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Re: Reichsrat von Buhl

BeitragVerfasst: Mi 4. Sep 2019, 20:14
von EThC
Volker hat geschrieben:Insofern kann man rein aus der Veränderung der Vorräte nicht zwangsläufig ableiten, wie sich die Situation für die wirklich abgefüllten und für den Vertrieb zu Verfügung stehenden Menge verhält.

Generell richtig, ich kann mir aber nicht vorstellen, daß eine solch signifikante Erhöhung der Vorräte überwiegend aus der Sparte der Reserve-Sekte herrührt; die dürften mengenmäßig nur die Spitze des Eisbergs darstellen...

Re: Reichsrat von Buhl

BeitragVerfasst: Mi 4. Sep 2019, 22:18
von Gerlach
Diskussionen über die bilanzielle Situation von im Weinbau tätigen Unternehmen haben wir hier wohl noch nicht gehabt, insofern bewegen wir uns nach der dankenswerten Recherche von TOM mit seinem Zugang zu ansonsten nicht jedermann zugänglichen Informationen auf neuem Terrain. Danach ist der ergebnisseitige Mißerfolg von Buhl offenkundig. Nichts spricht gegen das Bestehen eines EAV (Ergebnisabführungsvertrages) ggü. Niederberger auch auf Seiten von Buhl - es gab aber im Gegensatz zu den beiden Schwester-Weingütern nichts abzuführen. Insofern sind auch die Verbindlichkeiten - entgegen der Einschätzung von Volker- auch ohne dort möglicherweise gebuchte EAV-Verbundverbindlichkeiten (eine im übrigen sehr unterschiedlich gehandhabte Praxis in deutschen Konzernen - das muss nicht so sein) aus dem operativen Geschäft angestiegen. Von den Zahlen her bestand Handlungsbedarf seitens des Eigentümers (die junge Witwe des in der Werbebranche erfolgreichen und danach zum Eigentümer der drei vor langen Zeiten bereits verbundenen Weingütern, von denen Buhl übrigens langjährig der Familie zu Guttenberg gehörte -bekannt durch den hartleibigen CSU-Bundestagsabgeordneten - unvergessen seine Rede zu den Ostverträgen - , seinen Sohn, den Bach-Orchesterleiter und dann den Kurzzeit-Höhenflug-Bundesminister - hat offenbar einen Kollegen ihres Mannes geheiratet und ist nach Berlin verzogen). Nun ist gehandelt worden.
Zurück zum Wein: Ein gestriger Vergleich zwischen dem Winning Mäushöhle 2016 und Buhls Deidesheimer Ortswein 2017 lässt auf den unterschiedlichen wirtschaftlichen Erfolg der beiden Güter schliessen. Die Mäushöhle schmeckt zitrisch-frisch, kein Holz erkennbar (für das Attmann bei Winning anfänglich stand, hat sich offenbar gegeben- womöglich kam das kommerziell zu wenig an), nett zu trinken. Buhl dagegen wirkt französisch angehaucht - bloß keine Frucht, dafür struktuiert; aber eben ohne Charme und Attraktivität. Dass sich so etwas in der Breite nicht gut verkauft, ist sehr wahrscheinlich und ein Beleg dafür, dass die für Expertenpunkte gute Steinweine kommerziell nicht erfolgreich sind.
Gruß
Bernd

Re: Reichsrat von Buhl

BeitragVerfasst: Mi 4. Sep 2019, 22:23
von Volker
eben einer der Effekte.

Die Verlängerung der Lagerzeit z.B. beim Riesling Sekt, der ja tendenziell der Standardsekt ist, von min. 12 Monate auf min. 18 Monate in der Kauffmann Zeit dürfte sicherlich den größeren Impact haben.

Letztlich will ich damit ja auch nicht gesagt haben, dass es zu keiner Erhöhung der Bestände "vertriebsfäiger" Weine gekommen ist, wenn aber dann in geringerem Maße.

