Inzwischen konnte ich die weißen mit 2019ern auffüllen; 2 Einzelflaschen vom roten aus 2018 sind auch darunter.
Zunächst gab es im Pärchen:
Saalwächter, Silvaner Alte Reben 2019
Saalwächter, Weißer Burgunder 2019Hier habe ich keine Live-Notizen gemacht und nur einen Tag später aus der Erinnerung ein bißchen aufgeschrieben:
Die Weine erscheinen mir zugänglicher, mit weniger Säure und Reduktion (jedenfalls der Silvaner), als ich die 2017er in Erinnerung habe. Oder vergleiche ich jetzt mit dem Chardonnay? Wenn ihr euch erinnert, der 2017er Chardonnay war auf unserer Probe
"Chardonnay D vs. F" in Ffm [Link] so eine Art Geheimfavorit und schlug sich im Feld viel besser als erwartet. Ich habe mich dort ziemlich zurückgehalten, aber die allgemeine Begeisterung wollte damals nicht auf mich übergreifen: Zu sehr ging er mir in die schwefelig-reduzierte Richtung.
Aber zurück zu diesen beiden: Der WB ist sortentypisch, mit Kernobst und weißer Steinfrucht; ziemlich cremig, mit ausreichender Säure. Der Silvaner deutlich würziger, mit herb-grasiger Note; minimal straffer, aber auch kein Säuremonster.
Das war beides unfallfrei und mit einigem Spaß zu trinken, aber Begeisterung kam nicht wirklich auf.
Einige Tage später gab es das andere Pärchen, diesmal mit Live-Begleitung:
Saalwächter, Grauer Burgunder 2019
Saalwächter, Chardonnay 2019Der GB mittelhell, mit deutlichem Kupfer-/Rosaschimmer. In der Nase reifer gelber Apfel, minimal brotig, Pomelo. Etwas CO₂, obwohl nichts in Form von Bläschen zu sehen ist. Am Gaumen mit deutlicher, aber sehr milder Orange. CO₂ spürbar, aber verfliegt schnell im sich erwärmenden Glas. Recht langer, ziemlich reifzitroniger Abgang.
Schöne Interpretation von GB. Typische Aromatik, auch Kraft, aber keine Breite und schöne Frische.
Der Chardonnay strohgelb. Deutlich schwefelige Reduktion, die alles andere überdeckt. Am Gaumen erstmal langweiliger als der GB. Schöne Struktur, lebendige und nicht
zu knackige Säure, leichte Adstringenz. Schwer, neben dem Schwefel andere Aromen auszumachen, auch wenn es absolut garnicht
so viel ist: etwas Limette, etwas Thymian ... schwierig.
Ich verstehe nicht, warum diese Stilistik so
en vogue ist. Chardonnay ist ja für sich eher langweilig und auf den Ausbau angewiesen. Ist dieser gekonnt, können einzigartig elegante Weine entstehen. Im Umkehrschluß hat die Rebsorte aber auch zu grober Behandlung nicht allzuviel entgegenzusetzen. Und um so einen Fall handelt es sich hier meiner Meinung nach. Rolf, vielleicht auch Marko, würden das vermutlich anders sehen, aber ich kann mit so einer "Vergewaltigung" wenig anfangen.
Für mich war der GB noch am interessantesten, gefolgt vom Silvaner. Der WB fiel schon ein Stück weit ab. Und den Chardonnay kann ich nur als fehlerhaft ansehen; nicht unbedingt technisch, aber stilistisch. Ja, in vielen Jahren mag sich das alles relativieren, und der Schwefel dann vielleicht kräuterige Assoziationen hervorrufen. Aber meins ist das nicht. Der Winzer zeigt ja deutlich, daß der Chardonnay ein Solitär ist, denn die anderen drei sind "normal". Ist es wirklich "der Markt", der solche Weinkarikaturen verlangt?