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Südpfalz

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octopussy

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Re: Südpfalz

BeitragSo 5. Jun 2011, 23:16

Komisch eigentlich, dass Christian Heußler hier nicht mehr Aufmerksamkeit bekommt. In der Presse wird immer mehr über das Gut berichtet, so zuletzt bei Merian über das Projekt "Zurück zu den Wurzeln" (siehe weiter unten in diesem Thread) und in der Vinum über den Portugieser des Weinguts.

Heute gibt es meine letzte Flasche 2008 Rhodter Schlossberg Riesling Spätlese Trocken "Roter Sandstein", der mir wieder ausgezeichnet mundet. Der Restzucker ist am Anschlag (8,5 g/l), die Säure allerdings gleich hoch, so dass die Balance noch stimmt. Das ist leicht verständlicher, aber doch durchaus anspruchsvoller Pfälzer Riesling, der sich gut zum Essen eignet. So wie ich manchmal lieber Filme wie z.B. "Old School" als z.B. "Dogville" schaue (oft ist es auch umgekehrt), mag ich manchmal einen unkomplizierten Wein lieber als einen komplizierten (auch hier ist es oft umgekehrt). Der Riesling Roter Sandstein ist aus 2008 jedenfalls prächtig gelungen und trinkt sich ganz ausgezeichnet.

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Beste Grüße, Stephan
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octopussy

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Re: Weißburgunder vom Kalk - Siener vs. Pfeffingen

BeitragFr 19. Aug 2011, 21:10

Nachdem hier intensiv über Spontanvergärung vs. Vergärung mit Reinzuchthefe diskutiert wurde und dabei ganz am Rand auch das Thema in Bezug auf andere Rebsorten als Riesling angeschnitten wurde, will ich versuchen, mich dieser Frage in Bezug auf Burgundersorten praktisch anzunähern. Der erste Schritt und die erste Paarung sind folgende beiden Weißburgunder aus der Pfalz aus 2009:

Siener, Birkweiler Mandelberg Weißburgunder "Kalkgestein" vs. Pfeffingen, Ungsteiner Herrenberg "V" Weißburgunder Großes Gewächs

Kurz zu den Lagen. Ich habe versucht, zwei halbwegs vergleichbare Lagen für den Vergleich auszuwählen. Beide Lagen sind vom VDP für das Große Gewächs klassifiziert. Beide haben eine Ausrichtung nach Südosten, der Ungsteiner Herrenberg mehr nach Süden, der Birkweiler Mandelberg mehr nach Osten. Der Ungsteiner Herrenberg gehört zur Mittelhaardt und ist vom Buntsandstein geprägt. Die Parzelle "Vogelsang", aus der der Pfeffingen Weißburgunder stammt, enthält aber in der Tiefe Kalkstein unter einer Löss-/Lehmschicht. Der Birkweiler Mandelberg ist vom Muschelkalk geprägt und ist mit Kalksteinen durchzogen (Quelle jeweils: VDP Website). Beide Lagen haben eine hohe Sonneneinstrahlung, eher weniger Regenexposition und einen natürlichen Schutz vor Kälte und Wind durch den angrenzenden Pfälzer Wald. Im Zweifel sind die Lagen nicht 100% vergleichbar - der Kalk ist aber das vereinende Element.

Zu den Erzeugern: Das Weingut Pfeffingen Fuhrmann Eymael ist VDP Mitglied mit ca. 15 ha Besitz in den Ungsteinger Lagen, v.a. dem Herrenberg und dem Weilberg. Die Rieslinge und Weißburgunder von Pfeffingen gehen meist etwas unter, bekannt ist das Gut für seine Scheureben. Das Etikett mit dem Einhorn finde ich sehr gelungen.

Peter Siener ist kein VDP Mitglied, aber VDP Spitzentalent, d.h. auf dem Sprung in den VDP. Er bewirtschaftet ca. 11 ha im Birkweiler Kastanienbusch und Mandelberg und im Leinsweiler Sonnenberg.

Zum Ausbau: Beide Weine wurden mit etwas längerem Hefelager im Stahltank ausgebaut, der Siener wurde Anfang Mai, der Pfeffingen Ende Mai gefüllt. Siener vergärt alle Weine oberhalb des Gutsweins spontan, Pfeffingen - soweit ich weiß, ganz sicher bin ich aber nicht - mit Reinzuchthefe.

