-geprüfte Produkte (hat Amorim / Xpür erstmals auf den Markt gebracht).

D.h., es ist schon lange nicht mehr statthaft, das Verschlußrisiko als naturgegeben einzustufen und es somit auf den Endkunden abzuwälzen. TCA ist immer das Resultat eines nicht genügend sorgsamen Umgangs mit dem Rohmaterial sowie ungenügender QS-Maßnahmen. Wenn der Winzer entscheidet, billigere Korken mit höherem TCA-Risiko relativ zur BAT einzusetzen, ist er bei entsprechenden Schäden auch haftbar, klares Verursacherprinzip. Auf der Flasche steht ja auch nicht drauf, daß der Kunde mit einem TCA-Ausfallrisiko zu rechnen hat.

Was soll nur dieser Endverbraucher-Fatalismus :?: :?

Nora hat geschrieben:Die Verjährungsfrist der Ansprüche aus Mängelhaftung bei beweglichen Sachen ist grundsätzlich 2 Jahre. Die Verjährungsfrist beginnt mit Übergabe der Sache an den Käufer. Dabei ist unerheblich, ob der Mangel offen oder versteckt ist.
...nee, da haben wir schon mehrfach andere gerichtliche Entscheidungen erkämpft, allerdings nicht im Weinbereich sondern im Kraftwerksbau, das ist jedoch möglicherweise nicht 1:1 übertragbar... :mrgreen:
Viele Grüße
Erich

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Udo2009

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Re: Schäfer-Fröhlich

BeitragSa 29. Jul 2023, 15:06

EThC hat geschrieben:[...
1. darf man voraussetzen, daß ein Verschluß TCA-frei ist, ansonsten kann er seinen bestimmungsgemäßen Zweck nicht erfüllen, das ist dann ganz klar ein Sachmangel!
2. Der Winzer ist in der Verantwortung, einen Verschluß auszuwählen, der ein schadfreies Lagern / Reifen des Weins ermöglicht, er ist damit nicht von einem Lieferanten abhängig, sondern entscheidet selbst über das Verschlußrisiko!
3. Auch beim Naturkork gibt's mittlerweile TCA-geprüfte Produkte (hat Amorim / Xpür erstmals auf den Markt gebracht).....


Und was soll der Winzer noch machen, wenn er erste Qualität kauft (wovon ich jetzt einfach mal ausgehe), ihm versichert/garantiert wird, dass die Korken TCA-frei sind - und dann doch einer dazwischen ist?

Da hat der Winzer keinen Einfluss drauf - und das dann damit abzutun, dann soll er doch Schraubverschluß oder Glaskorken nehmen - da geht m. E. zu weit.
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EThC

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Re: Schäfer-Fröhlich

BeitragSa 29. Jul 2023, 18:40

Udo2009 hat geschrieben:Und was soll der Winzer noch machen, wenn er erste Qualität kauft (wovon ich jetzt einfach mal ausgehe), ihm versichert/garantiert wird, dass die Korken TCA-frei sind - und dann doch einer dazwischen ist?

Da hat der Winzer keinen Einfluss drauf - und das dann damit abzutun, dann soll er doch Schraubverschluß oder Glaskorken nehmen - da geht m. E. zu weit.


...wenn er TCA-geprüfte Korken kauft, liegt es an ihm, mit dem Lieferanten privatrechtliche Vereinbarungen hinsichtlich von Vertragsstrafen bzw. Haftung bei Nichteinhaltung der Beschaffenheitsmerkmale zu treffen; wenn er das nicht macht, liegt im Zweifelsfall der schwarze Peter bei ihm als Inverkehrbringer. Wenn er Risikomaterial einsetzt, muß er das Risiko der Mängelbehebung durch Ersatzlieferung (m.E. auch revolvierend) selbst tragen bzw. entsprechend einpreisen, ist ein Rechenexempel.

Und Stand der Technik ist, daß es qualitativ gleich- bis höherwertigen Ersatz für die Korken gibt, die ganze salbadernde Rechtfertigerei hinsichtlich der angeblich so unschlagbaren Vorteile des Naturkorks ist nur traditionsschwangeres Festklammern an einer längst überholten, weil hinsichtlich ihrer Eigenschaften auch extrem weit streuenden Verschlußtechnik mit viel Pseudo-Geblubbere drumrum. Wenn der Winzer dennoch unbedingt Korken einsetzen möchte, soll er das gerne tun, dann erwarte ich aber auch einwandfreie Qualität und daß er dafür gerade steht, wenn's mal in die Hose gegangen ist. Schiefgehen kann immer mal was, kommt dann für mich nur drauf an, wie solch ein Schadensfall behoben wird. Wenn's da kostenfrei Ersatz, kein Problem, wenn jedoch im Extremfall nicht mal reagiert wird, dann auf Nimmerwiedersehen!
Viele Grüße
Erich

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Udo2009

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Re: Schäfer-Fröhlich

BeitragSa 29. Jul 2023, 20:15

Ich denke, Du siehst das zu verbissen...

Ich habe mal eine Auswertung mit meinem Kellerprogramm gemacht...

Von den 3.802 Flaschen, die seit ca. 2010 durch meinen Keller gegangen sind (oder zum Teil auch noch da liegen) sind 1.813 mit einem Korkverschluss versehen. Von diesen 1.813 Flaschen waren 13 Korkschmecker - also 0,72 %. Deswegen mache ich kein Fass auf, vor allem, weil diese Flaschen für mich keinen Verlust darstellen. Es gab 12 Mal eine absolut geniale Bratensoße!

