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Hat die Online-Weinszene Einfluss auf den Markt?

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Gerald

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Hat die Online-Weinszene Einfluss auf den Markt?

BeitragFr 28. Feb 2014, 13:27

In seinem neuen Blogbeitrag schreibt der "schnutentunker" über seine Erfahrungen als Aushilfe am Stand eines Winzers bei der Berliner Weinmesse.

http://schnutentunker.wordpress.com/201 ... lden-2008/

Wie immer sehr amüsant und kurzweilig geschrieben. Besonders aufgefallen sind mir aber diese beiden Sätze:

Dann waren da noch die Informierten, die mir als Weinenthusiast ja eigentlich die meiste Freude machten. Als ich mit dem ersten ins Gespräch kam, bat mich mein ‚Chef für einen Nachmittag‘ doch solche Diskussionen zu vermeiden, das koste über Gebühr Zeit und bringe nichts.


Ich glaube, mit diesen Messebesuchern können sich die meisten von uns ganz gut identifizieren, oder? ;)

Ist diese Einstellung des Winzers eigentlich klug oder nicht? Klar, kurzfristig gesehen sind andere Besucher, die vielleicht nur ein paar Worte mit dem Winzer wechseln und dann gleich ihren ganzen Jahresbedarf bestellen, viel interessanter, keine Frage.

Aber andererseits schreiben die meisten der "Informierten" im Forum, in Blogs oder im öffentlich zugänglichen Teil der social media. Offenbar geht der Winzer davon aus, dass diese Berichte für den Weinmarkt im Ganzen mehr oder weniger irrelevant sind, daher sollte man die Besucher aus der Online-Weinszene am besten freundlich abwimmeln. :?

Hat er damit Recht oder ist das eine kurzsichtige Einstellung, die sich früher oder später rächen kann? Die Zugriffszahlen z.B. hier im Forum sind ja durchaus hoch (sicher höher als viele Printmedien zum Thema Wein) und kommen überwiegend von Besuchern, die über google o.ä. auf die Seiten gekommen sind.

Rätselnde Grüße,
Gerald
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MichaelWagner

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Re: Hat die Online-Weinszene Einfluss auf den Markt?

BeitragFr 28. Feb 2014, 13:51

Hallo zusammen,

spreche jetzt mal nur mich als Winzer: klar, macht es sehr viel Spaß sich mit fachkundigen Menschen auszutauschen. Man muss nur bedenken, dass eine Messe meist nicht als Plattform für ellenlange theoretische Fachsimpelei, sondern doch eher als Verkostungs- & Verkaufsveranstaltung gedacht ist. Und wenn der Andrang groß ist, finde ich es respektvoll sich mit seinem Glas zurückzuziehen und auch mal andere ranzulassen. Haben ja auch Eintritt bezahlt.

Ich persönlich freue mich über persönliche Gespräche und biete immer an einen Termin auf dem Weingut zu machen. In aller Ruhe. Wer wirklich Interesse hat kommt dann auch. Ja und wer nicht kommt hatte wohl auch kein ernsthaftes Interesse, sondern eher Langeweile.

Man geht ja auch nicht zum Gottesdienst um mit dem Pastor über Kant zu philosophieren.

Gruß, Michael
wenns läuft, dann läufts. Aber bis es läuft, dauerts...
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Weinbertl

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Re: Hat die Online-Weinszene Einfluss auf den Markt?

BeitragFr 28. Feb 2014, 13:57

mein Eindruck von Endverbraucher-Messen ist, dass viele Aussteller den versierten Besucher eher scheuen. Viele Aussteller sind auch oft irritiert, wenn man an den Stand herantritt und ganz gezielt einen bestimmt Wein probieren möchte, v. a. dann wenn es sich um "Premium"-Weine handelt. Komischerweise werde ich dann eher selten nach meiner Meinung gefragt, erst recht irritiert sind dann manche, wenn man auch noch Notizen macht. :geek:
Grüße
Robert
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Gaston

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Re: Hat die Online-Weinszene Einfluss auf den Markt?