Die Weine (über drei Tage getrunken) sind nicht völlig unterschiedlich, unterscheiden sich stilistisch aber schon. Der Pfeffingen Weißburgunder ist etwas schneller da, deutlich fruchtiger, reintöniger, klarer. Dropsigkeit ist nicht zu erkennen, aber ein klares Bekenntnis zur Frucht. Wegen der frischen Säure und der ausgeprägten Mineralität wirkt der Wein allerdings nicht banal. Für ein Großes Gewächs reicht das aus meiner Sicht jedoch - jedenfalls derzeit - nicht ganz aus. Es fehlt etwas an Tiefe. Dafür kostet natürlich der Wein auch 5 - 15 Euro weniger als andere Pfälzer Weißburgunder GGs (von Rebholz und Wehrheim).

Der Siener Weißburgunder gefällt mir ein bisschen besser. Die Nase ist weniger klar konturiert und präzise als beim Pfeffingen, gerade am zweiten und dritten Tag aber von einer größeren Eleganz und Balance geprägt. Am Gaumen ist er etwas tiefer, vollmundiger und länger als der Pfeffingen, aber auch weniger frisch. Ich neige dazu, Weine sensorisch farblich einzuteilen, und der Siener Weißburgunder ist völlig eindeutig dunkelbeige (siehe auch das Etikett). Nasser Sand und Brocken von frischer Hefe kommen einem in den Sinn. Der Pfeffingen hingegen ist farblich assoziativ eher weiß-gelb bis silber.

Nun zum eigentlichen Thema Spontanvergärung vs. Reinzuchthefe: Falls Pfeffingen doch spontan vergärt, falle ich natürlich ganz fies auf die Nase. Ich meine aber, einen ganz kleinen Unterschied erkennen zu können: während der Pfeffingen Weißburgunder mehr auf geschliffene Aromen setzt und diese auch sehr präzise transportiert, steht beim Siener Weißburgunder mehr die Balance im Sinne eines "Gesamtkunstwerks" im Vordergrund.

Vorausgesetzt ich hatte hier mit dem Pfeffingen Weißburgunder tatsächlich einen mit Reinzuchthefe vergorenen Wein vor der Nase, würde ich sagen, dass keiner der beiden Weine im Hinblick auf die Vergärungsmethode unbedingt "besser" ist, es geht mehr um die stilistischen Unterschiede und wonach man sucht. Jedenfalls finde ich beide Weine in ihrer jeweiligen Art sehr gelungen - wenn auch (ganz subjektiv) der Titel "Großes Gewächs" für den Pfeffingen Weißburgunder etwas hoch greift. Siener ist natürlich kein Geheimtipp, aber mit 14,50 Euro ist sein Weißburgunder "Kalkgestein" aus dem Mandelberg schon sehr günstig.

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Heri

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Re: Südpfalz

BeitragMo 22. Aug 2011, 10:10

Hallo,

der Weißburgunder vom Weingut Peter Siener gefällt mir gleichfalls sehr gut. Den aus 2008 fand ich persönlich sogar noch einen Tick besser.

Allerdings verstehe ich nicht, warum sogar der VDP den Mandelberg als Süd- oder Südostlage bezeichnet. Der Mandelberg ist ein Nordhang/Nordosthang, am westlichen Teil teilweise Osthang und zeigt nirgends ein Südgefälle. Diesen Irrtum dazu findet man aber häufig in den diversen Quellen im Web.

Grüsse,
Heri
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Erdener Prälat

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Re: Südpfalz

BeitragMo 22. Aug 2011, 21:51

Stephan, woher hast Du die Angabe für Buntsandstein für Ungstein? Ich will ja nichts vollkommen ausschließen, aber die Ungsteiner Gegend (in der Unterhaardt, nicht Mittelhaardt) liegt im Tertiär mit seinen Mergeln und Kalken, da hat die untere Trias (vulgo Buntsandstein) nicht viel zu suchen.
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octopussy

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Re: Südpfalz

BeitragSo 4. Sep 2011, 00:24

Hallo Jochen,

den Buntsandstein im Ungsteiner Herrenberg habe ich dem Weinatlas Deutschland entnommen, wo es auszugsweise heißt "Vorherrschend Buntsandstein, gespickt mit sandigem bis tonigem Lehm." Auf der VDP Website heißt es allerdings in der Beschreibung zur Parzelle "Kanzel": "Im Gegensatz zum sonst vorherrschenden Buntsandstein, besteht der Boden des Herrenberges aus Lößlehm mit hohem Kalksteingehalt." Daher ist die Info im Weinatlas vielleicht nicht richtig, wobei die VDP-Angabe ja auf Buntsandstein in Ungstein hindeutet. Da ich mir selbst den Ungsteiner Herrenberg noch nicht habe ansehen können, konnte ich das "live" nicht überprüfen. Wie sich am Beispiel der Ausrichtung (siehe Beitrag von Heri) zeigt, scheinen die veröffentlichten Informationen nicht immer ganz richtig zu sein.
Beste Grüße, Stephan
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Charlie

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Re: Südpfalz

BeitragSo 11. Sep 2011, 01:35

Leider meine letzte Flasche und diese jungen Winzer denken ja leider nie an eine Schatzkammer!! So stelle ich mir ein GG vor:
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Herr S.

