Heute möchte ich Euch von einem Kuriosum berichten, das ich mir vor Jahren als solches aufschwatzen ließ, und an das ich mich ebensolange nicht herangetraut habe (zurecht, wenn ich vorgreifen darf):
Schola Sarmenti, Diciotto 2008
IGT Salento - 100% PrimitivoDer Wein hat seinen Namen nicht etwa von den 80-jährigen Reben erhalten, wie ein Weinhändler in seiner Beschreibung fälschlicherweise angibt - dann müßte er
Ottanta heißen. Sondern er hat tatsächlich unglaubliche 18 Umdrehungen!
Kaum vorstellbar, daß er nicht gesprittet sein soll, dachte ich doch bisher, daß Weinhefen spätestens bei gut 16% Alkohol absterben. Ich habe aber keinerlei Hinweis darauf gefunden; der Wein scheint tatsächlich "normal" gemacht worden zu sein. Aber wie können sie die namensgebende 18 gewährleisten, ohne nachzuhelfen, selbst wenn sie ihn nur in besonderen Jahren machen? Weiß da jemand mehr?
Im Glas erwartbar dicht, gerade noch transparent, mit deutlicher Brauntendenz. Geht Primitivo/Zinfandel nicht eher in Richtung Purpur oder Violett? Ich weiß es nicht, denn ich trinke Weine aus dieser Rebsorte fast nie. Die Nase überrascht zunächst "angenehm", denn der Alkohol ist zwar erkennbar, aber das habe ich bei "14-Prozentern" schon stechender gehabt; wird sicher durch die massive Konzentration abgefedert. Darüberhinaus erwartet einen ein undefinierter Fruchtkompott, vielleicht von Pflaumen mit etwas Erdbeermarmelade, und auch etwas Eukalyptus und After Eight, so daß er (erstmal) weniger breit wirkt als befürchtet.
Am Gaumen... holla, hier ist der Alk. trotz aller Massivität kaum noch kaschiert. Tannine sind da und mittelkörnig, Säure ist gut ausreichend. Obwohl er nicht optimal gelagert war (die Küchentemperatur schwankt jahreszeitlich zwischen ca. 18 und über 25°C), glaube ich nicht, daß er alterungsmäßig weit hinüber wäre; ein bißchen vielleicht. Viel mehr fällt mir dazu dann aber auch nicht ein: Weder Primitivo noch Marmelade noch Hochprozentiges sind meine Favoriten...
Heute, 14h später, habe ich mich nochmal zur Nachverkostung gezwungen. Jetzt ist auch noch die gewisse Frische in der Nase weg, und der Alk. kommt noch stärker hervor. Tut mir leid, das Zeug ist ungenießbar! Ein Teil kommt nachher als Portweinersatz in die Kirschsoße. Nachsüßen kann ich selber, und der Alk. verkocht. Was dann noch übrig bleibt, kommt in den Ausguß. Obwohl - Sondermüll...?
Dieser Wein hat den Platz als schlechteste Weinerfahrung des Jahres jetzt schon fest gebucht. Eine Enttäuschung ist er nicht, denn so in etwa hatte ich ihn erwartet. Mir absolut unverständlich ist, wie der WS 91 Punkte vergeben kann, gem. wine-searcher 3 von 4 Kritikern 90-94 und einer 85-89 Punkte, oder die beiden Kommentatoren auf CT von "My new benchmark for Primitivo/Zinfandel. 95" oder "Far better than the average Zinfandel." sprechen können. Gruselig!