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Weinhof Scheu

BeitragVerfasst: Fr 28. Jul 2023, 20:23
von Michl
Obwohl ich nicht ein Fan von Threads bin, die kaum Futter bekommen, erlaube ich mir einfach einmal, einen neuen Thread zu eröffnen, weil ich mittlerweile ziemlich überzeugt bin, dass es sich beim Weinhof Scheu nicht nur um ein weiteres Weingut unter vielen handelt, sondern Klaus Scheu einen absoluten Spitzenwinzer darstellt.

Mittlerweile habe ich drei Weine getrunken, die mich alle völlig überzeugt haben. Nach dem ersten Wein, dem Weißburgunder, dachte ich noch, dass es sich bei dem Winzer um jemand handelt, dessen Weine bei aller inneren Stimmigkeit primär mit Druck arbeiten. Notiert habe ich mir folgendes:

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Mittlerweile habe ich jedoch auch den Riesling aus dem Gewann Raedling und den Chardonnay getrunken und beide Weine stellen stilistisch das genaue Gegenteil dar. Sie sind feingliedrige und dabei extrem balancierte Weine.

Zum Riesling habe ich mir folgendes notiert:

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Das klare Flagschiff des Hauses ist jedoch der Chardonnay, von dem es wohl gerade einmal ca. 1000 Flaschen gibt. Beim Trinken war ich ziemlich geflasht, weil ich einen solchen Chardonnay aus Deutschalnd nicht kenne. Alles Aromen des Weines sprechen für einen Wein, der das typisch deutsche Chardonnay-Gewicht ins Feld führt. Tatsächlich ist dieser Wein jedoch strukturell das klare Gegenteil. Ich kann mich nicht erinnern, einen derart leichtfüßigen und beschwingten Chardonnay aus Deutschland im Glas gehabt zu haben, der dennoch dieses vermeintlich gewichtige Aromenprofil zeigt. Dabei ist er so unfassbar gut komponiert, dass man sich fragen könnte, ob das jetzt ein allglatter und aufgestylter Wein ist. Alle deutschen Chardonnays, die ich kenne und ohne Gewicht ausfallen, wirken letztlich früh gelesen, säurebetont und auf irgendeine Art gegen einen die Frucht in den Mittelpunkt stellenden Stil gebürstet zu sein. Dieser Wein steht da lachend drüber, zelebriert die Frucht und verzichtet dennoch nicht auf Reduktivität. Mehr noch: Dieser Wein will gar nicht mit Tiefe und Komplexität beeindrucken, er will einfach nur schmeichelnd gefallen. Das könnte ziemlich schief gehen und albern oder gar nuttig werden, aber dieser Wein schafft es mit größer Gelassenheit und Herzlichkeit, davon weit entfernt zu bleiben. Das ist ein geniales Wein gewordenes statement gegen jedes Bemühen, als Wein irgendwie freakig sein zu müssen. Die Feinheit liegt hier in der Perfektion des Konventionellen.

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Re: Weinhof Scheu

BeitragVerfasst: Fr 28. Jul 2023, 21:00
von EThC
Michl hat geschrieben:Obwohl ich nicht ein Fan von Threads bin, die kaum Futter bekommen, erlaube ich mir einfach einmal, einen neuen Thread zu eröffnen
...durchaus berechtigt! Ich habe zwar aktuell nichts von Scheu im Keller, kann aber gut sein, daß ich irgendwann mal wieder zur Fadenfüllung beitrage!

Re: Weinhof Scheu

BeitragVerfasst: Fr 28. Jul 2023, 22:08
von Udo2009
Michl hat geschrieben:.... Alle deutschen Chardonnays, die ich kenne und ohne Gewicht ausfallen, wirken letztlich früh gelesen, säurebetont ...

Ich kann mich nicht entsinnen, einen der Chardonnays, die ich bisher getrunken habe, als säurebetont zu gekennzeichnet zu haben.
"Säurebetont" kommt mir bei dem einen oder anderen Riesling in den Sinn, aber nicht bei Chardonnay...

Re: Weinhof Scheu

BeitragVerfasst: Fr 28. Jul 2023, 22:23
von EThC
Udo2009 hat geschrieben:"Säurebetont" kommt mir bei dem einen oder anderen Riesling in den Sinn, aber nicht bei Chardonnay...
...dann hast Du bis dato nur die "falschen" Chardonnays im Glas gehabt... :mrgreen: