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Parkerisierung vs. ein Segen für die Qualität

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Markus Vahlefeld

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Re: Parkerisierung vs. ein Segen für die Qualität

BeitragMo 5. Aug 2013, 00:21

UlliB hat geschrieben:Und insofern ist die Frage von Markus kaum zu beantworten:
Markus Vahlefeld hat geschrieben:Wie aber sähe es wirklich aus, wenn Parker nicht mehr Medieninteressen, sondern wieder Kundeninteressen verfolgen würde?


Das Interesse welcher Kunden?

Na, der Kunden seines Wine-Advocate. Weiterhin erlaube ich mir, lieber Ulli, Dir zu widersprechen, dass man diese Frage nicht beantworten kann. Ich hatte oben bereits ein Beispiel genannt, hier ein weiteres: es würde den Interessen SEINER Abonennten schon erheblich helfen, wenn Parker Händlern und Erzeugern verbieten würde, mit seinem Namen und seinen Punkten Werbung zu betreiben. Sicher, für das Medienunternehmen Parker und seine Marktdurchdringung wäre das kontraproduktiv, aber für seine Kunden/Leser eben nicht. Die Frage ist: wessen Lied singst du?

Parker ist halt der Rechtsanwalt, der angetreten war, die Interessen der Konsumenten zu vertreten, und der dabei zugelassen hat, dass diese Interessenvertretung zu ihrem Gegenteil (Preissteigerung der Weine) geführt hat. Wäre ich sein Klient, diesen Anwalt hätte ich entlassen.
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BuschWein

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Re: Parkerisierung vs. ein Segen für die Qualität

BeitragMo 5. Aug 2013, 12:25

es würde den Interessen SEINER Abonennten schon erheblich helfen, wenn Parker Händlern und Erzeugern verbieten würde, mit seinem Namen und seinen Punkten Werbung zu betreiben.


Warum würde das seinen Abonennten helfen? Weil diese dann die Meinung "exklusiver" haben? Wenn Parker für mich ein guter Tippgeber ist, dann hilft es mir als Weintrinker auch, wenn der Erzeuger mich darauf hinweißt, dass sein Wein eine gute Parkerbewertung bekommen hat. Kann ich mit Parkerpunkten wenig anfangen, weil meine Geschmacksvorlieben von Parker oder seinen Mitverkostern eher nicht getroffen wird, dann hilft es mir auch nicht, wenn der Erzeuger, der Händler nicht mit den VKNs aus Maryland werben darf.

Sicher hatte Parker, insbesondere in Bordeaux und an der südlichen Rhône Einfluss auf die Stilistik der Weine, wenn ein wichtiger Kritiker gute Noten vergibt und dies zu einem spürbaren Verkaufserfolg der Weine führt, dann wird es immer Erzeuger geben, die versuchen diesen Stil zu imitieren. Das liegt in der menschlichen Natur, dass man sich Vorbilder sucht und diesen nacheifert, im Wein ist das nicht anders.

Aber auch das ist ein Erfolg für die Abonennten von Parker, denn diese finden heute viel mehr Erzeuger, die ihren Vorstellungen entsprechen als früher. Natürlich, die ersten hochgelobten Erzeuger sind heute für den einen oder anderen zu teuer geworden, aber Parker sucht und findet doch immer auch preiswertere Alternativen.

Übrigens, dass Verkaufserfolg immer Nachahmer findet, zeigt doch auch die Geschichte von Markus Schneider in Deutschland und da waren es aus meiner Sicht eher nicht die Kritiker sondern Händler aber vor allem Weintrinker, die von den Rotweinen begeistert waren und entsprechend versuchen heute viele andere Winzer aus Deutschland diesen Rotweinstil zu imitieren. Warum auch nicht?

Und dass erfolgreiche Weingüter teurer werden, hat auch mit Parker nichts zu tun, das passiert überall auf der Welt. Wein ist halt ein endliches Produkt, weltweiter (manchmal genügt auch nationaler) Erfolg führt immer dazu, dass die Nachfrage schneller steigt als die Produktion, der Winzer ist relativ schnell ausverkauft und dann wird er seine Preise erhöhen, das kann ein Kritiker nicht verhindern. Ganz im Gegenteil ist es doch die Aufgabe des Kritikers auf gute Erzeugnisse hinzuweisen.
Armin
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octopussy

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Re: Parkerisierung vs. ein Segen für die Qualität

BeitragMi 7. Aug 2013, 08:32

UlliB hat geschrieben:
Zweitens: Daran, dass immer mehr Merlot in die Cuvée kommt und Merlot zu höheren Alkoholgradationen neigt.


Worauf basiert diese Behauptung? Die Weine des rechten Ufers waren auch schon vor dreißig Jahren mit ganz wenigen Ausnahmen Merlot-betont, etliche sogar fast reinsortig mit ein paar Prozent Cabernet als Feigenblatt. Und für das linke Ufer kenne ich keine Zahlen, die belegen würden, dass hier im Bereich klassifizierter Gewächse eine relevante Veränderung des Rebsatzes in Richtung Merlot stattgefunden hat (auch hier waren einige Erzeuger wie Cos d'Estournel und Palmer schon immer Merlot-betont, das ist keine Veränderung der letzten Jahre). Hast Du Zahlen, dann bitte her damit - ich lerne gerne dazu. Dass in manchen Jahren wie 2012 die Cuvées Merlot-betont sind, ist richtig - das liegt aber an der mangelhaften Qualität der Cabernets und eben nicht am Rebsatz - und nur an diesem kann man wirkliche Tendenzen erkennen.

Hallo Ulli,

jetzt habe ich gefunden, was ich im Kopf hatte. Benjamin Lewin MW hat in seinem Buch "What Price Bordeaux?" die Rebsortenverteilung im Bordelais untersucht. Basierend auf einer Untersuchung der CIVB stellte er fest, dass die Anpflanzung von CS im Bordelais von etwas unter 20% in 1968 bis auf knapp über 30% in 1988 anstieg und bis 2005 auf ca. 26% wieder absank. Merlot stieg von 1968 bis 1988 von ca. 40% auf knapp über 50% (ca. stabil von 1979 bis 1988) und dann bis 2005 auf knapp über 60%.

Lewin schreibt, dass der Anstieg des Merlot-Anteils an allen Anpflanzungen im Médoc von 1985 bis 2007 am stärksten gestiegen ist. Konkret bezogen auf die klassifizierten Gewächse des Médoc sank der CS-Anteil von 1985 bis 2007 von ca. 65% auf 52,5% (CF sank ebenfalls, Petit Verdot blieb ca. gleich). Merlot stieg im selben Zeitraum von ca. 23% auf 40,3%.

Ich habe mir zudem den CS- und Merlotanteil am Beispiel von Margaux vergleichend angeschaut in einem älteren Großen Johnson (Stand 1997) und anhand der Zahlen auf Château-Websites, wobei ich nicht auf Anhieb die Bepflanzung bei allen Châteaux gefunden habe. Dann habe ich Wikipedia Zahlen genommen. Die CF und PV Zahlen sind nicht aufgenommen, jedenfalls CF hat aber bei den meisten Châteaux abgenommen (daher gehen die Zahlen unten nicht immer auf).

Boyd Cantenac: CS - 7%, Merlot + 5%
Brane Cantenac: CS - 15%, Merlot + 20%
Cantenac Brown: CS +/-0, Merlot +5%
Dauzac: CS +2%, Merlot +3%
Desmirail: CS: -9%, Merlot + 14%
Durfort Vivens: CS +/-0, Merlot + 5%
Ferriere: CS +5%, Merlot -5%
Giscours: CS - -22%, Merlot +20%
d'Issan: keine Veränderung
Kirwan: keine Veränderung
Lascombes: CS: -20%, Merlot +20%
Malescot St. Exupery: CS: -5%, Merlot +5%
Margaux: keine Veränderung
Marquis d'Alesme Becker: keine Veränderung
Marquis de Terme: keine Veränderung
Palmer: CS -8%, Merlot +7%
Pouget: CS -6%, Merlot +/-0
Prieuré-Lichine: CS -4%, Merlot +6%
Rauzan-Ségla: CS -11%, Merlot +8%
Rauzan-Gassies: keine Veränderung
du Tertre: CS -45%, Merlot +25%

