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Kupfer im Bioweinbau

Von der Weinbergspflege bis zur Kellertechnik
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Gerald

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Kupfer im Bioweinbau

BeitragMi 13. Feb 2013, 14:37

In folgendem interessanten Artikel im Standard wird erwähnt, dass mit dem neuen EU-Pflanzenschutzgesetz ab 2014 der Kupfereinsatz in der Landwirtschaft reduziert werden muss.

http://derstandard.at/1358305737077/Kup ... -im-Gerede

Das wäre natürlich für den Bio- bzw. biodynamischen Weinbau ein großes Problem, da man dort ja die modernen Fungizide durch das seit Jahrhunderten eingesetzte Kupfer ersetzt hat, was aus ökologischer Sicht auch zumindest reichlich umstritten ist.

Weiß jemand Genaueres dazu? Betrifft das "nur" die zugelassenen Mittel auf Kupferbasis (Kupferoxychlorid ist ja meines Wissens ohnehin schon verboten) oder betrifft es die maximal zulässige Einsatzmenge pro Hektar?

Grüße,
Gerald
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Gerald

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Re: Kupfer im Bioweinbau

BeitragDo 14. Feb 2013, 08:33

Nach ein bisschen Suchen im Web konnte ich nichts finden, dass konkrete Änderungen beim Kupfereinsatz ab 2014 verpflichtend wären. Allerdings gilt die Zulassung der Kupferpräparate nur bis Ende 2016 und die EU-Kommission hat in den Raum gestellt, das diese Zulassung aufgrund der gravierenden Umweltproblematik nicht verlängert werden könnte.

Siehe auch unter

https://www.dafne.at/prod/dafne_plus_co ... __2012.pdf

Dort sind (Anhang 1) auch mögliche Schäden durch Kupfereinsatz für Boden- und Wasserorganismen, Bienen sowie Vögel und Säugetiere kurz beschrieben.

Grüße,
Gerald
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Alas

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Re: Kupfer im Bioweinbau

BeitragSa 20. Jul 2013, 10:47

Hallo!

Nun habe ich mich der Frage vom Einsatz von Kupfer im Ökolandbau angenommen.
Immer wieder wird der Zeigefinger erhoben und vorgetragen, dass auch im Biolandbau gespritzt wird, und zwar giftige Kupfermixturen. Das wird beständig wiederholt, aber Genaues weiß wohl niemand, und so entstehen teilweise abenteuerliche Behauptungen. Was ist also dran an der Sache?

Zunächst habe ich hier im Forum 'Kupfer' in die Suchfunktion eingeben und 73 Resultate erhalten. Sonderlich fachkundig sind die Resultate nicht. Insbesonders Gerald weist unermütlich (bestimmt mehr als 20 mal) darauf hin, dass im Bioweinbau das giftige Kupfer verwendet wird, welches sich im Boden nicht abbaut, sondern anreichert.
Verschwiegen wird hier der Umstand, das Kupfer sich umwandelt und dann nicht mehr organisch verfügbar ist (sprich: giftig ist):

"Der Wirkstoff Kupfer liegt in elementarer Form vor und kann daher nicht wie andere organische Verbindungen, abgebaut werden. Das Element Kupfer kann aber mit einer großen Bandbreite von Verbindungen reagieren. Deshalb wird der größte Teil des Kupfers im Boden oder in Gewässern rasch an mineralische und organische Substanz gebunden oder als unlösliches anorganisches Salz ausgefällt. Diese Prozesse sind komplexer Natur, enden aber schließlich in der Festlegung freier Kupfer2+ -Ionen. Der größte Anteil des im Boden befindlichen Kupfers ist deshalb nicht bioverfügbar. "

Aus: DAR, 2003: Copper, Dossier According to Directive 91/414/EEC for European Union Copper Task Force, nach Journal für Kulturpflanzen 63, Heft 5, 2011

Eine sehr gute Quelle ist diese Webseite vom Julius-Kühn-Institut:

http://kupfer.jki.bund.de/index.php?menuid=1

Auf der rechten Seite kann man sich das Kupfer-Fachgespräch 2011 downloaden.
Darin finden sich sehr ausführliche Informationen, wie ab Seite 18, bzw. 20 der Bericht über eine

