Danke für deinen Bericht,jessesmaria hat geschrieben:Urlaub heißt bei uns auch im Grunde immer auch Forschungsreise, so auch in Südtirol. Während ich bislang nur wenige bekannte Winzer bzw. Genossenschaften kannte, wie z. B. die Kellerei Girlan, durften wir über eine Woche hinweg nun viele kleinere Winzer kennenlernen.
Exzellent ist der Weißburgunder "Sanctissimus" Riserva 2015 der Kellereigenossenschaft St. Pauls - Eppan, ein großer, gehaltvoller und vielschichtiger Wein mit schon schöner Reifung, der aber auch seinen Preis hat. Der Weissburgunder 2013 von Thomas Niedermayr ist der letzte, den er gemacht und erst 2019 abgefüllt hat, nunmehr baut er nur noch PiWis an, da letztlich nur diese mit seiner Philosophie (absolut biodivers und ohne Chemie, auch ohne Kupfer etc.) kompatibel sind. Der Wein ist sehr schön, elegant, kommt aber in Sachen Komplexität nicht an den Sanctissimus ran.
Sehr erfrischend, leicht und trinkig ist der Cuvée "Tonsur" 2020 von Pranzegg, der neben Weissburgunder auch Chardonnay, Müller Thurgau und Sylvaner beinhaltet, wobei die Hälfte des Weins über den kompletten Gärverlauf Schalenkontakt hat, worauf noch ein Jahr Ausbau im großen Holzfass folgt. Dadurch natürlich eine gute Struktur mit Tannin, trinkt sich fast wie Bier, nur edler. Der Gewürztraminer 2017 desselben Winzers ist ähnlich in seiner Art, farblich und geschmacklich noch intensiver, würzig, wobei die Rebsorte kaum identifizierbar ist (was beim Gewürztraminer freilich was heißen will). Top!
Ein weiteres Highlight war der Eisacktaler Sylvaner „Lahner“ 2019 vom Taschlerhof, mit feinem Holz (nur 50% im großen Holzfass), geschmeidig, füllig und sehr harmonisch, passt wunderbar zum Essen. Letzteres gilt auch für den sehr rassigen, archetypischen Oberberg Sauvignon Blanc 2018 von Kornell, ein exzellentes Weingut. Der Wein ist elektrisierend, komplex, grasig und fruchtig zugleich, ganz toll.
Bei den Rotweinen durften wir (trollinger-geschädigte) erfahren, dass Vernatsch nicht nur eine unterschätzte, sondern eigentlich die qualitativ hochstehendere Rebsorte als Lagrein ist. Tatsächlich gibt es außer den sehr frischen und leichten Vernatschs auch komplexere Vertreter. Sehr überzeugend ist der Kalterersee Vernatsch "Erbe + Auftrag" 2018 des Ausnahmewinzers Andi Sölva, der 22 Monate lang in französischer und lokaler Eiche gereift ist. In der Nase nobel und tiefgründig, am Gaumen komplex und füllig, so wie ich die Rebe noch nie kennengelernt habe. Andererseits überzeugte auch der Lagrein Riserva “Staffes" 2018 von Kornell in seiner rustikal-würzigen, eleganten, nicht zu breiten Art. Auf der feineren und zurückhaltenderen Seite ist der Südtiroler Blauburgunder Vigna Hausmannhof 2019 von Haderburg, der sicherlich noch einige Jahre in der Flasche verträgt, aber auch jetzt schon Spaß macht. Die Tannine sind weich, der Wein kommt frisch, aber sehr harmonisch und elegant daher.
Für Merlot-Trinker (und alle anderen) ist der Merlot Riserva „Brenntal“ 2018 von Kurtatsch eine unbedingte Empfehlung: gute Säure, intensiv, herb, weit entfernt von Merlot-Kitsch.
Eine tolle Süßweinentdeckung ist schließlich der Mitterberg Rosenmuskateller 2020 vom Ansitz Waldgries, mit perfekter Süß-Säure-Balance, perfekt natürlich zu Schokoladendesserts. Eine animierende Säure hat auch der Petit Manseng 2020 der Kellerei St. Pauls, mit exotischer Frucht und leichten Botrytisnoten, der sich problemlos mit Mosel-Auslesen messen kann.
Alles in einem eine enorme Vielfalt auf extrem hohem Niveau und dementsprechend eine Weinregion, die in Zukunft wohl noch mehr Platz in meinem Keller einnehmen wird.
da kann ich mir meinen diesjährgen Südtzirolurlaub sparen ...

Aber im Ernst, viele Einschätzungen, die ich Jahrgangsübergreifen auch so bestätigen würde.
Insgesamt hast du dir m.E. gute Produzenten "rausgesucht", Taschlerhof kennen bspw. ja eher wenige und Hausmannhof ist derzeit nicht gerade en vogue ...
Es ist nicht so ganz klar, aber warst du bei den Winzern / Kellereien vor Ort oder ging das im Wesentlichen bei diversen Gastronomiebesuchen mit?
St. Pauls bietet übrigens nicht nur beim Sanctissimus, auch wenn das deren "Leuchtturm-Wein" ist überdurchschnittliche Qualität. Und Petit Manseng haben mehrere Andere im Portoflio, bspw. Manincor (Desert) oder Widmann (trocken).
Rosenmuskateller war dir unbekannt? Wer bei dieser Rebsorte in der Region die Nase vorne hat fällt von Jahr zu Jahr unterschiedlich aus und es gibt nicht wenige die den Wein pflegen, wenn auch immer nur mit wenigen hundert Flaschen pro Jahr. Falls dir das richtig gut gefallen hat, dann gibt's Ansprechendes auch bspw. von Haas, Kloster Neustift, Abtei Muri, KG Kaltern, Castell Salegg, KG Kurtatsch, usf. ... nur nicht in jedem Jahr die gleiche Qualität.
Der von dir genannte Vernatsch von A. Sölva ist sogar mir neu und wäre von der beschriebenen Ausbaustilistik her nicht zwingend mein Fall, "Toasting"??, evtl. wird der mal verkostet - fällt der in die Kategorie füllig und geschmeidiug oder elegant und burgundisch?
PS: Lass' Pranzegg's Gewürztraminer noch 2, 3 Jahre Zeit, dann dann scheint auch die Sortentypizität, wie bei anderen Pranzegg-Weinen, wieder durch. Das ist zwar irgendwie akademisch, aber auch interessant.
Wünsche Dir weiterhin viel Freude mit Südtiroler Weinen.