Volker

Re: Reichsrat von Buhl

BeitragVerfasst: Mi 4. Sep 2019, 22:50
von EThC
...vielleicht kann ja jemand einigermaßen fundiert abschätzen, wieviel Sekt von Buhl tatsächlich verkauft. Ich würde mich jedenfalls wundern, wenn's mehr als 10 % wären. Und wenn man dessen Lagerzeit um 50 % erhöht, führt das nicht so einem signifikanten Anstieg...

Re: Reichsrat von Buhl

BeitragVerfasst: Do 5. Sep 2019, 15:16
von TOM
Gerlach hat geschrieben:... Die Mäushöhle schmeckt zitrisch-frisch, kein Holz erkennbar (für das Attmann bei Winning anfänglich stand, hat sich offenbar gegeben- womöglich kam das kommerziell zu wenig an), nett zu trinken. Buhl dagegen wirkt französisch angehaucht - bloß keine Frucht, dafür struktuiert; aber eben ohne Charme und Attraktivität. Dass sich so etwas in der Breite nicht gut verkauft, ist sehr wahrscheinlich und ein Beleg dafür, dass die für Expertenpunkte gute Steinweine kommerziell nicht erfolgreich sind. ...

Ich glaube, das trifft des Pudels Kern. Ich persönlich fand den etwas stärkeren Holzeinsatz bei Winning eigentlich immer angenehm, bin aber sicherlich hier in der Minderheit. Es reicht eben wirtschaftlich nicht Weine zu machen, die von Experten hoch bewertet werden und Preise gewinnen. Man muss auch Geld verdienen, um zu überleben (oder die Investoren zufrieden zu stellen) und das geht wohl überwiegend nur mit Weinen für die breite Masse.
Ich vermute mal, dass der Wechsel von Perters zu Würtz bei St. Antony ähnlich motiviert war.
Trotzdem sind die Weine ja nicht schlecht. Eben nur etwas "Massentauglicher".

Gerlach hat geschrieben:... insofern bewegen wir uns nach der dankenswerten Recherche von TOM mit seinem Zugang zu ansonsten nicht jedermann zugänglichen Informationen auf neuem Terrain ...

Meine Quelle ist öffentlich zugänglich. Es ist das Unternehmensregister: https://www.unternehmensregister.de
Ich bin auch kein Bilanzfachmann, fand aber die unterschiedlichen Gewinne der Weingüter sowie den Stand des Lagers schon sehr interessant. Daher hatte ich die gepostet. Kann sein, dass ich mit den "herausgerissenen Zahlen" ein falsches Bild gezeichnet habe, da die Situation und Verflechtung etwas komplizierter ist. Zudem liegen die Daten von 2018 im Unternehmensregister (verständlicherweise) noch nicht vor.

Volker hat geschrieben:Die Verbindlichkeiten ... nur bedingt aussagekräftig ... Bei den Vorräten müsste man natürlich wissen, welche Beträge z.B. durch den Aufbau von Lagerbeständen ... längere Lagerzeiten .. Anstieg der Bestände führen.
Insofern kann man rein aus der Veränderung der Vorräte nicht zwangsläufig ableiten, .. für den Vertrieb zu Verfügung stehenden Menge verhält.