Diese Zahlen finde ich ziemlich eindeutig. Was man daraus ableiten will, ist eine andere Frage.
Beste Grüße, Stephan
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UlliB

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Re: Parkerisierung vs. ein Segen für die Qualität

BeitragMi 7. Aug 2013, 09:28

Hallo Stephan,

vielen Dank, dass Du Dir diese Mühe gemacht hast; die Zahlen sind tatsächlich ziemlich eindeutig.

Dass im Bordelais insgesamt der Anteil an Merlot gestiegen ist, war mir schon klar gewesen. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass über 80% der Rebfläche im Bordelais der Produktion von Massenwein dient, der im Supermarkt und beim Discounter für unter 5 Euro die Flasche angeboten wird. Dass man hier stärker auf den "sanfteren", aromatisch weniger auffälligen und früher reifen Merlot setzt, ist tatsächlich ein lange laufender Prozess (neben dem Umstocken von Weiß- auf Rotwein, dem der initiale Anstieg bei CS geschuldet war).

Dass auch zumindest einige klassifizierte Güter im von Dir ermittelten Umfang "umgestiegen" sind, wusste ich nicht. Ein paar Prozentpunkte würden mich nicht weiter irritieren, aber die Zahlen für du Tertre, Giscours (beide allerdings im gleichen Besitz, wenn ich mich richtig erinnere) und Lascombes sind beeindruckend, und der generelle Trend ist auch klar.

Bleibt im Sinne dieses Threads die Frage: war das der Einfluss von Parker? Oder ist das, wie ich beim Alkoholgehalt vermute, die Folge eines globalen Megatrends in Richtung weicherer, üppigerer Weine, der auch ohne Parker existieren würde (und auch dort existiert, wo Parker wenig bis keinen Einfluss hat)?

Gruß
Ulli
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MichaelWagner

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Re: Parkerisierung vs. ein Segen für die Qualität

BeitragMi 7. Aug 2013, 11:29

hmm...wenn diese Zahlen stimmen...und da Bordeaux doch nach wie vor im Rotweinbereich die Trends setzt und alle Welt sich beim Rotwein am Bordelais orientiert, könnte man schon die Kette "Parker/Rolland --> Bordeaux --> Rest der Welt" bilden.

Und damit wäre dann auch der wirkliche Einfluss abgebildet.

Es ist ja schon so, dass wenn Rotwein unter 13% vol, nicht breit und marmeladig schmeckt, die Mehrheit der Weintrinker das eher kritisch beäugt und gefühlsmässig als "minder" einstuft, obwohl das natürlich rational betrachtet nicht stimmt.

Ich sehe ihn auch eher als Anwalt der Güter die mit ihm arbeiten, als der Anwalt des Konsumenten...
wenns läuft, dann läufts. Aber bis es läuft, dauerts...
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UlliB

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Re: Parkerisierung vs. ein Segen für die Qualität

BeitragMi 7. Aug 2013, 11:47

MichaelWagner hat geschrieben:...und da Bordeaux doch nach wie vor im Rotweinbereich die Trends setzt und alle Welt sich beim Rotwein am Bordelais orientiert, ...


Es ist für mich sehr die Frage, ob das auch heute noch so ist. Wir hatten das Thema an anderer Stelle schon mal: nach den wirklich exzessiven Preiserhöungen der letzten Jahre ist Bordeaux für viele Leute einfach mega-out, ein Statussysmbol für ahnungslose Neureiche, und das gilt gerade auch für etliche frühere Fans.

Und die wirklichen Trends scheinen mir schon seit einiger Zeit ganz wo anders gesetzt zu werden, in Frankreich vor allem im Burgund, wo Parker keinerlei Einfluss hatte oder hat. Diesen Trends hechelt das Bordelais seit Jahren nur noch hinterher.