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Re: Südpfalz

BeitragFr 30. Sep 2011, 21:28

Hallo zusammen,

einem befreundeten Koch aus Lyon (Restaurant Danton in der Rue Danton) wollte ich zum Mittagessen etwas Gutes tun und habe Ihm Condrieu kredenzt, so weit so gut. Als Konterflasche gab es den 2008er Kastanienbusch von Wehrheim dagegen ... und dieser ließ meinen französischen Freund sprachlos zurück!

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92 Punkte von mir für diesen tollen Wein! Und es zeigt sich einmal mehr: Deutsche Weine brauchen sich vor großen Namen nicht zu verstecken!

Viele Grüße,
Björn
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octopussy

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Re: Südpfalz

BeitragDi 11. Okt 2011, 22:00

Über deutsche Weine aus importierten Rebsorten wird in der Journaille gerne und intensiv diskutiert und berichtet. Mittlerweile finde ich die immer gleichen Argumente etwas ermüdend. Viel wichtiger als die Frage des "ob" finde ich die Frage des "wie". Und bei letzterem haben die deutschen Winzer noch viel Luft nach oben. Eher die Mehrzahl der Merlots, Bordeaux-Cuvées und Syrahs aus Deutschland (v.a. Pfalz und Württemberg), die ich bisher probiert habe, litt an einem Mangel an Ausgewogenheit. Überreife, eine gewisse unelegante Mastigkeit, Holzorgien oder alkoholische Fülle stören oft den Genuss.

Einen ganz guten Anfang stellt für mich immer noch der 2006 Rhodter Schlossberg Cabernet Sauvignon QbA Trocken von Christian Heußler dar, ausgebaut im Barrique (Neuholzanteil mir nicht bekannt). 13 Volumenprozent Alkohol, keine spürbare Holznote, null Alkoholigkeit, eine gute, aber nicht übertriebene Struktur, eine wirklich schön klare, präzise, reintönige, leicht fruchtige und ausgewogene Nase und eine gute Harmonie zwischen guter Säure, einer moderaten Frucht und eher feinen Tanninen stehen auf der positiven Seite. Man kann die Nase ganz tief und lang ins Glas halten, und der Duft bleibt gleich gut und ohne Fehltöne. Natürlich fehlt da die ganz große Finesse und Fantasie. Aber auf einer so sauberen Basis kann man m.E. gut aufsetzen. Leider hat das Weingut die Jahrgänge 2007 und 2008 nicht in den Verkauf gegeben, sondern komplett an einen einzigen Abnehmer verkauft. Aus 2009 gab es "nur" einen Eiswein, den ich noch nicht probiert habe. Mich würde es freuen, wenn der trockene Cabernet Sauvignon bei Heußler zukünftig zum Standardprogramm gehören würde.

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P.S. der Wein steht übrigens über drei Tage hinweg wie eine Eins im Glas.
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octopussy

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Re: Südpfalz

BeitragSo 30. Okt 2011, 12:16

Mir bislang völlig unbekannt ist das Römergut Moll aus St. Martin in der nördlichen Südpfalz. Ihr holzfassgereifter 2010 Chardonnay "Bergel" Spätlese Trocken ist korrekt gemacht und weiß durchaus zu gefallen. Auch das von Christian Moll gemalte Etikett gefällt mir gut. Ein Kaufreflex hat sich bei mir trotzdem nicht eingestellt.

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octopussy

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Re: Südpfalz

BeitragSo 30. Okt 2011, 21:48

Und noch einmal Christian Heußler, diesmal mit dem 2009 Rhodter Klosterpfad Weißburgunder Spätlese Trocken, getrunken zu deftigen Wirsingrouladen. Dazu und auch solo getrunken ist der Wein einfach nicht trocken genug. Der Gault Millau schrieb zum Jahrgang 2009 bei Heußler, dass die Burgundersorten jahrgangsbedingt durch hohen Alkohol etwas süßlich wirken, und trifft es damit m.E. sehr gut. Ebenso gut trifft es der Gault Millau mit seiner Einschätzung, dass es bei Christian Heußler sehr sortentypische Weine gibt. Dieser Weißburgunder ist dafür nur ein weiterer Beleg. Für den preisgünstigen, nicht zu komplizierten Genuss bei hoher Präzision bleibt Christian Heußler eine wirklich gute Adresse.

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