Langzeitfeldstudie Auswirkungen Kupfer - Regenwurm ( ab 2003 )

– Jährliche Dosisraten 4 kg/ha, 8 kg/ha and 40 kg/ha
- 3 Applikationen / Probenahme (Apr. Okt. und Dez.)

ab Seite 23, bzw. 25 finden sich die Ergebnisse:

Ergebnisse nach 8 Jahren

– Keine statistisch signifikanten Effekte bei
4 kg/ha/Jahr über den gesamten Zeitraum

– Keine statistisch signifikanten Effekte bei
8 kg/ha/Jahr über den gesamten Zeitraum

– Multivariaten Analyse (PRC) und lineare
gemischte Modelle zeigen keine Effekte für
4 und 8 kg/ha/Jahr

Effekte deutlich bei 40 kg/ha/Jahr

Also zeigen die Mengen von 4 und 8 Kg/ha keine Auswirkungen, aber bei 40 Kg/ha schon.

Nur 40 kg/ha verteilt niemand in seinem Feld. Das ist so ca. das 6-fache, der im Hopfenanbau verwendeten Menge, und cirka die 12-fache Menge, wie sie im Ökoweinbau angewendet wird.

Interessant finde ich auch die Diskussion über zwei neue Kupferpräperate, Funguran® progress und Cuprozin® progress, zur Minimierung der Kupfermenge (ab Seite 38, bzw. 40)

Sodann findet sich im 'Kupfergespräch' auch ein Bericht über den Stand der Bemühungen zur Kupferreduzierung und Kupfersubstitution im Weinbau an der Versuchsanstalt in Geisenheim (ab Seite 65, bzw. 67)

Über das 'Kupfergespräch' hinaus bin ich noch auf ein hochkarätiges Forschungsprojekt zur kupferfreien Landwirtschaft gestoßen:

http://www.co-free.eu/index.html

Und: Wird Kupfer nur in der Ökolandwirtschaft eingesetzt?
Nein:

http://kupfer.jki.bund.de/index.php?menuid=31

und

'Es sei ihm schon klar, dass der Bioweinbau nicht nur Sonnenseiten habe, aber auch andere Weinbauern setzten heute vermehrt wieder Kupfer ein – eine Beobachtung, die Lucius Tamm, der Verantwortliche für Pflanzenschutz am Forschungsinstitut für biologischen Landbau (Fibl), bestätigt.'

...weiß der Schweizer Tagesanzeiger am 5.7. 2010 zu berichten.

Falls es jemanden geben sollte, der sich ein wenig informieren will, sei diese Webseite empfohlen:

http://orgprints.org/2135/

Sodann wird gern sehr moralisch gesagt, daß Bio-/Ökobetriebe Umstände verschweigen, die Ihnen nicht in das Konzept passen.
Hm?, und die anderen, die konventionellen Betriebe veröffentlichen grundsätzlich alles?, oder was?
Also ich schicke demjenigen eine gute Flasche Wein, der mir als erster die Webseite eines konventionellen Winzers zeigt, der alles veröffentlicht, was er in Anbau und Keller macht.

Gruß

Alas
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Gerald

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Re: Kupfer im Bioweinbau

BeitragSa 20. Jul 2013, 10:55

Hallo Alas,

Kupfer im Boden ist ungefähr so gut oder schlecht bioverfügbar wie andere Schwermetalle. Deiner Argumentation nach könnte man so gesehen auch die diversen Blei- und Cadmiumabfälle in den Weinberg kippen und es wäre nicht schädlich :shock:

Schau dir vielleicht noch einmal die Studie des Umweltbundesamtes an (ist in meinen vielen Beiträgen zum Thema sicher zumindest einmal verlinkt), da sieht das nicht ganz so unbedenklich aus. Natürlich wird man mit etwas Suchen genug Studien finden, die es für harmlos erklären (das gilt aber für alle konventionellen Pestizide genauso) ...