Gruß
Ulli
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innauen

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Re: Parkerisierung vs. ein Segen für die Qualität

BeitragMi 7. Aug 2013, 11:50

Lascombes, du Tertre etc. sind natürlich auch sehr moderne Weine, die nicht gerade für eine übertriebene Typizität bekannt sind. ;)

Der vermehrte Anbau von Merlot ist auch eine Konsequenz aus dem schlechten Klima der 70er Jahre. Merlot hat den Vorteil, dass er früher als CS reift. Jahrgänge wie 2006, 2007, 2008 verdanken der Rebe sehr viel. Ob das immer so weiter geht, können wir mal abwarten. 2003, 2009, 2010 zeigen an, dass im Klimawandel die Überreife zum reziproken Phänomen geworden ist.

Grüße,

wolf
P.S. @ Uli. Die Preise gehen zZt zurück, aber wird das so bleiben? Mit 2013 steht bald der dritte mengen- und möglicherweise auch qualitätsmäßig unterdurchschnittliche Jahrgang an.
„Es war viel mehr.“

Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)
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Markus Vahlefeld

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Re: Parkerisierung vs. ein Segen für die Qualität

BeitragMi 7. Aug 2013, 12:06

MichaelWagner hat geschrieben:könnte man schon die Kette "Parker/Rolland --> Bordeaux --> Rest der Welt" bilden.

Das ist logischer Unsinn, sorry. Würden Parker/Rolland im Bordelais etliche Weingüter gehören, wäre sie zwar immer noch fehlerhaft, aber nachvollziehbar. Die logische Kette, die Du beschreiben willst, müsste lauten:

Parker --> Konsumenten --> Weingüter --> Rolland --> Bordelais --> Welt

Ich verstehe immer nicht, warum alles Parker zugeschoben wird, statt die Weingüter in die "Haftung" zu nehmen. Es sind die Weingüter, die ihre Weine konsumentenfreundlich machen wollen. Es sind die Weingüter, die CS rausreißen und Merlot pflanzen. Es sind die Weingüter, die Rolland Verträge bieten. Es sind die Weingüter, die nach Parker-Punkten lechzen. Es sind die Weingüter, die die Preise schweinisch anheben. Es sind die Weingüter, die dem Popanz "Konsument" huldigen und meinen zu verstehen, was dieser vermeintliche Konsument im Glas haben will... undsoweiterundsofort.

Nochmals: es gibt einen Haufen Weingüter, die auf Parkers Expertise nichts geben. Manche davon machen grandiose Weine. Manche machen grottenschlechtes Zeugs. Bei den Weingütern, die etwas auf Parker geben, sieht es genauso aus. Aber am Ende sind es die Weingüter, die frei entscheiden, wie ihr Zeugs schmecken soll. NICHT PARKER!
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MichaelWagner

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Re: Parkerisierung vs. ein Segen für die Qualität

BeitragMi 7. Aug 2013, 12:12

@Ulli: OK, da hast Du recht, heute vielleicht nicht mehr. Aber "früher" in jedem Fall.

Und man darf nicht vergessen, dass das in Zeiten war, wo die Meinungen noch über Print & TV gemacht wurden und man nicht mal eben über das Internet die Meinungen anderer Weinfreunde aus der ganzen Welt einholen konnte. Und er war eben der erste - was Parker sagte, war lange Zeit Wein-Gesetz aus Konsumentensicht und wer daran zweifelte wurde in die "Spinner-Ecke" gestellt.

Wenn man sich in den 90er bis Angfang der 2000er hingestellt hat und gesagt hat: "hey, ich habe hier nen super deutschen Rotwein. Nicht so schwer und breit wie die Franzosen, aber dafür deutlich filigraner und feinfruchtiger. Qualitativ genausogut, nur eben eine ganz andere Stilistik".

Man wurde wenns gut lief nett belächelt...und es gab auch damals schon genauso gute Rotweine hier wie heute...nur eben keine Lobby dafür.

Und ich denke das Parker nicht verkauft hat, weil die Zukunftsprognosen des WA steil nach oben zeigen...