(1 Korken war auf einer Weißweinflasche, nach dem hat nach 2 Minuten die ganze Küche gestunken, so dass der Inhalt dieser Flasche dem Gemeindeabwasserverband übergeben wurde...)
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amateur des vins

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Re: Schäfer-Fröhlich

BeitragSa 29. Jul 2023, 20:30

EThC hat geschrieben:
Nora hat geschrieben:Die Verjährungsfrist der Ansprüche aus Mängelhaftung bei beweglichen Sachen ist grundsätzlich 2 Jahre. Die Verjäh1rungsfrist beginnt mit Übergabe der Sache an den Käufer. Dabei ist unerheblich, ob der Mangel offen oder versteckt ist.
...nee, da haben wir schon mehrfach andere gerichtliche Entscheidungen erkämpft, allerdings nicht im Weinbereich sondern im Kraftwerksbau, das ist jedoch möglicherweise nicht 1:1 übertragbar... :mrgreen:
Köstlich!
Ich stelle mir gerade bildlich die beweglichen gebauten Kraftwerke vor.
smh... :roll:
Besten Gruß, Karsten
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EThC

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Re: Schäfer-Fröhlich

BeitragSa 29. Jul 2023, 20:53

amateur des vins hat geschrieben:Köstlich!
Ich stelle mir gerade bildlich die beweglichen gebauten Kraftwerke vor.
...unbeweglich aka immobil ist im Sinne des BGB nur das Bauwerk. Kesselanlagen, Turbinen etc. werden da als technische Gebäudeausrüstung eingestuft, auch wenn das Zeuch 1.000 Tonnen wiegt. Tatsächlich wird sowas im Einzelfall auch mal umgezogen...
Viele Grüße
Erich

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Bernd Schulz

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Re: Schäfer-Fröhlich

BeitragSa 29. Jul 2023, 21:32

EThC hat geschrieben:Und Stand der Technik ist, daß es qualitativ gleich- bis höherwertigen Ersatz für die Korken gibt, die ganze salbadernde Rechtfertigerei hinsichtlich der angeblich so unschlagbaren Vorteile des Naturkorks ist nur traditionsschwangeres Festklammern an einer längst überholten, weil hinsichtlich ihrer Eigenschaften auch extrem weit streuenden Verschlußtechnik mit viel Pseudo-Geblubbere drumrum.


Mir aus der Seele gesprochen! Nur hätte ich den Sachverhalt längst nicht so gut formulieren können! :oops:

Wenn ich jetzt eine Flasche Pündericher Marienburg Auslese 2006 aus unserem damaligen Steillagenprojekt aufschraube (wir haben seinerzeit bewusst auf den Schrauber gesetzt), erwartet mich mit 99,9-prozentiger Wahrscheinlichkeit ein hervorragend gereifter Wein ohne jeden Anflug von Muff-, Oxidations- oder gar TCA-Noten. Und nämliches gilt für die mit Kronkorken (stainless cap) versehenen 2005er vom Weinhof Herrenberg. Die sind nach knapp 20 Jahren alle in einem wunderbaren Zustand.

Die vielen anderen 2005er, die ansonsten noch bei mir im Keller liegen und mit Baumrinde versehen sind, gleichen dagegen jeweils einer Wundertüte. Mal sind sie noch erfreulich intakt, mal mit mehr oder minder deutlichen Anzeichen von Oxidation ausgestattet, mal weitgehend oder völlig hinüber und mal durch TCA verseucht (von den zahlreichen Bröselkorken gar nicht zu reden).

EThC hat geschrieben:Wenn der Winzer dennoch unbedingt Korken einsetzen möchte, soll er das gerne tun, dann erwarte ich aber auch einwandfreie Qualität und daß er dafür gerade steht, wenn's mal in die Hose gegangen ist.


Ganz genau! Wer als Erzeuger immer noch glaubt, er müsse unbedingt Naturkorken zum Einsatz bringen (leider sind einige meiner Lieblingswinzer wie Martin Müllen oder Florian Weingart im Hinblick auf die Verschlussfrage erschreckend unbelehrbar :x ), sollte wenigstens die Konsequenzen tragen, wenn es durch den Naturkorken bedingte Probleme gibt. Eigentlich auch nach 10 oder noch mehr Jahren, insofern es zur Betriebsphilosophie gehört, wirklich langlebige Weine zu erzeugen.

Herzliche offtopische :twisted: Grüße

Bernd
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Nora

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Re: Schäfer-Fröhlich

BeitragSo 30. Jul 2023, 21:12

Sehr interessante Diskussion, vielen Dank!

Ein Hinweis sei noch erlaubt:
Sollte jemand überlegen, Gewährleistungsansprüche wegen älterer, fehlerhafter Weine geltend machen zu wollen, sei ihm die Lektüre des § 438 BGB und ggf. der dazugehörigen Kommentierung zu empfehlen.

VG, Nora
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EThC

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Re: Schäfer-Fröhlich

BeitragSo 30. Jul 2023, 21:43

...alles richtig, aber das Zauberwort in solchen Fällen lautet eher "Schadensersatz wegen Nichterfüllung"...
Viele Grüße
Erich

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