Da gebe ich Dir Volker 100% Recht. Ich fand wie oben erwähnt eben nur das unterschiedliche Verhalten und den Lageraufbau der drei Güter interessant. Aber ohne Details (Menge, Qualität der eingelagerten Weine, Bewertungskriterien usw.) kann man da nur bedingt etwas ableiten. Zudem sind es nur "Vorräte". Man weiss nicht aus was die sich genau beziehen (gewollter Lagerbestand, Restposten, nicht verbrauchte leere Flaschen usw.).
Die Anmerkung in der Bilanz hat auch noch Spielraum Die Vorräte wurden zu Anschaffungskosten bzw. Herstellungskosten unter Beachtung des Niederstwertprinzips angesetzt.
Nimmt man die "Herstellungskosten", dann kann es sein, dass ein Restbestand überbewertet, die Sekte aber von potentiellen Erlös unterbewertet sind.
Zu guter letzt hat auch beim Niederwertprinzip der Geschäftsführer oder Steuerberater durchaus "einen Gestaltungsspielraum". Diesen Spielraum wird man im positiven Sinne nutzen, wenn man Verluste macht und wird ihn möglichst klein halten, wenn man Gewinne macht (um nicht unnötig Steuern zu zahlen).
Alle diese Details wissen wir natürlich alle nicht. Trotzdem fand ich die Zahlen interessant und wollte auch eigentlich nicht so in die Tiefe gehen...

Re: Reichsrat von Buhl

BeitragVerfasst: Mi 18. Sep 2019, 20:02
von Philst
Mathieu Kauffmann hat schon ein neues Projekt gefunden:

https://www.meininger.de/de/weinwirtsch ... um-sektgut

Re: Reichsrat von Buhl

BeitragVerfasst: Mo 18. Nov 2019, 21:14
von Ralf Gundlach
Im Glas:
2015 Riesling Deidesheimer Herrgottsacker
Ein sehr eleganter Riesling mit ganz feinen Fruchtnoten ( Pfirsich, Mirabelle) und einer präsenten,aber reifen Säure.
Mich fasziniert die durchaus vorhandene Pfälzer Kraft auf der einen Seite und die Eleganz, geradezu Feinheit auf der anderen. Wirkt so, als hätte er eine dezente Restsüsse.
90 Punkte

Gruß

Ralf

Re: Reichsrat von Buhl

BeitragVerfasst: Fr 10. Jan 2020, 21:52
von Michl
Normalerweise kaufe ich keine Chardonnays in der Preis Klasse um 10 €. Sie scheinen mir immer zu einfach und ihr Geld nicht wert. Jetzt konnte ich im Abverkauf jedoch den von Buhlschen 14er und 15er Chardonnay zu sehr günstigem Kurs erwerben und meine Neugier hat gesiegt. Der 14er ist grandios. Ich hatte, wenn mich nicht alles täuscht, in dieser Preisklasse noch nie einen derart überzeugenden Chardonnay im Glas. In der Hoffnung, auch mit dem 15er eine großartige Überraschung zu erleben, habe ich auch gleich diese Flasche geöffnet, doch leider gefällt mir dieser Wein wenig, was eventuell aber dem warmen Jahr geschuldet sein könnte. Auf jeden Fall werde ich die Chardonnays weiter verfolgen.

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Re: Reichsrat von Buhl

BeitragVerfasst: Sa 11. Jan 2020, 11:22
von stollinger
Moin Michl,

kurz bevor ich gestern deinen Post gelesen habe, hat ein User im französischen Weinforum eine Verkostungsnotiz zum Buhl Spätburgunder 2016 [link] gepostet.

Wie du schreibst deutlich burgundisch, schreibt der User in Frankreich, dass der Spätburgunder blind als Burgunder auf dem Qualitätsniveau eines Village-Weins von der Côte de Nuits identifizierbar ist.

Vielleicht sollte ich mich mal mit den Burgundersorten bei Von Buhl beschäftigen, kennt da jemand mehr?
Wer weiß, wie das nach Kauffmann stilistisch weiter geht...

Grüße, Josef

Re: Reichsrat von Buhl

BeitragVerfasst: Sa 11. Jan 2020, 15:22
von Michl
Danke für den Hinweis, Josef. Andere Burgunder Kerne ich (noch) nicht.

stollinger hat geschrieben:Wer weiß, wie das nach Kauffmann stilistisch weiter geht..


Hoffentlich nicht in die gefällige Richtung, aber das Gut hat halt such ne Menge abzusetzen...