@Markus: die logische logische Kette die ich meinte ist anders: Parker/Rolland "erfinden" einen Weinstil fürs Bordelais und pushen diesen medial --> sind aus verschiedensten Gründen erfolgreich und werden Meinungsführer -- > andere springen auf und sind auch erfolgreich --> etcpp....

klar sind da ne Menge Weingüter auf den Zug aufgesprungen ohen extra eingeladen werden zu müssen. Aber doch nur weil Parker Gesetz war und man sich dachte: hohe Parkerbewertung = wirtschaftlicher Erfolg. Als machen wir unsere Weine eben so, dass wir hohe Parkerbewertungen bekommen.

ich will Parker keine schuld für irgendwas geben. Er hat das schon gut gemacht. Die schuld würde ich eher beim Konsumenten suchen, der lange Jahre das Urteil Parkers als Nonplusultra angesehen hat.
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BuschWein

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Re: Parkerisierung vs. ein Segen für die Qualität

BeitragDo 8. Aug 2013, 16:13

Wenn man sich in den 90er bis Angfang der 2000er hingestellt hat und gesagt hat: "hey, ich habe hier nen super deutschen Rotwein. Nicht so schwer und breit wie die Franzosen, aber dafür deutlich filigraner und feinfruchtiger. Qualitativ genausogut, nur eben eine ganz andere Stilistik".

Man wurde wenns gut lief nett belächelt...und es gab auch damals schon genauso gute Rotweine hier wie heute...nur eben keine Lobby dafür.

Hier machst Du glaube ich einen Fehler, einmal weil ca. 3/4 der Weinkonsumenten Parker gar nicht kennen, es sind eher die Weinfreaks die Parker kennen und schätzen, nicht die Durchschnittsweintrinker. Ich arbeite seit Mitte der 90er im Weinhandel, zuerst Italien, dann Europa allgemeiner, auch Deutschland, eher Weingüter die sich durch ein gutes Preis-Genuss-Verhältnis als die großen Namen. In den 90ern und 2000ern gab es keine wirklich große Nachfrage nach Parker-Weinen, wir haben aber auch nie groß Bordeaux und Rhône verkauft, das wird ein wichtiger Grund dafür gewesen sein.

In Italien war es in den 90ern der Gambero Rosso, der bei den italienischen Weinen den Trend gesetzt hat, interessant dabei ist, dass man dem Gambero Rosso ähnliche Vorwürfe gemacht hat wie Parker, also dicke, marmeladige Weine zu promoten.

Ich denke es ist gerade anders herum, in fast allen Proben, die ich bisher gemacht habe, also veranstaltet habe, trafen die fetten, kräftigen, dunkelfarbenen Rotweine weit stärker den Geschmack der Weintrinker als die filigranen, feinfruchtigen Weine. Ich denke dass sowohl Parker als auch Gambero Rosso schlicht deutlicher als die anderen Weinkritiker/-führer die Vorlieben der Weinkonsumenten getroffen haben. Dazu kam bei beiden eine eher kleine Ehrfurcht vor den traditionellen, alteingesessenen Weingüter, sprich weder Parker noch Gambero Rosso sprachen nicht nur über schon bekannte Weingüter, nein sie suchten immer auch günstige Entdeckungen. Dass auch die ersten günstigen Entdeckungen dann teuer wurden hat nichts mit Parker oder Gambero Rosso zu tun, sondern schlicht damit, dass Wein ein endliches Produkt ist und bei weltweiter Nachfrage steigen immer die Preise für einen Wein, ein Weingut.

Parker und Gambero Rosso waren also schlicht für viele Weinfreunde glaubwürdige und sinnvolle Tippgeber, dass es dann zu Rückkoppelungen kommt, sprich bestimmte Weingüter bekannt und beliebt werden und dass dann Preise steigen ist ganz normal, kann aber den Weinführern nicht angekreidet werden.

Dass es dann zu Gegenbewegungen kommt, dass sich "echte" Weinkenner, dann über die Lemminge hinwegheben, die nur den Gurus hinterherrennen würden, ist auch klar, passiert weil menschlich.
Armin
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