Und selbstverständlich wird Kupfer keinesfalls nur im Biolandbau verwendet, sondern es ist ein weitverbreitetes Fungizid, vermutlich eines der ersten zu diesem Zweck eingesetzten Präparate (siehe Bordeaux-Brühe).

Grüße,
Gerald
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Alas

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Re: Kupfer im Bioweinbau

BeitragSa 20. Jul 2013, 16:12

Hallo Gerald!

Gerald hat geschrieben:Natürlich wird man mit etwas Suchen genug Studien finden, die es für harmlos erklären


Schön, dass wir einer Meinung sind. Schon seit langer Zeit vertrete ich die Auffassung, das wissenschaftliche Studien oft nichts weiter sind, als etwas komplizierte, subjektive Meinungsäußerungen. Genauso wie viele Priester, sind die Ersteller voll der besten Absicht und bringen hin und wieder mal was Gescheites zusammen.
Auch verstehe ich nun, wieso du keine liest, vielleicht außer der einen da mal. Was ich hier einstellte konntest du in 8 Minuten nicht erfassen. Lass es dabei, aber in Zukunft nicht so wissenschaftlich. Dann wirst du mir noch sympathischer.

Gruß

Alas
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UlliB

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Re: Kupfer im Bioweinbau

BeitragSa 20. Jul 2013, 16:40

Alas hat geschrieben: Schon seit langer Zeit vertrete ich die Auffassung, das wissenschaftliche Studien oft nichts weiter sind, als etwas komplizierte, subjektive Meinungsäußerungen.


Diese Auffassung erklärt wenigstens den hanebüchenen Unfug, den Du hier hin und wieder mal ablässt. :shock:

Gruß
Ulli
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Alas

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Re: Kupfer im Bioweinbau

BeitragSa 20. Jul 2013, 17:04

UlliB hat geschrieben:Diese Auffassung erklärt wenigstens den hanebüchenen Unfug, den Du hier hin und wieder mal ablässt. :shock:


:) :) :)

Gruß

Alas
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C9dP

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Re: Kupfer im Bioweinbau

BeitragSo 21. Jul 2013, 14:45

Diese Auffassung erklärt wenigstens den hanebüchenen Unfug, den Du hier hin und wieder mal ablässt. :shock:


Danke Ulli. Diese ganze Schreiberei ist mal wieder nichts als eine halbseidene Aneianderreihung von Quellen ohne wirkliche Aussage.

Lass es dabei, aber in Zukunft nicht so wissenschaftlich. Dann wirst du mir noch sympathischer.


Also Gerald, ich weiß nicht ob ich daran ernsthaft arbeiten wollte :lol: :lol: :lol:
Viele Grüße

Aloys
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VillaGemma

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Re: Kupfer im Bioweinbau

BeitragSo 21. Jul 2013, 18:03

Gehört zwar nicht direkt zum Thema, aber das wissenschaftliche Studien beeinflusst werden, liegt doch auf der Hand. Ich sage nur Bisphenol A, Aspartam oder andere Richtung: Gorleben, wo Birne recht massiv in die Studien reingefunkt hat, nachgewiesener Weise. Bei der Zulassung von Giften...äh ich meine natürlich total nützlichen Chemikalien liegt bereits im System der Fehler. Wie können denn bitte die Studien durch die Industrie bezahlt bzw. beauftragt werden :roll: :?: ...das ist so dermassen absurd, dass man echt nur noch den Kopf schütteln kann. Warum ist das nicht auch so beim TÜF und/oder Steuererklärung? Wieso darf man die nicht auch selbst prüfen :P

Nun denn, zum Kupfer. Demeter und Bioland lassen Kupfer zu. Irgendwie kann ich mir dann nciht vorstellen, dass es "genauso giftig" sein soll wie die Chemiekeulen, die die Industrie so herstellt und rausbläst. Und Kupfer sollte im Boden doch auch reagieren, ist doch was halbwegs natürliches, sprich ein Element. Das man es nicht ständig runterschlucken sollte ist klar...aber die Leitungen im Haus sind auch häufig aus Kupfer?! Klar, da fließt nur Wasser durch, hingegen auf dem Feld Kupfer versprüht wird. Hier natürlich auch die Frage: Wie oft und wann? Bei La Vialla habe ich gelernt, dass die auch viel mit natürlichen Stoffen arbeiten, und eben auch mit Homöopathie.