BeitragFr 28. Feb 2014, 15:45

Es kommt ja auch ein bisschen auf den einzelnen Winzer an. Da gibt es verschiedene Typen, z.B. den "stillen Handwerker-Kaufmann" oder aber den "enthusiastischen Weinphilosophen". Beim zweiteren ist die Bereitschaft zu längeren Diskussionen mit Freaks sicherlich höher. Aber auch der redseligste Winzer wird sich freuen, wenn der Freak nach ausgiebiger Verkostung und Debatte nicht nur mit einem Karton von dannen zieht. ;) Was ich von Winzern zwischen den Zeilen höre, ist so der Tenor in etwa "Weinfreaks sind schön und gut, aber verkaufstechnisch fallen die nicht ins Gewicht".
Beste Grüße
Gaston
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Gerald

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Re: Hat die Online-Weinszene Einfluss auf den Markt?

BeitragFr 28. Feb 2014, 16:11

Na ja, dass die Weinfreaks durch ihre eigenen Einkäufe nicht ins Gewicht fallen, ist schon klar. Aber wirken sie über das von ihnen Geschriebene als Multiplikator oder interessiert das de facto ohnehin niemand außerhalb der kleinen "Szene"?

Falls letzteres zutrifft, ist das für Diskussionen im Forum oder social media nicht so schlimm, da geht es ja mehr um Meinungsaustausch. Aber für einen Blogger, der ja eigentlich einen Monolog verfasst, wäre es meiner Ansicht nach schon unerfreulich, wenn seine mit viel Engagement und Zeit verfassten Texte keinerlei Wirkung hätten.

Grüße,
Gerald
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Gaston

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Re: Hat die Online-Weinszene Einfluss auf den Markt?

BeitragFr 28. Feb 2014, 16:24

Gerald hat geschrieben: Aber wirken sie über das von ihnen Geschriebene als Multiplikator oder interessiert das de facto ohnehin niemand außerhalb der kleinen "Szene"?


Tja, gute Frage. Ist ja eher eine Frage an die Winzer und Verkäufer, ob sie einschätzen können, wieviel ihrer Verkäufe auf Multiplikatoren zurückgeht. Ich kann mir schon vorstellen, dass da was geht, aber belastbare Zahlen wird es dazu wohl nicht geben. Wäre aber auf jeden Fall interessant. Käme nämlich heraus, dass das durchaus ins Gewicht fällt, würden einige Produzenten/Verkäufer ihre Haltung zur Wein-Online-Szene vielleicht überdenken.
Beste Grüße
Gaston
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moc

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Re: Hat die Online-Weinszene Einfluss auf den Markt?

BeitragFr 28. Feb 2014, 17:02

Hallo zusammen!

Ich habe seit mehreren Jahren einen Freund der Winzer ist in der Champagne. Ich besuche ihn regelmäßig. Über seine Champagner habe ich immer mal wieder etwas in diesem oder auch im Vorgängerforum geschrieben. Neben seinem Champagner betreibt er noch ein Chambre d'hôtes und zwei Gites de France. Über Jahre hinweg kamen Leute zu ihm mit dem Wunsch nach Verkostung oder Übernachtung, die dann auf Nachfrage, warum sie denn gerade zu ihm gefunden hätten, angaben, sie hätten in einem Onlineforum über Wein den Tip bekommen oder aber mich direkt benannten.

Ein sehr schönes Erlebnis hatte ich dann im März letzten Jahres, als ich Mittags en famillie in der Champagne zu Tisch saß, es klingelte und ein deutsches Pärchen mit rudimentären französisch Kenntnissen um eine Verkostung bat. Ich übernahm sofort den Part der Verkostung und es stellte sich heraus, das der Ostbelgier in diesem Forum einen von mir verfassten Beitrag gelesen hatte und sich aufgemacht hatte in die Champagne um zu verkosten.
grüße jens
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Einzelflaschenfreund

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Re: Hat die Online-Weinszene Einfluss auf den Markt?

BeitragFr 28. Feb 2014, 17:17

Ich glaube nicht, dass es (jedenfalls bei Thanisch, auf den sich der Schnutentunker bezieht) um die generelle Relevanz der Weinfreaks ging. Es geht vielmehr um deren Rolle im Rahmen von Weinmessen u. Ä. Und da kann ich es schon verstehen (erst recht, wenn es eher eine "Verkaufsmesse" für Endverbraucher ist), dass ein Winzer die kostbare Zeit nicht mit einem Freak verplaudern will, der erstens den Stand teilweise blockiert und zweitens am Ende vielleicht drei Flaschen mitnimmt.
Außerdem erzeugt intensive Fachsimpelei an einem solchen Stand manchmal auch eine eher abschreckende Atmosphäre für unbedarftere Neukunden in spe bzw. Interessenten.

Viele Grüße
Guido
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octopussy

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Re: Hat die Online-Weinszene Einfluss auf den Markt?

BeitragFr 28. Feb 2014, 18:04

Einzelflaschenfreund hat geschrieben:Es geht vielmehr um deren Rolle im Rahmen von Weinmessen u. Ä. Und da kann ich es schon verstehen (erst recht, wenn es eher eine "Verkaufsmesse" für Endverbraucher ist), dass ein Winzer die kostbare Zeit nicht mit einem Freak verplaudern will, der erstens den Stand teilweise blockiert und zweitens am Ende vielleicht drei Flaschen mitnimmt.

Ich gehe zwar fast nie auf Publikums-Weinmessen, aber die ein oder zwei Male, die ich da war, waren da neben dem "Fußvolk" auch Leute, die höchst konzentriert die Weine probieren, sich Notizen machen, Fragen zu Restzucker, Säurewerten, Neuholzanteilen, usw. stellen, bei denen aber eigentlich klar ist, dass sie keinen Wein kaufen werden. Als Winzer würde ich einen Blogger immer aufs Weingut einladen oder mich auf einer Veranstaltung "after-hours" verabreden. Erstens hat man nur so die Möglichkeit, sich zu informieren, ob die investierte Zeit auch lohnt (ich würde als Winzer nicht jeden Blogger hofieren, manche haben ja auch gar keine Reichweite). Zweitens sagt Guido zurecht, dass es auf so einer Messe eben auch ums Verkaufen geht. Und ich behaupte mal ganz pauschal, dass die meisten Weinkäufer sich nicht online in einem Forum oder auf Blogs informieren. Insofern ist vielleicht nach dem Motto "Besser der Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach" das Verkaufen wichtiger als das Fachsimpeln in der vagen Hoffnung auf gute Presse und damit später mehr Verkaufen.
Beste Grüße, Stephan
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susa

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Re: Hat die Online-Weinszene Einfluss auf den Markt?

BeitragFr 28. Feb 2014, 18:36

Ich glaube, dass der Großteil der Weinblogger als Multiplikator keine interessante Größe für einen Winzer ist, feste Szenegrößen wie Würtz oder Breitenfeld und noch so ein paar mal ausgenommen. Aber die meisten Blogger werden zum überwiegenden Teil von "Gleichgesinnten" und vor allem auch "Gleichinformierten" gelesen. Und diese Gleichgesinnten streuen ihre Einkäufe doch sehr. Wirtschaftlich hat doch ein Winzer lieber einen Kunden, der seinen ganzen oder große Teile seines Jahresbedarfs an Wein bei ihm einmal kauft, als der, der vielleicht drei 6er-Kartons sortiert mitnimmt (weil er das ja noch bei 20 anderen Kollegen auch macht). Diese Kunden sind eigentlich beim Handel besser aufgehoben, wenn man die Sache nur logistisch und betriebswirtschaftlich betrachtet.

Andererseits wundert es mich immer wieder, dass selbst wir von 180° als kleines Blog öfter angeschrieben werden und uns werden Probeflaschen angeboten (haben wir aber noch nie angenommen - nur so zur Info). Irgendwas müssen die sich ja davon versprechen.

lg
s
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