Zum Thema Chemie gab es letzte Woche ja noch den "schönen" Film: Unser täglich Gift, kam auf Arte und dürfte noch in der Mediathek stehen. Der "fehlte" mir tatsächlich noch in meiner Sammlung...wobei der schon echt negativ stimmt. Aber die Augen verschließen hilft ja nun leider auch nicht
"wine is sunlight held together by water" (Galileo Galilei)

Auch eine Enttäuschung, wenn sie nur gründlich und endgültig ist, bedeutet einen Schritt vorwärts. (Max Planck)
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UlliB

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Re: Kupfer im Bioweinbau

BeitragSo 21. Jul 2013, 18:32

VillaGemma hat geschrieben:Nun denn, zum Kupfer. Demeter und Bioland lassen Kupfer zu. Irgendwie kann ich mir dann nciht vorstellen, dass es "genauso giftig" sein soll wie die Chemiekeulen, die die Industrie so herstellt und rausbläst. Und Kupfer sollte im Boden doch auch reagieren, ist doch was halbwegs natürliches, sprich ein Element. Das man es nicht ständig runterschlucken sollte ist klar...aber die Leitungen im Haus sind auch häufig aus Kupfer?! Klar, da fließt nur Wasser durch, hingegen auf dem Feld Kupfer versprüht wird.


Plutonium ist auch nur ein natürliches Element :lol:

Es geht in dieser Diskussion in keiner Weise um das Gefährdungspotential von Kupfer für den Menschen. Das ist angesichts der verbleibenden Rückstandsmengen in den Endprodukten definitiv nicht gegeben, und auch für den Anwender sind Kupferpräparate bei sachgemäßem Umgang als eher harmlos anzusehen.

Gegenstand der Diskussion ist ausschließlich die Ökotoxikologie, und diesbezüglich ist Kupfer eben nicht völlig harmlos. Das kann es auch gar nicht sein, denn das Ziel der Anwendung von Kupfer (wie von anderen Fungiziden) ist das Töten von Lebewesen, hier von Pilzen - was schon an sich ein Eingriff in das Ökosystem darstellt. Darüber hinaus bestehen trotz aller speziesspezifischen Unterschiede immer noch genügend Gemeinsamkeiten zwischen verschiedenen Lebensformen, dass man nicht davon ausgehen kann, dass eine für eine Lebensform tödliche Substanz auf sämtliche anderen Lebensformen völlig wirkungsfrei ist - und das ist Kupfer eben auch nicht, was in Unmassen von Untersuchungen bestätigt worden ist.

Hinsichtlich der von Dir angesprochenen Interessenkonflikte bei industriebeauftragten Studien ist anzumerken, dass die gleiche Situation für Studien gilt, die von Ökoverbänden oder den Ökoverbänden nahestehenden Insitutionen in Auftrag gegeben werden. Abgesehen von einem ideologiegetriebenen Bias gibt es hier nämlich mittlerweile ganz handfeste wirtschaftliche Interessen. Der Ökolandbau in der EU ist mittlerweile ein Multi-Milliarden-Geschäft, und ein von der EU ins Auge gefasstes Totalverbot von Kupfer würde nichts anderes bedeuten als das völlige Ende dieses Geschäftes, denn ohne Kupfer geht es einfach nicht (das betrifft nicht nur den Weinbau). Hier wird lobbymäßig mittlerweile mit genau den gleichen Methoden gearbeitet, die die Industrie auch gerne anwendet.

Wie die Sache am Ende ausgehen wird, ist übrigens schon klar. Kupfer wird zugelassen bleiben; vielleicht gibt es ein paar minimale Einschränkungen bei den Höchstmengen, die niemandem wirklich weh tun. Kein EU-Bürokrat wird es darauf ankommen lassen, den Biolandbau zu killen. Wäre auch schade drum, denn die Diskussion über pro & conta sollte sich nicht nur um den Teilaspekt der Verwendung von Kupfer drehen.

Gruß
Ulli
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